TE Vwgh Erkenntnis 2003/2/26 2000/03/0328

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Veröffentlicht am 26.02.2003
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Index

E000 EU- Recht allgemein;
E1E;
E3L E13206000;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
59/04 EU - EWR;
91/01 Fernmeldewesen;

Norm

11997E230 EG Art230 Abs4;
31990L0387 ONP-RL Einführung Art5a Abs3 idF 31997L0051;
AVG §8;
EURallg;
TKG 1997 §1 Abs2 Z2;
TKG 1997 §1 Abs2 Z4;
TKG 1997 §18 Abs6 idF 2000/I/026;
VwGG §28 Abs1 Z1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Gall, Dr. Bernegger, Dr. Riedinger und Dr. Handstanger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Winter, über die Beschwerde der

U AG in Wien, vertreten durch Dr. Stefan Köck, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Seilergasse 16, gegen den Bescheid der Telekom-Control-Kommission vom 13. September 2000, Zl. G 33/00-17, betreffend Antrag auf Zuerkennung der Parteistellung (mitbeteiligte Partei:

T AG in Wien, vertreten durch Cerha, Hempel & Spiegelfeld, Partnerschaft von Rechtsanwälten in 1010 Wien, Parkring 2), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 934,16 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin ist Inhaberin einer Konzession für das Erbringen des öffentlichen Sprachtelefondienstes mittels eines selbst betriebenen festen Telekommunikationsnetzes.

Mit Schreiben der Mitbeteiligten vom 14. Juni 2000 wurden verschiedene Änderungen der mit Bescheid G 11/99-65 genehmigten "Entgeltbestimmungen und Leistungsbeschreibungen Fernsprechanschluss und ISDN (u.a. eine Absenkung der Entgelte für die Österreichzone in der peak-Zeit in allen Tarifoptionen) angezeigt.

Mit Schreiben vom 12. Juli 2000 beantragte die Beschwerdeführerin die Zuerkennung der Parteistellung in dem bei der belangten Behörde "derzeit anhängigen Verfahren betreffend die Genehmigung neuer Endkundentarife" der Mitbeteiligten "für die Österreich-Zone in der Geschäftszeit". In eventu wurde die Zuerkennung der Stellung als Beteiligte beantragt.

Mit Schreiben vom 12. Juli 2000 hat die Mitbeteiligte die ab 1. Juli 2000 geplante Tarifänderung neuerlich angezeigt und weiters beantragt, die bis zum 31. Dezember befristet genehmigten Entgeltbestimmungen Fernsprechanschluss und ISDN, einschließlich der seit dem Bescheid vom 29. Juni 1999, G 11/99-65, eingeführten genehmigten Änderungen, bis zum 30. September 2001 zu verlängern. Nachdem die belangte Behörde ihre Auffassung mitgeteilt hat, dass sie Beides für genehmigungspflichtig gemäß § 18 Abs. 4 und 6 TKG halte, wurde mit Schreiben vom 31. Juli 2000 von der Mitbeteiligten die Genehmigung von näher umschriebenen Änderungen von Entgelten (u.a. in der Österreichzone) beantragt.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Antrag der Beschwerdeführerin auf Zuerkennung der Parteistellung gemäß § 8 AVG i.V.m. § 18 Abs. 6 TKG abgewiesen (Spruchpunkt 1.). In Spruchpunkt 2. wurde dem Antrag auf Zuerkennung der Beteiligtenstellung gemäß § 8 AVG i.V.m. § 18 Abs. 6 TKG insofern stattgegeben, als es der Beschwerdeführerin freistehe, eine Stellungnahme "zum Verfahren G 33/00" abzugeben.

Diese Entscheidung wurde im Wesentlichen damit begründet, dass gemäß § 8 AVG Partei sei, wer an der Sache vermöge eines Rechtsanspruches oder rechtlichen Interesses beteiligt sei. Ob jemand einen Rechtsanspruch oder ein rechtliches Interesse im Sinne des § 8 AVG habe, richte sich nach den in der jeweiligen Verwaltungssache anzuwendenden materiellen und formellen Rechtsvorschriften. Es finde sich im TKG für ein solches Genehmigungsverfahren keine ausdrückliche Regelung. Aus § 18 Abs. 6 TKG, die als zentrale Schutznorm zu Gunsten der neuen Wettbewerber beurteilt werde, versuche die Beschwerdeführerin ihr rechtliches Interesse abzuleiten. Dem sei entgegenzuhalten, dass der neue Wettbewerber nicht alleiniger Schutzadressat dieser Bestimmung sei, sondern etwa auch der Endverbraucher. Die Gewährleistung kostenorientierter Endkundentarife zum Zwecke der Erreichung eines funktionierenden Wettbewerbes stehe damit allgemein im öffentlichen Interesse, aus dessen Beachtung jedoch kein subjektives Recht abgeleitet werden könne. So stehe gemäß dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 10. Dezember 1991, Zl. 91/04/0279, dem Bewerber einer Konzession kein aus dem Gesetz ableitbares rechtliches Interesse an der Rechtmäßigkeit und Richtigkeit einer Entscheidung in einem Verfahren über das Konzessionsansuchen eines Mitbewerbers zu. Ebenso habe ein solcher Bewerber gemäß der hg. Judikatur (siehe das Erkenntnis vom 25. April 1984, Zl. 82/11/0083) keinen Rechtsanspruch darauf, dass einem anderen keine Genehmigung erteilt werde. Aus der Verpflichtung der Behörde, bei ihrer Entscheidung die Interessen der wirtschaftlich Betroffenen zu berücksichtigen, folge nicht, dass diese Personen schon wegen dieser Verpflichtung der Behörde an der Sache vermöge eines Rechtsanspruchs oder eines rechtlichen Interesses beteiligt seien (so der Verwaltungsgerichtshof in dem zuletzt genannten Erkenntnis).

Der das vorliegende Verfahren abschließende Bescheid habe bloß tatsächliche Reflexwirkungen auf die Position der Beschwerdeführerin. Ihre Interessen seien rein wirtschaftlicher Natur, die jedoch durch keine Rechtsvorschrift zu rechtlichen Interessen erhoben würden und damit keine Parteistellung begründeten. Folgte man der Argumentation der Beschwerdeführerin, wonach der Wettbewerb nicht abstrakt geschützt werden könne, so müsste in jeder wettbewerbsrechtlichen Entscheidung der belangten Behörde sowie der Telekom-Control Ges.m.b.H. sämtlichen Wettbewerbern die Parteistellung eingeräumt werden, was ebenso wenig der Intention des Gesetzgebers entspreche.

Der Ansicht der Beschwerdeführerin, eine Entscheidung der Regulierungsbehörde hätte die Folge, dass bestimmte Rechte gemäß § 1 UWG und § 35 Kartellgesetz nicht mehr durchsetzbar seien, sei entgegenzuhalten, dass gemäß § 32 Abs. 2 TKG die Zuständigkeiten des Kartellgerichts unberührt blieben und auch Klagen gemäß § 1 UWG weiterhin möglich seien. Selbst wenn die Entscheidung der belangten Behörde Auswirkungen auf die Rechte gemäß § 1 UWG und § 35 Kartellgesetz habe, bewirke dies dennoch nicht die Parteistellung der Antragsteller im vorliegenden Verfahren, denn es wären bloße Reflexwirkungen auf andere Rechte der Antragsteller.

Auch die ins Treffen geführten Auswirkungen der Entscheidung über den Tarifantrag auf die angeführten Zusammenschaltungsanordnungen seien bloße Reflexwirkungen, die keine Parteistellung begründeten. Die von der Beschwerdeführerin zitierten EG-rechtlichen Bestimmungen (Anhang II der Richtlinie 90/387/EWG über den offenen Netzzugang (ONP) sowie Art. 17 der Sprachtelefonie-Richtlinie 98/10/EG) sähen jedoch keinerlei Vorgaben für die Parteistellung der Mitbewerber in einem Tarifantragsverfahren vor, sondern lediglich den Grundsatz der Kostenorientierung.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde wird Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht.

Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift erstattet und darauf hingewiesen, dass die Verwaltungsakten aus Anlass der aufschiebenden Wirkung im Beschwerdeverfahren Zl. 2000/03/0360 vorgelegt worden seien.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Die belangte Behörde macht geltend, dass in der Prozesserklärung gemäß § 28 Abs. 1 Z. 1 VwGG ein Bescheid mit der Geschäftszahl G 22/00-17 (und nicht G 33/00-17) angeführt worden sei und dass die Beschwerde schon aus diesem Grund "mangels existierenden Bescheides" zurückzuweisen sei.

Dem kann nicht gefolgt werden. Die Beschwerdeführerin hat zwar in ihrem Einleitungssatz zur Beschwerde die Geschäftszahl des angefochtenen Bescheides vom 13. September 2000 mit G 22/00-17 statt G 33/00-17 angegeben. Der Beschwerde wurde jedoch der Bescheid mit der Geschäftszahl G 33/00-17 angefügt und auch aus den Ausführungen zum Sachverhalt auf Seite 1 ergibt sich, dass die Beschwerdeführerin die Zuerkennung der Parteistellung im anhängigen Verfahren der Mitbeteiligten zu G 33/00 beantragt hatte. Da der vorliegenden Beschwerde der angefochtene Bescheid angeschlossen war, kommt dem angeführten Schreibfehler im Zusammenhang mit der Bezeichnung des dem angefochtenen Bescheid zu Grunde liegenden Verfahrens in der Beschwerde selbst keine ausschlaggebende Bedeutung zu (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis vom 30. April 1998, Zl. 93/06/0067).

2. Nach Auffassung der Beschwerdeführerin ergebe sich ihr rechtliches Interesse am Genehmigungsverfahren unmittelbar aus § 18 Abs. 6 TKG und aus der dieser Bestimmung zu Grunde liegenden EU-rechtlichen Verpflichtung marktbeherrschender Unternehmen zur Kostenorientierung (die Beschwerdeführerin verweist auf die ONP-Rahmenrichtlinie 90/387/EWG sowie Art. 17 der Sprachtelefonierichtlinie 98/10/EG). § 18 Abs. 6 TKG stelle eine zentrale Schutznorm zu Gunsten der neuen Wettbewerber dar. Art. 2 Z. 8 i.V.m. "dem Anhang, Z. 3" (offenbar gemeint: Z. 3 des Anhanges I) der ONP-Rahmenrichtlinie (90/387/EWG) und Art. 17 der Sprachtelefonierichtlinie (98/10/EG) sähen vor, dass die Tarife von Organisationen, die Sprachtelefondienste bereitstellten und über beträchtliche Macht verfügten, dem Grundsatz der Kostenorientierung unterlägen. § 18 Abs. 6 TKG setze diesen Grundsatz in nationales Recht um.

Zweck des § 18 Abs. 6 sei die Sicherstellung eines chancengleichen funktionsfähigen Wettbewerbes auf dem Telekommunikationsmarkt (siehe § 32 Abs. 2 TKG) und die Verhinderung des Missbrauches der marktbeherrschenden Stellung ehemaliger Monopolisten in dem zu liberalisierenden Markt (letzteres sei ein kartellrechtliches Anliegen). Aus der Zusammenschau des wettbewerbsregulierenden und kartellrechtlichen Charakters des Gebotes der Kostenorientierung und des Tarifgenehmigungsverfahrens gemäß § 18 Abs. 6 TKG und den EGrechtlichen Bestimmungen (ONP-Rahmenrichtlinie und Sprachtelefonierichtlinie) ergebe sich, dass das Gebot der Kostenorientierung neben öffentlichen Interessen auch die rechtlichen Interessen der alternativen Netzbetreiber schütze.

§ 18 Abs. 6 TKG sei demnach eine Schutznorm zu Gunsten der Beschwerdeführerin als alternativer Netzbetreiberin. Dies sei nach herrschender Lehre und Judikatur ausreichend, um ein subjektives öffentliches Recht der Beschwerdeführerin zu begründen (es wird auf Raschauer, Allgemeines Verwaltungsrecht, Rz 1143, und Antoniolli/Koja, Allgemeines Verwaltungsrecht3, 298 m.w.N. zur Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, verwiesen).

Dem kann der Verwaltungsgerichtshof nicht beitreten:

Gemäß § 8 AVG ist Partei eines Verwaltungsverfahrens eine Person, "insoweit sie an der Sache vermöge eines Rechtsanspruches oder eines rechtlichen Interesses beteiligt" ist.

Die Frage, wer in einem konkreten Verwaltungsverfahren die Rechtsstellung einer Partei besitzt, kann nicht anhand des AVG allein gelöst werden, sondern muss vielmehr auf Grund der im jeweiligen Fall anzuwendenden Verwaltungsvorschrift beantwortet werden. Der Rechtsanspruch oder das rechtliche Interesse im Sinne des § 8 AVG kann nur aus der Wirksamkeit erschlossen werden, den die den Einzelfall regelnde materiell-rechtliche Norm auf den interessierenden Personenkreis entfaltet, es sei denn, dass der Gesetzgeber die Parteistellung autoritativ bestimmt und damit die Prüfung des Falles auf die Grundsätze des § 8 AVG für das Verwaltungsverfahren entbehrlich gemacht hat (vgl. das hg. Erkenntnis vom 18. April 1994, Slg. Nr. 14.037/A).

Die Parteistellung in einer Verwaltungsangelegenheit bestimmt sich demnach nach dem normativen Gehalt der in der Rechtssache anzuwendenden Vorschriften. Hiefür kommen in der Hauptsache Normen des materiellen Verwaltungsrechtes, aber auch Vorschriften des Verwaltungsverfahrensrechtes in Betracht. Maßgebend ist, dass die Sachentscheidung in die Rechtssphäre des Betreffenden bestimmend eingreift und weiters auch, dass darin eine unmittelbare, nicht bloß abgeleitete und mittelbare Wirkung zum Ausdruck kommt (vgl. das bereits zitierte Erkenntnis vom 18. April 1994).

Ein subjektives öffentliches Recht ist aber auch dann zu bejahen, wenn eine zwingende Vorschrift - und damit eine sich daraus ergebende Rechtspflicht der Verwaltung - nicht allein dem öffentlichen Interesse, sondern (zumindest auch) dem Interesse Einzelner zu dienen bestimmt ist. Auf Grund der Auslegung der in Frage stehenden Normen ist festzustellen, ob eine Rechtsnorm in der Verwaltung zu einem bestimmten Verhalten verpflichtet, und in der Folge ist zu ermitteln, ob diese Norm - zumindest auch - dem Schutz der Interessen einzelner Bürger dient (vgl. Antoniolli/Koja, Allgemeines Verwaltungsrecht3, S 298).

§ 18 Abs. 6 Telekommunikationsgesetz, BGBl. I Nr. 100/1997 in der Fassung BGBl. I Nr. 26/2000 (TKG), lautet:

"(6) Für folgende öffentliche Telekommunikationsdienste bedürfen die Entgelte der Genehmigung durch die Regulierungsbehörde, sofern der Anbieter des Dienstes über eine marktbeherrschende Stellung verfügt:

1.

Sprachtelefondienst über ein festes Netz und

2.

Anbieten von Mietleitungen.

Die Regulierungsbehörde hat über einen Antrag auf Genehmigung innerhalb von acht Wochen zu entscheiden. Erfolgt innerhalb dieser Frist keine Entscheidung der Regulierungsbehörde, so gelten die Entgelte als genehmigt. Der Fristenlauf ist gehemmt, so lange die für die Beurteilung der Kostenorientierung erforderlichen Unterlagen und Nachweise vom Antragsteller nicht beigebracht werden. Die Regulierungsbehörde hat dem Antragsteller innerhalb von drei Wochen nach Einbringung des Antrages mitzuteilen, ob und gegebenenfalls welche zur Beurteilung der Kostenorientierung erforderlichen Unterlagen nachzureichen sind. Verfügt der Anbieter über keine marktbeherrschende Stellung, sind die Entgelte der Regulierungsbehörde rechtzeitig vor Aufnahme des Dienstes anzuzeigen. Ebenso sind die Entgelte für einen Sprachtelefondienst über ein Mobilnetz der Regulierungsbehörde anzuzeigen. Genehmigungspflichtige Entgelte sind unter Bedachtnahme auf die jeweils zu Grunde liegenden Kosten, die zu erfüllenden Aufgaben und die Ertragslage festzulegen. Innerhalb einer Gebührenzone müssen die Entgelte einheitlich sein. Rabattregelungen bleiben davon unberührt. Eine Quersubventionierung zwischen einzelnen Gebührenzonen ist unzulässig."

Bei dieser Bestimmung handelt es sich um eine aufsichtsrechtliche Norm, die im Sinne der Zielsetzungen des Gesetzes gemäß § 1 TKG (insbesondere der Sicherstellung eines chancengleichen und funktionsfähigen Wettbewerbs auf den Märkten der Telekommunikation gemäß Abs. 2 Z. 2 und des Schutzes der Nutzer vor Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung gemäß Abs. 2 Z. 4 TKG) für die Entgelte von marktbeherrschenden Anbietern im Bereich des Sprachtelefondienstes über ein festes Netz und im Bereich des Anbietens von Mietleitungen im Lichte näher angeführter Kriterien eine Genehmigungspflicht vorsieht. Im Rahmen einer aufsichtsrechtlichen Norm handelt die Behörde ausschließlich für die dieser Norm zu Grunde liegenden öffentlichen Interessen (im vorliegenden Fall die angeführten Ziele gemäß § 1 Abs. 2 Z. 2 und 4 TKG). Dass die so genehmigten Entgelte der Mitbeteiligten letztlich für die Endverbraucher bei Inanspruchnahme von Telekommunikationsdiensten zum Tragen kommen und die Höhe der jeweils genehmigten Entgelte der Mitbeteiligten für das Handeln der Beschwerdeführerin auf demselben Telekommunikationsmarkt von Einfluss sein kann, rechtfertigt nicht die Annahme, dass die in § 18 Abs. 6 TKG statuierte Genehmigungspflicht von Entgelten von Anbietern näher angeführter Telekommunikationsdienste mit marktbeherrschender Stellung nicht nur im öffentlichen Interesse, sondern auch in einem rechtlich geschützten Interesse der Wettbewerber liegt. Diese Bestimmung kann weder als eine zum Schutz von Konkurrenten bestimmte Regelung noch als eine auch dem Schutz der Interessen von Konkurrenten dienende Regelung qualifiziert werden. Es steht daher einem Konkurrenten auf dem entsprechenden Telekommunikationsmarkt im Genehmigungsverfahren von Entgeltbestimmungen gemäß § 18 Abs. 6 TKG für ein marktbeherrschendes Telekommunikationsunternehmen kein aus dem Gesetz ableitbares rechtliches Interesse an der Rechtmäßigkeit und Richtigkeit dieser Entscheidung zu.

Wenn die Beschwerdeführerin im Zusammenhalt mit den Regelungen des UWG und § 35 Kartellgesetz aufbauend auf einem von ihr angenommenen, ihr zustehenden Recht auf Einhaltung des Kostenorientierungsgebotes meint, dass sie auf Grund des § 18 Abs. 6 TKG eine Verletzung des EG-rechtlichen und gesetzlichen Gebotes der Kostenorientiertheit der Tarife marktbeherrschender Unternehmen vor den Handelsgerichten bzw. dem Kartellgericht nicht mehr geltend machen könnte, genügt es ihr entgegenzuhalten, dass weder aus § 18 Abs. 6 TKG noch aus anderen Bestimmungen für sie als Konkurrentin ein subjektiv-öffentliches Recht auf Einhaltung des Kostenorientierungsgebotes durch ein anderes marktbeherrschendes Unternehmen abgeleitet werden kann. Es brauchte auf diese Überlegungen in der Beschwerde daher nicht weiter eingegangen zu werden.

Letztlich führt die Beschwerdeführerin für die von ihr behauptete Parteistellung Art. 5a Abs. 3 Richtlinie über den offenen Netzzugang (ONP-Richtlinie) ins Treffen, nach dem einer von einer Entscheidung der nationalen Regulierungsbehörde betroffenen Partei das Recht zu gewähren sei, bei einer unabhängigen Stelle gegen diese Entscheidung Einspruch zu erheben. Diese Richtlinie stelle nicht auf den Parteibegriff ab, wie das AVG, sondern auf die Betroffenheit einer Person durch eine Entscheidung. § 18 Abs. 6 TKG sei richtlinienkonform dahingehend zu interpretieren, dass auch der Beschwerdeführerin als konkurrierender konzessionierter Betreiberin eine Parteistellung zukomme. Nur aus einer solchen Parteistellung könne sich ein Recht auf Erhebung einer Verwaltungsgerichtshofsbeschwerde ergeben, wie dies Art. 5a Abs. 2 der angeführten Richtlinie vorsehe.

Auch dieser Ansicht der Beschwerdeführerin kann nicht gefolgt werden.

Art. 5a Abs. 3 der Richtlinie 90/387/EWG zur Verwirklichung des Binnenmarktes durch Einführung eines offenen Netzzuganges (Open Network Provision - ONP; ONP-Richtlinie) in der Fassung der Richtlinie 97/51/EG zur Änderung u.a. der Richtlinie 90/387/EWG sieht Folgendes vor:

"(3) Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass geeignete Verfahren auf nationaler Ebene bestehen, um einer von einer Entscheidung der nationalen Regulierungsbehörde betroffenen Partei das Recht zu gewähren, bei einer von den betroffenen Parteien unabhängigen Stelle gegen diese Entscheidung Einspruch zu erheben."

Der Begriff der Betroffenheit in Art. 5 lit. a Abs. 3 der angeführten Richtlinie kann nicht anders verstanden werden als der der Betroffenheit in Art. 230 Abs. 4 EG, nach dem jede natürliche oder juristische Person unter den gleichen Voraussetzungen gegen die an sie ergangenen Entscheidungen sowie gegen diejenigen Entscheidungen Klage erheben kann, die, obwohl sie als Verordnung oder als eine an eine andere Person gerichtete Entscheidung ergangen sind, sie unmittelbar und individuell betreffen. Nach der ständigen Rechtsprechung des EuGH (vgl. die in Groeben/Thiesing/Ehlermann (Hrsg.), Kommentar zum EU/EG-Vertrag5, Bd. 4, S. 566, in FN 80 angeführte Judikatur des EuGH) ist derjenige, der nicht Adressat einer Maßnahme ist, nur dann von ihr individuell im Sinne von Art. 230 Abs. 4 EG betroffen, wenn sie ihm wegen bestimmter persönlicher Eigenschaften oder besonderer, ihn aus dem Kreis aller übrigen Personen heraushebender Umstände berührt und ihn dadurch in ähnlicher Weise individualisiert wie den Adressaten (vgl. auch Niedermühlbichler, Verfahren vor dem EuG und EuGH, 1998, S. 65, Rz. 184). In einem Verfahren betreffend die Genehmigung von Entgeltbestimmungen eines marktbeherrschenden Telekommunikationsunternehmens für Endnutzer ist Adressatin und damit jedenfalls betroffene Partei im Sinne der angeführten EGrechtlichen Bestimmungen jenes Telekommunikationsunternehmen, das diese Entgeltbestimmungen zur aufsichtsbehördlichen Genehmigung eingereicht hat. Die Beschwerdeführerin ist nicht Adressatin der im Genehmigungsverfahren gemäß § 18 Abs. 6 TKG gegenüber der Mitbeteiligten ergehenden Entscheidung. Es sind aber auch keine bestimmten persönlichen Eigenschaften der Beschwerdeführerin oder besondere, die Beschwerdeführerin aus dem Kreis aller übrigen Personen heraushebende Umstände ersichtlich, auf Grund derer die Beschwerdeführerin durch diese Entscheidung berührt und sie dadurch in ähnlicher Weise individualisiert wird wie der Adressat. Der Verwaltungsgerichtshof sieht sich daher nicht veranlasst, im Lichte des Art. 5a Abs. 3 der angeführten Richtlinie ein Vorabentscheidungsverfahren beim Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften anzustrengen.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.

Wien, am 26. Februar 2003

Schlagworte

Gemeinschaftsrecht Richtlinie EURallg4 Parteibegriff - Parteienrechte Allgemein diverse Interessen Rechtspersönlichkeit Besondere Rechtsgebiete Diverses Gemeinschaftsrecht Terminologie Definition von Begriffen EURallg8

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2003:2000030328.X00

Im RIS seit

05.05.2003

Zuletzt aktualisiert am

05.10.2008
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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