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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
AVG §1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und Senatspräsident Dr. Germ, Senatspräsident Dr. Höß und die Hofräte Dr. Bayjones und Dr. Thoma als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Lamprecht, in der Beschwerdesache des S in W, vertreten durch Riedl & Ringhofer, Rechtsanwälte in 1010 Wien, Franz Josefs-Kai 5, gegen den Bundesminister für Inneres wegen Verletzung der Entscheidungspflicht betreffend Feststellung der Wertigkeit eines Arbeitsplatzes nach § 137 BDG 1979, den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Begründung
Zur Vorgeschichte wird auf das hg. Erkenntnis vom 24. Juni 1998, Zl. 97/12/0421, verwiesen. Der Beschwerdeführer steht als Amtsdirektor (Einstufung nach Option: Verwendungsgruppe A2, Funktionsgruppe 3) in einem öffentlichrechtlichen Dienstverhältnis zum Bund; seine Dienststelle ist die Bundespolizeidirektion (BPD) Klagenfurt; dort ist er als Leiter des Verkehrsamtes tätig. Der Beschwerdeführer gehört daher nicht der belangten Behörde als Zentralstelle an.
Mit dem eben zitierten Erkenntnis war ein Bescheid der belangten Behörde vom 12. November 1997 wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben worden, mit dem diese auf Grund eines Antrages des Beschwerdeführers vom 23. Dezember 1996 festgestellt hatte, dass "der Arbeitsplatz des Referatsleiters (Sicherheitsverwaltung) Verkehrsamt bei der Bundespolizeidirektion Klagenfurt, Arbeitsplatz Nr. 115, gemäß § 137 Abs 1 Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, BGBl. Nr. 333, unter Bedachtnahme auf die in der Anlage 1 des BDG 1979, in der Fassung BGBl. Nr. 550/1994, genannten Richtverwendungen auf Antrag des Bundesministers für Inneres vom Bundeskanzler mit A 2, Funktionsgruppe 3 bewertet worden ist und die Bundesregierung dieser Zuordnung zugestimmt hat".
Mit seiner am 30. März 2000 zur Post gegebenen Säumnisbeschwerde macht der Beschwerdeführer die Verletzung der Entscheidungspflicht der belangten Behörde in Ansehung seines Antrages vom 23. Dezember 1996 geltend. Er bringt vor, im Hinblick auf das aufhebende Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 24. Juni 1998 und die seither verstrichene Zeit bedürfe es keiner weiteren Erörterung, dass die belangte Behörde säumig sei und die Voraussetzungen nach § 27 VwGG erfüllt seien.
Mit Verfügung des Verwaltungsgerichtshofes vom 6. April 2000, der belangten Behörde zugestellt am 12. April 2000, wurde dieser gemäß § 36 Abs. 2 VwGG aufgetragen, binnen drei Monaten den versäumten Bescheid zu erlassen und eine Abschrift desselben dem Verwaltungsgerichtshof vorzulegen oder anzugeben, warum eine Verletzung der Entscheidungspflicht nicht vorliege.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens am 27. Juni 2000 vor. Eine Bescheidnachholung durch die belangte Behörde ist nicht erfolgt.
Mit Senatsbeschluss vom 4. Juli 2001 wurden verschiedene Fragen im Zusammenhang mit dem vorliegenden Verfahren an die Bundesministerin für öffentliche Leistung und Sport gerichtet.
Diese Anfrage wurde mit Schreiben der genannten Behörde vom 25. Oktober 2001 beantwortet.
§ 2 Abs. 2 des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984, BGBl. Nr. 29/1984 (im Folgenden: DVG), in der bis 31. Dezember 2002 in Kraft gestandenen Fassung dieses Absatzes lautete:
"§ 2. ...
(2) Die obersten Verwaltungsorgane sind innerhalb ihres Wirkungsbereiches als oberste Dienstbehörde in erster Instanz zuständig. Solche Zuständigkeiten können mit Verordnung ganz oder zum Teil einer unmittelbar nachgeordneten Dienststelle als nachgeordneter Dienstbehörde übertragen werden, sofern dies im Interesse der Zweckmäßigkeit, Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis gelegen ist und die Dienststelle nach ihrer Organisation und personellen Besetzung zur Durchführung der zu übertragenden Aufgaben geeignet ist. Im Fall einer solchen Übertragung ist die nachgeordnete Dienstbehörde in erster Instanz und die oberste Dienstbehörde in zweiter Instanz zuständig."
§ 1 Abs. 1 Z. 23 der Dienstrechtsverfahrensverordnung 1981, BGBl. Nr. 162 (im Folgenden: DVV), in der Fassung dieser Ziffer durch die Verordnung BGBl. Nr. 540/1995, wie er zwischen der Zustellung des aufhebenden Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes und der Einbringung der Säumnisbeschwerde in Kraft stand, lautete:
"§ 1. (1) Soweit die obersten Dienstbehörden gemäß § 2 Abs. 2 erster Satz des Dienstrechtsverfahrensgesetzes in erster Instanz zuständig sind, wird diese Zuständigkeit für Beamte, die nicht der obersten Dienstbehörde angehören, in folgenden Dienstrechtsangelegenheiten auf die im § 2 genannten nachgeordneten Dienstbehörden übertragen:
...
23. Feststellung der besoldungsrechtlichen Stellung (ausgenommen auf Grund der Überleitung in eine andere Verwendungsgruppe des Allgemeinen Verwaltungsdienstes, Exekutivdienstes oder Militärischen Dienstes), der Vorrückung, ihrer Hemmung, Aufschiebung und Einstellung,
..."
§ 2 Z. 5 lit. b DVV in der am 31. Dezember 2002 in Kraft gestandenen Fassung der Verordnung BGBl. Nr. 171/1987 lautete:
"§ 2. Nachgeordnete Dienstbehörden im Sinne des § 1 sind:
...
5. im Bereich des Bundesministeriums für Inneres:
...
b) die Bundespolizeidirektionen,
..."
Durch Art. 16 des Deregulierungsgesetzes - Öffentlicher Dienst 2002, BGBl. I Nr. 119, erhielt § 2 Abs. 2 DVG folgende Fassung:
"(2) Die obersten Verwaltungsorgane des Bundes sind für die Dienstrechtsangelegenheiten der der Zentralstelle angehörenden Beamten als Dienstbehörde in erster Instanz zuständig. Die den obersten Verwaltungsorganen nachgeordneten, vom jeweiligen Bundesminister durch Verordnung bezeichneten Dienststellen, die nach ihrer Organisation und personellen Besetzung zur Durchführung der Dienstrechtsangelegenheiten geeignet sind, sind innerhalb ihres Wirkungsbereiches als Dienstbehörden erster Instanz zuständig. In zweiter Instanz sind die obersten Verwaltungsorgane innerhalb ihres Wirkungsbereiches als oberste Dienstbehörde zuständig. In Dienstrechtsangelegenheiten eines Beamten, der eine unmittelbar nachgeordnete Dienstbehörde leitet oder der der obersten Dienstbehörde ununterbrochen mehr als zwei Monate zur Dienstleistung zugeteilt ist, ist jedoch die oberste Dienstbehörde in erster Instanz zuständig."
§ 18 DVG in der Fassung des eben zitierten Gesetzes lautet:
"Übergangsbestimmungen
§ 18. § 2 Z 1, 2 und 4 bis 9 der Dienstrechtsverfahrensverordnung 1981, BGBl. Nr. 162, zuletzt geändert durch die Verordnung BGBl. II Nr. 460/2001, gilt für den Wirkungsbereich des jeweiligen Bundesministers so lange als Bundesgesetz weiter, bis eine gemäß § 2 Abs. 2 erster Satz in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 119/2002 erlassene Verordnung des jeweiligen Bundesministers in Kraft tritt."
Gemäß § 19 Abs. 5 DVG traten § 2 Abs. 2 und § 18 leg. cit. in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 119/2002 mit 1. Jänner 2003 in Kraft.
Die §§ 1 und 2 Z. 3 DVV traten gemäß Art. 21 Abs. 4 Z. 4 des Deregulierungsgesetzes - Öffentlicher Dienst 2002 mit Ablauf des 31. Dezember 2002 außer Kraft.
Eine auf § 2 Abs. 2 (richtig wohl:) zweiter Satz DVG gestützte Verordnung der belangten Behörde ist bislang nicht ergangen.
Im Zeitpunkt der Erhebung der gegenständlichen Säumnisbeschwerde bestand die Zuständigkeit der belangten Behörde zur Entscheidung über den Antrag des Beschwerdeführers aus dem Grunde des § 2 Abs. 2 DVG in der Fassung vor Inkrafttreten des Deregulierungsgesetzes - Öffentlicher Dienst 2002, da die Bestimmung des § 1 Z. 23 DVV in ihrer bis 31. Dezember 2002 in Kraft gestandenen Fassung deshalb keine Delegation an nachgeordnete Dienstbehörden bewirkte, weil die Voraussetzungen des dort enthaltenen Klammerausdruckes im Beschwerdefall vorlagen.
Durch das Verstreichen der der belangten Behörde gemäß § 36 Abs. 2 VwGG gesetzten Nachfrist ist der Verwaltungsgerichtshof zunächst zuständig geworden, an Stelle der belangten Behörde über den Antrag des Beschwerdeführers inhaltlich zu entscheiden.
Die belangte Behörde hat aber ihre Zuständigkeit, derartige Verwaltungsmaterien für Beamte nachgeordneter Dienststellen in erster Instanz zu entscheiden, durch das Inkrafttreten des § 2 Abs. 2 und des § 18 DVG in der Fassung dieser Bestimmungen nach dem Deregulierungsgesetz - Öffentlicher Dienst 2002, verloren:
Gemäß § 2 Abs. 2 zweiter Satz DVG in der letztgenannten Fassung sind die den obersten Verwaltungsorganen nachgeordneten, vom jeweiligen Bundesminister durch Verordnung bezeichneten Dienststellen, die nach ihrer Organisation und personellen Besetzung zur Durchführung der Dienstrechtsangelegenheiten geeignet sind, innerhalb ihres Wirkungsbereiches als Dienstbehörden erster Instanz zuständig. Eine Verordnung nach dieser Gesetzesbestimmung ist bislang nicht ergangen. Die Übergangsbestimmung des § 18 DVG bezieht sich offenkundig auf diesen Fall. Der dort enthaltene Verweis auf den ersten Satz des § 2 Abs. 2 DVG ist wohl richtig als solcher auf dessen zweiten Satz zu verstehen. Jedenfalls ergibt sich - in Ermangelung einer auf § 2 Abs. 2 DVG gestützten neuen Verordnung - auch aus dem Wortlaut des § 18 DVG die Weitergeltung des § 2 Z. 5 DVV für den Wirkungsbereich des Bundesministers für Inneres als Gesetz zwingend.
§ 2 Z. 5 DVV bezeichnet nun seinem Wortlaut nach die Bundespolizeidirektionen als nachgeordnete Dienstbehörden "im Sinne des § 1". Damit war bis 31. Dezember 2002 § 1 DVV gemeint. Diese Bestimmung trat aber mit Ablauf des 31. Dezember 2002 außer Kraft.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Beschluss vom 22. Jänner 2003, Zl. 2002/12/0132, auf den gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz iVm Abs. 9 VwGG verwiesen wird, näher ausgeführt, dass bis zur Erlassung einer abweichenden Verordnung durch den zuständigen Bundesminister die bisher bestehenden nachgeordneten Dienstbehörden nunmehr als solche im Verständnis des § 2 Abs. 2 zweiter Satz DVG zur Wahrnehmung aller dort umschriebener Zuständigkeiten berufen sind.
Daraus folgt, dass die Bundespolizeidirektionen ab 1. Jänner 2003 in allen Dienstrechtsangelegenheiten, die nicht vom ersten Satz des § 2 Abs. 2 DVG erfasst sind, als nachgeordnete Dienstbehörden in erster Instanz zuständig geworden sind.
Aus dem Eintritt der Unzuständigkeit der belangten Behörde während der Anhängigkeit des verwaltungsgerichtlichen Säumnisbeschwerdeverfahrens, in welchem der Verwaltungsgerichtshof nach Ablauf der Frist des § 36 Abs. 2 VwGG zur Entscheidung an Stelle der säumigen Behörde berufen ist, folgt aus den im hg. Beschluss vom 16. September 1999, Zl. 97/20/0418, genannten Gründen, auf welche gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz i.V.m. Abs. 9 VwGG verwiesen wird, die Zurückweisung der Beschwerde gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG, welche in einem gemäß § 12 Abs. 4 VwGG gebildeten Senat vorgenommen wurde.
Ein Kostenzuspruch hatte schon deshalb zu unterbleiben, weil die belangte Behörde keine Kosten verzeichnet hat.
Die belangte Behörde wird die Akten sodann der nunmehr zur Behandlung des Antrages des Beschwerdeführers zuständigen Bundespolizeidirektion zu übermitteln haben.
Wien, am 19. Februar 2003
Schlagworte
Offenbare Unzuständigkeit des VwGH Diverses Verletzung der Entscheidungspflicht Allgemein Behördliche Angelegenheiten Verletzung der Entscheidungspflicht Diverses Zurückweisung - Einstellung Änderung der ZuständigkeitEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2003:2000120073.X00Im RIS seit
08.04.2003