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E000 EU- Recht allgemein;Norm
11997E049 EG Art49;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Höfinger, Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler und Dr. Zens als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hackl, über die Beschwerde der P Gesellschaft m.b.H. in Salzburg, vertreten durch Schönherr Rechtsanwälte OEG in 1014 Wien, Tuchlauben 17, gegen den Bescheid des Bundeskanzlers vom 22. Jänner 2002, Zl. 180.318/209-I/8/2001, betreffend Beitrag nach § 1 Abs. 1 Z 3 Kunstförderungsbeitragsgesetz für das 1. Quartal 2001, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund (Bundeskanzleramt) Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1.1. Mit Mandatsbescheid vom 18. Juni 2001 setzte der Künstler-Sozialversicherungsfonds gemäß § 1 Abs. 1 Z 3 iVm § 3 Kunstförderungsbeitragsgesetz 1981 für das 1. Quartal 2001 den Kunstförderungsbeitrag mit insgesamt S 222.840,00 fest.
Die Beschwerdeführerin erhob Vorstellung.
1.2. Mit Bescheid vom 16. Juli 2001 gab der Künstler-Sozialversicherungsfonds der Vorstellung keine Folge und bestätigte den angefochtenen Mandatsbescheid. Die Beschwerdeführerin erhob gegen diesen Bescheid Berufung.
1.3. Mit Bescheid vom 22. Jänner 2002 wies die belangte Behörde die Berufung der Beschwerdeführerin als unbegründet ab. Begründend führte die belangte Behörde aus, dass das Kunstförderungsbeitragsgesetz 1981 in der im 1. Quartal 2001 geltenden Fassung zur Anwendung zu kommen habe, da nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Behörde das im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides geltende Recht anzuwenden habe. Der Entscheidung der Berufungsbehörde sei somit das Kunstförderungsbeitragsgesetz 1981 in der Fassung BGBl. I Nr. 132/2000 zu Grunde zu legen gewesen. Demnach sei gemäß § 1 Abs. 1 Z 3 eine Abgabe von S 120,-- pro Gerät vorzuschreiben gewesen. Nach der Verordnung (EG) Nr. 2866/98 über die Umrechnungskurse zwischen dem Euro und den Währungen der Mitgliedstaaten, die den Euro einführen, Amtsblatt Nr. L 359 vom 31. Dezember 1998, S. 1 - 2, entspreche dies einem Betrag von EUR 8,72 pro Gerät. Nach Wiedergabe der Rechtsgrundlagen im Kunstförderungsbeitragsgesetz 1981 wird die Berechnung der Abgabe unter Zugrundelegung einer Anzahl von 1.857 im Abgabenzeitraum in Verkehr gebrachten Geräten dargestellt. Zum Berufungsvorbringen der Beschwerdeführerin wird sodann ausgeführt, dass die Behörden an gehörig kundgemachte Gesetze gebunden seien. Der Bundeskanzler sei als Behörde im Hinblick auf Art. 18 B-VG uneingeschränkt an den Inhalt der Gesetze gebunden. Die Prüfung von verfassungs- und gemeinschaftsrechtlichen Bedenken falle nicht in die Zuständigkeit des Bundeskanzlers. Zum Vorbringen in der Berufung betreffend Verfahrensmängel wird ausgeführt, dass die Behörde erster Instanz ausschließlich auf Grund der Angaben der Beschwerdeführerin entschieden habe. Es sei daher kein weiteres Parteiengehör einzuräumen gewesen. Selbst wenn Parteiengehör einzuräumen gewesen wäre, werde die Verletzung dieses Rechts dadurch saniert, dass die Partei die Möglichkeit gehabt habe, das ihr im erstinstanzlichen Bescheid zur Kenntnis gebrachte Ergebnis des Ermittlungsverfahrens mit Berufung zu bekämpfen (Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 18. November 1993, Zl. 93/09/0378, u.a.). Die Beschwerdeführerin habe jedoch zu dem der erstinstanzlichen Entscheidung zu Grunde gelegten Sachverhalt keine Stellungnahme abgegeben. Im Berufungsverfahren habe die Beschwerdeführerin Gelegenheit zur Stellungnahme im Rahmen des Parteiengehörs gehabt. In der in diesem Zusammenhang abgegebenen Stellungnahme habe die Beschwerdeführerin lediglich ihre Argumente hinsichtlich der Verfassungs- und Gemeinschaftswidrigkeit der Regelungen des § 1 Abs. 1 Z 3 und § 3 des Kunstförderungsbeitragsgesetzes 1981 in der Fassung BGBl. I Nr. 132/2000 wiederholt. Da somit keine neuen Gesichtspunkte im Berufungsverfahren vorgebracht worden seien, sei spruchgemäß zu entscheiden gewesen.
1.4. Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin zunächst Beschwerde vor dem Verfassungsgerichtshof. Mit Beschluss vom 13. März 2002, B 231/02-3 und Folgezahlen, lehnte der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der Beschwerde ab. Mit weiterem Beschluss vom 11. April 2002, B 231/02-5 und Folgezahlen, wurde die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.
1.5. In der ergänzten Beschwerde erachtet sich die Beschwerdeführerin im einfachgesetzlich gewährleisteten Recht auf Anwendung der geltenden Rechtslage und insbesondere im Recht, nicht durch Vorschreibung einer gemeinschaftsrechtswidrigen Abgabe belastet zu werden, verletzt.
1.6. Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift mit dem Antrag erstattet, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
2.0. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
2.1. Im Beschwerdefall wurde eine Abgabe gemäß § 1 Abs. 1 Z 3 Kunstförderungsbeitragsgesetz 1981 - KFBG 1981 - idF BGBl. I Nr. 132/2000 vorgeschrieben.
§ 1 Abs. 1 Z 3 KFBG 1981 idF BGBl. I Nr. 132/2000 lautete:
"(1) Nach diesem Gesetz sind folgende Abgaben zu entrichten:
...
3. von demjenigen, der als erster im Inland gewerbsmäßig entgeltlich durch Verkauf oder Vermietung Geräte, die zum Empfang von Rundfunksendungen über Satellit bestimmt sind (Satellitenreceiver, -decoder), in den Verkehr bringt, eine einmalige Abgabe von 120 S je Gerät. Ausgenommen sind jene Geräte (Decoder), die ausschließlich zum Empfang von Weitersendungen von Rundfunkprogrammen geeignet sind."
Mit dem 1. Euro-Umstellungsgesetz-Bund, BGBl. I Nr. 98/2001, wurde der Betrag von S 120,-- durch den Betrag von EUR 8,72 ersetzt.
Der vorliegende Beschwerdefall gleicht hinsichtlich des Sachverhalts und der maßgeblichen Rechtsfragen überwiegend demjenigen, den der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 20. Jänner 2003, Zl. 2002/17/0079, entschieden hat. Der wesentliche Unterschied der Beschwerdefälle liegt darin, dass das genannte Erkenntnis vom 20. Jänner 2003 die Vorschreibung einer Abgabe gemäß § 1 Abs. 1 Z 2 KFBG 1981 (einem Kabelrundfunkbetreiber gegenüber) betraf, wohingegen im vorliegenden Beschwerdefall eine Abgabe gemäß § 1 Abs. 1 Z 3 KFBG 1981 für das Inverkehrbringen von Satellitenempfangsanlagen vorgeschrieben wurde.
2.2. Soweit die maßgeblichen Rechtsfragen für die Vorschreibung der Abgabe gemäß § 1 Abs. 1 Z 2 und § 1 Abs. 1 Z 3 KFBG 1981 gleich sind, kann gemäß § 43 Abs. 2 VwGG und unter Bezugnahme auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, auf das Erkenntnis vom 20. Jänner 2003, Zl. 2002/17/0079, verwiesen werden.
2.3. Dies gilt zunächst insbesondere für die im Beschwerdefall anzuwendende Rechtslage. Die vorliegende Abgabenvorschreibung betrifft das 1. Quartal des Jahres 2001. Insoweit ist ein gleicher Sachverhalt gegeben wie in dem genannten Erkenntnis zur Zl. 2002/17/0079. Der Umstand, dass im vorliegenden Beschwerdefall der Berufungsbescheid erst im Jahr 2002 erging, stellt dabei keinen relevanten Unterschied dar. Nach dem Grundsatz der Zeitbezogenheit von Abgabenansprüchen ist die Vorschreibung von Abgaben grundsätzlich auf Grund jener Rechtslage vorzunehmen, die zum Zeitpunkt der Verwirklichung des Abgabenanspruches gegolten hat. Dies ist im Beschwerdefall die im Jahre 2001 geltende Rechtslage (die hier relevanten Bestimmungen der §§ 1 und 3 KFBG sind in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 132/2000 mit 1. Jänner 2001 in Kraft getreten und daher auf die gegenständliche Abgabenvorschreibung anzuwenden).
2.4. Soweit in der Beschwerde Gemeinschaftsrechtswidrigkeit der angewendeten Rechtsgrundlagen geltend gemacht wird, hat der Verwaltungsgerichtshof seiner Entscheidung folgende Erwägungen zu Grunde gelegt:
Zunächst ist zur Klarstellung darauf hinzuweisen, dass entgegen der Auffassung der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid eine nationale Behörde nicht gemäß Art. 18 B-VG an gehörig kundgemachte Gesetze derart gebunden ist, dass die Behörde die Übereinstimmung des Gesetzes mit dem Gemeinschaftsrecht nicht zu prüfen bräuchte. Im Hinblick auf die Grundsätze des Vorranges und der unmittelbaren Anwendbarkeit von Gemeinschaftsrecht sind auch die Verwaltungsbehörden gehalten zu prüfen, ob der Anwendung nationaler Gesetze oder Verordnungen unmittelbar anwendbares Gemeinschaftsrecht entgegensteht (vgl. z.B. die hg. Erkenntnisse vom 23. Oktober 1995, Zl. 95/10/0108, Slg. 14.349/A, vom 21. Juni 1999, Zl. 97/17/0501, 0502 und 0503, oder vom 20. November 2002, Zl. 2001/17/0180).
Soweit sich die Beschwerdeführerin darauf beruft, die im Beschwerdefall angewendeten gesetzlichen Bestimmungen hinsichtlich des Kunstförderungsbeitrages verstießen gegen die Freiheit des Dienstleistungsverkehrs, und dazu auf das Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften vom 29. November 2001, Rs C-17/00, "De Coster", Slg. 2001 Seite I-09445, verweist, ist auf das genannte hg. Erkenntnis vom 20. Jänner 2003, Zl. 2002/17/0079, hinzuweisen. Wie dort mit näherer Begründung dargelegt wurde, bestehen im Hinblick auf den gemäß § 1 Abs. 1 Z 1 KFBG 1981 von den Inhabern einer Empfangsberechtigung für Radio-Empfangseinrichtungen zu entrichtenden Beitrag (Kunstförderungsbeitrag) von monatlich S 6,60 auch im Lichte des von der Beschwerdeführerin zitierten Urteiles des EuGH vom 29. November 2001, Rs C-17/00, De Coster, keine gemeinschaftsrechtlichen Bedenken gegen die im Beschwerdefall angewendeten abgabenrechtlichen Grundlagen. Die Ausführungen im zitierten Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes greifen (wie sogleich zu zeigen ist: umso eher) auch für die Vorschreibung der hier in Rede stehenden Abgabe für das Inverkehrbringen von Geräten zum Satellitenempfang.
Soweit in der Beschwerde nämlich geltend gemacht wird, dass die durch § 1 Abs. 1 Z 2 KFBG 1981 vorgesehene Abgabenbelastung der gewerblichen Betreiber von Kabelrundfunkanlagen einerseits mit jener der Inverkehrbringer von Satellitenempfangsanlagen nach § 1 Abs. 1 Z 3 KFBG 1981 andererseits nicht "vergleichbar" sei, ist Folgendes auszuführen:
In der Beschwerde wird darzustellen versucht, dass die Belastung der Abgabepflichtigen nach § 1 Abs. 1 Z 2 KFBG 1981 größer sei als die Belastung der Abgabepflichtigen nach § 1 Abs. 1 Z 3 KFBG 1981. Da die Beschwerdeführerin eine Abgabe nach § 1 Abs. 1 Z 3 KFBG 1981 vorgeschrieben erhalten hat, wäre sie auch auf dem Boden der Annahmen der Beschwerde als begünstigt gegenüber den Betreibern von Kabelrundfunkanlagen anzusehen. Es ist daher nicht ersichtlich, worin die Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit (Warenverkehrsfreiheit) der Beschwerdeführerin im Sinne der Ausführungen des EuGH im Urteil in der Rechtssache De Coster im Vergleich zu den Betreibern von Kabelrundfunkanlagen liegen sollte. Eine geringere Abgabenbelastung für das Inverkehrbringen von Satellitenempfangsanlagen als für den Empfang von Fernsehprogrammen über ein Kabelnetz kann den Empfang von Programmen via Satellit nicht beeinträchtigen bzw. hat nicht die vom EuGH im Urteil in der Rechtssache De Coster als Grund für die Annahme der Gemeinschaftsrechtswidrigkeit einer Abgabenvorschrift der dort geprüften Art genannte Auswirkung, dass jemand vom Empfang von Satellitenprogrammen abgehalten werden könnte. Selbst unter der Annahme der behaupteten ungleichen Belastung der Betreiber von Kabelrundfunkanlagen (bzw. ihrer Kunden) auf der einen Seite und der Unternehmer, die Satellitenempfangsanlagen in Verkehr bringen, (bzw. der Käufer dieser Anlagen) auf der anderen Seite, bestünden sohin keine Bedenken im Hinblick auf die Dienstleistungsfreiheit (Warenverkehrsfreiheit) nach dem EG-Vertrag.
Dass sich keine Bedenken im Vergleich zur Belastung der Kunden des Österreichischen Rundfunks mit dem Kunstförderungsbeitrag nach § 1 Abs. 1 Z 1 KFBG ergeben, wurde bereits in dem mehrfach genannten Erkenntnis vom 20. Jänner 2003 ausgeführt. Auch diesbezüglich, also bezüglich des Belastungsvergleiches der Käufer von Satellitenempfangsanlagen mit Kunden des Österreichischen Rundfunks, gilt im Übrigen, dass sich die relative, auf die Käufer von Satellitenempfangsanlagen überwälzte Abgabenbelastung nach § 1 Abs. 1 Z 3 KFBG im Vergleich zur Belastung der Kunden des Österreichischen Rundfunks nach Z 1 leg. cit. unter Zugrundelegung der Annahmen der Beschwerdeführerin (betreffend eine zehnjährige Nutzungsdauer einer Satellitenempfangsanlage) gegenüber der Belastung unter Zugrundelegung der Annahme der belangten Behörde (über eine durchschnittliche Nutzungsdauer von fünf Jahren) nur noch verringert oder, umgekehrt ausgedrückt, dass die Belastung der Kunden des Österreichischen Rundfunks nach Z 1 in Relation zur Belastung der vom Beitrag nach Z 3 Betroffenen steigt, je länger die Nutzungsdauer der Satellitenempfangsanlagen anzunehmen ist. Auch insofern bestehen sohin keine Bedenken im Hinblick auf die Dienstleistungsfreiheit (Warenverkehrsfreiheit).
Zu dem Einwand, die "neue Verbrauchsteuer des § 1 Abs. 1 Z 3 KFBG" widerspreche dem durch die Richtlinie 92/12/EWG vom 25. Februar 1992 über das allgemeine System, den Besitz, die Beförderung und die Kontrolle verbrauchsteuerpflichtiger Waren (in der Folge: Systemrichtlinie), ist Folgendes auszuführen:
Wie sich aus der dritten Begründungserwägung der Richtlinie ergibt, enthält die Richtlinie zum einen Vorschriften für "verbrauchsteuerpflichtige Waren"; dies sind die in Art. 3 Abs. 1 der Systemrichtlinie genannten Waren, für die die Verbrauchsteuer harmonisiert ist; für diese ist auch geregelt, unter welchen Voraussetzungen "andere indirekte Steuern" auf diese Waren erhoben werden dürfen. Zum anderen regelt die Richtlinie gewisse Grundsätze für Steuern auf andere Waren (die nicht in Art. 3 Abs. 1 der Systemrichtlinie genannt sind). Dabei ist es nicht von Bedeutung, ob es sich bei einer solchen Abgabe um eine Verbrauchsteuer (im gemeinschaftsrechtlichen Sinn) oder eine sonstige indirekte Steuer handelt (vgl. Art. 93 EG, "Verbrauchsabgaben und sonstige indirekte Steuern"). Der Versuch der beschwerdeführenden Partei, aus einer Wortinterpretation etwas für ihren Standpunkt zu gewinnen, schlägt fehl. Wenn in Art. 3 Abs. 3 der Systemrichtlinie von "Steuern" die Rede ist, bedeutet dies gerade keinen Gegensatz zu "Verbrauchsteuern". Auch "Verbrauchsteuern" (oder "Verbrauchsabgaben" im Sinne von Art. 93 EG) sind "Steuern". Auch die systematische Auslegung der Abs. 1 bis 3 des Art. 3 der Systemrichtlinie führt zu keinem anderen Ergebnis: Abs. 1 legt fest, dass "diese Richtlinie" für die dort genannten Waren auf Gemeinschaftsebene Anwendung finde. Abs. 2 regelt, unter welchen Voraussetzungen "andere indirekte Steuern" (mit besonderer Zielsetzung nämlich) auf die in Abs. 1 genannten Waren erhoben werden können. Abs. 3 verwendet nun nicht diesen Begriff der "anderen indirekten Steuern", sondern spricht von "Steuern auf andere als die in Absatz 1 genannten Waren".
Im Übrigen ergibt sich bereits aus der Beschränkung des Anwendungsbereiches der Systemrichtlinie auf die in Art. 3 Abs. 1 genannten Waren, dass Steuern auf andere Waren zulässig sind. Art. 3 Abs. 3 der Systemrichtlinie hat insofern nur klarstellende Funktion (so Wasmeier, Umweltabgaben und Europarecht, 1995, 287).
Es ist kein Anhaltspunkt ersichtlich, dass mit der Erlassung der Systemrichtlinie über die in Art. 3 Abs. 1 dieser Richtlinie genannten Waren hinaus die Kompetenz der Mitgliedstaaten zur Erhebung von Verbrauchsteuern beschränkt werden sollte. Die Systemrichtlinie fügt sich insofern in das gemeinschaftsrechtliche Regime für das Steuerwesen ein, als in Art. 33 der Sechsten Mehrwertsteuer-Richtlinie, 77/388/EWG, die Befugnis der Mitgliedstaaten zur Einführung oder Beibehaltung von Verbrauchsteuern, die nicht den Charakter der Mehrwertsteuer aufweisen, ausdrücklich anerkannt wurde, sofern diese nicht mit Formalitäten beim Grenzübergang verbunden sind. Vor dem Hintergrund dieser Rechtslage hat beispielsweise der EuGH im Urteil vom 13. Juli 1986, Rs C-93/88 und C-94/88, Wisselink, festgestellt, dass die Bestimmungen der Ersten, der Zweiten und der Sechsten Richtlinie der Erhebung einer besonderen Verbrauchsteuer auf Personenkraftwagen, wie sie in den Niederlanden eingehoben wurde, nicht entgegenstehe. Der EuGH hatte sohin offenbar keine Bedenken, dass die Einhebung der Steuer, welche sowohl für inländische als auch eingeführte ausländische Pkw eingehoben wurde, zu unzulässigen Formalitäten geführt hätte.
Art. 3 Abs. 3 der Systemrichtlinie wiederholt die in Art. 33 der 6. Mehrwertsteuer-Richtlinie enthaltene Anordnung und enthält insbesondere auch das Zulässigkeitserfordernis, dass die "Steuern auf andere als die in Absatz 1 genannten Waren" "im Handelsverkehr zwischen Mitgliedstaaten keine mit dem Grenzübertritt verbundenen Formalitäten nach sich ziehen" dürfen. Insofern hat sich die Rechtslage für Waren, die nicht in Art. 3 Abs. 1 der Systemrichtlinie genannt sind, durch die Erlassung der Systemrichtlinie gegenüber der Rechtslage nach Art. 33 der
6. Mehrwertsteuer-Richtlinie nicht geändert. Die Aussage des EuGH im Urteil in der Rechtssache Wisselink betreffend die Zulässigkeit der dort zu prüfenden Verbrauchsteuern hat insofern ihre Gültigkeit behalten (vgl. etwa auch die Zusammenfassung der Rechtslage betreffend das Recht der Mitgliedstaaten, Steuern neben der Mehrwertsteuer einzuheben, in Rdnr. 18 der Schlussanträge von GA Alber in der Rechtssache C-318/96, Spar Österreichische Warenhandels AG).
Es ist deshalb auch unzutreffend, wenn in der Beschwerde (unter verfehlter Berufung auf Leitgeb, ÖStZ 1994, 341) die Auffassung vertreten wird, dass die in der Systemrichtlinie genannten Verfahrensbestimmungen für alle Verbrauchsteuern Gültigkeit hätten. Die zitierte Passage bezieht sich lediglich auf jene Verbrauchsteuern, für welche die Systemrichtlinie gilt (Art. 3 Abs. 1 der Systemrichtlinie; vgl. auch die Formulierung "Neufassungen sämtlicher Verbrauchsteuergesetze" am Beginn des von der Beschwerde zitierten Aufsatzes; die Autorin bezieht sich damit ersichtlich auf die von ihr behandelten Bundesgesetze betreffend die Verbrauchsteuern auf die in Art. 3 Abs. 1 der Systemrichtlinie genannten Waren).
Es kann daher dahingestellt bleiben, ob die vorliegende Abgabe die Merkmale einer Verbrauchsabgabe im gemeinschaftsrechtlichen Sinn aufweist. Selbst wenn dies der Fall wäre, verstieße die Abgabenregelung nicht gegen die Systemrichtlinie.
Soweit schließlich in der Beschwerde im Besonderen für den Handel mit Satellitenempfangsanlagen ausgeführt wird, dass die Aufzeichnungspflichten für Unternehmen, welche als erste im Inland gewerbsmäßig entgeltlich Satellitenempfangsgeräte in Verkehr bringen, die Vorschrift gemeinschaftsrechtsrechtswidrig im Hinblick auf Art. 3 Abs. 3 der Systemrichtlinie mache, ist unter Hinweis auf das zitierte Urteil des EuGH in der Rechtssache Wisselink Folgendes zu entgegnen:
Die von der Beschwerdeführerin angesprochenen Aufzeichnungspflichten stehen nicht im Zusammenhang mit dem Grenzübertritt, sodass die vorliegende Abgabe keine "mit dem Grenzübertritt verbundene Formalitäten" nach sich zieht. Auch dieser Einwand schlägt daher (auch was das Inverkehrbringen von Satellitenempfangsanlagen betrifft) nicht durch.
2.5. Aus diesen Erwägungen ergibt sich, dass die beschwerdeführende Partei durch den angefochtenen Bescheid in ihren Rechten weder wegen der geltend gemachten noch wegen einer vom Verwaltungsgerichtshof aus eigenem aufzugreifenden Rechtswidrigkeit verletzt worden ist.
Die Beschwerde war infolge dessen gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
2.6. Die Entscheidung über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. II Nr. 501/2001.
2.7. Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.
Wien, am 26. Februar 2003
Gerichtsentscheidung
EuGH 62000J0017 De Coster VORABSchlagworte
Gemeinschaftsrecht Anwendungsvorrang, partielle Nichtanwendung von innerstaatlichem Recht EURallg1European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2003:2002170099.X00Im RIS seit
05.05.2003Zuletzt aktualisiert am
19.12.2011