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DE-22 Zivilprozess Deutschland;Norm
AVG §66 Abs4;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Gall und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Winter, über die Beschwerde des S in Nürnberg, Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch Dr. Ferner, Dr. Hornung und Dr. Wienerroither, Rechtsanwälte in 5020 Salzburg, Hellbrunner Straße 11, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom 7. August 2000, Zl. uvs-2000/6/030- 3, betreffend Zurückweisung einer Berufung i.A. Übertretung des Güterbeförderungsgesetzes 1995, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 41,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 3. Jänner 2000 wurde dem Beschwerdeführer eine Verwaltungsübertretung nach dem Güterbeförderungsgesetz 1995 iVm der Verordnung (EG) Nr. 3298/94 in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 1524/96 zur Last gelegt und es wurde über ihn eine Geldstrafe verhängt. Dieses Straferkenntnis wurde dem Beschwerdeführer über die Regierung der Oberpfalz durch Niederlegung am 24. Februar 2000 zugestellt. Am 15. März 2000 langte die am 13. März 2000 zur Post gegebene Berufung des Beschwerdeführers gegen das oben genannte Straferkenntnis bei der Erstbehörde ein.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG iVm §§ 24, 51, 51c und 51e VStG als verspätet zurückgewiesen. Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, die Zustellung des Straferkenntnisses sei im gegenständlichen Fall unter Heranziehung der für Bayern zuständigen zentralen Stelle, nämlich der Regierung der Oberpfalz in Regensburg, erfolgt, wobei hiefür Artikel 3 des Bayerischen Verwaltungs- und Vollstreckungsgesetzes maßgeblich gewesen sei. Am 24. Februar 2000 sei die Niederlegung erfolgt und komme dieser im gegenständlichen Fall - ungeachtet der vom Beschwerdeführer geltend gemachten berufsbedingten Ortsabwesenheit im Zeitraum vom 20. Februar 2000 bis 02. März 2000 - Zustellwirkung zu. Entscheidend sei, dass der Beschwerdeführer am Zustellort eine Wohnung habe, die er tatsächlich bewohnt habe, wobei eine vorübergehende Abwesenheit unerheblich sei. Es sei daher von einer Zustellwirkung am 24. Februar 2000 auszugehen gewesen und habe die zweiwöchige Berufungsfrist ab diesem Zeitpunkt zu laufen begonnen. Die Berufungseinbringung am 13. März 2000 habe sich daher als verspätet erwiesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes bzw. Rechtswidrigkeit in Folge Verletzung von Verfahrensvorschriften mit dem Antrag auf kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides. Die Verwaltungsbehörde hat die Verwaltungsstrafakten vorgelegt und von der Erstattung einer Gegenschrift abgesehen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Art. 6 Abs. 1 des Europäische Übereinkommens über die Zustellung von Schriftstücken in Verwaltungssachen im Ausland, BGBl. Nr. 67/1983, lautet:
"Die zentrale Behörde des ersuchten Staates nimmt die Zustellung auf Grund dieses Übereinkommens vor, und zwar
a) entweder in einer der Formen, die das Recht des ersuchten Staates für die Zustellung der in seinem Hoheitsgebiet ausgestellten Schriftstücke an dort befindliche Personen vorschreibt,
b) oder in einer besonderen von der ersuchenden Behörde gewünschten Form, es sei denn, dass diese Form mit dem Recht des ersuchten Staates unvereinbar ist. ..."
Diese Bestimmung bleibt gemäß Art. 1 Abs. 3 des Vertrages zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland über Amts- und Rechtshilfe in Verwaltungssachen, BGBl. Nr. 526/1990, unberührt.
Art. 3 des Bayerischen Verwaltungszustellungs- und Vollstreckungsgesetzes (VwZVG) sieht die Zustellung durch die Post mit Zustellungsurkunde vor, wobei für das Zustellen durch den Postbediensteten die Vorschriften der §§ 180 bis 186 und 195 Abs. 2 dZPO gelten. § 181 dZPO sieht die Möglichkeit vor, dass das zuzustellende Schriftstück, wenn der Adressat nicht in seiner Wohnung angetroffen wird, im Wege der Ersatzzustellung zugestellt werden kann. Gemäß § 181 Abs. 1 dZPO kann die Zustellung in der Wohnung an einen zu der Familie gehörenden Hausgenossen oder an eine in der Familie dienende erwachsene Person erfolgen, wenn die Person, der zugestellt werden soll, in ihrer Wohnung nicht angetroffen wird. § 181 Abs. 2 dZPO sieht unter den dort genannten Voraussetzungen auch eine Ersatzzustellung an den in demselben Haus wohnenden Hauswirt oder Vermieter vor. Gemäß § 182 dZPO kann schließlich die Zustellung unter anderem dadurch erfolgen, dass das zu übergebende Schriftstück bei der Postanstalt niedergelegt wird.
Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, dass ihm das erstinstanzliche Straferkenntnis durch Niederlegung am 24. Februar 2000 zugestellt wurde, er macht jedoch geltend, dass er vom 20. Februar bis 2. März 2000 berufsbedingt als Fernfahrer ortsabwesend gewesen sei und die Zustellung nach § 17 Abs. 3 des - österreichischen - Zustellgesetzes erst an dem auf die Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag wirksam geworden sei. Außerdem habe die belangte Behörde nicht festgestellt und es sei auch aus dem Akteninhalt nicht ersichtlich, ob ein Zustellversuch vorgenommen worden sei.
Dieses Vorbringen ist jedoch nicht zielführend.
Wie sich dem Akteninhalt des erstinstanzlichen Verfahrens (OZl. 10/4) entnehmen lässt, hat die Erstbehörde die Zustellung des Straferkenntnisses vom 3. Jänner 2000 an den in Deutschland wohnhaften Beschwerdeführer unter Anführung des "Europäischen Übereinkommens über die Zustellung von Schriftstücken in Verwaltungssachen im Ausland" vorgenommen, wobei die Zustellung "in der durch das Recht des ersuchten Staates vorgeschriebenen Form (Art. 6 Abs. 1 lit. a)" gewünscht wurde. Das Zustellersuchen wurde an die hiefür zuständige zentrale Behörde, die Regierung der Oberpfalz in Regensburg, gerichtet und schließlich durch den Postbediensteten gemäß § 182 dZPO vorgenommen.
Aus Punkt 7.1 bzw. Punkt 8.1 der im Akt erliegenden "Zustellungsurkunde" ist - entgegen der Beschwerdebehauptung - zu entnehmen, dass der Postbedienstete zunächst versucht hat, das Schriftstück an der näher bezeichneten Wohnadresse des Beschwerdeführers in Nürnberg zuzustellen, dass er jedoch "in der Wohnung des Beschwerdeführers weder den Empfänger noch einen zu seiner Familie gehörenden erwachsenen Hausgenossen oder einen im Dienst der Familie stehenden Erwachsenen angetroffen" hat, und dass er unter der Anschrift des Empfängers die schriftliche Benachrichtigung über die vorzunehmende Niederlegung in den Hausbriefkasten eingelegt hat. Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers ist somit im vorliegenden Fall der erforderliche Zustellversuch vorgenommen worden.
Soweit der Beschwerdeführer sein Vorbringen auf eine Interpretation des § 17 Abs. 3 des österreichischen Zustellgesetzes stützt, verkennt er, dass hinsichtlich der Frage der Zustellung deutsches Recht anzuwenden ist. Auch seinem weiteren Vorbringen, dass es zwar zutreffend sei, dass die Zustellung gemäß Art. 3 des Vertrages zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland über Amts- und Rechtshilfe in Verwaltungssachen, BGBl. Nr. 526/1990, nach dem Recht des ersuchten Staates zu erfolgen habe, die Frage, welche Wirkungen der Zustellung zukommen und wann das fristauslösende Ereignis eintritt, aber nach österreichischem Recht zu beurteilen sei, kommt keine Berechtigung zu. Es findet sich für die vom Beschwerdeführer behauptete Unterscheidung in "Art der Zustellung" und "Wirkungen der Zustellung" nach den anzuwendenden unterschiedlichen Rechtsordnungen keine gesetzliche Deckung. Im gegebenen Fall ist die Frage der Zustellung und ihrer Wirkung nach deutschem Recht zu beurteilen. Diese Beurteilung hat die belangte Behörde vorgenommen und sie hat auch die Voraussetzungen für die Rechtswirksamkeit einer Zustellung durch Niederlegung geprüft, nämlich, dass der Beschwerdeführer am Ort der Zustellung eine "Wohnung" hat, die er tatsächlich bewohnt, was der Beschwerdeführer auch gar nicht bestreitet. Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits unter Verweis auf deutsche Judikatur ausgesprochen hat, hindert eine vorübergehende Abwesenheit die Wirkung der Zustellung nicht (vgl. das hg. Erkenntnis vom 18. März 1998, Zl. 96/03/0030). Auch bei der hier in Rede stehenden berufsbedingten Abwesenheit des Beschwerdeführers als Fernfahrer handelte es sich um eine derartige vorübergehende Abwesenheit von seiner Wohnung; aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers ist kein Anhaltspunkt für eine andere Beurteilung abzuleiten. Die Beurteilung der belangten Behörde, dass derart die gegenständliche Zustellung wirksam und die Berufung des Beschwerdeführers demnach verspätet war, kann somit nicht als rechtswidrig erkannt werden.
Da sich die Beschwerde als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 501/2001 (vgl. das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 29. November 2002, A 9/01).
Wien, am 29. Jänner 2003
Schlagworte
Inhalt der Berufungsentscheidung Voraussetzungen der meritorischen Erledigung Zurückweisung (siehe auch §63 Abs1, 3 und 5 AVG)European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2003:2000030320.X00Im RIS seit
05.05.2003Zuletzt aktualisiert am
12.10.2011