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90/01 Straßenverkehrsordnung;Norm
FSG 1997 §24 Abs4;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Graf, Dr. Gall, Dr. Pallitsch und Dr. Schick als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Runge, über die Beschwerde des W in H, vertreten durch Estermann & Partner KEG in 5230 Mattighofen, Stadtplatz 6, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Salzburg vom 7. Mai 2001, Zl. 5/04-14/1506/21-2001, betreffend Entziehung der Lenkberechtigung und Verbot des Lenkens eines vierrädrigen Leichtkraftfahrzeuges, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Zur Vorgeschichte wird auf das hg. Erkenntnis vom 20. Februar 2001, Zl. 2000/11/0157, verwiesen. Mit diesem Erkenntnis wurde die Beschwerde des nunmehrigen Beschwerdeführers gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Salzburg vom 12. April 2000 abgewiesen, mit welchem die Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung vom 14. September 1999, in dem der Beschwerdeführer u.a. gemäß § 26 Abs. 8 des Führerscheingesetzes (FSG) zur Beibringung eines amtsärztlichen Gutachtens verhalten wurde, abgewiesen worden war.
Mit Bescheid vom 27. März 2001 entzog die Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung dem Beschwerdeführer gemäß § 26 Abs. 5, § 28 und § 29 Abs. 3 FSG die Lenkberechtigung für Kraftfahrzeuge im gesamten Berechtigungsumfang, jedenfalls bis zur Beibringung des amtsärztlichen Gutachtens. Gleichzeitig wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 32 FSG das Lenken eines vierrädrigen Leichtkraftfahrzeuges während der Entziehungszeit verboten. Die aufschiebende Wirkung einer allfälligen Berufung wurde gemäß § 64 Abs. 2 AVG ausgeschlossen.
Der dagegen erhobenen Berufung gab der Landeshauptmann von Salzburg mit Bescheid vom 7. Mai 2001 gemäß § 26 Abs. 5 und § 29 Abs. 3 FSG keine Folge. In der Begründung führte der Landeshauptmann von Salzburg aus, der Beschwerdeführer sei mit dem nunmehr rechtskräftigen Bescheid vom 14. September 1999 aufgefordert worden, das in Rede stehende Gutachten vorzulegen, er sei dieser Aufforderung jedoch nicht nachgekommen. Der Verwaltungsgerichtshof habe in seinem Erkenntnis vom 20. Februar 2001, Zl. 2000/11/0157, ausgeführt, dass die Anordnung der Beibringung eines amtsärztlichen Gutachtens im § 26 Abs. 8 FSG für die dort genannten Entziehungsfälle zwingend vorgesehen sei, sodass sich auch der diesbezügliche Ausspruch der belangten Behörde als rechtmäßig erweise. Bei Nichtbefolgung dieser Anordnung innerhalb von vier Monaten ab Rechtskraft der Anordnung habe die Führerscheinbehörde die Lenkberechtigung gemäß § 26 Abs. 5 FSG bis zur Beibringung des Gutachtens zu entziehen. Darin, dass die Behörde im Hinblick auf die Anfechtung des seinerzeitigen Berufungsbescheides vom 12. April 2000 sowohl beim Verfassungsgerichtshof als auch beim Verwaltungsgerichtshof mit der bescheidmäßigen Verfügung der Entziehung der Lenkberechtigung im Sinne des § 26 Abs. 5 FSG zugewartet habe, könne keine Rechtswidrigkeit erblickt werden. Wenn diese Entziehungsmaßnahme unmittelbar nach Bekanntwerden der zitierten Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes gesetzt worden sei, so diene dies nur der Rechtssicherheit. Die Behörde habe nicht ihr Recht auf Setzung diese Maßnahme verwirkt, wenn der Beschwerdeführer weiterhin untätig geblieben sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:
1. Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen des FSG lauten (auszugsweise):
"§ 24. (1) Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs. 1 Z. 2 bis 4) nicht mehr gegeben sind, ist von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit
1. die Lenkberechtigung zu entziehen ...
...
(4) Vor der Entziehung oder Einschränkung der Gültigkeit der Lenkberechtigung wegen mangelnder gesundheitlicher Eignung ist ein von einem Amtsarzt erstelltes Gutachten gemäß § 8 ... einzuholen.
...
§ 26.
...
(2) Wird beim Lenken eines Kraftfahrzeuges erstmalig eine Übertretung gemäß § 99 Abs. 1 StVO 1960 begangen, so ist die Lenkberechtigung für die Dauer von mindestens vier Monaten zu entziehen.
...
(5) Leistet der Besitzer einer Lenkberechtigung einem rechtskräftigen Bescheid mit der Aufforderung, die Gutachten gemäß § 24 Abs. 4 beizubringen, innerhalb von vier Monaten nach Zustellung des Bescheides keine Folge, so ist ihm die Lenkberechtigung jedenfalls bis zur Beibringung der Gutachten zu entziehen.
...
(8) Bei einer Entziehung nach Abs. 1 Z 3 oder Abs. 2 hat die Behörde begleitende Maßnahmen gemäß § 24 Abs. 3 anzuordnen, bei einer Entziehung gemäß Abs. 2 zusätzlich die Beibringung eines von einem Amtsarzt erstellten Gutachtens über die gesundheitliche Eignung gemäß § 8.
...
§ 32. (1) Personen, die ... nicht gesundheitlich geeignet sind, ein Motorfahrrad, ein vierrädriges Leichtkraftfahrzeug oder ein Invalidenkraftfahrzeug zu lenken, hat die Behörde unter Anwendung der §§ 24 Abs. 4, 25 Abs. 1, 26 und 29 Abs. 1 bis 3 entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit das Lenken eines derartigen Kraftfahrzeuges
1. ausdrücklich zu verbieten,
..."
2.1. Unstrittig ist, dass der Beschwerdeführer der Anordnung gemäß § 26 Abs. 8 FSG zur Beibringung eines von einem Amtsarzt erstellten Gutachtens über die gesundheitliche Eignung gemäß § 8 FSG nicht nachgekommen ist.
2.2.1. Der Beschwerdeführer vertritt zunächst die Ansicht, die von der belangten Behörde herangezogene Bestimmung des § 26 Abs. 5 FSG bilde keine taugliche Rechtsgrundlage für die Entziehung seiner Lenkberechtigung, weil er gar nicht verpflichtet worden sei, "ein Gutachten gem. § 24 Abs. 4" beizubringen. Dieses Vorbringen zeigt jedoch keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheids auf.
Aus § 26 Abs. 8 FSG folgt, dass die Behörde bei einer Entziehung gemäß § 26 Abs. 2 FSG zwingend die Beibringung eines von einem Amtsarzt erstellten Gutachtens über die gesundheitliche Eignung gemäß § 8 FSG anzuordnen hat. Damit bringt der Gesetzgeber zum Ausdruck, dass bei einer Entziehung gemäß § 26 Abs. 2 FSG (Verkehrsunzuverlässigkeit wegen einer Übertretung gemäß § 99 Abs. 1 StVO 1960) jedenfalls auch (vorläufig) Bedenken gegen die gesundheitliche Eignung des von der Entziehung Betroffenen zum Lenken von Kraftfahrzeugen bestehen. Die Führerscheinbehörde ist demnach verpflichtet, ein entsprechendes Ermittlungsverfahren einzuleiten und gegebenenfalls die Lenkberechtigung wegen mangelnder gesundheitlicher Eignung zu entziehen. Es ist nicht ersichtlich, weshalb es sich bei einem amtsärztlichen Gutachten, wie es § 26 Abs. 8 FSG erwähnt, nicht um ein von einem Amtsarzt erstelltes Gutachten im Sinne des § 24 Abs. 4 FSG handeln sollte. Dass an die Nichtbefolgung einer - zwingend zu treffenden - Anordnung gemäß § 26 Abs. 8 FSG andere Rechtsfolgen geknüpft sein sollten als an die Nichtbefolgung einer Aufforderung wegen begründeter Bedenken gegen die gesundheitliche Eignung gemäß § 24 Abs. 4 FSG, kann dem Gesetzgeber bei Auslegung des § 26 Abs. 5 FSG nicht unterstellt werden. Im Übrigen hat der Verwaltungsgerichtshof im eingangs zitierten Erkenntnis vom 20. Februar 2001, Zl. 2000/11/0157, bereits ausgesprochen, dass die Führerscheinbehörde bei Nichtbefolgung der im § 26 Abs. 8 FSG vorgesehenen Anordnung (Beibringung eines amtsärztlichen Gutachtens gemäß § 8 FSG innerhalb von vier Monaten ab Rechtskraft der Anordnung) die Lenkberechtigung gemäß § 26 Abs. 5 FSG bis zur Beibringung des Gutachtens zu entziehen hat.
2.2.2. Wenn der Beschwerdeführer weiters vorbringt, er habe seit Wiederausfolgung seines gemäß § 26 Abs. 2 FSG entzogenen Führerscheines am 17. September 1999 seit mehr als 18 Monaten wieder aktiv am Straßenverkehr teilgenommen und dabei unter Beweis gestellt, dass er gesundheitlich zum Lenken von Kraftfahrzeugen geeignet sei, so verkennt er die Rechtsnatur einer auf § 26 Abs. 5 FSG gestützten Entziehung der Lenkberechtigung. Liegt ein rechtskräftiger Aufforderungsbescheid gemäß § 26 Abs. 5 FSG vor, liegt es am Besitzer der Lenkberechtigung, u.a. durch Beibringung der für die Erstellung des amtsärztlichen Gutachtens benötigten fachärztlichen Befunde die Erstellung eines amtsärztlichen Gutachtens innerhalb der in dieser Gesetzesstelle genannten Frist von vier Monaten zu ermöglichen, will er nicht Gefahr laufen, dass ihm die Lenkberechtigung nach dieser Gesetzesstelle bis zur Beibringung des Gutachtens entzogen wird (vgl. das hg. Erkenntnis vom 23. April 2002, Zl. 2001/11/0259). Vor einer solchen Entziehung der Lenkberechtigung ist lediglich zu prüfen, ob ein Aufforderungsbescheid in Rechtskraft erwachsen ist und bis zum Ablauf der im § 26 Abs. 5 FSG genannten Frist von vier Monaten oder zumindest bis zur Erlassung des erstinstanzlichen Entziehungsbescheides befolgt wurde oder nicht. Für eine Auseinandersetzung mit der gesundheitlichen Eignung der betreffenden Person ist in einem solchen Verfahren, das darauf abzielt, die Vorlage der aufgetragenen Gutachten sicherzustellen, kein Raum (vgl. das zur insofern vergleichbaren Rechtslage nach § 75 Abs. 2 KFG 1967 ergangene hg. Erkenntnis vom 28. Juni 1994, Zl. 94/11/0157).
2.3. Soweit sich der Beschwerdeführer schließlich gegen das Verbot des Lenkens eines vierrädrigen Leichtkraftfahrzeuges wendet, ist ihm zu entgegnen, dass § 32 Abs. 1 FSG auch auf § 26 FSG, und zwar zur Gänze, verweist. Auf der Grundlage der bisherigen Darlegungen kann der belangten Behörde keine Verkennung der Rechtslage vorgeworfen werden, wenn sie dem Beschwerdeführer das Lenken eines vierrädrigen Leichtkraftfahrzeuges bis zur Beibringung des ärztlichen Gutachtens verboten hat.
2.4. Vor dem Hintergrund des Beschwerdefalles sieht sich der Verwaltungsgerichtshof schon im Hinblick auf seine ständige Rechtsprechung zur Natur der Entziehung der Lenkberechtigung (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. März 2001, Zl. 99/11/0074) nicht zu einem vom Beschwerdeführer angeregten Vorgehen nach Art. 234 EGV veranlasst.
2.5. Aus diesen Erwägungen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Von der Durchführung einer Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.
3. Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2001, BGBl. II Nr. 501/2001.
4. Bei diesem Ergebnis erübrigt sich ein Abspruch über den Antrag, der Verwaltungsgerichtshof wolle der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuerkennen.
Wien, am 25. Februar 2003
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2003:2001110179.X00Im RIS seit
29.04.2003