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L3 FinanzrechtNorm
StGG Art5Leitsatz
Verletzung im Eigentumsrecht durch denkunmögliche Gesetzesanwendung im materiell-rechtlichen Bereich bei Vorschreibung von Lustbarkeitsabgabe für Konzerte und Kabarettveranstaltungen eines Kulturvereins; kein Aufgreifen dieses Umstandes durch die AufsichtsbehördeSpruch
Der beschwerdeführende Verein ist durch den angefochtenen Bescheid im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Unversehrtheit des Eigentums verletzt worden.
Der Bescheid wird aufgehoben.
Das Land Oberösterreich ist schuldig, dem Beschwerdeführer zuhanden seiner Rechtsvertreter die mit 29.500 S bestimmten Prozeßkosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. Der Beschwerdeführer ist ein im Vereinsregister der Bundespolizeidirektion Linz unter dem Namen "Kulturverein - Aktion Klam Kultur" eingetragener gemeinnütziger Verein, dessen Vereinszweck in der Förderung der Kultur und insbesondere in der Erweiterung des Kulturgeschehens in der Gemeinde Klam besteht. Mit zwei Bescheiden des Bürgermeisters der Marktgemeinde Klam je vom 15. Dezember 1997 wurde dem beschwerdeführenden Verein für die von ihm in den Jahren 1996 und 1997 in der Gemeinde veranstalteten Konzerte und Kabarettvorstellungen eine Lustbarkeitsabgabe (sowie eine Landeslustbarkeitsabgabe) in näher bezeichneter Höhe vorgeschrieben. Dagegen erhob der Verein je eine Berufung an den Gemeinderat und brachte darin u.a. vor, daß die betreffenden Konzerte und Kabarettvorstellungen unter die Ausnahmebestimmung der Jugend- bzw. Kunstpflege nach §3 Abs1 Z2 und Z3 OÖ. Lustbarkeitsabgabegesetz 1979 fielen und somit nicht der Lustbarkeitsabgabe unterlägen. Mit Bescheid des Gemeinderates der Marktgemeinde Klam vom 29. April 1998 wurden die Berufungen mit der Begründung abgewiesen, daß für die vom beschwerdeführenden Verein durchgeführten Veranstaltungen kein Befreiungstatbestand nach dem OÖ. LustbarkeitsabgabeG zutreffe. Gegen diese Entscheidung erhob der Verein Vorstellung an die OÖ. Landesregierung, welche jedoch mit Bescheid vom 23. Juli 1998 als unbegründet abgewiesen wurde.
2. Dieser aufsichtsbehördliche Bescheid ist Gegenstand der vorliegenden Verfassungsgerichtshofbeschwerde, in welcher die Verletzung in näher bezeichneten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten sowie in Rechten wegen Anwendung rechtswidriger genereller Normen behauptet und die Bescheidaufhebung beantragt wird.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde begehrt.
II. Die Beschwerde erweist sich, da sämtliche Prozeßvoraus-setzungen gegeben sind, als zulässig; sie ist auch - wenngleich aus anderen als in ihr geltend gemachten Gründen - gerechtfertigt.
1. Mit dem angefochtenen Bescheid wird die Vorschreibung einer Abgabe durch die Gemeindebehörden im Ergebnis bestätigt; es liegt somit ein Eingriff in das Eigentumsrecht des Beschwerdeführers vor. Dieser Eingriff wäre nach der ständigen Judikatur des Verfassungsgerichtshofes (zB VfSlg. 10337/1985, 10362/1985, 11470/1987) dann verfassungswidrig, wenn der ihn verfügende Bescheid ohne jede Rechtsgrundlage ergangen wäre oder auf einer verfassungswidrigen Rechtsgrundlage beruhte, oder wenn die Behörde bei Erlassung des Bescheides eine verfassungsrechtlich unbedenkliche Rechtsgrundlage in denkunmöglicher Weise angewendet hätte, ein Fall, der nur dann vorläge, wenn die Behörde einen so schweren Fehler begangen hätte, daß dieser mit Gesetzlosigkeit auf eine Stufe zu stellen wäre (zB VfSlg. 10807/1986, 11720/1988, 14243/1995, 14406/1996, 14577/1996).
2. Durch §1 OÖ. Lustbarkeitsabgabegesetz 1979, LGBl. 74, werden die Gemeinden gemäß §8 Abs6 F-VG 1948 zur Einhebung einer Abgabe für die Veranstaltung von Lustbarkeiten verpflichtet. In §2 Abs4 Z3 und Z11 LustbarkeitsabgabeG sind u. a. Kabarettvorstellungen und Konzerte als der Lustbarkeitsabgabe unterliegende Veranstaltungen genannt. Das Ausmaß der Abgabe wird in §10 leg.cit. idF LGBl. 70/1983 in der Weise näher geregelt, daß ein Höchst- und ein Mindestmaß der Abgabe festgelegt wird; dieses beträgt bei Kabarettvorstellungen höchstens 30 und mindestens 10 v.H., bei Konzerten höchstens 20 und mindestens 10 v.H. des Preises oder Entgeltes. Aufgrund dieser Rahmenbestimmung wurde in der am 22. März 1984 erlassenen Verordnung der Marktgemeinde Klam in ArtI Z1 folgendes geregelt:
"1. Die Lustbarkeitsabgabe gem. §10 Abs1 des OÖ. Lustbarkeitsabgabegesetzes beträgt für Tanzveranstaltungen 15 v.H. und für Theateraufführungen 15 v.H. des Preises oder Entgelts."
Eine Berechnungsgrundlage für die Höhe der Lustbarkeitsabgabe für andere Veranstaltungen wie etwa Kabarettvorstellungen oder Konzerte ist in der gesamten Verordnung nicht enthalten.
3. Wie sich aus den beiden erstinstanzlichen Bescheiden des Bürgermeisters der Gemeinde Klam ergibt, hat dieser bei der Vorschreibung der Lustbarkeitsabgabe für die vom beschwerdeführenden Verein in den Jahren 1996 und 1997 veranstalteten Kabarettvorstellungen und Konzerte als Berechnungsgrundlage ArtI Z1 der genannten LustbarkeitsabgabeV der Gemeinde Klam herangezogen. Es wurde somit für beide Veranstaltungstypen ein Prozentsatz von 15 v.H. des Kartenpreises herangezogen und dazu in der Begründung der Abgabenbescheide ausgeführt, daß "(die) Aufzählung der Veranstaltungen in ArtI Z1 der Lustbarkeitsabgabeverordnung der Marktgemeinde Klam (...) lediglich eine demonstrative Aufzählung jener Veranstaltungen (ist), bei denen sich die Lustbarkeitsabgabe nach dem Preis oder Entgelt der abgegebenen Karten (erg. bemißt)".
Der Gemeinderat der Gemeinde Klam bestätigte als Berufungsbehörde diese Bescheide; auch die nunmehr belangte OÖ. Landesregierung als Aufsichtsbehörde konnte im gesamten Verfahren zur Festsetzung der Lustbarkeitsabgabe für die geschilderten Veranstaltungen keinen Fehler erkennen. Sie legte vielmehr in ihrem Vorstellungsbescheid eingangs ihrer Erwägungen hinsichtlich des Nichtvorliegens von Befreiungstatbeständen folgendes dar:
"...
Zunächst ist festzuhalten, daß in keiner Phase des Verfahrens die Berechnung der Lustbarkeitsabgabe als solche in Frage gestellt wurde. Die Höhe der Abgabe kann somit als außer Streit gestellt betrachtet werden. Auch sonst sind aus dem Verfahrensakt keine Anhaltspunkte zu erkennen, daß das Verfahren nicht rechtmäßig abgewickelt worden wäre. Einzig strittiger Punkt ist somit, ob die beiden oder einer der geltendgemachten Befreiungstatbestände erfüllt sind.
..."
4. Dieser Ansicht der belangten Behörde kann nicht gefolgt werden. Es stellt sich nämlich nach Auffassung des Verfassungsgerichtshofes die Berechnung der Lustbarkeitsabgabe für die vom beschwerdeführenden Verein veranstalteten Kabarettvorstellungen und Konzerte auf der Grundlage des explizit bloß "Tanzveranstaltungen" und "Theateraufführungen" nennenden ArtI Z1 der LustbarkeitsabgabeV der Gemeinde Klam als eine im Sinne der ständigen Judikatur des Gerichtshofes denkunmögliche Gesetzesanwendung (im materiell-rechtlichen Bereich) dar. Von einer lediglich demonstrativen Aufzählung jener Veranstaltungen, bei denen die Lustbarkeitsabgabe in Form einer Kartenabgabe einzuheben ist, kann schon vom Wortlaut der betreffenden Bestimmung her keine Rede sein, da dieser keinerlei Anhaltspunkt für eine solche Interpretation bietet. Dies wird auch durch die in §2 Abs4 unter den Ziffern 1 bis 11 OÖ. LustbarkeitsabgabeG enthaltene Aufzählung der unterschiedlichen Veranstaltungen verdeutlicht, die unter Z1 die Bezeichnung "Tanzbelustigungen" und unter Z10 jene der "Theatervorstellungen" nennt. Im Vergleich dazu sind, wie eingangs bereits erwähnt, die Begriffe "Kabarettvorstellungen" und "Konzerte" in den Ziffern 3 und 11 dieses Absatzes angeführt. Da somit die Abgabenvorschreibung durch die Gemeindebehörden in denkunmöglicher Weise vorgenommen wurde und die belangte Behörde in Ausübung ihres Aufsichtsrechtes dies nicht erkannt und sohin auch nicht aufgegriffen hat, hat sie den beschwerdeführenden Verein im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Unversehrtheit des Eigentums verletzt (vgl. VfSlg. 9910/1983, 13430/1993).
Der angefochtene Bescheid war aus diesem Grund aufzuheben.
III. Die Kostenentscheidung
gründet sich auf §88 VerfGG; vom zugesprochenen Kostenbetrag entfallen 4.500 S auf die Umsatzsteuer und 2.500 S auf die entrichtete Pauschalgebühr.
IV. Diese Erkenntnis wurde gemäß §19 Abs4 erster Satz VerfGG ohne vorangegangene mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung gefällt.
Schlagworte
Vergnügungssteuer, Gemeinderecht, AufsichtsrechtEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1999:B1701.1998Dokumentnummer
JFT_10008785_98B01701_2_00