TE Vwgh Beschluss 2003/2/26 2003/17/0022

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 26.02.2003
beobachten
merken

Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
14/03 Abgabenverwaltungsorganisation;
32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;
35/02 Zollgesetz;

Norm

AbgRmRefG 2003 Art2 Z66;
AbgRmRefG 2003 Art3;
BAO §260;
BAO §292;
BAO §323 Abs11 idF 2002/I/097;
B-VG Art131 Abs2;
VwGG §34 Abs1;
ZollRDG 1994 §120 Abs1h idF 2002/I/097;
ZollRDG 1994 §85c Abs1 idF 1998/I/013;
ZollRDG 1994 §85c Abs1 idF 2002/I/097;
ZollRDG 1994 §85c Abs4 idF 1998/I/013;
ZollRDG 1994 §85c Abs7 idF 2002/I/097;
ZollRDG 1994 §85c Abs8 idF 2002/I/097;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 2003/17/0086

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Höfinger, Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler und Dr. Zens als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hackl, über die Beschwerde des Präsidenten der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich in Linz gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland (Berufungssenat I der Region Wien) vom 28. November 2002, Zl. ZRV/3-W I/02, betreffend Alkoholsteuer (mitbeteiligte Partei: I H als Inhaberin der S-Apotheke in X.), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Begründung

1.0. Aus der Beschwerde und dem mit ihr vorgelegten Verwaltungsakt ergibt sich folgender Sachverhalt:

1.1. Das Hauptzollamt Linz verhielt mit Bescheid vom 26. Juli 2001 die im verwaltungsgerichtlichen Verfahren mitbeteiligte Partei zur Entrichtung einer Alkoholsteuer von (insgesamt) S 6.311,-- (EUR 458,64). Anlässlich der vom Hauptzollamt Linz am 13. Juli 2001 durchgeführten Bestandsaufnahme sei festgestellt worden, dass in der in X. errichteten Filiale T-Straße ab November 1996 unvergällter steuerfrei bezogener Alkohol durch die Mitbeteiligte mit "Standort" in X., H-Straße, bestimmungswidrig gemäß § 11 Abs. 4 Alkohol - Steuer und Monopolgesetz 1995, BGBl. Nr. 703/1994 in der geltenden Fassung, (im Folgenden: AlkStMG) sowie § 11 Abs. 4 Alkoholsteuergesetz 1995, BGBl. Nr. 703/1994 in der geltenden Fassung, (im Folgenden: AlkStG) verwendet worden sei.

Die Mitbeteiligte erhob Berufung.

1.2. Das Hauptzollamt Linz wies die Berufung mit Berufungsvorentscheidung vom 18. September 2001 als unbegründet ab.

Gegen diese erhob die Mitbeteiligte eine (Administrativ-)Beschwerde an die belangte Behörde.

1.3. Mit Bescheid vom 28. November 2002 gab die belangte Behörde der an sie gerichteten (Administrativ)Beschwerde statt und hob den angefochtenen Bescheid des Hauptzollamtes Linz wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes auf.

1.4. Gegen diesen Bescheid des Berufungssenates I der Region Wien bei der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland wendet sich die vorliegende Beschwerde des Präsidenten der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich in Linz vor dem Verwaltungsgerichtshof, wobei die beschwerdeführende Partei ihre Beschwerdebefugnis auf § 85 c Abs. 4 des Zollrechtsdurchführungsgesetzes (ZollR-DG) in der Fassung durch die Novelle BGBl. I Nr. 13/1998 stützt (Verfahren zur hg. Zl. 2003/17/0022).

In eventu bekämpft der Vorstand des Hauptzollamtes Linz den genannten Bescheid, wobei sich der Vorstand auf § 85c Abs. 7 ZollR-DG in der Fassung durch die Novelle BGBl. I Nr. 97/2002 stützt (Verfahren zur hg. Zl. 2003/17/0086).

In der gemeinsam ausgeführten Beschwerdeschrift vom 13. Jänner 2003 wird die Berufungsentscheidung der belangten Behörde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes, in eventu wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften angefochten.

2.0. Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Zulässigkeit der Beschwerde des Präsidenten der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich (hg. Verfahren zu Zl. 2003/17/0022) in dem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat erwogen:

2.1. Mit der 3. Zollrechts-Durchführungsgesetz-Novelle, BGBl. I Nr. 13/1998, wurde in § 85 c Abs. 1 erster Satz ZollR-DG, BGBl. Nr. 659/1994, gegen Berufungsvorentscheidungen sowie wegen Verletzung der Entscheidungspflicht durch die Berufungsbehörde als Rechtsbehelf der zweiten Stufe (Artikel 243 Abs. 2 Buchstabe b des Zollkodex - ZK) die Beschwerde an einen örtlich und sachlich zuständigen Berufungssenat (§ 85 d Abs. 5) als zulässig erklärt. Die Beschwerde ist nach § 85c Abs. 1 zweiter Satz leg. cit. - im Fall der Anfechtung von Berufungsvorentscheidungen innerhalb der Beschwerdefrist - bei einer der Finanzlandesdirektionen einzubringen; Beschwerden gegen Berufungsvorentscheidungen können auch bei jener Behörde eingebracht werden, die diese Entscheidung erlassen hat.

Nach § 85 c Abs. 4 leg. cit. wird das Recht, gegen die Entscheidung eines Berufungssenates wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes oder wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften die Beschwerde gemäß Art. 131 Abs. 2 B-VG an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben, auch dem Präsidenten jener Finanzlandesdirektion eingeräumt, in deren Bereich die Berufung eingelegt wurde; wurde die Berufung beim Bundesminister für Finanzen eingelegt, steht das Beschwerderecht diesem zu. Diese Beschwerde kann sowohl zu Gunsten als auch zum Nachteil der Parteien erhoben werden; die Beschwerdefrist beginnt mit der Zustellung der Berufungsentscheidung an den Beschwerdeführer zu laufen. Eine Aufhebung der Entscheidung in Ausübung des Aufsichtsrechts gemäß § 299 BAO ist nicht zulässig.

2.2. Mit dem Abgaben-Rechtsmittel-Reformgesetz (AbgRmRefG), BGBl. I Nr. 97/2002, wurde durch Art. III das ZollR-DG und darunter auch die soeben erwähnte Bestimmung des § 85 c novelliert. Nach § 85 c Abs. 1 leg. cit. (in der Fassung des AbgRmRefG) ist die Beschwerde an den unabhängigen Finanzsenat (§ 1 UFSG) gegen Berufungsvorentscheidungen sowie wegen Verletzung der Entscheidungspflicht durch die Berufungsbehörde der ersten Stufe als Rechtsbehelf der zweiten Stufe (Artikel 243 Abs. 2 Buchstabe b ZK) zulässig. Für die für Beschwerden zuständigen Berufungssenate gelten die in den folgenden Absätzen geregelten Besonderheiten. Nach § 85 c Abs. 7 steht (nunmehr) das Recht, gegen die Entscheidung eines Berufungssenates wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes oder wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften die Beschwerde gemäß Art. 131 Abs. 2 B-VG an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben, auch der Berufungsbehörde der ersten Stufe zu, gegen deren Berufungsvorentscheidung bzw. wegen deren Verletzung der Entscheidungspflicht Beschwerde eingelegt wurde; wurde die Berufung beim Bundesminister für Finanzen eingelegt, steht das Beschwerderecht diesem zu. Nach § 85 c Abs. 8 leg. cit. gelten für die Einbringung der Beschwerde, das Verfahren des unabhängigen Finanzsenates sowie dessen Entscheidungen die diesbezüglichen Bestimmungen der BAO, soweit die in diesem Bundesgesetz enthaltenen Regelungen nicht entgegenstehen, sinngemäß.

Nach § 120 Abs. 1h leg. cit. ist (unter anderem) der § 85 c in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 97/2002 mit 1. Jänner 2003 in Kraft getreten. Die Zuständigkeit für Entscheidungen über Beschwerden, die im Zeitpunkt des Inkrafttretens noch nicht entschieden worden sind, geht mit diesem Zeitpunkt auf den unabhängigen Finanzsenat über; dies gilt auch für noch offene Fälle betreffend Sachverhalte vor dem EU-Beitritt.

2.3. Der angefochtene Bescheid langte beim Zollamt Linz am 3. Dezember 2002 ein, die vorliegende Beschwerde datiert - wie erwähnt - vom 13. Jänner 2003 und langte am 15. Jänner 2003 beim Verwaltungsgerichtshof ein. Das Datum der Postaufgabe ist nicht ersichtlich, desgleichen ist die Zustellung des angefochtenen Bescheides an die mitbeteiligte Partei aus den vorgelegten Verwaltungsakten nicht ersichtlich. Ein Zustellungsdatum an die Mitbeteiligte wird auch in der Beschwerde nicht erwähnt. Diesbezüglich heißt es nur in der Übersendungsnote der belangten Behörde an das Hauptzollamt Linz vom 28. November 2002, dass die Zustellung der Entscheidung an die Beschwerdeführerin (Mitbeteiligte des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens) bereits in die Wege geleitet worden sei.

Ausgehend von der dargestellten Rechts- und Sachlage erhebt sich die Frage, wer zur Erhebung einer Amtsbeschwerde gegen den vorliegenden Bescheid der belangten Behörde berechtigt ist. Diese Frage ist nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes unter Bedachtnahme auf den Gesetzeszweck aus einem Vergleich der im AbgRmRefG enthaltenen verschiedenen Übergangsbestimmungen zu beantworten.

In § 292 Abs. 1 BAO in der Fassung vor dem AbgRmRefG wurde das Recht, gegen die Entscheidung eines Berufungssenates wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes oder wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften die Beschwerde gemäß Art. 131 Abs. 2 B-VG an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben, auch dem Präsidenten der Finanzlandesdirektion eingeräumt. Nach § 292 BAO in der Fassung durch das AbgRmRefG wird das Recht, gegen die Entscheidung über eine Berufung durch den unabhängigen Finanzsenat wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes oder wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften Beschwerde gemäß Art. 131 Abs. 2 B-VG an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben, auch der Abgabenbehörde erster Instanz eingeräumt. Hiezu bestimmt § 323 Abs. 11 letzter Satz BAO in der Fassung des AbgRmRefG (vgl. dessen Art. II Z 66), dass § 292 in der Fassung vor dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 97/2002 für von Berufungssenaten im Sinne des § 260 in der Fassung vor dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 97/2002 erlassene Entscheidungen auch nach Inkrafttreten des § 292 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 97/2002 anzuwenden ist.

Dies bedeutet, dass gegen Entscheidungen von Berufungssenaten, die nach den Bestimmungen der BAO in der Fassung vor dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 97/2002 eingerichtet worden waren, auch nach Inkrafttreten des AbgRmRefG der Präsident der Finanzlandesdirektion die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erheben kann.

Eine entsprechende Übergangsbestimmung für den Bereich des ZollR-DG fehlt (vgl. Art. III des AbgRmRefG). Es kann nun nicht davon ausgegangen werden, dass der Gesetzgeber im selben Gesetz die gleich gelagerte Übergangsproblematik übersehen hätte. Demzufolge liegt keine (ungewollte) Gesetzeslücke vor. Der Gesetzgeber hat vielmehr im Bereich des ZollR-DG dem Präsidenten der Finanzlandesdirektion nach Inkrafttreten des AbgRmRefG kein Recht zur Erhebung von Beschwerden vor dem Verwaltungsgerichtshof gegen Entscheidungen eines Berufungssenates, die vor dem Inkrafttreten des AbgRmRefG ergangen sind, eingeräumt.

Aus diesen Erwägungen war die Beschwerde des Präsidenten der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich wegen des Mangels der Berechtigung zu ihrer Erhebung gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

2.4. Über die zur hg. Zl. 2003/17/0086 protokollierte Amtsbeschwerde des Vorstandes des Hauptzollamtes wird eine gesonderte Entscheidung ergehen.

Wien, am 26. Februar 2003

Schlagworte

Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Parteienrechte und Beschwerdelegitimation Verwaltungsverfahren Mangelnde Rechtsverletzung Beschwerdelegitimation verneint keineBESCHWERDELEGITIMATION

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2003:2003170022.X00

Im RIS seit

23.07.2003
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten