TE Vwgh Erkenntnis 2003/2/27 2000/09/0197

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 27.02.2003
beobachten
merken

Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
60/04 Arbeitsrecht allgemein;
62 Arbeitsmarktverwaltung;

Norm

AuslBG §28 Abs1 Z1 lita;
AuslBG §3 Abs1;
VStG §5 Abs1;
VStG §9 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Germ und die Hofräte Dr. Händschke und Dr. Rosenmayr als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Hanslik, über die Beschwerde des Dipl. Ing. T, vertreten durch Dr. Peter Pullez und Dr. Robert Gschwandtner, Rechtsanwälte in 1010 Wien, Bäckerstraße 1, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich vom 28. September 2000, Zl. Senat-GF-99-478, betreffend Bestrafung wegen Übertretung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (weitere Parteien: Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit, Bundesminister für Finanzen), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Gänserndorf vom 27. Oktober 1999 war hinsichtlich des Beschwerdeführers das Verwaltungsstrafverfahren wegen des Vorwurfes, er habe als persönlich haftender Gesellschafter einer OEG entgegen § 3 Abs. 1 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes - AuslBG vier Ausländer in einem näher angeführten Zeitraum beschäftigt, gemäß § 45 Abs. 1 Z. 2 VStG eingestellt.

Mit dem mit der vorliegenden Beschwerde angefochtenen Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich (der belangten Behörde) vom 28. September 2000 wurde der gegen den Einstellungsbescheid vom 27. Oktober 1999 durch das Arbeitsinspektorat Bauarbeiten dagegen erhobenen Berufung Folge gegeben und der erstinstanzliche Einstellungsbescheid gemäß § 66 Abs. 4 AVG behoben. Der Beschwerdeführer wurde wie folgt bestraft:

"Herr GT (die Namen wurden anonymisiert) Dipl. Ing., geb. ... wird als persönlich haftender Gesellschafter der R & S & T OEG und somit als gemäß § 9 Abs. 1 VStG zur Vertretung nach außen berufenes Organ der genannten Gesellschaft mit Sitz in L, X-Straße 6, wegen der Beschäftigung der ausländischen Staatsangehörigen

DZ, geb. 7.9.1948, vom 1.4. bis 15.4.1999,

DT, geb. 28.12.1960, vom 12.4.bis 15.4.1999,

RH, geb. 25.11.1975, vom 29.3. bis 15.4.1999,

IB, geb. 22.8.1979, vom 29.3. bis 15.4.1999 als Bauhelfer auf der Baustelle in W, R-Gasse 2, entgegen der Bestimmung des § 3 Abs. 1 AuslBG, weil ihm für diese Ausländer auch keine für diese Beschäftigung gültige Beschäftigungsbewilligung oder Entsendebewilligung erteilt oder eine Anzeigebestätigung oder eine EU-Entsendebestätigung ausgestellt worden war, sowie die Ausländer auch keine für diese Beschäftigung gültige Arbeitserlaubnis oder einen Befreiungsschein besaßen, gemäß § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a AuslBG mit Geldstrafen in der Höhe von jeweils S 20.000,-- pro beschäftigtem Ausländer (insgesamt daher S 80.000,--) sowie im Falle der Uneinbringlichkeit mit Ersatzfreiheitsstrafen von jeweils 2 Tagen (insgesamt sohin 8 Tagen) bestraft.

Verfahrenskosten im Sinne des § 64 Abs. 1 und 2 VStG waren nicht aufzuerlegen."

In der Begründung des angefochtenen Bescheides führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, der Einstellungsbescheid sei von der Erstbehörde damit begründet worden, dass die angelastete Übertretung vom Beschwerdeführer nicht begangen worden sei, weil bezüglich der spruchgegenständlichen Ausländer für den angelasteten Tatvorwurf bereits ein rechtskräftiges Straferkenntnis gegen JR (einen anderen persönlich haftenden Gesellschafter der OEG) vorliege, welcher die Übertretung eingestanden und dazu auch angekündigt habe, dass auf Grund dieses Vorfalls jedenfalls die firmeninternen Kontrollmaßnahmen noch rigoroser gehandhabt würden, um in Zukunft allfällige Übertretungen des AuslBG auszuschließen. Auf Grund dieser Tatsache, und weil wegen des durchgeführten Strafverfahrens auf eine Anordnungsbefugnis hinsichtlich der Beschäftigung von Bauarbeitern ausschließlich des Bestraften geschlossen würde, wäre das Strafverfahren einzustellen gewesen.

Auf Grund des von der belangten Behörde durchgeführten Beweisverfahrens sei es als erwiesen anzusehen, dass es sich beim Beschwerdeführer um einen persönlich haftenden Gesellschafter der R & S & T OEG handle. Ebenso unstrittig könne festgestellt werden, dass die vier im Einstellungsbescheid genannten ausländischen Staatsbürger auf der bezeichneten Baustelle von der OEG ohne Vorliegen entsprechender arbeitsmarktrechtlicher Bewilligungen im angeführten Zeitraum beschäftigt worden seien. Eine schriftliche Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten sei laut eigenem Vorbringen nicht erfolgt. Nach der heranzuziehenden Bestimmung des § 9 Abs. 1 VStG hafte aber jeder zur Vertretung nach außen Berufene und sei somit auch strafrechtlich iSd § 9 Abs. 1 VStG verantwortlich. Alleine die Erklärung eines persönlich haftenden Gesellschafters, die Verantwortung für ein bestimmtes Sachgebiet in der OEG zu übernehmen, wie dies durch RS geschehen sei, beinhalte jedenfalls keinen Bestellungsakt zu einem verantwortlichen Beauftragten iSd § 9 Abs. 2 VStG, der die strafrechtliche Haftung der weiteren persönlich haftenden Gesellschafter ausschließen könnte.

Den Beschwerdeführer als zur Vertretung nach außen Berufenen treffe nur dann keine verwaltungsstrafrechtliche Haftung, wenn ihm die Glaubhaftmachung mangelnden Verschuldens iSd § 5 Abs. 1 VStG gelungen wäre. Bei der vorliegenden Übertretung des AuslBG handle es sich um ein Ungehorsamsdelikt und er hätte glaubhaft machen müssen, dass ihm die Einhaltung der übertretenen Verwaltungsvorschrift ohne sein Verschulden unmöglich gewesen wäre. Als Schuldform sei Fahrlässigkeit ausreichend. Fahrlässigkeit sei nach Ansicht der belangten Behörde schon darin zu sehen, dass die drei persönlich haftenden Gesellschafter der OEG, wie deren eigenem Vorbringen zu entnehmen sei, obwohl eine bestimmte Zuständigkeit für Bereiche innerhalb der OEG bestehe, keine verantwortlichen Beauftragten für einen abgegrenzten Bereich bestellt hätten, wiewohl ja, wie das Verfahren ergeben habe, im Betrieb eine Arbeitsteilung notwendig und keiner der drei persönlich haftenden Gesellschafter in der Lage sei, sich aller Belange und Angelegenheiten des Unternehmens selbst anzunehmen. Es wäre deshalb notwendig gewesen, die Besorgung einzelner Angelegenheiten im Unternehmen bestimmten Personen selbstverantwortlich zu übertragen und eine Kontrollmöglichkeit bezüglich dieser Übertragung vorzusehen. Da dies nachweislich nicht geschehen sei, sei eben gegen jeden persönlich haftenden Gesellschafter der OEG wegen der vorliegenden Übertretung des AuslBG mit Strafverhängung vorzugehen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit in Folge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahren vor und beantragte unter Abfassung einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 51c VStG in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 158/1998 lautet:

"§ 51c. Wenn in dem mit Berufung angefochtenen Bescheid weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, entscheiden die unabhängigen Verwaltungssenate in den Ländern durch Einzelmitglied. Ansonsten entscheiden sie, abgesehen von den gesetzlich besonders geregelten Fällen, durch Kammern, die aus drei Mitgliedern bestehen."

Soweit der Beschwerdeführer den angefochtenen Bescheid deswegen für rechtswidrig hält, weil die belangte Behörde durch ein Einzelmitglied und nicht in der Kammer abgesprochen habe und daher funktionelle Unzuständigkeit im Sinne des § 51c VStG vorliege, ist ihm der Wortlaut dieser Bestimmung entgegen zu halten. Nach diesem kommt es für die Zuständigkeit des Einzelmitglieds aber nicht darauf an, ob die darin festgelegte Wertgrenze durch die Entscheidung des unabhängigen Verwaltungssenates überschritten wird, sondern darauf, ob sie in dem mit Berufung angefochtenen Bescheid überschritten wurde.

Die im Beschwerdefall anzuwendenden Bestimmungen des AuslBG idF der Novellen BGBl. Nr. 895/1995 und BGBl. I Nr. 78/1997 lauten wie folgt:

"§ 3. (1) Ein Arbeitgeber darf, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, einen Ausländer nur beschäftigen, wenn ihm für diesen eine Beschäftigungsbewilligung oder Entsendebewilligung erteilt oder eine Anzeigebestätigung oder eine EU-Entsendebestätigung ausgestellt wurde oder wenn der Ausländer eine für diese Beschäftigung gültige Arbeitserlaubnis oder einen Befreiungsschein besitzt.

...

§ 28. (1) Sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde zu bestrafen,

1. wer

a) entgegen dem § 3 einen Ausländer beschäftigt, für den weder eine Beschäftigungsbewilligung (§§ 4 und 4c) erteilt noch eine Anzeigebestätigung (§ 3 Abs. 5) oder eine Arbeitserlaubnis (§ 14a) oder ein Befreiungsschein (§ 15 und 4c) ausgestellt wurde, ...

bei unberechtigter Beschäftigung von höchstens drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von 10.000 S bis zu 60.000 S, im Falle der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 20.000 S bis zu 120.000 S, bei unberechtigter Beschäftigung von mehr als drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von 20.000 S bis zu 120.000 S, im Falle der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 40.000 S bis zu 240.000 S;...

...

§ 28a. ...

...

(3) Die Bestellung von verantwortlichen Beauftragten gemäß § 9 Abs. 2 und 3 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG, BGBl. Nr. 52, in der jeweils geltenden Fassung, für die Einhaltung dieses Bundesgesetzes wird erst rechtswirksam, nachdem beim zuständigen Arbeitsinspektorat eine schriftliche Mitteilung über die Bestellung samt einem Nachweis der Zustimmung des Bestellten eingelangt ist. Dies gilt nicht für die Bestellung von verantwortlichen Beauftragten auf Verlangen der Behörde gemäß § 9 Abs. 2 VStG.

..."

Wenn der Beschwerdeführer vorbringt, es sei Verfolgungsverjährung iSd § 31 VStG eingetreten, so ist ihm entgegen zu halten, dass gemäß § 32 Abs. 3 erster Satz leg. cit. eine Verfolgungshandlung, die gegen einen zur Vertretung nach außen Berufenen iSd § 9 Abs. 1 VStG gerichtet ist, auch als Verfolgungshandlung gegen die anderen zur Vertretung nach außen Berufenen und die verantwortlichen Beauftragten gilt. Unbestritten war im gegenständlichen Fall aber wegen der dem Beschwerdeführer zur Last gelegten Beschäftigung der vier angeführten Ausländer durch die gegenständliche OEG innerhalb der Frist des § 31 VStG iVm § 28 Abs. 2 AuslBG bereits ein rechtskräftiges Straferkenntnis gegen den zur Vertretung der OEG nach außen berufenen JR ergangen. Demzufolge durfte auch die belangte Behörde davon ausgehen, dass eine Verjährung gemäß § 31 VStG nicht eingetreten war.

Der Beschwerdeführer führt ferner aus, dass ihn an der Verwaltungsübertretung kein Verschulden treffe, da in der OEG JR für die Einstellung von Personal zuständig und ein entsprechendes Kontrollsystem eingerichtet worden sei.

Damit zeigt der Beschwerdeführer aber keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf, weil die wöchentliche oder zweiwöchentliche Übermittlung von Listen, in denen die Namen und das Ausmaß der auf der Baustelle beschäftigten Arbeitnehmer verzeichnet ist, von der Baustelle in das Büro am Firmensitz des Unternehmens für sich nicht als ein ausreichend effektives Kontrollsystem zur Sicherstellung der Einhaltung des § 3 Abs. 1 AuslBG angesehen werden kann, das geeignet wäre, Übertretungen dieser Vorschrift zu verhindern. Bei der mit § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a AuslBG mit Strafe bedrohten Übertretung des § 3 Abs. 1 AuslBG handelt es sich um ein Ungehorsamsdelikt im Sinne des § 5 Abs. 1 VStG, und nur im Fall des Bestehens eines solchen wirksamen Kontrollsystems, das auch die Handlungen der gemäß § 9 Abs. 1 VStG miteinschließt, hätte davon ausgegangen werden können, dass den Beschwerdeführer im Grunde des § 5 Abs. 1 VStG kein verwaltungsstrafrechtliches Verschulden getroffen hat (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 30. Juni 1994, Zl. 94/09/0049, und vom 1. Juli 1998, Zl. 97/09/0004). Wie die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift jedoch richtig ausführt, hat der Beschwerdeführer die Natur des besagten Kontrollsystems im Verwaltungsverfahren nicht spezifiziert, weshalb ihrer Ansicht, es liege Fahrlässigkeit und damit Verschulden iSd § 5 Abs. 1 VStG vor, nicht wirksam entgegnet werden kann.

Schließlich zeigt der Beschwerdeführer auch mit seiner Auffassung, der angefochtene Bescheid sei deswegen rechtswidrig, weil die darin getroffenen Feststellungen auf den im Parallelverfahren gegen seinen Mitgesellschafter S geführten Ermittlungen beruhten und er sogar auch an einer Stelle der Begründung des angefochtenen Bescheides mit diesem verwechselt werde, keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf. Der Beschwerdeführer, der zur mündlichen Verhandlung vor der belangten Behörde unentschuldigt nicht erschienen war, hat der Verwertung des Verhandlungsprotokolls aus dem Parallelverfahren nämlich weder widersprochen noch überhaupt den im angefochtenen Bescheid festgestellten Sachverhalt der Beschäftigung der vier angeführten Ausländer im angeführten Zeitraum durch seine OEG bestritten. Der von ihm geltend gemachte Verfahrensmangel ist - einschließlich des aufgezeigten Schreibfehlers - für das Schicksal der Beschwerde somit ohne Relevanz.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2001, BGBl. II Nr. 501.

Wien, am 27. Februar 2003

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2003:2000090197.X00

Im RIS seit

18.06.2003
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten