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55 WirtschaftslenkungNorm
B-VG Art144 Abs1 / AnlaßfallLeitsatz
Anlaßfallwirkung der Aufhebung des Wortes "anderen" in §373c Abs2 lita, b und c GewO 1994 und in §2 Abs1 und §3 Abs1 EWR-NachsichtsV mit E v 09.12.99, G42/99 ua, V18/99 ua.Spruch
Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes und einer gesetzwidrigen Verordnung in seinen Rechten verletzt worden.
Der Bescheid wird aufgehoben.
Der Bund (Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten) ist schuldig, dem Beschwerdeführer zuhanden seines Rechtsvertreters die mit S 29.500,-- bestimmten Prozeßkosten binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. Der Beschwerdeführer ist österreichischer Staatsbürger. Er suchte mit Eingabe vom 5. März 1998 unter Berufung auf §2 Abs1 der Verordnung des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten über die Erteilung der Nachsicht vom vorgeschriebenen Befähigungsnachweis für Staatsangehörige von Mitgliedstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum, BGBl. 775/1993, (im folgenden: EWR-NachsichtsV) um Nachsicht von der Erbringung des Befähigungsnachweises zur Ausübung des Baumeistergewerbes hinsichtlich der ausführenden Tätigkeiten an und brachte dazu vor, daß er eine dreijährige staatlich anerkannte Ausbildung für die Ausübung des betreffenden Gewerbes absolviert und darüber hinaus eine ununterbrochene mehr als dreijährige Tätigkeit als Betriebsleiter (Prokurist bzw. handelsrechtlicher Geschäftsführer) in Unternehmen verrichtet habe, die das Baumeistergewerbe befugt ausübten.
Mit im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 26. November 1998 wurde die vom Beschwerdeführer nachgewiesene Qualifikation als Ersatz für den das Baumeistergewerbe (§202 GewO 1994) hinsichtlich der ausführenden Tätigkeiten vorgeschriebenen Befähigungsnachweis gemäß §373c Abs1 GewO 1994 iVm §2 Abs1 EWR-NachsichtsV nicht anerkannt. Begründend wurde ausgeführt, daß nach §2 der EWR-NachsichtsV die Anerkennung der Qualifikation zur Ausübung des Baumeistergewerbes u.a. zu erteilen sei, wenn der Nachsichtswerber durch Zeugnisse die Absolvierung bestimmter fachlicher Tätigkeiten in einem "anderen" EWR-Mitgliedstaat nachweise. Da der Nachsichtswerber seine Tätigkeit und Ausbildung jedoch in Österreich ausgeführt bzw. erworben habe, lägen die Voraussetzungen für die Anerkennung seiner Qualifikation nach §373c GewO 1994 nicht vor.
2. a) Gegen diesen Bescheid wendet sich die auf Art144 Abs1 B-VG gestützte Beschwerde, in der der Beschwerdeführer unter Hinweis auf VfSlg. 14963/1997 die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Gleichheit vor dem Gesetz, Erwerbsausübungsfreiheit und die Freiheit der Berufswahl und Ausbildung, insbesondere wegen Anwendung rechtswidriger genereller Normen, behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides, in eventu die Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof beantragt.
b) Der belangte Bundesminister legte die Verwaltungakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in der er die Abweisung der Beschwerde beantragt.
II. Aus Anlaß dieser Beschwerde leitete der Verfassungsgerichtshof gemäß Art140 Abs1 B-VG und Art139 Abs1 B-VG von Amts wegen ein Verfahren zur Prüfung der Verfassungs- bzw. Gesetzmäßigkeit des Wortes "anderen" in §373c Abs3 lita, b und c GewO 1994 und im Einleitungssatz des §2 Abs1 der Verordnung des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten über die Erteilung der Nachsicht vom vorgeschriebenen Befähigungsnachweis für Staatsangehörige von Mitgliedstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum, BGBl. 775/1993, ein. Mit Erkenntnis vom 9. Dezember 1999, G42/99, V18/99 ua., hob er das in Prüfung genommene Wort auf.
III. Die Beschwerde ist begründet.
Die belangte Behörde hat ein verfassungswidriges Gesetz und eine gesetzwidrige Verordnung angewendet. Es ist nach Lage des Falles offenkundig, daß ihre Anwendung für die Rechtsstellung des Beschwerdeführers nachteilig war.
Der Beschwerdeführer wurde also durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes und einer gesetzwidrigen Verordnung in seinen Rechten verletzt (zB VfSlg. 10303/1984, 10515/1985).
Der Bescheid war daher aufzuheben.
Dies konnte gemäß §19 Abs4 Z3 VerfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf §88 VerfGG. In den zugesprochenen Kosten ist eine Eingabegebühr in Höhe von S 2.500,-
- und Umsatzsteuer in Höhe von S 4.500,-- enthalten.
Schlagworte
VfGH / AnlaßfallEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:1999:B2448.1998Dokumentnummer
JFT_10008785_98B02448_00