TE Vwgh Erkenntnis 2003/1/31 2002/02/0293

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Veröffentlicht am 31.01.2003
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
60/02 Arbeitnehmerschutz;

Norm

ArbIG 1993 §23 Abs1;
ASchG 1994;
VStG §9 Abs2;
VStG §9 Abs3;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Holeschofsky und Dr. Bachler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schlegel, über die Beschwerde des AK in S, vertreten durch Dr. Leonhard Ogris, Rechtsanwalt in 8530 Deutschlandsberg, Grazer Straße 21, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark vom 29. Oktober 2002, Zl. UVS 303.15-29/2001- 25, betreffend Übertretung arbeitnehmerschutzrechtlicher Vorschriften, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Zur Vorgeschichte kann auf das hg. Erkenntnis vom 26. Juli 2002, Zl. 2002/02/0037, verwiesen werden.

Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers dem Grunde nach ab und fasste den Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses und den Ausspruch über die verhängten Strafen neu. Danach wurde dem Beschwerdeführer vorgeworfen, er habe es als handelsrechtlicher Geschäftsführer einer näher genannten GmbH und somit als gemäß § 9 Abs. 1 VStG zur Vertretung nach außen berufenes Organ dieses Unternehmens zu verantworten, dass - wie anlässlich einer Kontrolle am 11. März 1999 zu einer näher angegebenen Uhrzeit auf einer der Anschrift nach umschriebenen Baustelle festgestellt worden sei - drei namentlich näher bezeichnete Arbeitnehmer der GmbH auf der südseitigen Dachfläche eines näher bezeichneten Wohnhauses bei einer Absturzhöhe von 4 m und einer Dachneigung von 44 Grad Dachdeckungsarbeiten durchgeführt hätten, obwohl keine geeigneten Schutzeinrichtungen vorhanden gewesen waren, die den Absturz von Menschen, Materialien und Geräten in sicherer Weise verhindert hätten. Dadurch habe der Beschwerdeführer jeweils § 87 Abs. 3 der Bauarbeiterschutzverordnung, BGBl. Nr. 340/94 in der geltenden Fassung, verletzt. Es wurde über ihn gemäß § 130 Abs. 5 Z. 1 in Verbindung mit § 118 Abs. 3 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz eine Geldstrafe von je EUR 968,-- pro Spruchpunkt (Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt.

Über die dagegen erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

Der Beschwerdeführer bringt vor dem Gerichtshof vor, die belangte Behörde habe § 31 VStG nicht beachtet; es sei (Strafbarkeits-)Verjährung eingetreten. Er führt dazu aus, die Kontrolle der im Spruch genannten Baustelle durch das Arbeitsinspektorat sei am 11. März 1999 erfolgt. Mit Straferkenntnis vom 6. Juni 2001 der Behörde erster Instanz sei der Beschwerdeführer der Übertretungen nach § 87 Abs. 3 der Bauarbeiterschutzverordnung schuldig erkannt worden. Über die dagegen erhobene Berufung habe die belangte Behörde mit Bescheid vom 21. November 2001 abgesprochen und die Berufung abgewiesen. Dagegen habe der Beschwerdeführer am 28. Jänner 2002 die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erhoben (Anmerkung: diese langte am 30. Jänner 2002 beim Verwaltungsgerichtshof ein). Mit dem (bereits erwähnten) Erkenntnis vom 26. Juli 2002, Zl. 2002/02/0037, habe der Verwaltungsgerichtshof den angefochtenen Bescheid der belangten Behörde gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben. Dieses Erkenntnis sei am 24. September 2002 zugestellt worden. Nunmehr habe die belangte Behörde mit ihrem Bescheid vom 29. Oktober 2002, welcher am 30. Oktober 2002 zugestellt worden sei, neuerlich über die Berufung des Beschwerdeführers in abweisendem Sinne entschieden; sie habe die mittlerweile eingetretene Verjährung nach § 31 VStG nicht beachtet.

Gemäß § 31 Abs. 2 VStG ist die Verjährungsfrist von dem Zeitpunkt an zu berechnen, an dem die strafbare Tätigkeit abgeschlossen worden ist oder das strafbare Verhalten aufgehört hat; ist der zum Tatbestand gehörende Erfolg erst später eingetreten, so läuft die Frist erst von diesem Zeitpunkt. Nach § 31 Abs. 3 VStG darf ein Straferkenntnis nicht mehr gefällt werden, wenn seit dem in Abs. 2 bezeichneten Zeitpunkt drei Jahre vergangen sind. Nach dem letzten Satz dieser Bestimmung ist die Zeit eines Verfahrens (unter anderem) vor dem Verwaltungsgerichtshof nicht einzurechnen.

Eine "Berechnung" dieser behaupteten Verjährung ist der Beschwerde nicht zu entnehmen. Der Gerichtshof hält allerdings fest, dass eine solche ergibt, dass diese Verjährung erst im November 2002 eingetreten wäre, der angefochtene Bescheid allerdings - so der Beschwerdeführer - bereits am 30. Oktober 2002 zugestellt wurde.

Unter dem Gesichtspunkt der inhaltlichen Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides bringt der Beschwerdeführer vor, er wäre von der ihm angelasteten Verwaltungsstraftat deswegen freizusprechen gewesen, da er nicht verantwortlich beauftragt im Sinne des § 9 Abs. 2 VStG sei. Damit verkennt der Beschwerdeführer, dass die Verwaltungsstrafbehörden nie von der Bestellung eines verantwortlich Beauftragten im Sinne des § 9 Abs. 2 VStG ausgegangen sind; sie haben vielmehr den Beschwerdeführer als verantwortliches Organ im Sinne des § 9 Abs. 1 VStG angesehen. Soweit der Beschwerdeführer aber vorbringt, auf Grund der getroffenen Feststellungen könne nicht beurteilt werden, ob er das verantwortliche Organ der näher genannten GmbH sei, ist ihm zu entgegnen, dass er selbst davon ausgeht, der Geschäftsführer dieser Gesellschaft zu sein. Dieses Vorbringen - an der Sach- und Rechtslage völlig vorbeigehend - ist daher als geradezu mutwillig zu bezeichnen.

Im Übrigen hat der Verwaltungsgerichtshof bereits in seinem zitierten Erkenntnis vom 26. Juli 2002, Zl. 2002/02/0037, darauf verwiesen, dass gemäß § 23 Abs. 1 Arbeitsinspektionsgesetz 1993, BGBl. Nr. 27, die Bestellung von verantwortlich Beauftragten gemäß § 9 Abs. 2 und 3 VStG für die Einhaltung von Arbeitnehmerschutzvorschriften erst dann rechtswirksam ist, wenn beim zuständigen Arbeitsinspektorat eine schriftliche Mitteilung über die Bestellung samt einem Nachweis der Zustimmung des Bestellten eingelangt ist. Dass eine derartige schriftliche Mitteilung über die Bestellung beim Arbeitsinspektorat eingelangt wäre, ist auch dem nunmehrigen Beschwerdevorbringen nicht zu entnehmen. Der Beschwerdeführer führt vor dem Gerichtshof nämlich nur aus, dass zwar das Arbeitsinspektorat das Unterbleiben einer entsprechenden Meldung behauptet habe, Beweise dafür aber nicht angeboten worden seien. Damit aber verkennt der Beschwerdeführer, dass es deshalb an ihm gelegen gewesen wäre, konkrete Behauptungen über die vor dem Tatzeitpunkt erfolgte Bestellung und Meldung im Sinne des § 23 Arbeitsinspektionsgesetzes 1993 zu machen und hiefür Beweise anzubieten.

Soweit der Beschwerdeführer unter dem Gesichtspunkt der Rechtswidrigkeit des bekämpften Bescheides infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften zunächst rügt, dass eine Belehrung im Sinne des § 13a AVG nicht erfolgt sei, insbesondere sei er nicht angehalten worden, Beweisanträge zu stellen oder Urkunden beizubringen, die seiner Entlastung dienten und seine Unschuld unter Beweis stellen hätten können, er sei auch nicht darauf hingewiesen worden, dass er das Recht habe, sich eines Rechtsbeistandes seiner Wahl zu bedienen, vermag er damit schon deshalb keinen relevanten Verfahrensmangel der belangten Behörde darzutun, weil er vor dieser unbestritten durch einen berufsmäßigen Parteienvertreter (vgl. § 13a AVG) vertreten war. Der Zusammenhang mit dem Recht der Partei, sich eines Rechtsbeistandes zu bedienen, ist unerfindlich.

Soweit der Beschwerdeführer aber die Unterlassung der Einvernahme zweier näher genannter Zeugen rügt, ist darauf zu verweisen, dass er selbst in seiner Einvernahme vor der belangten Behörde am 21. November 2001 angegeben hat, dass - wie der Verwaltungsgerichtshof bereits in dem mehrfach erwähnten Erkenntnis vom 26. Juli 2002 ausgeführt hat - der eine dieser Zeugen nur stichprobenartige Überprüfungen durchgeführt habe, was nicht den Anforderungen an ein wirksames Kontrollsystem entspricht. Hinsichtlich des zweiten Zeugen, der "firmenintern" beauftragt worden sei, Kontrolltätigkeiten auszuüben, sowie hinsichtlich zweier weiterer nicht vernommener Zeugen ist darauf zu verweisen, dass es dem Beschwerdeführer - wie bereits im ersten Rechtsgang (hg. Erkenntnis vom 26. Juli 2002) näher dargelegt wurde -, nicht gelungen ist, konkret darzulegen, wie das - behauptetermaßen bestehende - Kontrollsystem im Einzelnen auf der beschwerdegegenständlichen Baustelle hätte funktionieren sollen. Da er somit kein taugliches "Beweisthema" dargetan hat, bestand für eine "weitere" Berufungsverhandlung kein Anlass.

Soweit der Beschwerdeführer schließlich noch die Höhe der jeweils verhängten Strafen rügt, übersieht er, dass er - entgegen seinem diesbezüglichen Vorbringen - nicht nachweislich alles unternommen hat, dass die Bauarbeiterschutzvorschriften beachtet werden. Im Hinblick darauf und auf die einschlägige Vorverurteilung erscheinen die verhängten Strafen jedenfalls nicht unangemessen.

Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen ließ, dass die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Es wird darauf hingewiesen, dass die Beendigung des Beschwerdeverfahrens, für dessen Dauer die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung beantragt wurde, einen Abspruch über diesen Antrag entbehrlich macht.

Wien, am 31. Jänner 2003

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2003:2002020293.X00

Im RIS seit

06.05.2003

Zuletzt aktualisiert am

08.01.2015
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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