TE Vwgh Beschluss 2003/2/18 2001/01/0188

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Veröffentlicht am 18.02.2003
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §19 Abs4;
AVG §19;
B-VG Art129a Abs1 Z1;
EGVG 1991 Anlage Art5;
VStG §24;
VStG §54c;
VStG §66b Abs10;
VwGG §13 Abs1 Z1;
VwGG §34 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kremla und die Hofräte Dr. Nowakowski, Dr. Pelant, Dr. Köller und Dr. Thoma als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Nichtowitz, in der Beschwerdesache des K in Wien, vertreten durch Dr. Johann Etienne Korab, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Wollzeile 24, gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien vom 10. April 2001, Zl. II-206/WP/01, betreffend Ladung im Dienste der Strafjustiz, den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Im Zuge von gegen ihn geführten Kridaerhebungen wurde der Beschwerdeführer mit dem angefochtenen Ladungsbescheid aufgefordert, zu einem näher genannten Termin bei der belangten Behörde zu erscheinen. Als Rechtsgrundlage führte die belangte Behörde, die für den Fall der Nichtbefolgung der Ladung die zwangsweise Vorführung androhte, § 19 AVG und Art. V EGVG an.

Die gegen diesen Ladungsbescheid erhobene Beschwerde ist nicht zulässig.

Der gegenständliche Ladungsbescheid erging unstrittig im Dienste der Strafjustiz. Für in deren Rahmen von den Verwaltungsbehörden durchzuführende Amtshandlungen bestimmt Art. V EGVG, dass, sofern sich aus den Vorschriften über das strafgerichtliche Verfahren nicht anderes ergibt, die Bestimmungen des VStG über das Verwaltungsstrafverfahren sinngemäß anzuwenden sind. Zu diesen sinngemäß anzuwendenden Vorschriften des VStG über das Verwaltungsstrafverfahren gehören auch die gemäß § 24 VStG einbezogenen Vorschriften des AVG, somit insbesondere die hier interessierende Norm des § 19 AVG (Walter/Mayer, Verwaltungsverfahrensrecht7, (1999), Rz 70). Sie lautet - soweit im gegenständlichen Fall von Belang - wie folgt:

"Ladungen

§ 19. (1) Die Behörde ist berechtigt, Personen, die in ihrem Amtsbereich ihren Aufenthalt (Sitz) haben und deren Erscheinen nötig ist, vorzuladen. ...

(2) ...

(3) ...

(4) Gegen die Ladung oder die Vorführung ist kein Rechtsmittel zulässig."

Was die Bedeutung des § 19 Abs. 4 AVG anlangt, so ist auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 6. Oktober 1997, Zlen. G 1393/95 ua., VfSlg. 14.957, zu verweisen. Dort hat der Verfassungsgerichtshof zu einem gleich formulierten Rechtsmittelausschluss in der (gemäß § 66b Abs. 10 VStG mit 1. Jänner 2002 außer Kraft getretenen) Bestimmung des § 54c VStG ("Gegen die Entscheidung ... ist kein Rechtsmittel zulässig") ausgesprochen, dieser Ausschluss müsse "im Licht des Art. 129a Abs. 1 Z 1 B-VG" derart ausgelegt werden, dass er lediglich den Ausschluss der administrativen Rechtsmittel erfasse, ohne dass dadurch der verfassungsrechtlich vorgesehene Rechtsschutz durch die unabhängigen Verwaltungssenate in Verwaltungsstrafsachen beseitigt werde. Nichts anderes kann für den in § 19 Abs. 4 AVG angeordneten Rechtsmittelausschluss, soweit es um einen Ladungsbescheid im Verwaltungsstrafverfahren geht, gelten. Auch insoweit steht daher die Berufung an die unabhängigen Verwaltungssenate offen (vgl. dazu den hg. Beschluss vom 14. November 2001, Zl. 2000/03/0292).

Im konkreten Fall ist § 19 AVG zufolge der oben dargestellten Regelung des Art. V EGVG iVm § 24 VStG als "Bestimmung des VStG über das Verwaltungsstrafverfahren" zu verstehen, die es sinngemäß anzuwenden gilt. § 19 Abs. 4 AVG verwaltungsstrafrechtlich betrachtet eröffnet jedoch im Hinblick auf das zuvor Gesagte eine Berufungsmöglichkeit an die unabhängigen Verwaltungssenate, weshalb - die Anordnung der sinngemäßen Geltung der Bestimmungen des VStG über das Verwaltungsstrafverfahren erfasst im Fall des Art. V EGVG auch jene Vorschriften, die die Zuständigkeit der unabhängigen Verwaltungssenate normieren (vgl. das hg. Erkenntnis vom 31. März 1993, Zl. 92/01/0402) - auch der vorliegende Ladungsbescheid vor Beschwerdeerhebung an den Verwaltungsgerichtshof insoweit anfechtbar gewesen wäre. Dass vor dem Hintergrund der beschriebenen Rechtsauffassung des Verfassungsgerichtshofes die im Ladungsbescheid enthaltene Rechtsmittelbelehrung ("Gegen diesen Bescheid ist kein Rechtsmittel zulässig.") dazu nicht in Widerspruch steht, sei nur der Vollständigkeit halber angemerkt.

Gemäß Art. 131 Abs. 1 Z 1 B-VG kann gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit nach Erschöpfung des Instanzenzuges Beschwerde erheben, wer durch den Bescheid in Rechten verletzt zu sein behauptet. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bedeutet die Anordnung "nach Erschöpfung des Instanzenzuges" "die restlose Ausschöpfung aller Anfechtungsmöglichkeiten des Administrativverfahrens". Dazu gehört auch eine Berufung an den unabhängigen Verwaltungssenat (vgl. den schon erwähnten hg. Beschluss vom 14. November 2001, mwN.).

Im vorliegenden Fall ist die Anrufung des unabhängigen Verwaltungssenates unterblieben. Die Beschwerde war daher gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG - in einem gemäß § 12 Abs. 3 leg. cit. gebildeten Senat (ungeachtet des in der Beschwerde angeführten hg. Erkenntnisses vom 13. November 1991, Zl. 91/01/0135, mit dem über die Beschwerde gegen einen Ladungsbescheid im Dienst der Strafjustiz eine meritorische Entscheidung getroffen worden war, bedurfte es mangels expliziter Stellungnahme zur Zuständigkeit der unabhängigen Verwaltungssenate in dem genannten Erkenntnis nicht der Befassung eines verstärkten Senates nach § 13 Abs. 1 Z 1 VwGG; vgl. dazu VwSlg. 13.142/A/1990) - wegen Nichterschöpfung des Instanzenzuges zurückzuweisen.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff, insbesondere § 51 VwGG, iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2001.

Wien, am 18. Februar 2003

Schlagworte

Diverses Offenbare Unzuständigkeit des VwGH Nichterschöpfung des Instanzenzuges Allgemein Allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetze

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2003:2001010188.X00

Im RIS seit

25.06.2003
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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