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32/04 Steuern vom Umsatz;Norm
UStG 1994 §12 Abs2 Z2 litb;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höß und die Hofräte Mag. Heinzl, Dr. Zorn, Dr. Robl und Dr. Büsser als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Racek, über die Beschwerde 1. des Dr. L J K und 2. des Dr. J M, beide in P, der Erstbeschwerdeführer vertreten durch den Zweitbeschwerdeführer, Rechtsanwalt in 4722 Peuerbach, Steegenstraße 3, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich vom 18. Dezember 1996, Zl. 568/1-7/Pu-1996, betreffend Festsetzung der Umsatzsteuervorauszahlungen für Oktober 1995 und Mai 1996, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführer haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 332 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführer, die eine Rechtsanwaltskanzlei betreiben, erwarben im Oktober 1995 einen Opel Monterey, LTD, um 378.333,34 S zuzüglich 75.666,66 S Umsatzsteuer. Mit der Umsatzsteuervoranmeldung für Oktober 1995 machten sie die Vorsteuer aus dem Kauf unter Vorlage von Kopien des Prospekts, des auf den Erstbeschwerdeführer lautenden Zulassungsscheines, der Rechnung sowie einer Sachverhaltsdarstellung, in der die Vorsteuer deshalb begehrt wurde, weil es sich bei dem Fahrzeug um einen Kleinbus handle, geltend.
Mit Bescheid vom 30. Jänner 1996 über die Festsetzung der Umsatzsteuervorauszahlung für Oktober 1995 anerkannte das Finanzamt die für den Autokauf geltend gemachte Vorsteuer nicht. Begründend wurde ausgeführt, dass das Fahrzeug nicht dem Erscheinungsbild eines Kleinbusses (wie im Erlass des BMF vom 18. November 1987, Z 09 1202/4-IV/9/87 verlangt) entspreche, da es - anders als die "bisher als Kleinbusse anerkannten Fahrzeuge" - keine durchgehende Frontpartie, sondern eine abgesetzte Motorhaube aufweise.
Die Beschwerdeführer erhoben Berufung und brachten vor, dass eine abgesetzte Motorhaube oder eine durchgehende Frontpartie kein Kriterium für das Vorliegen eines Kleinbusses sei. Das im genannten Erlass geforderte Merkmal "kastenwagenförmigen Äußeres" beziehe sich nicht auf die Frontpartie, sondern auf die Fahrgastzelle. Das Fahrzeug an sich müsse höher gestellt sein, also mehr Bodenfreiheit bestehen, größere Räder aufweisen und sich großvolumiger darstellen. Es sei auch auf das Fahrzeuginnere und das vorhandene Raumangebot abzustellen. Da die Fahrgastzelle des Opel Monterey ein kastenwagenförmiges Äußeres besitze, sei der Vorsteuerabzug zu gewähren.
In der Folge teilten die Beschwerdeführer mit, dass seit Anschaffung des gegenständlichen Fahrzeuges die mit dessen Betrieb zusammenhängende Vorsteuer durchgehend geltend gemacht worden sei, obwohl das Fahrzeug nicht den nach der Verordnung vom 29. Mai 1996, BGBl. Nr. 273/1996, geforderten Laderaum (Länge von 500 mm) aufweise. Nach Aufforderung durch das Finanzamt gaben die Beschwerdeführer die geltend gemachten Vorsteuerbeträge bekannt.
Mit Bescheid vom 14. August 1996 über die Festsetzung der Umsatzsteuervorauszahlung für Mai 1996 anerkannte das Finanzamt die aus den Betriebskosten des Kraftfahrzeugs resultierenden Vorsteuern in Höhe von 809,87 S nicht.
Die Beschwerdeführer erhoben Berufung und führten aus, dass die Differenzierung nach dem Laderaum verfassungswidrig sei und verwiesen im Übrigen auf ihr Vorbringen in der Berufung gegen den Bescheid vom 30. Jänner 1996 über die Festsetzung der Umsatzsteuervorauszahlung für Oktober 1995.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde beide Berufungen mit der Begründung ab, dass das gegenständliche Fahrzeug kein kastenwagenförmiges Äußeres bzw. keine einem Autobus entsprechende Form aufweise, weil es eine abgesetzte Motorhaube und keine durchgehende Frontpartie besitze. Zum Berufungsvorbringen, aus technischer Sicht bestünde weit eher eine Ähnlichkeit mit einem Omnibus denn mit einem PKW oder Kombi, sei zu sagen, dass es für das äußere Erscheinungsbild entscheidend auf die bauliche Gestaltung als solche und nicht auf die technische Bauweise ankomme. Auch die wirtschaftliche Zweckbestimmung des Fahrzeuges spreche - wie dem vorgelegten Prospektmaterial zu entnehmen sei, in dem die Verwendungsmöglichkeit als Geländefahrzeug zur Ausübung diverser Sportarten hervorgehoben werde - gegen das Vorliegen eines Kleinbusses. Da das Fahrzeug keine einem Autobus entsprechende Form aufweise, erübrige sich die Prüfung der weiteren in § 10 Z. 1 und 2 der Verordnung des Bundesministers für Finanzen über die steuerliche Einstufung von Fahrzeugen als Personenkraftwagen und Kombinationskraftwagen, BGBl. Nr. 273/1996, angeführten Voraussetzungen.
Die Behandlung der gegen den angefochtenen Bescheid vor dem Verfassungsgerichtshof erhobenen Beschwerde hat dieser mit Beschluss vom 30. November 1999, B 416/97-7, abgelehnt und die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG zur Entscheidung abgetreten.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Lieferungen und sonstige Leistungen, die im Zusammenhang mit der Anschaffung, Miete oder dem Betrieb von Personenkraftwagen, Kombinationskraftwagen oder Krafträdern stehen (ausgenommen Fahrschulkraftfahrzeuge, Vorführkraftfahrzeuge und Kraftfahrzeuge, die ausschließlich zur gewerblichen Weiterveräußerung bestimmt sind, sowie Kraftfahrzeuge, die zu mindestens 80 % dem Zweck der gewerblichen Personenbeförderung oder der gewerblichen Vermietung dienen) berechtigen gemäß § 12 Abs. 2 Z. 2 lit. b UStG 1994 nicht zum Vorsteuerabzug. Die genannte Gesetzesbestimmung wurde unverändert aus der bis zum Beitritt Österreichs zur EU geltenden Bestimmung des § 12 Abs. 2 Z. 2 lit. c UStG 1972 übernommen.
Im Erlass Z 09 1202/4-IV/9/87 des Bundesministers für Finanzen vom 18. November 1987, AÖF 330/1987, wird darauf verwiesen, dass Kleinbusse nicht unter die für Personenkraftwagen und Kombinationskraftwagen geltenden einschränkenden umsatzsteuerlichen Bestimmungen fielen, für Kleinbusse vielmehr die Möglichkeit des Vorsteuerabzuges bestehe. Sodann wird ausgeführt:
"Unter einem Kleinbus ist nach Ansicht des Bundesministeriums für Finanzen ein Fahrzeug zu verstehen, das ein kastenwagenförmiges Äußeres sowie Beförderungsmöglichkeiten für mehr als sechs Personen (einschließlich des Fahrzeuglenkers) aufweist. Bei der Beurteilung der Personenbeförderungskapazität ist nicht auf die tatsächlich vorhandene Anzahl der Sitzplätze, sondern auf die maximal zulässige Personenbeförderungsmöglichkeit abzustellen. Es ist auch unmaßgebend, ob ein nach diesen Kriterien als Kleinbus anerkanntes Fahrzeug Zwecken des Personentransportes oder des Lastentransportes dient oder kombiniert eingesetzt wird. Voraussetzung für die steuerliche Anerkennung ist allerdings die nachweislich überwiegende unternehmerische bzw. betriebliche Nutzung des Fahrzeuges."
Auf Grund der Verordnungsermächtigung des § 12 Abs. 2 Z. 2 lit. b UStG 1994 in der Fassung Strukturanpassungsgesetz 1996, BGBl. Nr. 201, erließ der Bundesminister für Finanzen die Verordnung über die steuerliche Einstufung von Fahrzeugen als Personenkraftwagen und Kombinationskraftwagen, BGBl. Nr. 273/1996 (im Folgenden Verordnung). § 10 dieser Verordnung lautet:
"Klein-Autobusse, auch wenn sie kraftfahrrechtlich und zolltarifarisch als Personenkraftwagen oder Kombinationskraftwagen eingestuft sind, sind steuerrechtlich keine Personenkraftwagen oder Kombinationskraftwagen, wenn sie eine einem Autobus entsprechende Form aufweisen und weiters eine der folgenden Voraussetzungen erfüllen:
1. Das Fahrzeug ist kraftfahrrechtlich für eine Beförderung von mindestens neun Personen (einschließlich des Fahrzeuglenkers) zugelassen und enthält zusätzlich einen Gepäcksraum im Fahrzeuginneren. Die erste Sitzreihe ist bereits werkseitig mit drei fixen Sitzplätzen ausgestattet.
2. Das Fahrzeug ist kraftfahrrechtlich für die Beförderung von mindestens sieben Personen (einschließlich des Fahrzeuglenkers) zugelassen und weist bereits werkseitig hinter der dritten Sitzreihe in hinterster Position einen Laderaum mit einer Länge von mindestens 500 mm auf. Diese Länge muss im Durchschnitt vom Laderaumboden bis zur Höhe von 500 mm über dem Laderaumboden erreicht werden."
Der EuGH hat mit Urteil vom 8. Jänner 2002, Metropol Treuhand WirtschaftstreuhandgmbH und Michael Stadler, C-409/99, - auf Grund eines Vorabentscheidungsersuchens des Verwaltungsgerichtshofes - ausgeführt:
Die Regelung eines Mitgliedstaates, die nach dem Inkrafttreten der Sechsten Mehrwertsteuerrichtlinie 77/388/EWG, im Folgenden Richtlinie (für Österreich ist die Richtlinie zum Zeitpunkt des Beitrittes zur EU am 1. Jänner 1995 in Kraft getreten), die bestehenden Vorsteuerausschlusstatbestände erweitere und sich damit vom Ziel der Richtlinie entferne, verstoße gegen deren Art. 17 Abs. 2 und stelle keine nach Art. 17 Abs. 6 Unterabs. 2 zulässige Ausnahme dar. Art. 17 Abs. 6 der Richtlinie enthalte eine "Stand-still"-Klausel, die die Beibehaltung der innerstaatlichen Ausschlusstatbestände vom Vorsteuerabzugsrecht vorsehe, die vor dem Inkrafttreten der Richtlinie in Geltung gestanden seien. Mit dieser Bestimmung sollten die Mitgliedstaaten ermächtigt werden, bis zum Erlass der gemeinschaftsrechtlichen Regelung der Tatbestände des Ausschlusses vom Vorsteuerabzugsrecht durch den Rat alle Regelungen des innerstaatlichen Rechts über den Ausschluss des Vorsteuerabzugs beizubehalten, die ihre Behörden zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Richtlinie tatsächlich angewandt hätten. "Angesichts dieses besonderen Zweckes umfasst der Begriff innerstaatliche Rechtsvorschriften im Sinne von Artikel 17 Absatz 6 Unterabsatz 2 der Sechsten Richtlinie nicht nur Rechtsetzungsakte im eigentlichen Sinne, sondern auch die Verwaltungsakte und Verwaltungspraktiken der Behörden des betroffenen Mitgliedstaats" (Rz 49).
Der EuGH betont im genannten Urteil, es sei einem Mitgliedstaat nach Art. 17 Abs. 6 Unterabs. 2 der Richtlinie verwehrt, die Ausgaben für bestimmte Kraftfahrzeuge nach dem Inkrafttreten der Richtlinie vom Recht auf Vorsteuerabzug auszuschließen, wenn zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Richtlinie für solche Ausgaben das Recht auf Vorsteuerabzug nach ständiger, auf einem Ministerialerlass beruhender Praxis der Verwaltungsbehörden dieses Mitgliedstaates gewährt worden sei.
In rechtlicher Hinsicht ergibt sich aus der Entscheidung des EuGH für den gegenständlichen Fall, dass der Vorsteuerabzug im Zusammenhang mit der Anschaffung und dem Betrieb des Opel Monterey nicht deshalb versagt werden darf, weil dieses Fahrzeug nicht die im § 10 der Verordnung festgelegten Anforderungen erfüllt, wenn nach der auf dem Erlass des Bundesministers für Finanzen vom 18. November 1987, AÖF 330/1987, beruhenden Praxis der Behörden der Vorsteuerabzug gewährt wurde.
Die Beschwerdeführer bringen vor, das Fahrzeug erfülle - ungeachtet der abgesetzten Motorhaube - das Kriterium "kastenförmigen Äußeres". Dass sich dieses Verständnis des Erlasses auf eine - nach dem angeführten Urteil des EuGH im gegebenen Zusammenhang relevante - Verwaltungspraxis stützen könne, zeigen die Beschwerdeführer nicht auf. Vielmehr hat bereits das Finanzamt in seinen Festsetzungsbescheiden auf eine gegenteilige Verwaltungspraxis hingewiesen. Der von den Beschwerdeführern angeschaffte Opel Monterey ist auch nicht in der Liste der Kleinlastkraftwagen und Kleinbusse (Stand 30. September 1995), welche nach der Verwaltungspraxis nicht als Personenkraftwagen oder Kombinationskraftwagen eingestuft wurden, enthalten (siehe SWK 1995, A 660).
Auch der Verwaltungsgerichtshof anerkennt in ständiger Rechtsprechung Fahrzeuge, die schon äußerlich den üblichen Typen von Geländefahrzeugen (bzw. "Stationswagen") entsprechen, nicht als Kleinbusse, sondern ordnet diese den gemäß § 12 Abs. 2 Z. 2 lit. b UStG 1994 nicht zum Vorsteuerabzug berechtigten Personen- bzw. Kombinationskraftwagen zu (vgl. für viele das Erkenntnis vom 12. Dezember 1995, 92/14/0031). Die Feststellung der belangten Behörde, beim Opel Monterey handle es sich um ein solches Kraftfahrzeug mit dem typischen Erscheinungsbild eines Geländefahrzeuges ("Stationswagen"), das als PKW bzw. Kombi zu beurteilen sei, begegnet vor dem Hintergrund des vorgelegten Prospektmaterials keinen Bedenken des Gerichtshofes. Dass die belangte Behörde relevante Feststellungen hinsichtlich der "konkreten Ausgestaltung des Fahrzeuges" nicht getroffen hätte, ist nicht zu erkennen.
Insgesamt erweist sich die Ansicht der belangten Behörde, die mit der Anschaffung und dem Betrieb des Opel Monterey in Zusammenhang stehenden Vorsteuerbeträge seien nicht abzugsfähig, als mit der Rechtslage - auch unter gemeinschaftsrechtlichen Aspekten - im Einklang stehend.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.
Wien, am 25. Februar 2003
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2003:1999140336.X00Im RIS seit
18.06.2003