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27/03 Gerichtsgebühren Justizverwaltungsgebühren;Norm
GGG 1984 §2 Z4;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Steiner, Dr. Fellner, Dr. Höfinger und Dr. Kail als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Valenta, über die Beschwerde der O AG in L, vertreten durch die Chalupsky & Gumpoldsberger GmbH, Rechtsanwälte in Gmunden, Esplanade 25/1, gegen den Bescheid des Präsidenten des Landesgerichtes Wels vom 19. November 1999, Zl. Jv 1113-33a/99, betreffend Eintragungsgebühr, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.089,68 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Grundbuchseingabe vom 25. Juni 1996 beantragte die Beschwerdeführerin betreffend die im Eigentum der M. L. und des W. L. stehende Liegenschaft EZ 319, GB 42107 Eben, auf Grund einer Schuld- und Pfandbestellungsurkunde vom 21. Juni 1996 die Einverleibung des Pfandrechts für eine Darlehensforderung von S 525.000,-- s.A. und eine Nebengebührenkaution von höchstens S 175.500,--. Für diesen Vorgang wurde Gerichtsgebührenbefreiung gemäß § 53 Abs. 3 WFG 1984 beantragt. Dem Antrag angeschlossen war die Zusicherung des Landes Oberösterreich, dass dem W. L. zur Errichtung eines "Eigenheimes mit einer Wohnung im EG" (Unterstreichungen im Original) auf dem gegenständlichen Grundstück nach den Bestimmungen des Oö. WFG 1993 für ein Darlehen der Beschwerdeführerin von S 525.000,-- Zinsenzuschüsse zugesichert würden.
Das Grundbuchsgesuch wurde unter der TZ 4146/96 protokolliert und die bewilligte Eintragung am 27. Juni 1996 vollzogen.
Im Zuge einer Gebührenrevision fanden Erhebungen bei der Baubehörde statt. Daraufhin erließ der Kostenbeamte des BG Gmunden am 30. April 1999 betreffend die Grundbuchseintragung TZ 4146/96 zur Zl. VZ 15/99 einen Zahlungsauftrag, mit dem ausgehend von einer Bemessungsgrundlage von S 682.500,-- Eintragungsgebühr von 1,1 % (= S 7.958,--) gemäß TP 9a GGG, weiters Eingabengebühr in Höhe von S 350,-- (TP 9a GGG) und S 100,-- Einhebungsgebühr gemäß § 6 GEG vorgeschrieben wurde.
Wörtlich wurde der Zahlungsauftrag wie folgt begründet:
"Wohnnutzfläche lt. bewilligtem Einreichplan ohne Büro und Windfang im Erdgeschoß sowie Chefbüro und Besprechungszimmer im Obergeschoß, jedoch mit Wintergarten 233,23!!"
In ihrem dagegen erhobenen Berichtigungsantrag machte die Beschwerdeführerin geltend, die Wohnnutzfläche der einen Wohneinheit übersteige nicht 150 m2. Das Darlehen sei nur für die Wohneinheit Erdgeschoß beantragt worden. Beigelegt wurde der "Einreichplan - Bescheid der Marktgemeinde Altmünster vom 25. Oktober 1994". Dieser Einreichplan bezieht sich auf die Errichtung eines Zweifamilienwohnhauses auf dem gegenständlichen Grundstück und enthält den von einem Gemeindeorgan unterfertigten Vermerk "Genehmigt mit Bescheid des Marktgemeindeamtes Altmünster vom 25. Oktober 1994".
Bei diesem Bescheid handelt es sich um die Baubewilligung für einen "Wohnhaus- und Garagenneubau mit Senkgrube". In der Begründung dieser Baubewilligung wird die beiliegende Verhandlungsschrift vom 22. September 1994 zum wesentlichen Bestandteil des Bescheides erklärt. Nach dieser Verhandlungsschrift wurde eingangs der Verhandlung dargestellt, dass laut dem Einreichplan des Baumeisters ... vom Juli 1994 auf dem gegenständlichen Grundstück die Errichtung eines Einfamilienwohnhauses mit einer Garage durchgeführt werden soll.
Nach Durchführung ergänzender Erhebungen gab die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid dem Berichtigungsantrag nicht statt. Die schon vor Erlassung des Zahlungsbefehles gepflogenen Erhebungen hätten ergeben, dass die Gesamtwohnnutzfläche mehr als 150 m2 betragen habe. Nach dem Einreichplan, der der Baubewilligung vom 25. Oktober 1994 zugrunde gelegen sei, bzw. nach dem Einreichplan betreffend den Wintergarten, bewilligt am 26. Februar 1997, umfasse das gegenständliche Wohnhaus im Erdgeschoß Räumlichkeiten mit einem Ausmaß von 128,06 m2 (ohne Windfang und Büro), im Obergeschoß 105,02 m2 (ohne Chefbüro und Besprechungszimmer), somit insgesamt 233,08 m2. Auf Grund der Behauptung im Berichtigungsantrag, es habe sich um ein Zweifamilienhaus gehandelt und es betreffe das geförderte Darlehen nur die Wohnung im Erdgeschoß, seien umfangreiche Erhebungen durchgeführt worden. Über Anfrage habe die Baubehörde mitgeteilt, dass am 2. August 1994 um die Errichtung eines Einfamilienhauses angesucht worden sei, was auch mit Bescheid vom 15. (richtig: 25.) Oktober 1994 bewilligt worden sei. Später sei von den Ehegatten L. ein Austauschplan für die Errichtung eines Zweifamilienwohnhauses vorgelegt worden, welcher zur Kenntnis genommen worden sei. Für diese Änderung sei keine Niederschrift aufgenommen und kein Baubewilligungsbescheid erlassen worden. Am 11. Dezember 1996 sei um die Errichtung eines Wintergartens angesucht worden, wobei ein Bauplan für ein Einfamilienhaus ohne Kinderzimmer im Erdgeschoß aber mit zwei Kinderzimmern im Obergeschoß vorgelegt worden sei. Die Fertigstellung des Wohnhausbaues sei der Gemeinde am 1. April 1997 angezeigt worden. Laut Meldebestätigung vom 10. September 1999 sei W. L. und die beiden 1990 und 1991 geborenen Kinder seit 9. April 1997, die beiden 1997 und 1999 geborenen Kinder seit Geburt dort gemeldet.
Tatsächlich sei von den Ehegatten L. zu keinem Zeitpunkt ein Zweifamilienhaus errichtet worden. Es sei im August 1994 um die Errichtung eines Einfamilienhauses angesucht und dieses auch mit Bescheid vom 25. Oktober 1994 bewilligt worden. Bezüglich eines Austauschplanes für ein Zweifamilienhaus sei kein Baubewilligungsbescheid erlassen worden, obwohl es sich um eine bewilligungspflichtige Nutzungsänderung gehandelt habe. Baumaßnahmen zur Errichtung eines Zweifamilienhauses, wie etwa getrennte Eingänge, getrennter Stromkreis, getrennte Heizung, Telefon usw. seien nie durchgeführt worden, sodass es sich zu keiner Zeit, auch nicht im Jahr 1996 um ein Zweifamilienhaus handeln konnte; entsprechende bauliche Maßnahmen seien im Zuge des Berichtigungsverfahrens auch nicht behauptet worden. Es sei bloß versucht worden, den Eindruck zu erwecken, es hätte sich im Jahr 1996 um ein Zweifamilienhaus gehandelt, ohne je entsprechende bauliche Maßnahmen zu setzen. Gegen das behauptete Zweifamilienhaus spreche auch der im Jahr 1994 bewilligte Einreichplan, der am 11. Dezember 1996 zur Bewilligung des Wintergartens wieder benutzt worden sei, aus welchem im Erdgeschoß kein Kinderzimmer zu entnehmen sei, obwohl die Ehegatten L. zu diesem Zeitpunkt bereits zwei Kinder hatten.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Antrag, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Akten vor und erstattete eine Gegenschrift.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
§ 53 WFG in der hier anwendbaren Fassung des BG BGBl. Nr. 829/1992 hatte folgenden Inhalt:
"3) Eingaben, Amtshandlungen und Rechtsgeschäfte, die durch die Finanzierung von Objekten veranlasst sind, die im Rahmen einer auf Grund landesgesetzlicher Vorschriften vorgenommenen Wohnbauförderungsmaßnahme gefördert werden, sind von den Gerichtsgebühren befreit; bei Wohnungen ist zur Inanspruchnahme der Gebührenbefreiung überdies Voraussetzung, dass die Nutzfläche 150 m2 nicht übersteigt."
Gemäß § 2 Z. 4 GGG wird der Anspruch des Bundes auf die Gebühr hinsichtlich der Gebühr für die Eintragung in die öffentlichen Bücher oder Register mit der Vornahme der Eintragung begründet.
Nach ständiger hg. Judikatur kommt es betreffend das Vorliegen der für die Gebührenbefreiung erforderlichen Tatbestandselemente auf den Zeitpunkt des Entstehens des Gebührenanspruches an. Fallen nach diesem Zeitpunkt die Voraussetzungen einer Gebührenbefreiung wieder weg, so hat dieser Umstand auf die Zuerkennung der Gebührenbefreiung keine rückwirkenden Auswirkungen (vgl. dazu die bei Tschugguel/Pötscher, Gerichtsgebühren7 unter Anm. 7 zu § 53 WFG 1984 referierte hg. Judikatur).
Im vorliegenden Fall erhielt der Darlehensnehmer auf Grund seines Ansuchens vom 12. Juni 1995 die Zusicherung von Zinsenzuschüssen zur Errichtung eines Eigenheimes mit einer Wohnung im Erdgeschoß. Es ist daher zu prüfen, ob ein Kausalzusammenhang zwischen der Finanzierung dieses geförderten Objektes und dem der Gebühr grundsätzlich unterliegenden Rechtsgeschäft bestand (siehe die Nachweise bei Tschugguel/Pötscher a.a.O., E. 4.) Dieser Kausalzusammenhang wäre zweifellos zu verneinen gewesen, wenn das der Gebühr grundsätzlich unterliegende Rechtsgeschäft das mit der Baubewilligung vom 25. Oktober 1994 oder vom 26. Juli 1997 bewilligte Einfamilienhaus, beinhaltend ein Erdgeschoß und ein Obergeschoß, betroffen hätte. Diente hingegen das Darlehen der Finanzierung der Errichtung einer Erdgeschoßwohnung in einem Zweifamilienhaus, ist die Kausalität zu bejahen. Dabei ist, wie schon dargelegt, auf die tatsächlichen Verhältnisse im Zeitpunkt des Entstehens des Gebührenanspruches abzustellen; dass im Juni 1995 bereits Baumaßnahmen gesetzt worden wären, die eine eindeutige Zuordnung in der einen oder anderen Richtung zuließen, ist nicht hervorgekommen. Fest steht nur auf Grund der Anzeige vom 1. April 1997, dass das Bauvorhaben zu diesem Zeitpunkt schon vollendet war. Die Beschwerdeführerin behauptet, dass nach dem 12. Juni 1995 "in weiterer Folge" mit der Errichtung des Zweifamilienhauses begonnen worden sei; sie räumt aber selbst ein, dass bauliche Maßnahmen, die typisch für ein Zweifamilienhaus seien, "geplant" gewesen seien, behauptet also nicht, dass im Juni 1996 der Baufortschritt eine eindeutige Zuordnung erlaubt hätte.
Unter diesen Voraussetzungen muss - der Anregung bei Tschugguel/Pötscher, aaO, Anm. 7 zu § 53 WFG 1984 am Ende folgend -
auf die vorhandenen, aktuellen Pläne zurückgegriffen werden, aus denen sich die Bauabsicht manifestiert hat (vgl. die hg. Judikatur zur Grunderwerbsteuerbefreiung bei der Errichtung von Arbeiterwohnstätten, beispielsweise das hg. Erkenntnis vom 25. Juni 1992, Zl. 92/16/0002).
In der Gegenschrift wird von der belangten Behörde die Beschwerdebehauptung nicht bestritten, dass der Darlehenswerber am 8. Juni 1995 Änderungspläne (im Sinne des § 39 Abs. 2 Oö. BauO 1994) eingereicht hat; offenbar hat die Baubehörde durch den genannten Vermerk zum Ausdruck bringen wollen, dass mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 24 Abs. 6 lit. b Oö. BauO 1994 bezüglich der Änderung des Verwendungszweckes von Gebäuden eine (gesonderte) Bewilligungspflicht nicht vorlag.
Der Verwaltungsgerichtshof verkennt nicht, dass Verdachtsmomente bestehen, wonach der Darlehenswerber nie die Absicht hatte, ein Zweifamilienhaus zu errichten. Gesicherte Beweisergebnisse, die eine derartige Absicht feststellen ließen, liegen jedoch nicht vor; der im Zeitpunkt des Entstehens des Gebührenanspruches aktuelle Plan sah - in Übereinstimmung mit dem Förderungsansuchen - die Errichtung eines Zweifamilienhauses mit einem Kinderzimmer und ohne Büroräumlichkeiten im Erdgeschoss vor. Durch die Novellierung des § 53 Abs. 3 WFG mit dem BG BGBl. I Nr. 26/2000 können Missbrauchsmöglichkeiten, die die belangte Behörde aufzeigt, hintan gehalten werden.
Indem die belangte Behörde den tatsächlichen Verhältnissen im Zeitpunkt des Entstehens des Gebührenanspruches keine entsprechende Würdigung verliehen hat, belastete sie ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes. Er war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.
Wien, am 20. Februar 2003
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2003:2000160006.X00Im RIS seit
05.05.2003