TE Vwgh Erkenntnis 2003/2/25 2003/11/0029

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Veröffentlicht am 25.02.2003
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Index

90/01 Straßenverkehrsordnung;
90/02 Führerscheingesetz;

Norm

FSG 1997 §24 Abs3;
FSG 1997 §26 Abs2;
FSG 1997 §7 Abs3 Z1;
FSG 1997 §7 Abs5;
StVO 1960 §5 Abs2;
StVO 1960 §99 Abs1 lita;
StVO 1960 §99 Abs1 litb;
StVO 1960 §99 Abs1 litc;
StVO 1960 §99 Abs1a;
StVO 1960 §99 Abs1b;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Graf und Dr. Gall als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Runge, über die Beschwerde des R in E, vertreten durch Dr. Josef Lindlbauer, Rechtsanwalt in 4470 Enns, Bräuergasse 3, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 14. Jänner 2003, Zl. VerkR-394.752/2-2003-Kof/Eis, betreffend Entziehung der Lenkberechtigung, Anordnung einer begleitenden Maßnahme und Verbot des Lenkens von Motorfahrrädern, vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen und Invalidenkraftfahrzeugen, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 24 Abs. 1 Z. 1, § 25 Abs. 1 und 3 in Verbindung mit § 7 Abs. 1, Abs. 3 Z. 1 und Abs. 4 FSG (idF BGBl. I Nr. 129/2002) die Lenkberechtigung für die Klassen A, B, C, F und G für die Dauer von zwölf Monaten, gerechnet ab der am 29. April 2002 erfolgten Zustellung des Mandatsbescheides, entzogen. Gemäß § 24 Abs. 3 leg. cit. wurde dem Beschwerdeführer aufgetragen, sich einem Einstellungs- und Verhaltenstraining oder Aufbauseminar für alkoholauffällige Kraftfahrer zu unterziehen. Gemäß § 32 Abs. 1 Z. 1 FSG wurde ihm für die Dauer der Entziehung das Lenken von Motorfahrrädern, vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen sowie Invalidenkraftfahrzeugen verboten.

In der Begründung dieses Bescheides führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer habe am 29. September 1999 eine Übertretung gemäß § 5 Abs. 1 StVO 1960 (Alkohol der Atemluft 0,54 mg/l) begangen. Deshalb sei ihm die Lenkberechtigung für die Dauer von vier Wochen entzogen worden. Am 23. März 2002 um

22.30 Uhr habe der Beschwerdeführer einen Pkw auf einer näher bezeichneten Straße mit öffentlichem Verkehr gelenkt, einen Verkehrsunfall verschuldet und Fahrerflucht begangen. Nach seiner Ausforschung als Lenker habe er am 24. März 2002 um 5.05 Uhr die Vornahme des Alkoholtests verweigert. Wegen dieser Vorfälle sei der Beschwerdeführer mit dem rechtskräftigen Bescheid des unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 12. Dezember 2002 wegen der Verwaltungsübertretungen nach § 4 Abs. 1 lit. a in Verbindung mit § 99 Abs. 2 lit. a StVO 1960, § 4 Abs. 1 lit. c in Verbindung mit § 99 Abs. 2 lit. a StVO 1960 und § 5 Abs. 2 in Verbindung mit § 99 Abs. 1 lit. b StVO 1960 bestraft worden. Die belangte Behörde sei an diese rechtskräftige Bestrafung gebunden. Der Beschwerdeführer sei in Ansehung von Alkoholdelikten im Straßenverkehr als Wiederholungstäter anzusehen. Die im Jahr 1999 erfolgte Bestrafung und die Entziehung der Lenkberechtigung hätten ihn nicht von der Begehung der neuerlichen Straftaten abhalten können. Der Beschwerdeführer habe zudem am 23. März 2002 einen Verkehrsunfall mit Sachschaden verschuldet und Fahrerflucht begangen. In Anbetracht dieser Umstände könne mit der Wiedererlangung der Verkehrszuverlässigkeit erst nach Ablauf der Entziehungsdauer gerechnet werden. Im Falle der Begehung einer Übertretung nach § 99 Abs. 1 lit. b StVO 1960 sei gemäß § 24 Abs. 3 zweiter Satz FSG die Nachschulung zwingend anzuordnen. Das Lenkverbot gründe sich auf § 32 Abs. 1 Z. 1 FSG.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof - in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat - erwogen hat:

Für den Beschwerdefall sind folgende Bestimmungen des Führerscheingesetzes - FSG (in der von der belangten Behörde anzuwendenden Fassung BGBl. I Nr. 129/2002) maßgebend:

"Allgemeine Voraussetzungen für die Erteilung einer Lenkberechtigung

§ 3. (1) Eine Lenkberechtigung darf nur Personen erteilt werden, die:

...

2. verkehrszuverlässig sind (§ 7),

...

Verkehrszuverlässigkeit

§ 7. (1) Als verkehrszuverlässig gilt eine Person, wenn nicht auf Grund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs. 3) und ihrer Wertung (Abs. 4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen

1. die Verkehrssicherheit insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr oder durch Trunkenheit oder einen durch Suchtgift oder durch Medikamente beeinträchtigten Zustand gefährden wird, oder

...

(3) Als bestimmte Tatsache im Sinne des Abs. 1 hat insbesondere zu gelten, wenn jemand:

1. ein Kraftfahrzeug gelenkt oder in Betrieb genommen und hiebei eine Übertretung gemäß § 99 Abs. 1 bis 1b StVO 1960 begangen hat, auch wenn die Tat nach § 83 Sicherheitspolizeigesetz - SPG, BGBl. Nr. 566/1991, zu beurteilen ist;

...

(4) Für die Wertung der in Abs. 3 beispielsweise angeführten Tatsachen sind deren Verwerflichkeit, die Gefährlichkeit der Verhältnisse, unter denen sie begangen wurden, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit maßgebend.

...

Entziehung, Einschränkung und Erlöschen der Lenkberechtigung Allgemeines

§ 24. (1) Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs. 1 Z 2 bis 4) nicht mehr gegeben sind, ist von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit

1. die Lenkberechtigung zu entziehen oder

...

(3) Bei der Entziehung oder Einschränkung der Lenkberechtigung kann die Behörde begleitende Maßnahmen (Nachschulung und dgl.) oder die Beibringung eines amtsärztlichen Gutachtens über die gesundheitliche Eignung anordnen. Die Behörde hat unbeschadet der Bestimmungen des Abs. 3a eine Nachschulung anzuordnen, wenn die Entziehung in der Probezeit (§ 4) oder wegen einer Übertretung gemäß § 99 Abs. 1 oder 1a StVO 1960 erfolgt.

...

Dauer der Entziehung

§ 25. (1) Bei der Entziehung ist auch auszusprechen, für welchen Zeitraum die Lenkberechtigung entzogen wird. Dieser ist auf Grund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens festzusetzen. ...

...

(3) Bei einer Entziehung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit (§ 7) ist eine Entziehungsdauer von mindestens drei Monaten festzusetzen.

...

Verbot des Lenkens von Motorfahrrädern, vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen oder Invalidenkraftfahrzeugen

§ 32. (1) Personen, die nicht im Sinne des § 7 verkehrszuverlässig oder nicht gesundheitlich geeignet sind, ein Motorfahrrad, ein vierrädriges Leichtkraftfahrzeug oder ein Invalidenkraftfahrzeug zu lenken, hat die Behörde unter Anwendung der §§ 24 Abs. 3 und 4, 25, 26 und 29 entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit das Lenken eines derartigen Kraftfahrzeuges

1. ausdrücklich zu verbieten,

..."

Der Beschwerdeführer bestreitet nicht die Richtigkeit der Feststellungen der belangten Behörde betreffend die erfolgten Bestrafungen, er meint jedoch, es könne daraus nicht auf seine Verkehrsunzuverlässigkeit geschlossen werden, weil die Beeinträchtigung durch Alkohol und deren Ausmaß nicht feststünden. Die Feststellung der Alkoholbeeinträchtigung beruhe in seinem Fall lediglich auf Indizien.

Der Beschwerdeführer verkennt mit diesen Ausführungen, dass als bestimmte Tatsache nach § 7 Abs. 3 Z. 1 FSG nicht nur das Lenken von Kraftfahrzeugen in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand (Übertretungen nach § 99 Abs. 1 lit. a, Abs. 1a oder Abs. 1b StVO 1960) gilt, sondern auch die anderen in § 99 Abs. 1 StVO 1960 umschriebenen Übertretungen, somit auch die Verweigerung der Untersuchung der Atemluft auf Alkoholgehalt nach § 99 Abs. 1 lit. b leg. cit., als bestimmte Tatsachen gemäß § 7 Abs. 3 Z. 1 FSG gelten. Dem angefochtenen Bescheid liegt auch nicht die Feststellung zugrunde, der Beschwerdeführer sei am 23. März 2002 in einem bestimmten Ausmaß alkoholisiert gewesen. Die belangte Behörde hat sich auch nicht darauf berufen, sie könne auf Grund der erfolgten Bestrafung von der Alkoholisierung des Beschwerdeführers ausgehen. Sie hat ihre Bindung nur in Ansehung jener Übertretungen angenommen, derentwegen der Beschwerdeführer rechtskräftig bestraft worden ist. Die belangte Behörde hat im Rahmen der Wertung gemäß § 7 Abs. 4 FSG und im Zusammenhang mit der auf Grund der Wertungskriterien nach dieser Gesetzesstelle zu erstellenden Prognose über den Zeitpunkt der Wiedererlangung der Verkehrszuverlässigkeit mit Recht die besondere Verwerflichkeit der Verweigerung der Atemluftuntersuchung betont. Nicht nur aus der gleichen gesetzlichen Strafdrohung des § 99 Abs. 1 StVO 1960 für alle in den lit. a bis c genannten Übertretungen, sondern auch aus dem FSG (insbesondere § 24 Abs. 3 zweiter und vierter Satz und § 26 Abs. 2) ergibt sich, dass Übertretungen nach § 99 Abs. 1 lit. b StVO 1960, auf Grund welcher die Feststellung des Grades der Alkoholisierung wegen der rechtswidrigen Weigerung des Lenkers nicht möglich war, nicht weniger verwerflich sind als das Lenken von Kraftfahrzeugen in einem durch Alkohol (im Ausmaß des § 99 Abs. 1 lit. a StVO 1960) beeinträchtigten Zustand. Die Erbringung eines einwandfreien Nachweises, nicht durch Alkohol beeinträchtigt gewesen zu sein, wird vom Beschwerdeführer nicht behauptet. Nur ein solcher Nachweis hätte aber im gegebenen Zusammenhang im Rahmen der Wertung zum Schluss führen können, beim Beschwerdeführer liege keine Sinnesart im Sinne des § 7 Abs. 1 Z. 1 FSG vor (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 20. September 2001, Zl. 2001/11/0197, mwN).

Das Vorbringen des Beschwerdeführers, er habe gegen den Bescheid des unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 12. Dezember 2002 gleichzeitig Beschwerde erhoben, ändert nichts an der Bindung der belangten Behörde an die rechtskräftige Bestrafung des Beschwerdeführers. Sollte sich nachträglich (als Folge einer allfälligen Aufhebung dieses Strafbescheides) herausstellen, dass der Beschwerdeführer die strafbaren Handlungen nicht begangen hat, könnte dies nur in einem Wiederaufnahmeverfahren Beachtung finden (siehe dazu das hg. Erkenntnis vom 28. Mai 2002, Zl. 2002/11/0074, mwN).

Da nach dem Gesagten bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 25. Februar 2003

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2003:2003110029.X00

Im RIS seit

05.05.2003
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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