TE Vwgh Erkenntnis 2003/2/20 2002/16/0153

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Veröffentlicht am 20.02.2003
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Index

L34007 Abgabenordnung Tirol;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;

Norm

BAO §281;
BAO §299;
BAO §50;
B-VG Art132;
LAO Tir 1984 §212;
LAO Tir 1984 §222;
LAO Tir 1984 §54;
VwGG §27 Abs1;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Steiner und Dr. Fellner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Valenta, über die Beschwerde der B AG in N, vertreten durch Dr. Christian Kuhn und Dr. Wolfgang Vanis, Rechtsanwälte in Wien I, Elisabethstraße 22, gegen den Bescheid der Berufungskommission in Abgabensachen bei der Stadtgemeinde Innsbruck vom 25. April 2002, Zl. I-457/2001, betreffend Getränke- und Speiseeissteuer, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat der Stadtgemeinde Innsbruck Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Bei der belangten Behörde waren Berufungen der Beschwerdeführerin gegen Bescheide des Stadtmagistrates Innsbruck vom 29. Juli 1997 und 31. März 1998 betreffend die Abweisung von Anträgen auf Rückzahlung der für die Jahre 1994 bis 1996 bzw. das Jahr 1997 entrichteten Getränkesteuer sowie die Festsetzung dieser Steuer für das Jahr 1997 anhängig.

Mit Bescheiden der belangten Behörde vom 27. Februar 1998 und 3. Juli 1998 wurde gemäß § 212 TLAO die Aussetzung dieser Berufungsverfahren unter Bezugnahme auf zwei damals beim Verwaltungsgerichtshof anhängige Verfahren ausgesprochen.

Auf Grund einer bei der Beschwerdeführerin betreffend Getränke-, Speiseeis- und Kommunalsteuer für die Jahre 1993 bis 1998 durchgeführten Prüfung erließ der Stadtmagistrat Innsbruck (während der Wirkung der Aussetzungsbescheide) am 2. November 1999 einen Bescheid, mit dem Getränke- und Speiseeissteuer für den Zeitraum 1993 bis 1998 festgesetzt wurde. Dieser Bescheid enthielt die gemäß § 73 Abs. 4 TLAO erforderliche Rechtsmittelbelehrung und wurde der Beschwerdeführerin am 4. November 1999 zugestellt. Er blieb unbekämpft.

Unter Bezugnahme auf diesen Umstand gab die belangte Behörde mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom 25. April 2002 den Berufungen gegen die erstinstanzlichen Bescheide vom 29. Juli 1997 (betreffend Abweisung des Rückzahlungsantrages hinsichtlich der Getränkesteuer 1994 bis 1996) und vom 31. März 1998 (betreffend Abweisung des Rückzahlungsantrages hinsichtlich der Getränkesteuer 1997) keine Folge und hob im Übrigen den zweitangefochtenen Bescheid (betreffend die Festsetzung der Getränkesteuer für 1997) ersatzlos auf.

Die belangte Behörde stützte sich dabei darauf, dass der Bescheid vom 2. November 1999 mit Rücksicht auf die anhängig gewesenen, aber ausgesetzten Berufungsverfahren zwar von einer unzuständigen Behörde erlassen worden sei, dass die Beschwerdeführerin dies aber im Wege einer Berufung gegen diesen Bescheid hätte geltend machen müssen. Mit Rücksicht auf die eingetretene Rechtskraft sei dieser Umstand geheilt; eine amtswegige Aufhebung des Bescheides vom 2. November 1999 gemäß § 222 TLAO sei wegen Zeitablaufes nicht mehr möglich.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Verwaltungsgerichtshofbeschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes.

Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht auf Rückerstattung der Getränkesteuer für die Jahre 1995 bis 1997 verletzt.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet begehrt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Auszugehen ist davon, dass die Abgabenbehörde erster Instanz zufolge der von der belangten Behörde gemäß § 212 TLAO vorgenommenen Aussetzung der Entscheidung über die Berufungen gegen die erstinstanzlichen Bescheide vom 29. Juli 1997 und 31. März 1998 betreffend die davon umfassten Streitjahre zur Erlassung des Bescheides vom 2. November 1999 sachlich nicht zuständig war; selbst der Verwaltungsgerichtshof dürfte in einem Säumnisbeschwerdeverfahren keine Sachentscheidung fällen, solange die Wirkung eines Aussetzungsbescheides besteht (vgl. dazu die bei Ritz, BAO-Kommentar2 unter Rz 22 Abs. 1 zu § 281 BAO referierte hg. Judikatur).

Dieser Umstand macht jedoch den Bescheid vom 2. November 1999 keineswegs nichtig, sondern nur anfechtbar (vgl. Stoll, BAO-Kommentar I, 587 Abs. 2) bzw. besteht die Möglichkeit der Oberbehörde, ihn aufzuheben (im vorliegenden Fall gemäß § 222 TLAO).

Zu prüfen ist daher einerseits, ob der Bescheid vom 2. November 1999 jetzt noch einer Anfechtung durch die Beschwerdeführerin zugänglich wäre oder andererseits, ob er durch die Oberbehörde gemäß § 222 TLAO aufgehoben werden könnte.

Hinsichtlich einer Anfechtung des genannten Bescheides durch die Beschwerdeführerin ist die Frage zu prüfen, ob ihr die dafür erforderliche Rechtsmittelfrist noch offen steht.

§ 73 Abs. 4 TLAO lautet:

"(4) Enthält der Bescheid keine Rechtsmittelbelehrung oder keine Angabe über die Rechtsmittelfrist oder erklärt er zu Unrecht ein Rechtsmittel für unzulässig, so wird die Rechtsmittelfrist nicht in Lauf gesetzt."

Die §§ 222, 225 TLAO lauten auszugsweise:

"§ 222

(1) Ein Bescheid kann von der Oberbehörde aufgehoben werden, wenn

a) er von einer unzuständigen Behörde ... erlassen wurde oder

...

§ 225

(1) Abgesehen von den Fällen des § 157 Abs. 2 sind Maßnahmen nach dem §§ 217 bis 221 und nach § 222 Abs. 2 ... nur bis zum Ablauf der Verjährungsfrist und Maßnahmen nach § 222 Abs. 1 und nach § 222 Abs. 2 wegen Rechtswidrigkeit des Bescheidinhaltes nur bis zum Ablauf eines Jahres nach Eintritt der Rechtskraft des Bescheides zulässig ... ."

Einziges Beschwerdeargument ist die Behauptung, der Bescheid vom 2. November 1999 habe die erforderliche Belehrung über die Rechtsmittelfrist nicht enthalten und sei deshalb noch nicht in Rechtskraft erwachsen.

Da diese Behauptung nach Ausweis der Verwaltungsakten nicht zutrifft und die Beschwerdeführerin nicht dargetan hat, dass allenfalls die an sie zugestellte Ausfertigung von der in den Verwaltungsakten erliegenden insoferne abgewichen wäre (die Beschwerdeführerin ist den entsprechenden Darlegungen der belangten Behörde in der Gegenschrift auch nicht mehr entgegen getreten), erweist sich der angefochtene Bescheid als frei von der behaupteten Rechtswidrigkeit. Die Beschwerdeführerin hat es einerseits selbst unterlassen, die dem Bescheid vom 2. November 1999 anhaftenden Unzuständigkeit im Rechtsmittelweg geltend zu machen und es ist der belangten Behörde als Oberbehörde andererseits durch Ablauf der Frist des § 225 Abs. 1 TLAO die Möglichkeit genommen, den Umstand, dass der Bescheid vom 2. November 1999 von einer unzuständigen Behörde erlassen wurde, gemäß § 222 Abs. 1 lit. a TLAO aufzugreifen.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen, wobei die Entscheidung wegen der einfachen Sach- und Rechtslage in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat getroffen werden konnte.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VO BGBl. II Nr. 501/2001.

Wien, am 20. Februar 2003

Schlagworte

Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtswirkungen von Bescheiden Rechtskraft VwRallg9/3

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2003:2002160153.X00

Im RIS seit

05.05.2003
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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