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E000 EU- Recht allgemein;Norm
31994R3298 idF 31996R1524 ÖkopunktesystemV Lkw Transit Österreich Art1 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Riedinger und Dr. Handstanger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Winter, über die Beschwerde des W in Oberelsbach, Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch Ferner Hornung & Partner, Rechtsanwälte GmbH in 5020 Salzburg, Hellbrunner Straße 11, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Vorarlberg vom 28. Februar 2001, Zl. 1-0045/01/K1, betreffend Übertretung des Güterbeförderungsgesetzes 1995, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird hinsichtlich des Schuldspruches als unbegründet abgewiesen; im Übrigen, also hinsichtlich des Ausspruches über die verhängte Strafe und die diesbezüglichen Kosten des Berufungsverfahrens, wird der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.089,68 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1. Im Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Bregenz vom 5. Dezember 2000 wurde dem Beschwerdeführer vorgeworfen, er habe sich am 4. September 2000 um 10.11 Uhr in Höchst, Zollamt-Einreise, als Lenker eines nach den Kennzeichen näher bestimmten "Sattelzuges" (zulässiges Gesamtgewicht über 7,5 t) beim Zollamt Höchst zur Einreise nach Österreich gestellt, ohne die nachstehend angeführten Unterlagen mitgeführt und diese auf Verlangen den Aufsichtsbehörden vorgelegt zu haben:
"a) entweder ein ordnungsgemäß ausgefülltes Einheitsformular oder eine Ökokarte für die betreffende Fahrt,
b) oder einen Umweltdatenträger (Ecotag), der eine automatische Entwertung der Ökopunkte für die betreffende Fahrt ermöglichte,
c) oder geeignete Unterlagen zum Nachweis darüber, dass es sich nicht um eine ökopunktebefreite Fahrt handelte,
d) oder geeignete Unterlagen, aus denen hervorgeht, dass es sich nicht um eine Transitfahrt handelte und dass im Falle einer Ausstattung des Fahrzeuges mit einem Umweltdatenträger dieser für diesen Zwecke eingestellt war."
Die genannte Bezirkshauptmannschaft erblickte hierin eine Übertretung des § 23 Abs. 1 Z. 1 "GBG" iVm Art. 1 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 3298/94 der Kommission, in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 1524/96 der Kommission. Über den Beschwerdeführer wurde eine Geldstrafe von S 20.000,-- verhängt (und für den Fall ihrer Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 240 Stunden festgesetzt).
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der gegen dieses Straferkenntnis gerichteten Berufung des Beschwerdeführers gemäß § 64 Abs. 4 AVG iVm § 24 VStG insoweit Folge gegeben, als die verhängte Strafe in Anwendung des § 20 VStG auf S 10.000,-- (EUR 726,73) und die für den Uneinbringlichkeitsfall festgesetzte Freiheitsstrafe auf 36 Stunden herabgesetzt wurde. Im Übrigen wurde der Berufung keine Folge gegeben und das Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, dass in der Tatumschreibung (Einleitungssatz) anstelle des Wortes "Sattelzuges" das Wort "Sattelzugfahrzeuges" zu treten habe, nach den Worten "Zollamt Höchst" die Worte "im Zuge einer Transitfahrt" einzufügen seien, und bei der "lit. b)" noch folgender Nebensatz einzufügen sei:
"indem Sie ein nicht für das von Ihnen gelenkte Sattelfahrzeug initialisiertes Ecotag-Gerät (dieses war aufgrund seiner Initialisierung dem Sattelzugfahrzeug mit dem Kennzeichen N zugeordnet), welches überdies lose bei der Frontscheibe abgelegt worden war, verwendeten,". Bei der Übertretungsnorm sei der Ausdruck "GBG" durch das Wort "Güterbeförderungsgesetz" zu setzen, nach der Wortfolge "Nr. 1524/96" noch die Wortfolge "und Nr. 609/2000" einzufügen.
In der Begründung wurde im Wesentlichen Folgendes festgehalten: Nach Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung stehe fest, dass sich der Beschwerdeführer - von der Schweiz kommend - zum oben angegebenen Zeitpunkt als Lenker des oben genannten Sattelzugfahrzeuges samt Sattelanhänger im Zuge einer Transitfahrt beim Zollamt Höchst zur Einreise nach Österreich gestellt habe. Dabei sei festgestellt worden, dass er keine der in der Tatumschreibung des angefochtenen Straferkenntnisses angeführten Unterlagen mitgeführt habe. Das in dem von ihm gelenkten Sattelfahrzeug bei der Frontscheibe lose abgelegte Ecotag-Gerät sei auf Grund seiner Initialisierung einem ein anderes Kennzeichen tragenden Sattelzugfahrzeug zugeordnet und somit nicht in dem LKW verwendet worden, für den es programmiert gewesen sei und dessen Daten es enthalten habe.
2. Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde nach Vorlage der Verwaltungsstrafakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:
2.1. Die Auffassung der belangten Behörde, dass er die im angefochtenen Bescheid näher dargestellte Transitfahrt, für die Ökopunktepflicht bestanden habe, durchgeführt habe, lässt der Beschwerdeführer unbekämpft. Er wendet sich auch nicht dagegen, dass er bei dieser Transitfahrt keine der in der oben wiedergegebenen Tatumschreibung des genannten Straferkenntnisses angeführten Unterlagen mitgeführt habe. Wenn er - ebenfalls unstrittig - ein Ecotag-Gerät verwendete, das nicht für das von ihm gelenkte Fahrzeug initialisiert bzw. programmiert war, hat der Beschwerdeführer auch nicht das im gelenkten Fahrzeug zu verwendende Ecotag-Gerät benutzt. Nach Art. 1 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 3298/94 der Kommission in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 1524/96 der Kommission wird das Ecotag-Gerät nämlich so programmiert, dass es (neben Informationen über das Land der Zulassung) den NOx-Wert des (dem Gerät zugeordneten) Lastkraftwagens (gemäß den Angaben des in Art. 1 Abs. 4 leg.cit. beschriebenen Dokuments über die Übereinstimmung mit der Produktion (COP)) enthält; ferner ergibt sich aus Anhang F "Technische Spezifikationen des Umweltdatenträgers" der Verordnung (EG) Nr. 3298/94 der Kommission in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 1524/96 der Kommission, dass im Datenspeicher des Ecotag-Geräts u.a. die Fahrzeugdaten, das Fahrzeugkennzeichen und der COP-Wert des Fahrzeugs enthalten sein müssen, für welches das Gerät vorgesehen ist. Es wäre Sache des Beschwerdeführers als Lenker des Fahrzeuges gewesen wäre, sich vor Antritt der Transitfahrt zu vergewissern, ob sich im Fahrzeug das für dieses vorgesehene Ecotag-Gerät befindet. Im Hinblick darauf ist das Vorbringen des Beschwerdeführers, er hätte sich vorher bei seinem Arbeitgeber erkundigt und von diesem die Information erhalten, dass das Ecotag funktionsfähig sei und Ökopunkte ausreichend vorhanden seien, nicht zielführend. Der Beschwerde ist damit auch kein taugliches Vorbringen im Sinn des § 5 Abs. 1 zweiter Satz VStG zur Glaubhaftmachung, dass den Beschwerdeführer an der vorliegenden als Ungehorsamsdelikt zu qualifizierenden Verwaltungsübertretung kein Verschulden treffe, zu entnehmen, hat er doch nicht einmal ansatzweise dargelegt, dass er sich vor Antritt der Transitfahrt davon vergewissert habe, dass sich im Fahrzeug das für dieses vorgesehene Ecotag-Gerät befindet. Dass mit dem vom Beschwerdeführer verwendeten Ecotag (wie er in der Beschwerde vorbringt und wie dies (nach Ausweis der vorgelegten Verwaltungsstrafakten) auch bei der mündlichen Verhandlung von dem Beamten, der die Beschwerdeführer seinerzeit kontrollierte, ausgeführt wurde) Ökopunkte abgebucht wurden, vermag daran nichts zu ändern, wurde doch diese Abbuchung für ein anderes Fahrzeug als das vom Beschwerdeführer gelenkte vorgenommen. Im Übrigen hat sich der Beschwerdeführer auch nicht dagegen gewendet, dass das von ihm verwendete Ecotag-Gerät nicht in das Kraftfahrzeug eingebaut gewesen, sondern lose bei der Frontscheibe gelegen sei. Insoweit gleicht der vorliegende Beschwerdefall in den für seine Entscheidung maßgeblichen Punkten - sowohl (auch unter Bedachtnahme auf das Beschwerdevorbringen) hinsichtlich des Sachverhalts als auch in Ansehung der zu lösenden Rechtsfragen - jenem, der dem hg. Erkenntnis vom 14. November 2002, Zl. 2001/03/0226, zu Grunde lag. Auf dieses Erkenntnis wird nach § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen.
Vor diesem Hintergrund kann der belangten Behörde nicht mit Erfolg entgegengetreten werden, wenn sie zur Auffassung gelangte, dass der Beschwerdeführer die ihm vorgeworfenen Übertretungen in objektiver und subjektiver Hinsicht zu verantworten habe. Somit ist auch die Verfahrensrüge, die belangte Behörde sei dem vom Beschwerdeführer gestellten Beweisantrag bezüglich seiner Erkundigungen bei seinem Arbeitgeber vor Fahrtantritt nicht nachgekommen und habe diesbezüglich keine Feststellung getroffen, nicht zielführend.
2.2. Der Beschwerdeführer rügt weiters, dass entgegen dem § 44a VStG dem Spruch des angefochtenen Bescheides nicht zu entnehmen sei, wann der Beschwerdeführer die Verwaltungsübertretung begangen habe. Die Angabe des Kontrollzeitpunktes sei nicht ausreichend, um der Konkretisierungspflicht Genüge zu tun. Auch mit diesem Vorbringen ist der Beschwerdeführer nicht im Recht. Aus dem angeführten Spruch ergibt sich in eindeutiger Weise, dass jene Transitfahrt (dass eine solche erfolgte, wurde vom Beschwerdeführer, wie schon erwähnt, nicht in Abrede gestellt) durch Österreich gemeint ist, zu der sich der Beschwerdeführer am 4. September 2000 um 10.11 Uhr in Höchst zur Einreise gestellt hat. Die Tatzeit der verfahrensgegenständlichen Transitfahrt ist mit der Angabe dieses Zeitpunktes ausreichend konkretisiert. Es besteht weder eine Gefahr der Doppelbestrafung des Beschwerdeführers, noch wird er durch die vorliegend vorgenommene Konkretisierung der Tat in seinen Verteidigungsrechten eingeschränkt, was im Übrigen von ihm auch nicht behauptet wird (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 11. Dezember 2002, Zl. 2001/03/0463).
2.3. In seinem Erkenntnis vom 14. Dezember 2001, G 181/01, hat der Verfassungsgerichtshof ausgesprochen, dass die Wortfolge "und Z 7 bis 9" im zweiten Satz des § 23 Abs. 2 des Güterbeförderungsgesetzes 1995, BGBl. Nr. 593, i.d.F. BGBl. I Nr. 17/1998, verfassungswidrig war. Im genannten Erkenntnis, kundgemacht im Bundesgesetzblatt am 8. Februar 2002 unter BGBl. I Nr. 37, hat der Verfassungsgerichtshof ferner - gestützt auf Art. 140 Abs. 7 zweiter Satz B-VG - Folgendes ausgesprochen:
"(2) Die verfassungswidrige Bestimmung ist insofern nicht mehr anzuwenden, als sie sich auf die Z 8 bezieht."
Da der zuletzt genannte Ausspruch des Verfassungsgerichtshofes die Anwendung der als verfassungswidrig festgestellten gesetzlichen Bestimmung auch im vorliegenden Beschwerdefall ausschließt (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 17. Dezember 1979, Slg. Nr. 9994/A), erweist sich der auf dem Boden dieser Bestimmung getroffene - wenn auch unter Anwendung des § 20 VStG eine die Mindeststrafe unterschreitende Strafe festsetzende - Ausspruch über die im Beschwerdefall verhängte Strafe als inhaltlich rechtswidrig.
2.4. Von daher war der angefochtene Bescheid in dem im Spruch genannten Umfang gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben, im Übrigen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
2.5. Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001 (vgl. das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshof vom 29. November 2002, Zl. A 9/01, wonach (mangels abweichender Regelung) eine Kostentragungspflicht für den Sachaufwand, der mit der konkreten Tätigkeit der Behörde erst entsteht (konkreter Sachaufwand), den Bund insoweit trifft, als die unabhängigen Verwaltungssenate in den Ländern in Angelegenheiten tätig werden, die - wie die Handhabung des
Güterbeförderungsgesetzes 1995 - nach den Zuständigkeitsregeln des B-VG in den Vollzugsbereich des Bundes fallen).
Wien, am 29. Jänner 2003
Schlagworte
"Die als erwiesen angenommene Tat" Begriff Tatzeit "Die als erwiesen angenommene Tat" Begriff Umfang der Konkretisierung (siehe auch Tatbild) Besondere Rechtsgebiete Gemeinschaftsrecht Verordnung Strafverfahren EURallg5/2European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2003:2001030124.X00Im RIS seit
02.05.2003