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DE-22 Zivilprozess Deutschland;Norm
ABGB §228b idF 2000/I/135 impl;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Novak, Dr. Mizner, Dr. Stöberl und Dr. Köhler als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Binder - Krieglstein, über die Beschwerde des IN in Wien, vertreten durch Dr. Wolfgang Zatlasch, Rechtsanwalt in 1080 Wien, Mariahilferstraße 49/28, gegen den Bescheid des Bundesministers für Justiz vom 7. Juni 1999, 253.417/1-I.9/1999), betreffend Anerkennung eines ausländischen Ehescheidungsurteils (mitbeteiligte Partei: ON, geb. Z, in W) zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 332.-binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer (ein ägyptischer Staatsangehöriger) und die Mitbeteiligte (eine österreichische Staatsbürgerin) haben am 29. September 1993 vor dem Standesamt in Wien - Donaustadt die Ehe geschlossen. Mit Urteil des Obersten Gerichtshofes für zivile Rechtssachen in Kairo vom 30. Jänner 1999, Zl. 1641/1998, wurde die Ehe geschieden. Die Beschwerdeführerin beantragte am 7. Juni 1999 bei der belangten Behörde die Anerkennung des Ehescheidungsurteiles.
Mit dem angefochtenen Bescheid stellte die belangte Behörde nach § 24 Abs. 1 der Vierten Durchführungsverordnung zum Ehegesetz vom 25. Oktober 1941, RGBl. I S. 654 fest, dass die gesetzlichen Voraussetzungen für die Anerkennung der rechtskräftigen Entscheidung des Obersten Gerichtshofes für zivile Rechtssachen in Kairo vom 30. Jänner 1999, Zl. 1641/1988 (richtig wohl: 1998), soweit mit dieser die am 29. September 1993 vor dem Standesamt Wien - Donaustadt geschlossene Ehe geschieden worden sei, gegeben seien. Eine Begründung enthält der angefochtene Bescheid nicht.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend macht. Der Beschwerdeführer habe sich zum Zeitpunkt der Fällung des Urteiles in Österreich aufgehalten. Es sei "der ausländische Ehegatte, der Beschwerdeführer, offenbar nicht erschienen bzw. eine Ladung zumindest nicht nachgewiesen". Ein derartiges Scheidungsverfahren entspreche jedenfalls infolge Mangels des Zustellnachweises im Hinblick auf den Beschwerdeführer nicht dem österreichischen ordre public.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der angefochtene Bescheid wurde am 7. Juni 1999 (gegenüber der mitbeteiligten Partei) erlassen; das Verfahren war durch den Antrag der Mitbeteiligten vom selben Tag eingeleitet worden. Dem angefochtenen Bescheid - und der Überprüfung dieses Bescheides durch den Verwaltungsgerichtshof - war daher die mittlerweile mit Art. XIII des Kindschaftsrechts-Änderungsgesetzes 2001, BGBl. I Nr. 135/2000 (KindRÄG 2001) aufgehobene Vorschrift des § 24 Abs. 1 der 4. DVEheG zu Grunde zu legen (vgl. Art. XVIII § 1 Abs. 1 und § 7 KindRÄG 2001).
§ 24 Abs. 1 der 4. DVEheG zählte zu jenen nach dem 13. März 1938 für das Gebiet der Republik Österreich erlassenen Gesetzen, die durch § 2 Rechts-Überleitungsgesetz, StGBl. Nr. 6/1945 (R-ÜG) bis zur Neugestaltung der einzelnen Rechtsgebiete als österreichische Rechtsvorschriften in vorläufige Geltung gesetzt worden waren. Auf österreichische Verhältnisse umgestellt lautete diese Vorschrift:
"Entscheidungen, durch die im Ausland eine Ehe für nichtig erklärt, aufgehoben, dem Bande nach oder unter Aufrechterhaltung des Ehebandes geschieden oder durch die das Bestehen oder Nichtbestehen einer Ehe zwischen den Parteien festgestellt ist, sind in Österreich nur wirksam, wenn der Bundesminister für Justiz oder die von ihm bestimmte Stelle festgestellt hat, dass die gesetzlichen Voraussetzungen für die Anerkennung der Entscheidung gegeben sind. Dabei ist § 328 der Reichs-Zivilprozessordnung sinngemäß auch in den Gebietsteilen anzuwenden, in denen diese Vorschrift nicht gilt. Von dem Erfordernis der Verbürgung der Gegenseitigkeit (§ 328 Abs. 1 Nr. 5, Abs. 2 der Reichs-Zivilprozessordnung) kann abgesehen werden. Die Feststellung ist für Gerichte und Verwaltungsbehörden bindend."
§ 328 Abs. 1 dZPO lautet (auf österreichische Verhältnisse umgestellt und unter Bedachtnahme auf das IPRG; vgl. hiezu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 4. November 2002, Zl. 2001/10/0150) wie folgt:
"Die Anerkennung des Urteiles eines ausländischen Gerichtes ist ausgeschlossen,
1. wenn die Gerichte des Staates, dem das ausländische Gericht angehört, nach den österreichischen Gesetzen nicht zuständig sind;
2. wenn der unterlegene Beklagte ein Österreicher ist und sich auf den Prozess nicht eingelassen hat, sofern die den Prozess einleitende Ladung oder Verfügung ihm weder in dem Staate des Prozessgerichtes in Person noch durch Gewährung österreichischer Rechtshilfe zugestellt ist;
3. wenn das Urteil zum Nachteil einer österreichischen Partei von den Vorschriften der §§ 18 und 20 IPRG abweicht
4. wenn die Anerkennung gegen die guten Sitten oder gegen den Sinn eines österreichischen Gesetzes verstoßen würde
5. wenn die Gegenseitigkeit nicht verbürgt ist."
Z. 2 und 3 kommen im Beschwerdefall nicht zum Tragen, weil beim Beschwerdeführer das von den genannten Vorschriften vorausgesetzte Tatbestandsmerkmal der österreichischen Staatsbürgerschaft nicht vorliegt. Für das Fehlen der Anerkennungsvoraussetzungen im Sinne der Z. 1 und 5 liegt kein Anhaltspunkt vor. In den Blick zu nehmen ist im Beschwerdefall daher ausschließlich das Anerkennungshindernis des Verstoßes gegen den österreichischen ordre public im Sinne der Z. 4.
Dieses Anerkennungshindernis erachtet die Beschwerde als verwirklicht, weil das Scheidungsurteil des ägyptischen Gerichts in Abwesenheit des Beschwerdeführers, der sich zum Zeitpunkt der Urteilsfällung in Österreich aufgehalten habe, ergangen sei. Die Mitbeteiligte, eine österreichische Staatsbürgerin, habe "das Scheidungsurteil am 30. Jänner 1999 beantragt, wobei der ausländische Ehegatte, der Beschwerdeführer, offenbar nicht erschienen war bzw. eine Ladung zumindest nicht nachgewiesen ist". Es sei auch in der (vor der belangten Behörde aufgenommenen) Niederschrift vom 7. Juni 1999 "in keiner Form festgehalten worden, dass eine Zustellung an den Beschwerdeführer erfolgt ist". Die Anerkennung des Scheidungsurteils sei daher wegen "Verletzung des beiderseitigen rechtlichen Gehörs sowie aber auch mangels entsprechenden Zustellnachweises einer Ehescheidungsklage an den in Österreich lebenden Beschwerdeführer" rechtswidrig.
Darin liegt keine konkrete Behauptung eines Sachverhalts, der das Anerkennungshindernis des § 328 Abs. 1 Z. 4 dZPO verwirklicht. Zwar widerspricht es (im Sinne der soeben genannten Vorschrift) dem inländischen ordre public, wenn das ausländische Urteil in einem Verfahren ergangen ist, in dem der Anerkennungsgegner nicht in die Lage versetzt wurde, seine Rechte wahrzunehmen (vgl. z. B. die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 1. April 1954, Slg. Nr. 3366/A, und vom 9. Juli 1959, Zlen. 1066/58 und 2331/58). Der Beschwerdeführer behauptet aber nicht, dass er nicht in der Lage gewesen wäre, im Verfahren vor dem ägyptischen Gericht seine Rechte geltend zu machen. Mit seinem Hinweis, dass er "offenbar nicht erschienen war bzw. eine Ladung zumindest nicht nachgewiesen ist", hat er daher seiner Verpflichtung, die Relevanz des im Ergebnis geltend gemachten Begründungsmangels (vgl. hiezu das Erkenntnis vom 11. Mai 1990, Zl. 90/18/0018) konkret aufzuzeigen, nicht entsprochen; denn die Behörde wäre zu keinem anderen Ergebnis gelangt, hätte sie festgestellt, dass der Beschwerdeführer (gemeint offenbar: zu einer im Scheidungsverfahren vor dem ägyptischen Gericht stattgefunden habenden Verhandlung) "offenbar nicht erschienen war", weil dieser Umstand für sich alleine kein Anerkennungshindernis darstellt. Ebenso wenig stellte es - nach der hier anzuwendenden Rechtslage (vgl. nunmehr § 228b ABGB idF des KindRÄG 2001) - für sich ein Anerkennungshindernis dar, dass der Behörde kein Nachweis der Zustellung des verfahrenseinleitenden Schriftstückes vorlag.
Die Beschwerde zeigt somit weder eine inhaltliche Rechtswidrigkeit noch einen relevanten Verfahrensmangel auf; sie war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH - Aufwandersatzverordnung 2001.
Wien, am 25. Februar 2003
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2003:2001100151.X00Im RIS seit
05.05.2003