TE Vwgh Erkenntnis 2003/1/30 2000/21/0194

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Veröffentlicht am 30.01.2003
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Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

FrG 1997 §36 Abs1;
FrG 1997 §36 Abs2 Z1;
FrG 1997 §36 Abs2;
FrG 1997 §37 Abs1;
FrG 1997 §37 Abs2;
FrG 1997 §38 Abs1 Z4;
FrG 1997 §38 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Robl, Dr. Pelant, Dr. Sulzbacher und Dr. Grünstäudl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Stummer, über die Beschwerde des D, geboren 1974, vertreten durch Mag. Bernhard Graf, Rechtsanwalt in 6800 Feldkirch, Liechtensteinerstraße 27, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Vorarlberg vom 8. Juni 2000, Zl. Fr-4250a-42/95, betreffend Erlassung eines unbefristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 8. Juni 2000 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen bosnischen Staatsangehörigen, gemäß § 36 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 1 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, ein unbefristetes Aufenthaltsverbot erlassen.

Zur Begründung stellte die belangte Behörde fest, der Beschwerdeführer sei wie folgt strafgerichtlich verurteilt worden:

-

"mit Urteil (richtig: Strafverfügung) des Bezirksgerichtes Feldkirch, Zl. U 829/94, vom 17.11.1994, rk. 20.12.1994, wegen § 127 StGB zu 80 Tagessätzen zu je ATS 150,--, im NEF zu 40 Tagen Freiheitsstrafe bedingt, Probezeit drei Jahre.

-

mit Urteil des Landesgerichtes Innsbruck, Zl. 38 Vr 1051/95, vom 26.06.1995, rk 30.06.1995, wegen § 130 StGB zu 1 Monat und 2 Wochen Freiheitsstrafe, 5 Monate und 2 Wochen Freiheitsstrafe bedingt, Probezeit drei Jahre.

-

mit Urteil des Landesgerichtes Feldkirch, Zl. 24 Vr 1184/96, (vom 18.03.1997,) rk 21.03.1997, wegen §§ 12, 142/1, 127, 128 Abs.1/4, 129/1 und 2, 15, 12, 164/1 und 4 StGB zu 20 Monaten Freiheitsstrafe.

-

mit Urteil des Bezirksgerichtes Feldkirch, Zl. 18 U 353/98, vom 12.06.1998, rk 14.07.1998, wegen §§ 15, 127 StGB zu 80 Tagessätzen zu je ATS 100,--, im NEF 40 Tage Freiheitsstrafe."

Dem gegen den Beschwerdeführer ergangenen Schuldspruch des Landesgerichtes Feldkirch vom 18. März 1997 liege Folgendes zugrunde:

"Er hat

A)

am 04.09.1996 in B. und W. dadurch, dass er die abgesondert verfolgten und rechtskräftig verurteilten S. H. und L. D. in Kenntnis von deren Vorhaben, einen Raubüberfall auf H. R. zu verüben, zu dessen Verwirklichung S. H. und L. D. mit seinem Pkw zum Tatort brachte, dort die Rückkehr der unmittelbaren Täter abwartete und sie unter Mitnahme der Raubbeute vom Tatort wegbrachte, mit dem Vorsatz, durch Zueignung der Beute sich oder einen Dritten unrechtmäßig zu bereichern, dazu beigetragen, dass S. H. und L. D. am 4.9.1996 dem H. R gewaltsam dessen Geldtasche, beinhaltend ATS 3.980,-- an Bargeld, entrissen und ihn zu Boden brachten, also durch Gewalt gegen eine Person einem anderen fremde bewegliche Sachen, nämlich Bargeld in der Höhe von ATS 3.980,-- wegnahmen,

B)

im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit abgesondert verfolgten Personen als Mittäter fremde bewegliche Sachen in einem ATS 25.000,-- übersteigenden Wert nachgenannten Personen mit dem Vorsatz, sich oder andere durch Zueignung der Sachwerte unrechtmäßig zu bereichern,

I) weggenommen,

              1.)              am 22./23.9.1996 in D. mit den abgesondert verfolgten

S. H und E. D. dem Autohaus 'F.', vertreten durch M. P. einen Pkw Marke BMW 318 Cabrio, Baujahr 1991, Listenpreis von ATS 170.000,-- , indem S. H. in das Firmengebäude nach Aufbrechen eines Fensters einstieg und in der Folge das Vorhängeschloss des Tores gewaltsam öffnete und D. P. (der Beschwerdeführer) ein Probekennzeichen auf das Fahrzeug montierte und Aufpasserdienste leistete, nachdem E. D. beide in seinem Pkw in Kenntnis deren Tatplanes zum Tatort gefahren hatten, dort in der Nähe die Tatausführungen abwartete und anschließend D. P. nach gelungener Tatausführung wieder in seinem Pkw vom Tatort wegbrachte;

              2.)              am 18.9.1996 in D. mit dem abgesondert verfolgten S. H. den Berechtigten der Firma E. nach Einsteigen in das Firmengebäude durch ein Kellerfenster mehrere Paar Turnschuhe und Jogginganzüge im Gesamtwert von ca. ATS 20.000,--;

              3.)              Mitte September 1996 in D. mit dem abgesondert verfolgten S. H. den Berechtigten der Firma E. mehrere Paar Turnschuhe und Jogginganzüge im Gesamtwert von ca. ATS 25.000,--, indem S. H. und D. P. (der Beschwerdeführer) durch ein Kellerfenster in das Gebäude einstiegen, nachdem sie L. D. zum Tatort gefahren hatte und sie nach gelungener Tatausführung samt Diebsbeute in seinem Pkw wieder vom Tatort wegbrachte;

              4.)              Anfang September 1996 in D. gemeinsam mit dem abgesondert verfolgten J. M. den Berechtigten des Schuhgeschäftes V. ein Paar Schuhe im Wert von ca. ATS 300,--;

              5.)              gemeinsam mit dem abgesondert verfolgten E. D. sowie Z. P. und Z. D. jeweils nach Aufbrechen bzw. Öffnen von Automaten mit einem nicht zum ordnungsgemäßen Öffnen bestimmten Werkzeug, indem D. P. (der Beschwerdeführer) über Aufforderung des E. D. die beiden weiteren Täter als unmittelbar Tatausführende in Kenntnis deren Tatplanes an die jeweiligen Tatorte in seinem Pkw brachte und E. D. dort Aufpasserdienste leistete

              a)              am 25.8.1996 in F. dem W. K. und H. D. aus zwei Spielautomaten Bargeld in Höhe von ca. ATS 10.000,--;

              b)              in der Nacht zum 26.8.1996 in F. der B. K. aus drei Dartautomaten Bargeld in der Höhe von ca. ATS 300,--;

              c)              in der Nacht zum 26.8.1996 in S. dem S. K. aus einem Dartautomaten Bargeld in der Höhe von ca. ATS 500,--;

              d)              am 26.8.1996 in H. dem M. H. aus einem Automaten Bargeld in der Höhe von ca. ATS 8.500,--;

              e)              am 27./28.8.1996 in D. dem C. T. C. nach Aufbrechen der Eingangstüre aus vier Automaten Bargeld in der Höhe von ca. ATS 10.000,--;

              f)              am 27.8.1996 in H. den Berechtigten der B. KEG nach Aufbrechen der Eingangstüre des Gastlokales durch Abdrehen des Zylinderschlosses aus sieben Spielautomaten Bargeld in der Höhe von ca. ATS 20.000,--;

II) Bargeld oder sonstige Gebrauchsgegenstände wegzunehmen versucht:

gemeinsam mit dem abgesondert verfolgten S. H. am 23.9.1996 in H. dem G. D. durch Aufbrechen des Vorhangschlosses der Eingangstüre des Kiosk D.

C)

nach dem 3.9.1996 in A. und anderen Orten Vorarlbergs den S. H. dabei unterstützt, eine Sache, nämlich zumindest 40 Stangen Zigaretten, die dieser durch einen in der Nacht vom 2. auf den 3.9.1996 in A. in das Einkaufsgeschäft F. verübten Einbruchsdiebstahl erlangt hat, zu verwerten, wobei ihm der diese Strafandrohung begründende Umstand bekannt war.

Er hat hiedurch begangen:

zu A) das Verbrechen des Raubes nach den §§ 12, 142

Abs. 1 StGB als Beteiligter,

zu B) das Verbrechen des teils vollendeten, teils versuchten schweren Diebstahles durch Einbruch nach den §§ 127, 128 Abs. 1 Z 4, 129 Z 1 und 2 sowie 15 StGB, teilweise als Beteiligter gemäß § 12 StGB und

zu C) das Verbrechen der Hehlerei nach § 164 Abs. 1 und 4 StGB."

Bei der Strafzumessung seien das Zusammentreffen zweier Verbrechen sowie die Deliktshäufung und die Vorstrafenbelastung als erschwerend, demgegenüber das Geständnis sowie der Umstand, dass die Tathandlung teilweise beim Versuch geblieben sei und der Beschwerdeführer bei der Raubtat lediglich in untergeordneter Art und Weise mitgewirkt habe, als mildernd gewertet worden. Auf Grund des raschen Rückfalls sei auch der Widerruf der bedingten Strafnachsicht im davor ergangenen Strafurteil auszusprechen gewesen.

Den anderen Urteilen - so die belangte Behörde weiter - liege größtenteils auch zu Grunde, dass der Beschwerdeführer "wiederkehrend und in großem Stil" Ladendiebstähle begangen habe, wobei er nicht aus Not Waren des täglichen Gebrauchs, sondern "Luxusgüter" (Parfüms, Markenjeans, Marken-T-Shirts ua) gestohlen habe.

Darüber hinaus sei der Beschwerdeführer im Zeitraum 1994 bis 1996 insgesamt 22 Mal wegen Verwaltungsübertretungen, die im angefochtenen Bescheid nach Geschäftszahl, Zeitpunkt der Bestrafung, Anführung der übertretenen Norm und Höhe der verhängten Geldstrafe umschrieben wurden, bestraft worden. Diesen lägen auch teilweise gravierende Geschwindigkeitsübertretungen, teils im Ortsgebiet, zu Grunde, was auf eine "entsprechende Rücksichtslosigkeit" des Beschwerdeführers schließen lasse.

Die den Verurteilungen zu Grunde liegenden strafbaren Handlungen seien in allen Fällen gegen das gleiche Rechtsgut (fremdes Eigentum) gerichtet. Der Beschwerdeführer sei somit mehr als einmal wegen einer auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden strafbaren Handlung, aber auch zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als drei Monaten verurteilt worden, sodass der Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z 1 FrG verwirklicht und die Annahme gemäß § 36 Abs. 1 FrG, der Aufenthalt des Beschwerdeführers gefährde die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit oder laufe anderen im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwider, gerechtfertigt sei. Dies werde durch die erwähnten Verwaltungsübertretungen verstärkt. Erschwerend komme vor allem noch dazu, dass den Beschwerdeführer selbst die Verurteilung vom 26. Juni 1995 und ein im Instanzenzug am 22. Februar 1996 ergangenes Aufenthaltsverbot - das in der Folge aufgrund des Beschlusses des Verwaltungsgerichtshofes vom 25. Jänner 1999, Zl. 96/21/0632, gemäß § 114 FrG außer Kraft getreten sei - nicht abgehalten hätten, nur wenige Monate später unter anderem einen Raub (als Beteiligter) zu begehen. Auf Grund des vom Beschwerdeführer gesetzten Gesamtverhaltens lasse sich derzeit keine positive Zukunftsprognose erstellen. Daran könne auch das Berufungsvorbringen, dass sich der Beschwerdeführer seit Verbüßung der letzten Haftstrafe - außer "einem Ausrutscher" im Jahre 1998 - tief greifend gebessert habe, nichts ändern. Der Beschwerdeführer habe "schon öfters beteuert", dass er sich wohlverhalten werde, und sei trotzdem immer wieder rückfällig geworden. Zudem sei die Zeit des Wohlverhaltens (eineinhalb Jahre) zu kurz, um im Hinblick auf den langen Deliktszeitraum in der Vergangenheit von einer tief greifenden Besserung ausgehen zu können.

Der (am 11. Mai 1974 geborene) Beschwerdeführer sei erstmals in der Zeit vom 29. Februar 1976 bis 28. September 1980 - mit einer dreimonatigen Unterbrechung im Jahre 1979 - in Österreich wohnhaft gewesen. Im Juni 1991 sei der Beschwerdeführer wieder nach Österreich eingereist und halte sich seit diesem Zeitpunkt hier ständig auf. Da sich der Beschwerdeführer von seinem 6. bis zu seinem 17. Lebensjahr (und davor von seiner Geburt bis zur Erreichung des fast 2. Lebensjahres) nicht in Österreich aufgehalten habe, somit die Absolvierung seiner ganzen Schulzeit und die damit einhergehende Sozialisation in einem anderen Land erfolgt sei, sei das in § 38 Abs. 1 Z 4 FrG erwähnte Erfordernis, dass der Fremde "von klein auf" im Bundesgebiet aufgewachsen sei, nicht erfüllt. Die genannte Bestimmung stehe daher einem Aufenthaltsverbot nicht entgegen.

Der Beschwerdeführer sei zeitweise einer unselbständigen Beschäftigung nachgegangen, verfüge jedoch seit 1999 über keine geregelte Arbeit. Er wohne bei seinen Eltern, die auch für seinen Lebensunterhalt aufkämen. In Österreich befänden sich auch noch seine Geschwister. Im Hinblick auf diese Umstände und angesichts der sich aus dem langjährigen rechtmäßigen Aufenthalt in Österreich ergebenden sozialen Integration ging die belangte Behörde von einem durch das Aufenthaltsverbot bewirkten schweren Eingriff in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers aus. Unter Bedachtnahme auf die den strafgerichtlichen Verurteilungen zu Grunde liegenden Tathandlungen und der dadurch zum Ausdruck kommenden Neigung des Beschwerdeführers, vor allem das Eigentum Anderer krass zu missachten, und im Hinblick auf die durch seine "Unbelehrbarkeit" gefährdeten maßgeblichen öffentlichen Interessen, erachtete die belangte Behörde das Aufenthaltsverbot aber trotzdem für dringend geboten. Unter Berücksichtigung aller Umstände und Abwägung der gegenläufigen Interessen dränge das in hohem Maß bestehende öffentliche Interesse, den weiteren Aufenthalt des Fremden in Österreich zu untersagen, dessen privates Interesse in den Hintergrund, sodass die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes schwerer wögen als dessen Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden, zumal die sich aus der Integration ergebende soziale Komponente durch die schweren und wiederkehrenden Gesetzesverstöße erheblich beeinträchtigt sei und sich der Beschwerdeführer in einem Alter befinde, in dem er auf die Eltern als Bezugspersonen nicht mehr direkt angewiesen sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, deren Behandlung vom Verfassungsgerichtshof mit Beschluss vom 25. September 2000, B 1347/2000, abgelehnt und dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten wurde. Über die sodann ergänzte Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

Voraussetzung für die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gemäß § 36 Abs. 1 FrG ist die auf bestimmte Tatsachen gegründete Prognose, dass der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit oder andere in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannte öffentliche Interessen erheblich gefährdet. Gemäß § 36 Abs. 2 Z 1 FrG hat als bestimmte Tatsache im Sinne des Abs. 1 insbesondere zu gelten, wenn ein Fremder von einem inländischen Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als drei Monaten, zu einer teilbedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe, zu einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von mehr als sechs Monaten oder mehr als einmal wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhender strafbarer Handlungen rechtskräftig verurteilt worden ist.

In der Beschwerde bleibt die Auffassung der belangten Behörde, dass vorliegend der zitierte Tatbestand des § 36 Abs. 2 FrG - und zwar der erste, zweite und letzte Fall - verwirklicht sei, unbekämpft. Im Hinblick auf die erwähnten strafgerichtlichen Verurteilungen und die diesen zu Grunde liegenden Tathandlungen bestehen gegen diese Beurteilung ebenso wenig Bedenken wie gegen die Einschätzung, es sei die im § 36 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme gerechtfertigt. Angesichts der gewerbsmäßigen Begehung der dem Urteil vom 26. Juni 1995 zu Grunde liegenden Diebstahlshandlungen, wegen des raschen Rückfalls trotz des (teilweisen) Vollzugs einer Freiheitsstrafe und der zu diesem Zeitpunkt rechtskräftigen Erlassung eines Aufenthaltsverbotes sowie unter Bedachtnahme auf die Vielzahl und Schwere der begangenen Straftaten hat die belangte Behörde dem Beschwerdeführer zu Recht keine positive Zukunftsprognose erstellt. Entgegen der Beschwerdemeinung kann Gegenteiliges auch nicht aus dem Verhalten des Beschwerdeführers seit dem Urteil vom 18. März 1997 abgeleitet werden, wenn der Vollzug der mit diesem Urteil verhängten Freiheitsstrafe von 20 Monaten und des widerrufenen - ursprünglich bedingt nachgesehenen - Teiles der Freiheitsstrafe aus dem Urteil vom 26. Juni 1995 den Beschwerdeführer nicht abgehalten hat, (nur etwa zwei Monate nach seiner bedingten Entlassung) neuerlich einen Ladendiebstahl zu versuchen, was zur Verurteilung vom 12. Juni 1998 geführt hat. Der Zeitraum danach ist aber zu kurz, um daraus unter Bedachtnahme auf das bisherige Fehlverhalten eine verlässliche Prognose über eine "Besserung" des Beschwerdeführers erstellen zu können. Entgegen der Beschwerdemeinung hat die belangte Behörde auch zutreffend erkannt, dass die Erlassung des Aufenthaltsverbotes angesichts des großen öffentlichen Interesses an der Verhinderung strafbarer Handlungen in Verbindung mit der bereits erörterten vom Beschwerdeführer ausgehenden Gefährdung trotz seines beträchtlichen Interesses an einem Weiterverbleib in Österreich im Sinne des § 37 Abs. 1 FrG als dringend geboten anzusehen ist.

Gemäß § 37 Abs. 2 FrG darf ein Aufenthaltsverbot jedenfalls nicht erlassen werden, wenn die Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden und seiner Familie schwerer wiegen als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von seiner Erlassung. Bei dieser Abwägung ist insbesondere auf die Dauer des Aufenthaltes und das Ausmaß der Integration des Fremden oder seiner Familienangehörigen (Z 1) und auf die Intensität der familiären und sonstigen Bindungen (Z 2) Bedacht zu nehmen.

Unter diesem Gesichtspunkt verweist die Beschwerde auf die festgestellte Aufenthaltsdauer und betont, der Beschwerdeführer habe in Österreich mehr als die Hälfte seines Lebens verbracht. Zur Integration seiner Eltern fordert die Beschwerde nähere Feststellungen dahin, dass sie seit 10. November 1997 über unbefristete Aufenthaltsbewilligungen und jeweils über gültige Befreiungsscheine verfügten und auch aufrecht beschäftigt seien. Gleiches gelte für den Bruder des Beschwerdeführers, seine Schwester besuche die 3. Klasse Hauptschule. Die Eltern des Beschwerdeführers seien mehr als 25 Jahre ununterbrochen in Österreich wohnhaft; sie sorgten für seinen Unterhalt und seine Unterkunft. Der Beschwerdeführer sei daher entgegen der Meinung der belangten Behörde "sehr wohl auf seine Eltern als Bezugspersonen direkt angewiesen".

Zur Schwere der angelasteten Straftaten sei - so die Beschwerde - anzumerken, dass der Beschwerdeführer beim Raub lediglich in untergeordneter Art und Weise mitgewirkt habe und durch die ihm angelasteten Vermögensdelikte lediglich ein relativ geringfügiger Schaden angerichtet worden sei. Darüber hinaus sei es teilweise beim Versuch geblieben und Schadensgutmachung erfolgt. Zu Unrecht sei dem Beschwerdeführer in Ansehung der Verwaltungsübertretungen Rücksichtslosigkeit und Geringschätzung des Lebens und der Gesundheit Anderer vorgeworfen worden, zumal die Geschwindigkeitsüberschreitungen mit keiner Gefährdung dritter Personen verbunden gewesen seien. Insoweit handle es sich um "unstatthafte Vermutungen zu Lasten des Beschwerdeführers". Im Rahmen der "Verhältnismäßigkeitsprüfung" wäre auch zu berücksichtigen gewesen, dass dem Beschwerdeführer eine Rückkehr in seine ehemalige Heimat nicht zumutbar sei, weil sein Heimatort im Zuge des Bürgerkrieges völlig zerstört worden sei.

Diese Ausführungen sind nicht geeignet, die von der belangten Behörde vorgenommene Abwägung der gegenläufigen Interessen im Sinne des § 37 Abs. 2 FrG als rechtswidrig erscheinen zu lassen. Zunächst ist der Beschwerde zu erwidern, dass die belangte Behörde ohnehin von einem schweren Eingriff in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers, insbesondere auch von einer vollständigen sozialen Integration seiner Familienangehörigen ausgegangen ist. Mit dem Beschwerdevorbringen werden daher keine relevanten Feststellungsmängel aufgezeigt. Ebenso hat die belangte Behörde die näheren Umstände der Straftaten berücksichtigt, insbesondere jener, die dem vor allem ausschlaggebenden Urteil vom 18. März 1997 zu Grunde lagen. Entgegen der Beschwerdemeinung hat sie aber auch aus der - nicht bestrittenen - Begehung von teilweise gravierenden Geschwindigkeitsübertretungen im Ortsgebiet zumindest auf eine darin zum Ausdruck kommende "Rücksichtslosigkeit" schließen dürfen. Hiezu bedurfte es keiner Feststellungen, dass im Einzelfall Personen konkret gefährdet waren. Schließlich hat die belangte Behörde in Bezug auf die Situation im Heimatland des Beschwerdeführers zu Recht darauf hingewiesen, dass mit dem Aufenthaltsverbot weder darüber abgesprochen wird, dass der Beschwerdeführer in ein bestimmtes Land auszureisen hat oder allenfalls (dorthin) abgeschoben wird (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 5. September 2002, Zl. 2002/21/0113).

Unter Bedachtnahme auf die oben eingehend erörterten gesamten Umstände dieses Falles kann der belangten Behörde somit nicht entgegen getreten werden, wenn sie im Ergebnis das Interesse des Beschwerdeführers an einem Weiterverbleib in Österreich nicht höher gewichtete als das zutreffend dargestellte Allgemeininteresse an der Erlassung des Aufenthaltsverbotes. Unter Bedachtnahme auf die Schwere und Vielzahl der begangenen Straftaten, die trotz des Vollzugs von Freiheitsstrafen einschlägig wiederholt wurden, kann im Hinblick auf die sich daraus ergebende Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit von keinem Überwiegen der privaten und familiären Interessen des Beschwerdeführers, die sich insbesondere aus der langen Dauer seines Aufenthalts und den Familienbindungen ergeben, ausgegangen werden. Zu Recht hat die belangte Behörde nämlich auch darauf hingewiesen, dass die soziale Komponente durch die begangenen Straftaten erheblich gemindert ist und dass die Beziehungen des Beschwerdeführers zu seinen Eltern, mögen sie auch für seine Unterkunft und seinen Unterhalt aufkommen, in Anbetracht seines Alters (im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides war der Beschwerdeführer bereits 26 Jahre alt) als relativiert anzusehen sind.

Soweit die Beschwerde auch in diesem Zusammenhang vor allem auf zwei Urteile des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte verweist (vom 18. Februar 1991, Fall Moustaquim gegen Belgien, ÖJZ 1991/10 (MRK) und vom 26. März 1992, Fall Beldjoudi gegen Frankreich, ÖJZ 1992/33 (MRK)), ist daraus schon deshalb nichts zu gewinnen, weil die diesen Entscheidungen zu Grunde liegenden Sachverhalte vor allem in Bezug auf die Dauer des Aufenthaltes im Gastland mit dem vorliegenden Fall nicht vergleichbar sind.

Wenn die Beschwerde schließlich die Anwendung des § 38 Abs. 1 Z 4 FrG releviert, ist insoweit auf die zutreffenden Ausführungen der belangten Behörde zu verweisen. Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits mehrfach ausgesprochen, dass eine Person, die zwar vor Vollendung ihres 4. Lebensjahres nach Österreich einreiste, sich aber kurz danach wieder für längere Zeit ins Ausland begeben hat und somit nicht schon im Kleinkindalter sozial in Österreich integriert wurde, von dieser Regelung - weil eine solche Person nicht in Österreich "aufgewachsen" ist - nicht erfasst ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 8. November 2001, Zl. 2001/21/0039; siehe auch das einen insoweit vergleichbaren Sachverhalt betreffende Erkenntnis vom 18. Jänner 2000, Zl. 98/18/0307). Die genannte Bestimmung steht daher der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes jedenfalls nicht entgegen. Dass der Beschwerdeführer - wie er in der Beschwerde meint - im Sinne des § 38 Abs. 2 FrG "langjährig im Bundesgebiet niedergelassen" sei, ändert an dieser Beurteilung nichts, weil es sich dabei nur um eine der kumulativ zu erfüllenden Bedingungen für die Anwendung des § 38 Abs. 1 Z 4 FrG handelt (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 26. Juni 2002, Zl. 98/21/0318).

Zusammenfassend ergibt sich somit, dass die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.

Der Ausspruch über die Kostenersatzpflicht gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2001.

Wien, am 30. Jänner 2003

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2003:2000210194.X00

Im RIS seit

27.03.2003
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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