Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
GütbefG 1995 §17 Abs1 idF 1998/I/017;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Gall und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Winter, über die Beschwerde des U in Imst, vertreten durch Dr. Bernhard Haid, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Universitätsstraße 3, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom 21. November 2001, Zl. uvs- 2001/23/025-3, betreffend Übertretung des Güterbeförderungsgesetzes 1995, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund ist schuldig, dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.088,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer für schuldig erkannt, er habe als gewerberechtlicher Geschäftsführer der Firma U. Güterbeförderungs GmbH & Co KG, welche Inhaberin einer Konzession zur Ausübung der gewerbsmäßigen Beförderung von Gütern mit Kraftfahrzeugen im Fernverkehr sei, zu verantworten, dass ein näher bezeichneter Lenker am 4. Dezember 2000 bis 17.30 Uhr mit einem nach dem Kennzeichen bestimmten Sattelkraftfahrzeug auf der Reschenbundesstraße B 180, bei km 46,7, im Gemeindegebiet von Nauders, Leimbinder von Imst nach Ruvo di Puglia (I), somit über eine Entfernung von mehr als 50 km, transportiert habe, ohne dass für die gegenständliche Ladung ein gültiger Frachtbrief nach den Bestimmungen des § 18 Güterbeförderungsgesetz 1995 im Fahrzeug mitgeführt worden sei. Der Beschwerdeführer habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 17 Abs. 1 in Verbindung mit § 18 und § 23 Abs. 1 Z 6 Güterbeförderungsgesetz 1995 begangen, weshalb über ihn eine Geldstrafe in der Höhe von S 5.000,-- (EUR 363,36), im Uneinbringlichkeitsfalle eine Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von fünf Tagen, verhängt wurde.
Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, der Beschwerdeführer habe in seiner Berufung lediglich ausgeführt, dass dem Güterbeförderungsgesetz nicht zwingend zu entnehmen sei, dass ausschließlich Frachtbriefe des Frachtverbandes verwendet werden dürften und nur diese gültig seien. Des Weiteren sei es ihm nicht möglich, diese Frachtbriefe zu verwenden, weil grundsätzlich die Frachtbriefe von den Absendern bereits ausgefüllt zur Verfügung gestellt würden. Aus all diesen Gründen sei daher das Strafverfahren einzustellen. Der Beschwerdeführer habe in seiner mündlichen Aussage vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat in Tirol angegeben, dass sein Unternehmen die Frachtbriefe selbst drucke. Es würden nicht jene verwendet, die vom Fachverband für das Güterbeförderungsgewerbe vorgegeben seien. Diese bedeute, dass zwar im Dezember 2000 noch Frachtbriefe des Fachverbandes vorrätig gewesen seien, aber diese nicht ausschließlich zum Einsatz gelangt seien. Nach Zitat der maßgeblichen Gesetzesstellen führte die belangte Behörde aus, dass aus der Bestimmung des § 18 Abs. 1 Güterbeförderungsgesetz in der Fassung BGBl. I Nr. 17/1998 sowie der damit verbundenen Novelle, welche am 10. August 2001 in Kraft getreten sei (richtig: kundgemacht und am folgenden Tag in Kraft getreten sei), ersichtlich sei, dass zum Tatzeitpunkt ausschließlich jene Frachtbriefe verwendet werden hätten dürfen, die vom Fachverband für das Güterbeförderungsgewerbe aufgelegt worden seien. Der Beschwerdeführer gestehe selbst zu, dass er zwar diese Frachtbriefe teilweise verwende, aber nebenher auch selbst gedruckte Frachtbriefe ausgegeben habe. Nach der Aussage des Lenkers, der diesen Frachtbrief bei einer Verkehrskontrolle am 4. Dezember 2000 vorgewiesen habe, sei ihm der gegenständliche Frachtbrief von seiner Dienstgeberin zur Verfügung gestellt worden und stamme nicht von dem Unternehmen, bei dem er die zu liefernde Ware übernommen habe. Es sei daher von der Verwirklichung des objektiven Tatbestandes der in Rede stehenden Verwaltungsübertretung auszugehen. Der Unrechtsgehalt der gegenständlichen Verwaltungsübertretung sei erheblich, weil durch die übertretenen Normen insbesondere Vorschriften, die der statistischen Erfassung des Verkehrs und somit der Überwachung des Transitverkehrs dienten, verletzt worden seien. Der Beschwerdeführer habe fahrlässig gehandelt, wobei das Verschulden auf Grund der offensichtlichen Sorglosigkeit nicht nur geringfügig sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, verzichtete auf eine Gegenschrift und beantragte, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
§ 17 Abs. 1 und § 18 Abs. 1 des Güterbeförderungsgesetzes 1995 (GütbefG), BGBl. Nr. 593/1995 in der Fassung BGBl. I Nr. 17/1998, lauteten:
"§ 17. (1) Die Güterbeförderungsunternehmer haben bei Güterbeförderung ab 50 km Entfernung oder über die Grenze für jede Sendung, mindestens jedoch für das auf ein Kraftfahrzeug (einen Kraftwagenzug) verladene Gut, jeweils einen Frachtbrief mitzuführen. ...
§ 18. (1) Die Vordrucke für die Frachtbriefe sind vom Fachverband für das Güterbeförderungsgewerbe laufend nummeriert aufzulegen und über Antrag des Güterbeförderungsunternehmers an diesen oder den von ihm Beauftragten auszufolgen. ..."
In § 17 Abs. 2 leg.cit. ist geregelt, dass der Frachtbrief in fünffacher Ausfertigung auszustellen ist. Je eine Ausfertigung haben unter anderem der Fachverband für das Güterbeförderungsgewerbe "(Kontrolle)" und das Österreichische Statistische Zentralamt "(statistische Erfassung)" zu erhalten. Gemäß § 17 Abs. 3 Z 15 leg.cit. hat der Frachtbrief insbesondere auch "sonstige für die statistischen Erhebungen erforderliche Angaben" zu enthalten.
Gegen den angefochtenen Bescheid bringt der Beschwerdeführer im Wesentlichen vor, weder § 17 Abs. 1 noch § 18 Abs. 1 des GütbefG 1995 würden normieren, dass ausschließlich Frachtbriefe des Fachverbandes zu verwenden seien. § 18 Abs. 1 GütbefG 1995 stelle lediglich einen Auftrag an den Fachverband dar, die Frachtbriefe laufend nummeriert aufzulegen und über Antrag des Güterbeförderungsunternehmers an diesen auszufolgen. Aus dieser Gesetzesbestimmung könne jedoch nicht abgeleitet werden, dass der Unternehmer verpflichtet sei, die Frachtbriefe beim Verband anzufordern, und nicht berechtigt sei, eigene Frachtbriefe zu verwenden. Mit der Novelle zum Güterbeförderungsgesetz BGBl. I Nr. 106/2001 habe der Gesetzgeber nicht eine bestehende Bestimmung abgeändert, wie dies die belangte Behörde zu Unrecht annehme, sondern vielmehr klar und deutlich zum Ausdruck gebracht, dass selbstverständlich auch andere Frachtbriefe als die des Fachverbandes verwendet werden dürften.
Dieses Vorbringen ist jedoch nicht zielführend: Wie sich aus den Erläuternden Bemerkungen zum § 15 Abs. 1 des Güterbeförderungsgesetzes, BGBl. Nr. 63/1952 in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 630/1982, mit dem die dem § 18 Abs. 1 des Güterbeförderungsgesetzes 1995 (Wiederverlautbarung BGBl. Nr. 593/1995) entsprechende Bestimmung eingeführt wurde, zu entnehmen ist, soll durch die fortlaufende Nummerierung der Frachtbriefe deren genaue Kontrolle durch die gesetzliche Interessenvertretung bzw. durch das Österreichische Statistische Zentralamt gewährleistet werden (1242 Blg. NR, XV. GP, 12). Aus den Gesetzesmaterialien erhellt somit, dass nur vom Fachverband für das Güterbeförderungsgewerbe aufgelegte Vordrucke für Frachtbriefe verwendet werden dürfen. Die nach der hier anzuwendenden Rechtslage erforderliche fortlaufende Nummerierung aller Frachtbriefe wäre nämlich nicht sichergestellt, würde jeder Güterbeförderungsunternehmer nur seine selbst hergestellten, nicht fortlaufend nummerierten Frachtbriefe verwenden. Insoweit sich der Beschwerdeführer auf Bestimmungen der Novelle des Güterbeförderungsgesetzes 1995 in BGBl. I Nr. 106/2001 bezieht, lässt dies für seinen Standpunkt nichts gewinnen, weil diese erst am 11. August 2001, somit nach Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides, welcher dem Beschwerdeführer am 10. Juli 2001 zugestellt wurde, in Kraft getreten ist.
Bezüglich seines Vorbringens, dass österreichische Transportunternehmer gegenüber ausländischen Transportunternehmern aus dem EU-Raum schlechter gestellt seien, da diese nicht gezwungen wären, für jeden Frachtbrief S 7,-- zu bezahlen, ist dem Beschwerdeführer entgegenzuhalten, dass §§ 17 Abs. 1 und 18 Abs. 1 Güterbeförderungsgesetz 1995 nicht zwischen österreichischen und ausländischen Transportunternehmen unterscheiden, weshalb nicht zu erkennen ist, worin die Schlechterstellung bestehen soll.
Dennoch ist der Beschwerde Erfolg beschieden: Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer als "gewerberechtlicher Geschäftsführer" bestraft. Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits in einem vergleichbaren Fall in seinem Erkenntnis vom 30. Jänner 2002, Zl. 2001/03/0283, auf welches gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, ausgesprochen hat, hat Übertretungen nach § 17 Abs. 1 des Güterbeförderungsgesetzes 1995 - unbeschadet der Regel des § 9 Abs. 2 VStG - der "handelsrechtliche" Geschäftsführer zu verantworten, die Verantwortlichkeit des "gewerberechtlichen" Geschäftsführers kommt hier nicht in Betracht.
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001, im Rahmen des gestellten Begehrens.
Wien, am 26. Februar 2003
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2003:2002030022.X00Im RIS seit
05.05.2003