TE Vwgh Erkenntnis 2003/2/20 2001/16/0519

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Veröffentlicht am 20.02.2003
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
32/06 Verkehrsteuern;

Norm

GrEStG 1955 §1 Abs1 Z1;
GrEStG 1955 §1 Abs2;
GrEStG 1955 §1 Abs4;
GrEStG 1987 §1 Abs1 Z1;
GrEStG 1987 §1 Abs2;
GrEStG 1987 §1 Abs4;
VwGG §41 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 2001/16/0520

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Steiner, Dr. Fellner, Dr. Höfinger und Dr. Kail als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Valenta, über die Beschwerde 1. der S und

2. des H, beide in M und vertreten durch Dr. Klaus Reisch und Dr. Anke Reisch, Rechtsanwälte in 6370 Kitzbühel, Franz-Reisch-Straße 11a/Alfons-Petzold-Weg 3, gegen die Bescheide der Finanzlandesdirektion für Tirol vom 3. September 2001, zu 1. Zl. RV 1053/1-T6/01, und zu 2. Zl. RV 1043/1-T6/01, betreffend Grunderwerbsteuer, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführenden Parteien haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von insgesamt EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die beschwerdeführenden Parteien schlossen mit Sebastian K. am 21. Juli/3. August 2000 folgenden Kaufvertrag ab.

§ 1

Grundbuchstand

Herr Sebastian K ... ist zu 121/302tel Anteilen Miteigentümer an der Liegenschaft in ... Mit diesen Anteilen ist das Wohnungseigentum an der Eigentumswohnung Top W 1 und G 1 verbunden.

§ 2

Kauf

Mit diesem Vertrage verkauft und übereignet Herr Sebastian K ... (im folgenden kurz Verkäufer genannt), die angeführten 121/302 ideellen Miteigentumsanteile an der Liegenschaft in ... an (den Zweitbeschwerdeführer) und (der Erstbeschwerdeführerin) ... (im folgenden kurz Käufer), und diese

übernehmen diese Anteile je zur Hälfte in ihr künftiges Eigentum.

§ 3

Kaufpreis

Der Kaufpreis beträgt S 1,680.000,00 ... und ist

bereits entrichtet.

§ 4

Übergabe

Die Übergabe und Übernahme des Kaufgegenstandes ist bereits erfolgt. Gleichzeitig sind Wag und Gefahr, Besitz und Genuss vom Verkäufer auf die Käufer übergegangen."

Mit Bescheiden vom 10. August 2000 schrieb das Finanzamt Innsbruck den beschwerdeführenden Parteien jeweils ausgehend von einer Bemessungsgrundlage von S 840.000,-- die Grunderwerbsteuer von je S 29.400,-- (EUR 2.136,58) vor.

In den gegen diese Bescheide erhobenen Berufungen brachten die beschwerdeführenden Parteien vor, es handle sich hier um die Auflösung des seinerzeitigen Treuhandverhältnisses angesichts der nunmehrigen Rechtslage im Grundverkehrsrecht. Hinsichtlich des seinerzeitigen Treuhandvertrages hätten die beschwerdeführenden Parteien die Grunderwerbsteuer bereits bezahlt. Für die endgültige Durchführung des Erwerbes könne keine weitere Grunderwerbsteuer vorgeschrieben werden. In der Beilage der Berufungen befinde sich eine Ablichtung des seinerzeitigen Grunderwerbsteuerbescheides in seiner ursprünglichen Fassung und die Ablichtung eines Schreibens, aus dem sich die Berichtigung dieses Bescheides und die interne Anweisung zur Bezahlung der Grunderwerbsteuer ergebe. Damit sei klar bewiesen, dass die Grunderwerbsteuer vorgeschrieben und auch bezahlt worden sei. Im Übrigen sei die Vorschreibung der Grunderwerbsteuer verjährt.

Der Berufung war von den beschwerdeführenden Parteien nach dem Inhalt der vorgelegten Akten in Ablichtung eine als "Bescheid vom (?)" überschriebene an die beschwerdeführenden Parteien gerichtete Erledigung des Finanzamtes für Gebühren und Verkehrsteuern in Innsbruck zur BAPost 82/21700 beigelegt, aus der hervorgeht, dass auf Grund eines Vertrages vom 25. August 1982 mit der Vertragspartnerin Antonia K. ausgehend von der zweifachen Gegenleistung von S 928.500,-- und 8 % Grunderwerbsteuersatz Grunderwerbsteuer von insgesamt S 148.560,-- vorgeschrieben wurde.

Vermerkt ist weiters: "Treuhandschaft: Kaufpreis, Vertragskosten Grunderwerbsteuer und Grundbuchgebühren". Handschriftlich wurde vermerkt: (Nach Dr. Reisch ist dieser Betrag nicht richtig! Es soll nur einmal 8 % bezahlt werden). An diese Erledigung ist als Allonge ein PSK Emfangschein/Erlagschein angefügt, auf dem in Maschinschrift der Betrag von S 148.560,-- und die BAPost 82/21700 angeführt ist, jedoch sonst keine Angaben über den Einzahler, keine Kontonummern, auch kein Einzahlungsvermerk und keine Einzahlungsbestätigung aufscheinen. Zwischen der oben angeführten Erledigung des Finanzamtes für Gebühren und Verkehrsteuern in Innsbruck und dem als Allonge angefügten Empfangschein/Erlagschein ist im Vordruck der Vermerk angebracht: "Allonge vor der Einzahlung bitte abtrennen!".

In dem der Berufung weiter beigefügten Schreiben des Beschwerdevertreters an die beschwerdeführenden Parteien vom 11. November 1982 heißt es:

"In der Vertragssache ...- K... ist die teilweise ungerechtfertigte Gebührenvorschreibung bereinigt worden. Es ist nun nur mehr ein Betrag von S 137.720,-- zu bezahlen. Soweit dies noch nicht geschehen ist, bitte ich Sie unverzüglich die Überweisung dieses Betrages zur Zahl BAP 21700/82 des Finanzamtes für Gebühren und Verkehrsteuern in Innsbruck vorzunehmen."

Mit den im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheiden wies die belangte Behörde die Berufungen als unbegründet ab und setzte ausgehend von einer Bemessungsgrundlage von S 840.000,-- die Steuer in Höhe von S 29.400,-- fest. Dies mit der Begründung, gemäß § 1 Abs. 2 GrEStG 1955 und 1987 unterlägen der Grunderwerbsteuer auch Rechtsvorgänge, die es ohne Begründung eines Anspruches auf Übereignung einem anderen rechtlich oder wirtschaftlich ermöglichten, ein inländisches Grundstück auf eigene Rechnung zu verwerten. Zu diesen Rechtsvorgängen gehörten auch Treuhandvereinbarungen, deren Wesensmerkmal es sei, dass der Treuhänder zwar eigene Rechte im eigenen Namen jedoch auf fremde Rechnung ausübe. Der häufigste Fall sei die sogenannte fiduziarische Treuhand: Der Treuhänder sei nach außen hin unbeschränkter Eigentümer, im Innenverhältnis hingegen dem Treugeber obligatorisch verpflichtet, sein Eigentumsrecht im Interesse des Treugebers auszuüben. Als eine mögliche, in der Praxis am häufigsten vorkommende Ausformung der Treuhandschaft sei der so genannte "Grundstücksbeschaffungsauftrag" anzusehen: Der Treuhänder erwerbe hiebei ein Grundstück als Eigentümer im Auftrag des Treugebers. Es entstehe für den Treuhänder Grunderwerbsteuerpflicht nach § 1 Abs. 1 Z 1 GrEStG. Der Treugeber begnüge sich mit der wirtschaftlichen Verfügungsmacht auf Grund des im Innenverhältnis vereinbarten Treuhandgeschäftes, welches eine weitere Steuerpflicht nach § 1 Abs. 2 GrEStG verwirkliche. Der Treugeber erwerbe bei Vorliegen eines solchen Grundstücksbeschaffungsauftrages zugleich mit dem Erwerb der Liegenschaft durch den Treuhänder die wirtschaftliche Verfügungsmacht über die betreffende Liegenschaft im Sinne des § 1 Abs. 2 GrEStG, wobei in diesem Zusammenhang auf § 16 Abs. 1 GrEStG 1955 bzw. § 8 Abs. 1 GrEStG 1987 zu verweisen sei, wonach die Steuerschuld entstehe, sobald ein nach diesem Bundesgesetz steuerpflichtiger Erwerbsvorgang verwirklicht sei. Nach Abs. 2 dieser Bestimmungen entstehe die Steuerschuld aber dann, wenn die Wirksamkeit des Erwerbsvorganges vom Eintritt einer Bedingung oder von der Genehmigung einer Behörde abhängig sei, erst mit dem Eintritt der Bedingung oder mit der Genehmigung.

Übertrage im Rahmen der Treuhandschaft letztlich der Treuhänder das Eigentum an der treuhändig erworbenen Liegenschaft an den Treugeber in dessen bücherliches Eigentum (= dritter Rechtsvorgang), dann liege in dem betreffenden Verpflichtungsgeschäft wieder ein nach § 1 Abs. 1 Z 1 GrEStG steuerbarer Vorgang. Wenn diesem aber eine Verschaffung der wirtschaftlichen Verfügungsmacht vorangegangen und tatsächlich besteuert worden sei, dann ist nach § 1 Abs. 4 GrEStG von dem späteren Erwerbsvorgang eine Steuer nur insoweit zu erheben, als bei diesem späteren Erwerbsvorgang eine Gegenleistung vereinbart werde, deren Wert den Betrag übersteige, von dem beim vorausgegangenen Rechtsvorgang die Steuer berechnet worden sei. Nach dieser gesetzlichen Vorschrift werde also sowohl die Übertragung von dem Dritten an den Treuhänder als auch die Übertragung vom Treuhänder an den Treugeber selbständig besteuert. Die Begründung und Abwicklung des Treuhandverhältnisses zwischen Treugeber und Treuhänder werde jedoch in einem solchen Fall im Ergebnis nur einmal besteuert. Die Übertragung der Liegenschaften vom Treuhänder an den Treugeber unterliege neuerlich als dritter steuerpflichtiger Vorgang der Steuerpflicht nach § 1 Abs. 1 Z 1 GrEStG, nur komme dies durch die Vorschrift des § 1 Abs. 4 GrEStG nicht zum Tragen. Mit diesem dritten Vorgang werde das Treuhandverhältnis wieder aufgelöst.

Im Beschwerdefall habe Antonia K. im Jahre 1982 die Miteigentumsanteile an der Liegenschaft auf Grund der Treuhandvereinbarung vom 25. August 1982 treuhändig für die beschwerdeführenden Parteien erworben, weshalb (neben dem Grundstückserwerb der Treuhänderin nach § 1 Abs. 1 Z 1 GrEStG) unter Annahme der Verwirklichung auch des Tatbestandes nach § 1 Abs. 2 GrEStG (= Erlangung der wirtschaftlichen Verfügungsmacht durch die beschwerdeführenden Parteien) mit Bescheid zu Zl. BAP 82/21700 im Jahre 1982 eine (weitere) Grunderwerbsteuer zur Vorschreibung gelangt sei. Festzuhalten sei, dass die tatsächliche Entrichtung der Steuerschuld von Seiten der Abgabenbehörde nicht mehr festgestellt werden könne. Von Seiten der beschwerdeführenden Parteien könne ebenso der Zahlungsbeleg über die tatsächliche Entrichtung der Steuer nicht beigebracht werden. Die Behauptung, die Entrichtung der Grunderwerbsteuer sei als erwiesen anzusehen, stütze sich allein auf die mit der Berufung vorgelegten Schriftstücke, woraus eindeutig nur die Vorschreibung der Grunderwerbsteuer hervorgehe. Nach Ansicht der belangten Behörde sei einerseits dem Finanzamt darin beizupflichten, dass allein die offenkundig erfolgte Anzeige des Treuhandvertrages (beim Finanzamt) samt Abgabenvorschreibung an die beschwerdeführenden Parteien noch nicht erweise, ob die Grunderwerbsteuervorschreibung letztlich auch in Rechtskraft erwachsen und die Steuer entrichtet worden oder aber mittels Berufung bekämpft und aus dem Rechtsbestand ausgeschieden sei. Es dürfe nämlich nicht übersehen werden, dass damals nach den in Geltung stehenden Bestimmungen des Tiroler Grundverkehrsgesetzes der am 25. August 1982 abgeschlossene Treuhandvertrag, womit den beschwerdeführenden Parteien eine ähnliche rechtliche und tatsächliche Stellung wie einem Eigentümer durch Erlangung des wirtschaftlichen Eigentums eingeräumt worden sei, grundverkehrsrechtlich genehmigungspflichtig gewesen wäre. Mangels Erteilung der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung sei die Steuerschuld im Sinne des § 16 Abs. 2 GrEStG 1955 dem Grunde nach gar nicht entstanden. Nachdem im Beschwerdefall die Grunderwerbsteuer dennoch mit Bescheid in rechtswidriger Weise vorgeschrieben worden sei, liege die Schlussfolgerung nahe, dass der auf diesen Umstand gestützte Bescheid mittels Berufung erfolgreich bekämpft worden sei, und die Grunderwerbsteuer folglich abzuschreiben und von den beschwerdeführenden Parteien nicht zu entrichten gewesen sei. Darüber hinaus sei zu bedenken, dass die betreffenden Rechtsvorgänge (Treuhandgeschäfte mit ausländischen Staatsbürgern) in der Absicht geschlossen worden seien, im Hinblick bzw. in der Hoffnung auf eine in Zukunft eintretende Novellierung des Grundverkehrsgesetzes möglichst grundbücherliches Eigentum zu erwerben. Gerade bei einem solchen Rechtsvorgang, bei dem meist mehrere Verträge abzuschließen seien und bei dem angesichts der Bestimmung des § 1 Abs. 4 GrEStG dem Nachweis der schon einmal vorgenommenen Besteuerung für den späteren Rechtserwerb höchste Bedeutung zukomme, erscheine es daher nicht nachvollziehbar, dass - wenn auch ein langer Zeitraum verstrichen sein sollte - lediglich ein für den Nachweis der tatsächlich erfolgten Einzahlung bzw. Überweisung im Grunde genommen völlig belangloser Beleg, nämlich der Erlagschein über die ursprüngliche und lt. Vermerk zu berichtigende Vorschreibung, vorhanden sein sollte, nicht jedoch der für den Nachweis der Entrichtung der Steuer wesentliche Einzahlungsbeleg. Es erscheine vielmehr in höchstem Maße unschlüssig, dass eine solche völlig unmaßgebliche Unterlage ebenso wie das Schreiben vom 11. November 1982 betreffend die Zahlungsaufforderung seit rund 19 Jahren aufbewahrt worden sein sollten, jedoch gerade nicht jener Beleg, dem in diesem Zusammenhang die meiste Relevanz zukomme und aus welchem sich die Entrichtung der Steuer zweifelsfrei ergeben würde. Dem Einwand, die Wichtigkeit der Aufbewahrung dieser Urkunde sei für die beschwerdeführenden Parteien nicht erkennbar gewesen, sei entgegenzuhalten, dass dieser Umstand der schon damals vertretenden Rechtsanwaltskanzlei, welche seit Jahren eine Vielzahl gleichartiger Rechtsgeschäfte mit ausländischen Staatsbürgern durchgeführt habe, in Kenntnis der Rechtslage bewusst gewesen sein müsste und sie daher gegebenenfalls Obsorge für die Aufbewahrung der Schriftstücke getragen hätte. Nachdem der gegenteilige Standpunkt der beschwerdeführenden Parteien, die Grunderwerbsteuer sei tatsächlich entrichtet und dies an Hand der vorgelegten beiden Schriftstücke erwiesen worden, im gesamten Berufungsvorbringen hinlänglich dargelegt worden sei, habe von der beantragten Einvernahme des Zweitbeschwerdeführers Abstand genommen werden können. In Anbetracht aller vorliegenden Umstände gelange die belangte Behörde im Rahmen der freien Beweiswürdigung zum Ergebnis, dass den beschwerdeführenden Parteien die Grunderwerbsteuer gemäß § 1 Abs. 2 GrEStG zwar nachweislich im Jahre 1982 vorgeschrieben worden sei, jedoch die Nichtentrichtung der vorgeschriebenen Grunderwerbsteuer infolge der Ergreifung eines Rechtsmittels auf Grund der gemäß § 16 Abs. 2 GrEStG 1955 noch nicht entstandenen Steuerschuld als weit wahrscheinlicher anzunehmen sei, als die Entrichtung, die in keinster Weise nachgewiesen worden sei.

Durch das nunmehr abgeschlossene Verpflichtungsgeschäft (Kaufvertrag vom 21. Juli/3. August 2000) seien auf Grund der geänderten grundverkehrsrechtlichen Bestimmungen die hälftigen Liegenschaftsmiteigentumsanteile vom Treuhänder Sebastian K, dieser als Rechtsnachfolger der vormaligen Treuhänderin Antonia K, auf die beschwerdeführenden Parteien als den vormaligen Treugebern ins bücherliche Eigentum übertragen worden. Hierbei handle es sich um den dritten Rechtsvorgang, mit dem unter Auflösung des Treuhandverhältnisses das Treugut an die Treugeber in deren bücherliches Eigentum übergeben worden sei. Dieses Verpflichtungsgeschäft verwirkliche wieder einen nach § 1 Abs. 1 Z 1 GrEStG selbständig steuerbaren Vorgang. Dem Einwand der eingetretenen Verjährung komme daher insofern keinerlei Bedeutung zu, weil gegenständlich nicht die Treuhandschaft (= zweiter Rechtsvorgang) rückwirkend der Steuer unterworfen werde, sondern vielmehr der Kaufvertrag vom 21. Juli/3. August 2000.

Gemäß § 1 Abs. 4 GrEStG unterliege ein im Abs. 1 bezeichneter Rechtsvorgang der Steuer auch dann, wenn ihm einer der im Abs. 2 bezeichneten Rechtsvorgänge, wie im Beschwerdefall die Verschaffung der wirtschaftlichen Verfügungsmacht, vorausgegangen sei. Die in § 1 Abs. 4 dritter Satz GrEStG bestimmte Anrechnung der Steuer für den vorausgegangenen Erwerb käme jedoch nur dann zum Tragen, wenn eine tatsächliche Besteuerung stattgefunden habe. Nachdem eine Steuer zwar vorgeschrieben, jedoch nicht entrichtet worden sei, sei daher der Kaufvertrag als selbständiger Erwerbsvorgang gemäß § 1 Abs. 1 Z 1 GrEStG zur Gänze der Grunderwerbsteuer mit dem diesfalls zutreffenden Steuersatz von 3,5 % zu unterwerfen gewesen. Die Grunderwerbsteuer wurde mit Recht mit je S 29.400,-- für jede beschwerdeführende Partei festgesetzt.

Gegen diese Bescheide richten sich die Beschwerden, mit denen sowohl Rechtswidrigkeit des Inhaltes als auch Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird. Die beschwerdeführenden Parteien erachten sich in ihren Rechten, für den Erwerb eines Grundstückes nicht zweimal Grunderwerbsteuer vorgeschrieben zu erhalten, verletzt.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerden beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat nach Verbindung der beiden Beschwerdefälle wegen ihres rechtlichen Zusammenhanges erwogen:

Gemäß § 1 Abs. 1 Z 1 GrEStG (1955 und 1987) unterliegen, soweit sie sich auf inländische Grundstücke beziehen, ein Kaufvertrag oder ein anderes Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Übereignung begründet, der Grunderwerbsteuer.

Gemäß § 1 Abs. 2 GrEStG (1955 und 1987) unterliegen der Grunderwerbsteuer auch Rechtsvorgänge, die es ohne Begründung eines Anspruches auf Übereignung einem anderen rechtlich oder wirtschaftlich ermöglichen, ein inländisches Grundstück auf eigene Rechnung zu verwerten.

Ein in Abs. 1 bezeichneter Rechtsvorgang unterliegt der Steuer nach § 1 Abs. 4 GrEStG (1955 und 1987) auch dann, wenn ihm einer der in den Abs. 2 und 3 bezeichneten Rechtsvorgänge vorausgegangen ist. Ein in Abs. 2 bezeichneter Rechtsvorgang unterliegt der Steuer auch dann, wenn ihm einer der im Abs. 1 bezeichneten Rechtsvorgänge vorausgegangen ist. Die Steuer wird jedoch nur insoweit erhoben, als beim späteren Rechtsvorgang eine Gegenleistung vereinbart wird, deren Wert den Betrag übersteigt, von dem beim vorausgegangenen Rechtsvorgang die Steuer berechnet worden ist.

Der treuhändige Erwerb einer Liegenschaft zieht folgende Rechtswirkungen nach sich: Da der Treuhänder grundbücherliches Eigentum erwerben soll, ist das Erwerbsgeschäft, das der Treuhänder mit dem Dritten abschließt, ein Verpflichtungsgeschäft, das den Anspruch auf Übereignung der Liegenschaft begründet und somit nach § 1 Abs. 1 Z 1 GrEStG der Grunderwerbsteuer unterliegt. Das Rechtsverhältnis zwischen dem Treuhänder und dem Treugeber ist ein schuldrechtliches. Sofern der Treugeber dadurch, dass der Treuhänder die Liegenschaft zum grundbücherlichen Eigentum erwirbt, die wirtschaftliche Verfügungsmacht über das Grundstück erhält, ist diese Verschaffung der wirtschaftlichen Verfügungsmacht ebenfalls ein steuerbarer Vorgang, weil nach § 1 Abs. 2 GrEStG auch Rechtsvorgänge, die es ohne Begründung eines Anspruches auf Übereignung einem anderen wirtschaftlich oder rechtlich ermöglichen, ein inländisches Grundstück auf eigene Rechnung zu verwerten, der Grunderwerbsteuer unterliegen. Überträgt in der Folge der Treuhänder das Grundstück an den Treugeber in dessen bücherliches Eigentum, dann liegt in dem betreffenden Verpflichtungsgeschäft wieder ein nach § 1 Abs. 1 Z 1 GrEStG steuerbarer Vorgang. Wenn diesem aber eine Verschaffung der wirtschaftlichen Verfügungsmacht vorangegangen und besteuert worden ist, dann ist nach § 1 Abs. 4 GrEStG von dem späteren Erwerbsvorgang eine Steuer nur insoweit einzuheben, als bei diesem späteren Erwerbsvorgang eine Gegenleistung vereinbart wird, deren Wert den Betrag übersteigt, von dem beim vorausgegangenen Rechtsvorgang die Steuer berechnet worden ist. Nach dieser gesetzlichen Vorschrift wird also sowohl die Übertragung von dem Dritten an den Treuhänder als auch die vom Treuhänder an den Treugeber selbständig besteuert. Die Begründung und Abwicklung des Treuhandverhältnisses zwischen Treugeber und Treuhänder wird jedoch in einem solchen Fall im Ergebnis nur einmal besteuert (Fellner, Grunderwerbsteuergesetz 1987, Rz 287 zu § 1).

Die Vorschreibung der Grunderwerbsteuer knüpft im Beschwerdefall an das als Kaufvertrag vom 21. Juli/3. August 2000 bezeichnete Verpflichtungsgeschäft. Die Bescheide über die Vorschreibung der Grunderwerbsteuer datieren vom 10. August 2000. Entgegen der Ansicht der beschwerdeführenden Parteien ist daher die Festsetzungsverjährung (§§ 207 und 208 BAO) nicht eingetreten.

Im Beschwerdefall ist entscheidend, ob der "zweite Erwerbsvorgang", nämlich die Verschaffung der wirtschaftlichen Verfügungsmacht über den Grundstücksanteil samt verbundenem Wohnungseigentum an den Treugeber nach den Bestimmungen des Grunderwerbsteuergesetzes besteuert, d.h. vorgeschrieben und entrichtet worden ist und daher für den "dritten Erwerbsvorgang" (Verpflichtungsgeschäft vom 21. Juli/3. August 2000) die Regelung des § 1 Abs. 4 GrEStG anzuwenden ist.

Die belangte Behörde hat in der Begründung des angefochtenen Bescheides die Umstände dargestellt, die ausschlaggebend für ihre in freier Beweiswürdigung getroffene Entscheidung waren, der "zweite Erwerbsvorgang" sei nicht besteuert worden.

In der Frage der Beweiswürdigung ist die Kontrollbefugnis des Verwaltungsgerichtshofes in der Richtung eingeschränkt, ob der maßgebende Sachverhalt ausreichend ermittelt wurde und ob die dabei angestellten Erwägungen schlüssig sind, weshalb es dem Gerichtshof verwehrt ist, die vorgenommene Beweiswürdigung darüber hinaus auf ihre Richtigkeit hin zu überprüfen (vgl. hg. Erkenntnis vom 20. Dezember 1996, Zl. 93/17/0058).

In den angefochtenen Bescheiden (die vorgenommene Beweiswürdigung wurde bereits wiedergegeben) legte die belangte Behörde nachvollziehbar und schlüssig dar, warum sie es als erwiesen annehmen durfte, dass eine Besteuerung des "zweiten Erwerbsvorganges" nicht stattgefunden habe.

Entgegen der Ansicht der beschwerdeführenden Parteien hat sich die belangte Behörde bei ihrer Entscheidung nicht bloß darauf gestützt, dass Unterlagen über eine Besteuerung nicht auffindbar gewesen seien. Sie hat insbesondere auch damit argumentiert, dass die Einräumung der wirtschaftlichen Verfügungsmacht über den Grundstücksanteil samt Wohnungseigentum an den ausländischen Treugeber im Fall der Offenlegung nach dem Tiroler Grundverkehrssteuergesetz genehmigungspflichtig gewesen wäre und eine solche Genehmigung nicht erteilt worden wäre. Dies bleibt in der Beschwerde unwidersprochen.

Ist die Wirksamkeit des Erwerbsvorganges vom Eintritt einer Bedingung oder von der Genehmigung einer Behörde abhängig, so entsteht gemäß § 16 Abs. 2 GrEStG 1955 (§ 8 Abs. 2 GrEStG 1987) die Steuerschuld mit dem Eintritt der Bedingung oder mit der Genehmigung.

Lag eine solche Genehmigung eines genehmigungspflichtigen Erwerbsvorganges nicht vor, dann war keine Grunderwerbsteuerschuld entstanden. Die belangte Behörde konnte in diesem Fall davon ausgehen, dass die anwaltlich vertretenen beschwerdeführenden Parteien die nicht entstandene Steuerschuld auch nicht entrichtet haben.

Erstmals in der Beschwerde wird behauptet, die beschwerdeführenden Parteien hätten für den Grundstücksanteil samt dem damit verbundenen Wohnungseigentum Vermögensteuer und Grundsteuer bezahlt. Abgesehen von der Unbeachtlichkeit dieses Vorbringens auf Grund des Neuerungsverbotes im verwaltungsgerichtlichen Verfahren haben diese Abgaben andere Tatbestände für das Entstehen der Steuerschuld, sodass die behauptete Bezahlung von Vermögensteuer und Grundsteuer nicht zwingend bedeutet, dass auch die Steuerschuld nach dem Grunderwerbsteuergesetz entstanden und entrichtet worden ist.

Soweit die beschwerdeführenden Parteien als Verfahrensmangel rügen, es sei die beantragte Einvernahme des (jeweils) anderen Beschwerdeführers unterblieben, zeigen sie eine Rechtswidrigkeit der angefochtenen Bescheide nicht auf. Die Einvernahme des (jeweils) anderen Beschwerdeführers wurde zu dem Beweisthema beantragt: "Es müsste ihm ja noch erinnerlich sein, ob seinerzeit die Grunderwerbsteuer bezahlt wurde oder nicht." In den Beschwerden wird vorgebracht, diese Aussage sei auch ein Beweismittel, das "die seinerzeitige Erledigung bestätigt hätte". Eine Wesentlichkeit des Verfahrensmangels wird damit nicht aufgezeigt, zumal die belangte Behörde die von den beschwerdeführenden Parteien geltend gemachten Erledigungen in ihrer Beweiswürdigung berücksichtigt hat.

Aus diesen Gründen erweisen sich die angefochtenen Bescheide als nicht rechtswidrig. Die Beschwerden waren daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich im Rahmen des gestellten Antrages auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.

Wien, am 20. Februar 2003

Schlagworte

Angenommener Sachverhalt (siehe auch Sachverhalt Neuerungsverbot Allgemein und Sachverhalt Verfahrensmängel) Sachverhalt Beweiswürdigung Verfahrensbestimmungen Beweiswürdigung Antrag

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2003:2001160519.X00

Im RIS seit

05.05.2003
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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