TE Vwgh Erkenntnis 2003/2/20 2001/06/0067

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Veröffentlicht am 20.02.2003
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Index

L37156 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Steiermark;
L82000 Bauordnung;
L82006 Bauordnung Steiermark;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §8;
BauG Stmk 1995 §26 Abs1;
BauG Stmk 1995 §41 Abs6;
BauRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten und Dr. Rosenmayr als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hofer, über die Beschwerde 1. des J M und 2. der E M in H, beide vertreten durch Dr. Norbert Stelzer, Rechtsanwalt in 8280 Fürstenfeld, Hauptstraße 15, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 25. April 2001, Zl. 03-12.10 H 69 - 01/42, betreffend Antrag auf Erlassung eines baupolizeilichen Auftrags (mitbeteiligte Partei: Gemeinde H), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Land Steiermark Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Eingabe vom 7. Juli 2000, bei der Behörde erster Instanz eingelangt am 10. Juli 2000, beantragten die Beschwerdeführer (soweit im Beschwerdeverfahren von Relevanz), die mitbeteiligte Gemeinde als Eigentümerin des Grundstücks Nr. 69/7 der KG S möge verhalten werden, die vorschriftswidrige Nutzung dieses Grundstücks, insbesondere als Abstellfläche für Kraftfahrzeuge für Feuerwehr, Sportanlage und Bauhof-ASZ, unverzüglich zu unterlassen. Diesem Antrag lag zugrunde, dass sich die Beschwerdeführer als Miteigentümer der Grundstücke Nr. 81/1 und 81/2 der KG S, die durch den Schildbach vom Grundstück Nr. 69/7 getrennt sind und nach dem geltenden Flächenwidmungsplan im "reinen Wohngebiet" liegen, durch die im Antrag bezeichnete Nutzung des im Antrag bezeichneten Grundstücks Nr. 69/7 erheblich gestört erachten und hierüber bereits jahrelange Differenzen mit der Gemeinde bestehen. Die auf den Grundstücken Nr. 109, 110 und 69/7 von der mitbeteiligten Gemeinde errichteten Parkplätze seien durch die Widmung im gültigen Flächenwidmungsplan (Sondernutzung Freiland) nicht gedeckt. Ein Baubewilligungsverfahren, in welchem die Beschwerdeführer als Anrainer beigezogen hätten werden müssen, sei nicht durchgeführt worden, vielmehr habe es lediglich ein Anzeigeverfahren gegeben, in welchem sie keine Gelegenheit gehabt hätten, ihre Zustimmung zu verweigern.

Mit Bescheid vom 28. September 2000 wurde der Antrag der Beschwerdeführer gemäß § 41 Abs. 6 Stmk. BauG abgewiesen. Die Behörde erster Instanz ging dabei im Wesentlichen davon aus, "angrenzende Nachbarn" im Sinne des § 20 Stmk. BauG seien ausschließlich jene Eigentümer, deren Grundfläche unmittelbar an den Bauplatz anstießen. Nicht darunter fielen somit jene Eigentümer, deren Grundflächen durch Verkehrsflächen vom Bauplatz getrennt seien. Dabei sei auch der - als öffentliches Gut zu qualifizierende - Schildbach als Grundfläche im Sinne des § 20 leg. cit. anzusehen, zumal für eine anderslautende Beurteilung kein Anlass gesehen werde. Die Errichtung von PKW-Abstellflächen sei gemäß § 20 Abs. 2 lit. a Stmk. BauG lediglich anzeigepflichtig; durch Nichtbeiziehung in diesem Verfahren seien die Beschwerdeführer in keinem Nachbarrecht verletzt worden. Auch der behauptete Widerspruch zum Flächenwidmungsplan liege nicht vor. Die betreffenden (Teil)Grundstücke seien als "Sondernutzung Freiland" gewidmet. Eine Verletzung von Nachbarrechten könne dabei nur vorliegen, wenn durch eine Nutzung Immissionen über die Grenzen des nach der Widmung zulässigen Ausmaßes aufträten. Immissionen, die durch eine zulässige Nutzung im üblichen Ausmaß aufträten, seien von den Nachbarn hinzunehmen. Von der Widmung der im Flächenwidmungsplan als "Sondernutzung Rüsthaus" ausgewiesenen Teilfläche seien Abstellflächen für die Kraftfahrzeuge der dort Beschäftigten umfasst. Hinsichtlich der ortsüblichen Immissionen gelte das bereits Gesagte. Durch die geplante Überdachung der Stellflächen entlang des Schildbaches werde gerade eine Reduktion der befürchteten Immissionen erzielt.

Gegen diesen Bescheid erhoben die Beschwerdeführer Berufung.

Mit Bescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde vom 8. Februar 2001 wurde die Berufung der Beschwerdeführer im Wesentlichen aus den bereits im erstinstanzlichen Bescheid herangezogenen Gründen als unbegründet abgewiesen.

Gegen diesen erhoben die Beschwerdeführer Vorstellung an die belangte Behörde.

Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid wurde auch die Vorstellung der Beschwerdeführer als unbegründet abgewiesen.

Nach Darstellung des Verfahrensverlaufs und der Rechtslage führte die belangte Behörde begründend aus, bereits am 13. Dezember 1999 habe die mitbeteiligte Gemeinde die Errichtung von Abstellflächen für Kraftfahrzeuge für Feuerwehr, Sportanlage und Bauhof-ASZ sowie deren Überdachung entlang des Schildbaches auf den Grundstücken Nr. 109, 110 und 69/7 gemäß § 20 Abs. 2 lit. a Stmk. BauG angezeigt. Mit Bescheid vom 14. Dezember 1999 sei seitens der Baubehörde die Baufreistellung gemäß § 33 Abs. 6 Stmk. BauG erteilt worden. Das gegenständliche Verfahren habe ausschließlich den Antrag auf Erlassung eines baupolizeilichen Auftrages hinsichtlich der nach Ansicht der Beschwerdeführer vorschriftswidrigen Abstellflächen auf den oben näher bezeichneten Grundstücksflächen zum Inhalt, in diesem Verfahren sei sohin nur zu klären, ob für diese Abstellflächen eine "rechtskräftige" Genehmigung der Baufreistellung vorliege oder nicht. Fragen und Einwendungen, die sich auf das Anzeigeverfahren bezögen, könnten keiner näheren Auseinandersetzung zugeführt werden. Gemäß § 20 Ziff. 2 lit. a BauG handle es sich bei der Errichtung von Abstellflächen für Kraftfahrzeuge, Schutzdächer (Flugdächer), Garagen und Nebenanlagen für mehr als 5 Kraftfahrräder oder mehr als 2 Kraftfahrzeuge mit einem höchsten zulässigen Gesamtgewicht von je 3.500 kg, sofern der an den Bauplatz angrenzende Eigentümer von Grundflächen durch Unterfertigung der Baupläne ausdrücklich sein Einverständnis mit dem Vorhaben erklärt habe, um anzeigepflichtige Vorhaben. Nicht unter die Zustimmungsberechtigten fielen die Eigentümer jener Grundflächen, die vom Bauplatz z.B. durch eine Verkehrsfläche oder wie hier durch ein Gewässer, getrennt seien. Für den Eigner des öffentlichen Wassergutes, welches direkt an den Bauplatz angrenze, sei vom Vertreter der Baubezirksleitung H, Referat Wasserwirtschaft, der auf Grund einer internen Regelung grundsätzlich bevollmächtigt sei, die Interessen der Republik Österreich als Grundeigentümerin im Sinne des § 10 AVG wahrzunehmen, das Einverständnis erklärt worden. Die Baufreistellung sei in Bezug auf die Unterschriftsleistung der angrenzenden Eigentümer rechtens erteilt worden. Die Genehmigung einer Abstellfläche inkludiere auch die Änderung einer bisherigen anderen Nutzung. Für ein gesondertes Bewilligungsverfahren bezüglich einer Nutzungsänderung sei daher kein Platz. Die Nutzungsänderung im Sinne des § 19 Z. 2 BauG beziehe sich im Übrigen lediglich auf die Nutzungsänderung von baulichen Anlagen. Zum Vorbringen der Beschwerdeführer, dass die Schaffung der gegenständlichen Abstellflächen dem Flächenwidmungsplan widerspräche und daher keine Genehmigung hätte erteilt werden dürfen, werde ausgeführt, dass diese Fragen im baupolizeilichen Verfahren nicht zu klären seien, weil hier lediglich zu prüfen sei, ob die gegenständlichen Abstellflächen baubehördlich bewilligt seien oder nicht. Die baubehördliche Bewilligung sei mittels Baufreistellung vom 14. Dezember 1999 erteilt worden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde aus den Beschwerdegründen der inhaltlichen Rechtswidrigkeit sowie der Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die Beschwerdeführer erachten sich durch den angefochtenen Bescheid in ihrem Recht, bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 41 Stmk. BauG die Erlassung eines baupolizeilichen Auftrages verlangen zu können sowie in dem Recht, bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 19 Stmk. BauG ein Bewilligungsverfahren einzuleiten, an welchem sie als Nachbarn teilnehmen könnten, verletzt. In Ausführung der Beschwerde regen die Beschwerdeführer zunächst die Anfechtung des zugrundeliegenden Flächenwidmungsplanes, insoweit dieser für die gegenständlichen Grundstücke "Sondernutzung Freiland" ausweise, beim Verfassungsgerichtshof an, weil diese Ausweisung unmittelbar anschließend an als "reines Wohngebiet" gewidmete Flächen infolge der davon ausgehenden Immissionen den Raumordnungsgrundsätzen widerspreche. In Hinblick auf die örtlichen Gegebenheiten und den von den Stellflächen ausgehenden Immissionen hätte die Baubehörde erster Instanz auch kein bloßes Anzeigeverfahren, sondern ein Baubewilligungsverfahren durchzuführen gehabt. Eine sachliche Rechtfertigung dafür, dass für die Errichtung von Abstellplätzen nur ein Anzeigeverfahren, nicht aber ein die Nachbarrechte beachtendes Baubewilligungsverfahren vorgesehen sei, gebe es nicht; auch in diesem Zusammenhang werde die Anfechtung des § 20 Abs. 2 lit. a Stmk. BauG angeregt. Auch sei die Behörde zu Unrecht davon ausgegangen, die Beschwerdeführer seien nicht unmittelbar angrenzende Nachbarn. Der Eigentümer des Schildbaches (Republik Österreich) könne begrifflich nicht durch die Errichtung der Abstellflächen beeinträchtigt werden. Außerdem sei der Vertreter der Bezirksbauleitung - Referat Wasserbau nicht befugt gewesen, die Zustimmungserklärung für die Republik Österreich abzugeben. Es sei auch zu bezweifeln, ob tatsächlich alle Anrainer ihre Zustimmung im Anzeigeverfahren erklärt hätten. Auch sei die Rechtsansicht der belangten Behörde unzutreffend, die in § 19 Z. 2 Stmk. BauG genannte und damit bewilligungspflichtige Nutzungsänderung beziehe sich ausschließlich auf bauliche Anlagen und sei daher nicht anwendbar gewesen. Liege aber Bewilligungspflicht vor, nicht jedoch eine Bewilligung, so sei der Antrag nach § 41 Stmk. BauG berechtigt gewesen.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 41 Abs. 6 des Steiermärkischen Baugesetzes, LGBl. Nr. 59/1995, steht den Nachbarn das Recht auf Erlassung eines baupolizeilichen Auftrages zu, wenn die Bauarbeiten, die baulichen Anlagen oder sonstigen Maßnahmen im Sinne der Abs. 1, 3 und 4 ihre Rechte (§ 26 Abs. 1) verletzen.

§ 4 Z. 41 Stmk. BauG definiert den Begriff des "Nachbarn" als Eigentümer oder Inhaber eines Baurechtes (Bauberechtigter) der an den Bauplatz angrenzenden Grundflächen sowie jener Grundflächen, die zum vorgesehenen Bauplatz in einem solchen räumlichen Naheverhältnis stehen, dass vom geplanten Bau oder dessen konsensgemäßer Benützung Einwirkungen auf diese Grundflächen ausgehen können, gegen welche die Bestimmungen dieses Gesetzes Schutz gewähren. Die Liegenschaften der Beschwerdeführer liegen - durch den Schildbach vom Bauplatz getrennt - in eindeutigem räumlichen Naheverhältnis zu diesem; die Beschwerdeführer behaupten das Vorliegen von Immissionen, gegen die das Gesetz Schutz gewährt (Lärm gemäß § 26 Abs. 1 Z. 3 Stmk. BauG). Insofern waren die Beschwerdeführer legitimiert, einen Antrag nach § 41 Abs. 6 Stmk. BauG zu stellen, ihre Beschwerde ist auch zulässig, aber nicht berechtigt.

Anzeigepflichtig sind nach § 20 Z. 2 lit a Stmk. BauG die Errichtung, Änderung oder Erweiterung von Abstellflächen für Kraftfahrzeuge, Schutzdächern (Flugdächern), Garagen und Nebenanlagen für mehr als fünf Kraftfahrräder oder mehr als zwei Kraftfahrzeuge mit einem höchsten zulässigen Gesamtgewicht von je 3500 kg, sofern der an den Bauplatz angrenzende Eigentümer von Grundflächen durch Unterfertigung der Baupläne ausdrücklich sein Einverständnis mit dem Vorhaben erklärt hat (Hervorhebungen durch den Verwaltungsgerichtshof).

Den von den Beschwerdeführern erhobenen Einwänden betreffend die Zulässigkeit bzw. die Voraussetzungen des Anzeigeverfahrens genügt es entgegenzuhalten, dass diese Frage nicht Gegenstand eines baupolizeilichen Verfahrens gemäß § 41 Abs. 6 leg. cit ist, in dem allein die Frage zu klären ist, ob durch die bauliche Maßnahme etc. der antragstellende Nachbar in Rechten gemäß § 26 Abs. 1 leg. cit. verletzt ist. Auf die Gesetzmäßigkeit des Anzeigeverfahrens kommt es nicht an.

Gemäß § 33 Abs. 7 Stmk. BauG ist im Anzeigeverfahren nur der Bauwerber Partei.

Nach Abs. 9 leg. cit. erlischt die Genehmigung, wenn

a) mit dem Vorhaben nicht binnen fünf Jahren nach Zustellung der Baufreistellung begonnen wird oder

b) ein Nachbar im Sinne § 20 Z. 1 lit. b oder Z. 2 auf den Bauplänen keine Unterschrift geleistet hat und dies bis zum Ablauf von acht Wochen nach Baubeginn der Behörde angezeigt hat.

Im vorliegenden Beschwerdefall wurde die Errichtung von insgesamt 300 PKW-Abstellplätzen auf den Grundstücken Nr. 109, 110 und 69/7 unter Beifügung der nach dem Grundstücksverzeichnis vollständigen Liste der angrenzenden Nachbarn samt deren Zustimmungserklärungen mit Eingabe vom 13. Dezember 1999 angezeigt. Eine Anzeige nach § 33 Abs. 9 lit. b Stmk. BauG erfolgte durch die Beschwerdeführer nicht.

Mit Ihren Einwänden gegen die Zulässigkeit des Anzeigeverfahrens machen die Beschwerdeführer in Wahrheit Untersagungsgründe nach § 33 Abs. 4 Stmk. BauG geltend.

Insgesamt erweisen sich die Beschwerdeausführungen sohin als nicht geeignet, die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides darzutun. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. II Nr. 501/2001.

Wien, am 20. Februar 2003

Schlagworte

Baurecht Nachbar Bauverfahren (siehe auch Behörden Vorstellung Nachbarrecht Diverses) Parteien BauRallg11/1 Nachbarrecht Nachbar Anrainer Grundnachbar subjektiv öffentliche Rechte BauRallg5/1

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2003:2001060067.X00

Im RIS seit

05.05.2003
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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