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32/04 Steuern vom Umsatz;Norm
UStG 1972 §12 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Fuchs, Dr. Büsser und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. iur. Mag. (FH) Schärf, über die Beschwerde der D AG in W, vertreten durch Dr. Arno Brauneis, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Bauernmarkt 2, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland (Berufungssenat XI) vom 4. Dezember 1996, Zl. GA 6-96/5147/09, betreffend Umsatzsteuer für 1994, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 332 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin erklärte mit ihrer Umsatzsteuererklärung für 1994 Umsätze von rund 3,6 Millionen S und machte Vorsteuern von rund 445.000 S geltend. Der der Umsatzsteuererklärung als Beilage angeschlossene Bericht der Abschlussprüfer für den Jahresabschluss zum 31. Dezember 1994 enthält als Anlage 4 einen Lagebericht, wonach es sich bei der Beschwerdeführerin im Wesentlichen um eine Holdinggesellschaft handle, deren derzeitiger Hauptzweck das Halten einer Beteiligung an der B, Budapest, sei. Nach der Anlage 2 zum Bericht der Abschlussprüfer (Gewinn- und Verlustrechnung) stünden u.a. Umsatzerlösen von rund 3,6 Millionen S und Erträgnissen aus Beteiligungen von rund 14,7 Millionen S ein Materialaufwand und Aufwendungen für bezogene Leistungen von rund 3,4 Millionen S und Aufwendungen aus Beteiligungen von rund 192.000 S gegenüber. Der Anlage 3 zum erwähnten Bericht der Abschlussprüfer ist zu entnehmen, dass das Unternehmen keine Dienstnehmer beschäftige.
Das Finanzamt erkannte mit seinem Bescheid über die Festsetzung der Umsatzsteuer für 1994 lediglich 20 % der geltend gemachten Vorsteuern als solche an. Die Beschwerdeführerin habe im Jahr 1994 aus dem Lebensmittelgroßhandel Erlöse von rund 3,6 Millionen S und auf Grund ihrer Holdingfunktion Beteiligungserträge in Höhe von etwa 14,7 Millionen S erzielt. Der Umsatzanteil aus der operativen Tätigkeit, für welchen der Beschwerdeführerin Unternehmereigenschaft im Sinne des § 2 UStG zukomme, betrage somit rund 20 %. Demnach seien auch nur rund 20 % der in der Umsatzsteuererklärung für 1994 geltend gemachten Vorsteuern, das seien 89.000 S, anzuerkennen.
In der dagegen erhobenen Berufung führte die Beschwerdeführerin aus, dass ein Unternehmer, der ein Mindestmaß an unternehmerischer Tätigkeit entfalte, mit seiner gesamten Tätigkeit, also auch mit den allenfalls nicht unternehmerischen Tätigkeiten, Unternehmer im Sinne des Umsatzsteuergesetzes sei. Da die Verwaltung von Beteiligungen offensichtlich nicht der ausschließliche Zweck der Beschwerdeführerin und sie zweifellos gegenüber Dritten im Wirtschaftsleben in Erscheinung getreten sei, könne in ihrem Fall nicht von einer reinen Holdinggesellschaft gesprochen werden. Daher sei die Beschwerdeführerin in ihrem ganzen Umfang Unternehmer und stelle den Antrag, die Umsatzsteuer für 1994 erklärungsgemäß zu veranlagen.
Die belangte Behörde wies die Beschwerdeführerin im Berufungsverfahren in einem Vorhalt darauf hin, dass eine reine Holding zwar kein Unternehmer sein möge, dass einem Unternehmer die Vorsteuerabzugsberechtigung aber lediglich für Lieferungen und sonstige Leistungen zustünde, die für sein Unternehmen ausgeführt worden sind. Da der Holdingbereich keine unternehmerische Tätigkeit darstelle, bedeute "für sein Unternehmen", dass damit nur der operative Bereich erfasst werde. Somit könne nur jener Teil der Vorsteuern, die den operativen Bereich betreffen, abgesetzt werden. Die belangte Behörde forderte die Beschwerdeführerin gleichzeitig auf, für den Fall, dass die Holding auch Einfluss auf die Geschäftsleitung der "Beteiligungsgesellschaften" genommen habe, jenen Anteil, der darauf entfalle, und den entsprechenden Vorsteuerbetrag anzugeben. Weiters ersuchte die belangte Behörde die Beschwerdeführerin um ausführliche Erläuterungen (unter Beilage entsprechender Rechnungsablichtungen), welche Beträge der erklärten Vorsteuern auf den operativen und welche auf den Holdingbereich entfielen, letztere getrennt nach "Einfluss" und "keinen Einfluss" auf die Geschäftsleitung der "Beteiligungsgesellschaften". Für die Antwort auf diese Fragen setzte die belangte Behörde eine Frist von einem Monat.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. In der Begründung wies sie auf den oben erwähnten Lagebericht der Beschwerdeführerin (Anlage 4 des Jahresabschlusses zum 31. Dezember 1994) hin, wonach es sich bei der Beschwerdeführerin im Wesentlichen um eine Holdinggesellschaft handle, deren derzeitiger Hauptzweck das Halten einer Beteiligung sei, und darauf, dass die Dividende aus dieser Beteiligung im Streitjahr rund 14,7 Millionen S und die Erlöse aus der operativen Tätigkeit der Beschwerdeführerin laut ihrer Gewinn- und Verlustrechnung rund 3,6 Millionen S betragen haben, sich demnach ein Anteil der operativen Tätigkeit von etwa 20 % ergebe. Da es die Beschwerdeführerin an detaillierten Nachweisen habe mangeln lassen, welche der erklärten Vorsteuern auf den operativen Teil entfielen, habe die belangte Behörde der Beschwerdeführerin mit Vorhalt nochmals Gelegenheit gegeben, eine genaue Zuordnung der erklärten Vorsteuern zum operativen Teil ihrer Tätigkeit vorzunehmen. Eine "Vorhaltantwort" sei nicht erfolgt. Daher gelange die belangte Behörde zur Überzeugung, dass die Aufteilung der Vorsteuer nach dem Verhältnis der Erträge aus dem operativen Teil zu denen aus dem Holdingbereich rechtens sei.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die dagegen erhobene Beschwerde erwogen:
Gemäß § 2 Abs. 1 des im Beschwerdefall noch anzuwendenden UStG 1972 ist Unternehmer, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig ausübt. Das Unternehmen umfasst die gesamte gewerbliche oder berufliche Tätigkeit des Unternehmers. Der Unternehmer, der im Inland Lieferungen oder sonstige Leistungen ausführt oder im Inland seinen Sitz oder eine Betriebsstätte hat, kann nach der näheren Anordnung des § 12 Abs. 1 leg. cit. Vorsteuerbeträge abziehen.
Nach herrschender Auffassung ist eine Kapitalgesellschaft, die sich auf den Erwerb und die Verwaltung von Beteiligungen beschränkt und hiebei lediglich die Rechte wahrnimmt, die sich aus ihrer Stellung als Gesellschafterin ergeben, nicht Unternehmer, weil sie im Wirtschaftsleben nicht mit Leistungen in Erscheinung tritt (vgl. etwa das von der Beschwerdeführerin herangezogene hg. Erkenntnis vom 19. Oktober 1987, 86/15/0100, VwSlg 6261/F, und Ruppe, UStG2, Tz 36 zu § 2).
Insoweit unstrittig handelt es sich bei der Beschwerdeführerin nicht um eine reine Holdinggesellschaft, sondern um eine sogenannte gemischte Holdinggesellschaft, deren Tätigkeit nur zum Teil den Holdingbereich umfasst. Die belangte Behörde ist dementsprechend davon ausgegangen, dass die Beschwerdeführerin nur zum Teil unternehmerisch tätig geworden ist. Soweit sich die Beschwerdeführerin aber auf den Erwerb und die Erhaltung der in Rede stehenden Beteiligungen beschränkte, war sie nach der insoweit zutreffenden Auffassung der belangten Behörde nicht Unternehmer, sodass die damit im Zusammenhang stehenden Vorsteuerbeträge nicht abgezogen werden konnten (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 4. November 1998, 96/13/0162, VwSlg 7325/F, und vom 25. April 2001, 98/13/0087).
Der von der Beschwerdeführerin aus dem von ihr herangezogenen, eine reine Holdinggesellschaft betreffenden, Erkenntnis des Gerichtshofes vom 19. Oktober 1987 gezogene Schluss, dass ein Unternehmen, welches keine reine Holdinggesellschaft sei, sondern zwar den Hauptzweck in der Beteiligung an anderen Unternehmen verfolge, daneben aber - wie die Beschwerdeführerin - etwa auch einen Lebensmittelgroßhandel betreibe, mit seiner gesamten Tätigkeit als Unternehmer anzusehen sei, weshalb der gesamte in der Umsatzsteuererklärung 1994 geltend gemachte Vorsteuerabzug zu gewähren sei, widerspricht der oben zitierten Rechtsprechung des Gerichtshofes.
Indem die Beschwerdeführerin darauf verweist, dass eine Unternehmereigenschaft auch hinsichtlich des Haltens von Beteiligungen gegeben sein könne, beispielsweise wenn eine Beteiligung erworben werde, um sich Einfluss bei einem potenziellen Konkurrenten zu verschaffen, legt sie nicht dar, dass sie selbst ihre Beteiligung aus den von ihr angeführten Gründen erworben habe, weshalb es dahin gestellt bleiben kann, ob diese Ansicht der Beschwerdeführerin zutrifft oder nicht.
Die Beschwerdeführerin trägt weiters vor, es sei bemerkenswert, dass die Regel für die Zuordnung von Gegenständen zum Unternehmensbereich gemäß § 12 Abs. 2 UStG bereits dann eine Leistung als für das Unternehmen ausgeführt ansieht, wenn sie zumindest zu 10 % unternehmerischen Zwecken diene. Dabei übersieht die Beschwerdeführerin, dass es sich bei der angesprochenen Bestimmung um § 12 Abs. 2 des im Beschwerdefall noch nicht anzuwendenden UStG 1994 handelt, während § 12 Abs. 2 des im Beschwerdefall noch anzuwendenden UStG 1972 Lieferungen und Leistungen sowie die Einfuhr von Gegenständen als für das Unternehmen ausgeführt gelten ließ, wenn sie überwiegend für Zwecke des Unternehmens erfolgten. Im Übrigen treffen beide Bestimmungen lediglich die Zuordnung einzelner Lieferungen, Leistungen und Einfuhren von Gegenständen, welche sowohl dem Zweck des Unternehmens wie auch außerhalb des Unternehmens liegenden Zwecken dienen und dementsprechend zuzuordnen sind.
Der Hinweis der Beschwerdeführerin auf § 6 UStG 1972 geht ins Leere, weil im Falle einer nach dieser Bestimmung gewährten unechten Umsatzsteuerbefreiung durch § 12 Abs. 3 UStG 1972 eben der Vorsteuerabzug trotz unternehmerischer Tätigkeit einer Person ausgeschlossen wird, während es im Beschwerdefall auf die Abgrenzung zur nicht unternehmerischen Tätigkeit ankommt.
Weshalb die belangte Behörde selbst bei Erteilung der im erwähnten Vorhalt geforderten Auskünfte keine rechtlich richtige Entscheidung hätte treffen können, wie es die Beschwerdeführerin behauptet, bleibt unerfindlich.
Indem die Beschwerdeführerin vorträgt, dass sie an der B, Budapest, beteiligt sei, und diese Gesellschaft alkoholische Getränke erzeuge, weshalb ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen dem Halten der Beteiligung an dieser Gesellschaft und der im Lebensmittelgroßhandel bestehenden wirtschaftlichen Tätigkeit der Beschwerdeführerin bestehe, verstößt sie gegen das vor dem Verwaltungsgerichtshof bestehende Neuerungsverbot (§ 41 Abs. 1 VwGG), weshalb die Verfahrensrüge, die belangte Behörde habe die Feststellung unterlassen, dass es sich bei der Beteiligung der Beschwerdeführerin an der B, Budapest, um ein Hilfsgeschäft zur Durchführung des Warengroßhandels der Beschwerdeführerin handle, schon deshalb keine Berechtigung zukommt.
Dass die von der belangten Behörde mangels näherer Angaben der Beschwerdeführerin im Verwaltungsverfahren im Verhältnis der Erlöse aus der operativen Tätigkeit zu den Erlösen aus der Beteiligung vorgenommene Aufteilung der von der Beschwerdeführerin mit der Umsatzsteuererklärung für das Streitjahr geltend gemachten Vorsteuerbeträge der Höhe nach unrichtig wäre, wird auch in der Beschwerde nicht behauptet.
Da sich die Beschwerde sohin insgesamt als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Von der beantragten Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte aus den Gründen des § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG abgesehen werden.
Der Kostenausspruch gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.
Wien, am 29. Jänner 2003
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2003:1997130012.X00Im RIS seit
02.05.2003