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E000 EU- Recht allgemein;Norm
31964L0221 Koordinierung-RL EWGVArt56 ordre public Art3 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Stummer, über die Beschwerde des M, (geboren am 25. Juli 1983), vertreten durch Winkler-Heinzle, Rechtsanwaltspartnerschaft in 6900 Bregenz, Gerberstraße 4, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Vorarlberg vom 25. November 2002, Zl. Pab-4321-44/02, betreffend Entziehung eines Reisepasses, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
I.
1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Vorarlberg (der belangten Behörde) vom 25. November 2002 wurde dem Beschwerdeführer der ihm am 29. Juli 1996 von der Bezirkshauptmannschaft Bregenz ausgestellte Reisepass Nr. A 0675825 gemäß §§ 15 Abs. 1 und 14 Abs. 1 Z. 3 lit. f und Z. 4 des Passgesetzes 1992 entzogen.
Die Erstbehörde habe in der Begründung des Bescheides im Wesentlichen ausgeführt, der Beschwerdeführer wäre vom Landesgericht Feldkirch rechtskräftig wegen des Verbrechens nach § 28 Abs. 2 SMG, des Vergehens nach § 27 Abs. 1 SMG und des Verbrechens der Verleumdung nach § 297 Abs. 1 zweiter Fall StGB zu einer Freiheitsstrafe von zehn Monaten verurteilt worden. Er hätte im "Frühjahr/Sommer" 2001 1300 Gramm Marihuana nach Vorarlberg geschmuggelt, 2700 Gramm Marihuana in Verkehr gesetzt, ca. 240 Stück "Ecstasy" nach Vorarlberg geschmuggelt und davon 220 Stück verkauft, ca. 125 bis 150 Gramm Kokain verkauft und ca. 25 Gramm Psilocybin-Pilze verkauft. Zudem hätte er Marihuana, Ecstasy-Tabletten, Heroin, Kokain und Psilocybin-Pilze konsumiert. Der Vertrieb von Suchtgiften ließe die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit auf das Höchste gefährdet erscheinen. Durch die Weitergabe von großen Mengen an Suchtgiften würde eine eminente Gefährdung der Volksgesundheit bestehen. Wie auch im Urteil ausgeführt, hätte der Beschwerdeführer Suchtgift in einer großen Menge durch Übergabe an verschiedene Drogenkonsumenten in Verkehr gesetzt. Weiters wäre bei der Beurteilung des Sachverhaltes insbesondere auch zu berücksichtigen, dass der Beschwerdeführer auch sogenannte "harte" Drogen an Drogenkonsumenten verkauft hätte. Wie im Urteil des Landesgerichtes Feldkirch ausgeführt worden wäre, wäre er bereits einschlägig vorbestraft. Auf Grund des festgestellten Sachverhaltes wäre die Annahme gerechtfertigt, dass der Beschwerdeführer seinen Reisepass benützen wollte, um Suchtgift in großen Mengen ein- bzw. auszuführen, und dass durch seinen Aufenthalt im Ausland die innere und äußere Sicherheit der Republik Österreich gefährdet würde.
Der Beschwerdeführer habe dagegen vorgebracht, dass er einen Antrag auf Strafaufschub gestellt hätte. Am 15. Oktober 2002 hätte eine Untersuchung bei einem näher genannten Arzt stattgefunden. Auf Grund seines bisher günstigen Therapiefortschrittes würde er davon ausgehen, dass ihm Strafaufschub gewährt würde. Unter dieser Voraussetzung wäre die Annahme, dass er neuerlich gegen § 28 SMG verstoßen würde, nicht gerechtfertigt. Auf Grund der "Gewährung einer Therapie unter der anschließend bedingten Strafnachsicht" würde erhöhte Gewähr dafür gegeben sein, dass er nicht neuerlich delinquieren würde, denn dadurch würde er einerseits den Vollzug der Freiheitsstrafe von zehn Monaten auslösen, und außerdem hätte er dann mit einer langen unbedingten Freiheitsstrafe zu rechnen. Zu der von der Erstbehörde herangezogenen Vorstrafe vom 19. November 2001 wäre auszuführen, dass er mit diesem Urteil lediglich nach § 27 Abs. 1 SMG verurteilt worden wäre. Außerdem wäre es formal nur deshalb zu einem neuen Urteil gekommen, weil er "über den Zeitraum 19.11.01 hinaus" bis Jänner 2002 fallweise Cannabis (aus Inlandsbezügen) konsumiert hätte. Eine auf eine Verurteilung nach § 28 SMG gestützte nachfolgende Passentziehung wäre menschenrechtswidrig. Die Passentziehung wäre eine Strafe, denn sie verfolge definitionsgemäß eine spezialpräventive Zielsetzung und stelle auch einen Tadel (repressive Maßnahme) im Hinblick auf das Anlassdelikt dar. Sie würde daher gegen das Doppelbestrafungsverbot nach Art. 4 Abs. 1 des 7. Zusatzprotokolls zu EMRK verstoßen. Wohl sei die Verwaltungsbehörde an das rechtskräftige Urteil eines Strafgerichtes gebunden. Sie hätte jedoch auf Grund eines eigenständigen Wertungsprozesses zu beurteilen, ob tatsächlich die Prognose nach § 14 des Passgesetzes 1992 zu treffen wäre.
Die belangte Behörde habe Folgendes erwogen:
Das Landesgericht Feldkirch habe den Beschwerdeführer mit Urteil vom 29. Juli 2002 wie folgt für schuldig gesprochen:
"Er hat
I. den bestehenden Vorschriften zuwider ein Suchtgift in einer großen Menge (28 Abs. 6 SMG) aus- und eingeführt sowie in Verkehr gesetzt, und zwar
1. ... (ausgeschiedenes Faktum)
2. Ende Jänner 2001 gemeinsam mit dem abgesondert verfolgten
J G in bewusstem und gewolltem Zusammenwirken als Mittäter im Zuge einer Fahrt ca. 1.300 Gramm Marihuana von der Schweiz nach Vorarlberg geschmuggelt;
3.
... (ausgeschiedenes Faktum)
4.
im Frühjahr 2001 in Vorarlberg insgesamt mindestens
2.700 Gramm Marihuana durch Verkäufe und unentgeltliche Übergaben an verschiedene Drogenkonsumenten in Verkehr gesetzt;
5. im Frühjahr 2001 im Zuge von zwei Fahrten insgesamt ca. 240 Stück Ecstasy-Tabletten an verschiedene Drogenkonsumenten verkauft,
6. im Zeitraum Frühjahr/Sommer 2001 in Vorarlberg ca. 125 bis 150 Gramm Kokain an verschiedene Drogenkonsumenten verkauft;
7. im Frühjahr 2001 in Vorarlberg insgesamt ca. 25 Gramm Psilocybin-Pilze an verschiedene Drogenkonsumenten verkauft sowie weitere ca. fünf Gramm Psilocybin-Pilze an die abgesondert verfolgte A A unentgeltlich zum Konsum übergeben;
II. Im Großraum Bregenz den bestehenden Vorschriften zuwider ein Suchtgift erworben und besessen, und zwar
1. im Zeitraum Juli 2001 bis Jänner 2002 geringe Mengen Marihuana aus Inlandsbezügen konsumiert;
2. im Sommer 2001 eine Ecstasy-Tablette aus Inlandsbezügen konsumiert;
3.
im Jänner 2001 eine geringe Menge Heroin konsumiert;
4.
im Frühjahr 2001 insgesamt ca. 20 Gramm Psilocybin-Pilze konsumiert;
5. im Zeitraum 2000 bis Sommer 2001 insgesamt 135 bis 160 Gramm Kokain konsumiert;
III. am 18.9.2001 in Bregenz-Vorkloster S A und R E dadurch der Gefahr einer behördlichen Verfolgung ausgesetzt, dass er auf dem Gendarmerieposten Bregenz-Vorkloster im Zuge seiner Anzeigeerstattung erklärte, er habe am 17.9.2001 im Durchgang beim Kaufhaus 'Y' in Vorkloster mit seinem Handy telefoniert, als plötzlich durch den Eingang zur Vorklostergasse zwei Türken in den Durchgang gekommen seien; ohne ein Wort zu sprechen habe ihm der größere von beiden das Handy aus der Hand gerissen, der andere habe ihm mehrere Ohrfeigen versetzt und ihn auf eine Ecke gestoßen, dabei sei er zu Sturz gekommen, wobei er zur Untermauerung seiner Angaben gezielt eine auf die amtsbekannten S
A und R E passende Personenbeschreibung abgab, sie mithin einer von Amts wegen zu verfolgenden, mit ein Jahr übersteigenden Freiheitsstrafe bedrohten Handlung, nämlich des Verbrechens des Raubes nach § 142 Abs. 1 StGB, falsch verdächtigt, wobei er wusste (§ 5 Abs. 3 StGB), dass die Verdächtigung falsch war.
Er hat hiedurch begangen:
zu I) das Verbrechen nach § 28 Abs. 2 SMG
zu II) das Vergehen nach § 27 Abs. 1 SMG
zu III) das Vergehen der Verleumdung nach § 297 Abs. 1
zweiter Fall StGB
und er wird hiefür nach dem zweiten Strafsatz des § 297 Abs. 1 StGB in Anwendung der §§ 28, 36 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 10 (zehn) Monaten sowie gemäß § 389 StPO zum Ersatz der Kosten des Strafverfahrens verurteilt"
(ohne die Hervorhebung im Original).
Weiters sei vom Landesgericht Feldkirch unter einem der Beschluss gefasst worden, dass die gegen den Beschwerdeführer mit Urteil dieses Gerichts vom 19. November 2001 gewährte bedingte Strafnachsicht "(200 Tagessätze zu je ATS 30,00 = ATS 6.000,00 = EUR 463,04)" gemäß § 494a Abs. 1 Z. 4 StPO widerrufen werde.
Als erschwerend sei vom Gericht gewertet worden, dass der Beschwerdeführer bereits einschlägig vorbestraft gewesen sei, dass zwei Verbrechen mit einem Vergehen zusammengetroffen seien, weiters die Tatwiederholungen, die "verstärkte Tatbildlichkeit" (sowohl Schmuggel als auch Verkauf) sowohl bei den Ecstasy-Tabletten als auch beim Marihuana, und ferner die Tatsache, dass er ein Vielfaches der sogenannten Grenzmenge geschmuggelt bzw. in Verkehr gesetzt habe. Bei der Strafbemessung sei als mildernd berücksichtigt worden, dass der Beschwerdeführer geständig gewesen sei, er die Tat beim Suchtmittelverbrechen als Jugendlicher begangen habe "und sonst unter 21 Jahren" gewesen sei.
Eine Passentziehung nach den §§ 15 und 14 des Passgesetzes 1992 sei nur auf Grund einer Prognoseentscheidung möglich. Diese Prognose zukünftiger Verhaltensweise sei auf der Basis des Wissensstandes der Gegenwart zu treffen, und zwar in der Weise, dass von Tatsachen "nach den Regeln der Denkgesetze" auf das zu erwartende künftige Verhalten des Betroffenen geschlossen werde. Als Tatsachen in diesem Sinn lägen, wie im Urteil angeführt, vor: Der Beschwerdeführer habe Ende Jänner 2001 ca. 1300 Gramm Marihuana von der Schweiz nach Vorarlberg und im Frühjahr 2001 ca. 240 Stück Ecstasy-Tabletten von Deutschland nach Vorarlberg geschmuggelt. Neben 2700 Gramm Marihuana und 220 Stück Ecstasy-Tabletten habe er ca. 150 Gramm Kokain und ca. 25 Gramm Psilocybin-Pilze an verschiedene Drogenkonsumenten verkauft. Zudem habe er im Frühjahr/Sommer 2001 Marihuana, Ecstasy-Tabletten, Heroin, Kokain und Psilocybin-Pilze konsumiert.
Der Beschwerdeführer habe damit seine mangelnde Bereitschaft, die österreichische Rechtsordnung im Suchtmittelbereich zu akzeptieren, deutlich zu erkennen gegeben. Innerhalb eines kurzen Zeitraumes habe er die verschiedensten Suchtmittel konsumiert, Drogen nach Vorarlberg geschmuggelt und sie (großteils durch Verkauf) in Verkehr gebracht. Allerdings sei der Beschwerdeführer nicht erst seit dem Jahr 2001 Drogenkonsument. So sei er mit Urteil des Landesgerichtes Feldkirch vom 19. November 2001 für schuldig befunden worden, er habe in Bregenz und an anderen Orten Vorarlbergs sowie in der Schweiz und in Amsterdam
"1) im Zeitraum von Sommer 1998 bis Mai 2001 mindestens 50 Gramm Cannabis erworben und besessen;
2) von Ende 2000 bis Juni 2001 eine unbekannte Menge Kokain erworben und besessen;
3)
im Jahre 1999 eine Ecstasy-Tablette erworben und besessen;
4)
im Zeitraum Anfang 2000 und Juni 2001 diverse Suchtgifte in unbekannten Mengen von Holland nach Österreich geschmuggelt;
5) im Mai 2000 ein 500er Briefchen Kokain von Österreich nach Lindau geschmuggelt;
6) im Jahre 2001 M K zum Mitkonsum von Cannabis und Kokain eingeladen;
7) im Jahre 2001 M N im Tausch gegen Zigaretten Kokain überlassen;
8)
im Jahre 2001 dem A K und M K diverse Suchtgifte überlassen;
9)
von März bis Juli 2001 dem M B ca. 30 Gramm Cannabiskraut, acht Stück Ecstasy-Tabletten und etwa zwei Gramm Kokian verkauft".
Er sei wegen des Vergehens nach § 27 Abs. 1 SMG und wegen des Verbrechens der Hehlerei nach § 164 Abs. 2 und 4 zweiter Satz StGB verurteilt worden. Nach § 164 Abs. 4 StGB sei der Beschwerdeführer in Anwendung des § 5 JGG sowie der §§ 28 und 37 StGB zu einer Geldstrafe von "200 (zweihundert)" Tagessätzen, im Uneinbringlichkeitsfall zu 100 Tagen Ersatzfreiheitsstrafe verurteilt worden. Dem Beschwerdeführer sei die Geldstrafe unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen worden. Der Beschwerdeführer sei somit bereits seit dem Jahr 1998 mit Suchtmitteln in Kontakt. Hinzu komme, dass aus kriminalstatistischer Sicht gerade im Deliktsbereich des Drogenmissbrauchs mit hohen Rückfallsquoten gerechnet werden müsse. Dies sei auch der Grund, weshalb die Begehung eines nach § 28 SMG zu ahnenden Suchtgiftdeliktes die Versagung eines Reisepasses rechtfertige.
Der Beschwerdeführer lebe nunmehr seit Ende Herbst 2001 drogenfrei, somit seit ca. einem Jahr. Weit länger, nämlich von 1998 bis Sommer 2001, habe die "Drogenkarriere" des Beschwerdeführers gedauert. In Anbetracht der zahlreichen Verfehlungen bis hin zu dem Verbrechen des Suchtgiftschmuggels und der Weitergabe einer großen Suchtgiftmenge erscheine die Zeitspanne des Wohlverhaltens als zu kurz, um eine günstige Prognose im Sinn des § 14 Abs. 1 Z. 3 lit. f des Passgesetzes 1992 erstellen zu können. Vor allem unter Berücksichtigung der Wiederholungsgefahr im Suchtmittelbereich und der Tatsache, dass der Beschwerdeführer eben in der Vergangenheit bereits seinen Reisepass benutzt habe, um entgegen den bestehenden Vorschriften Suchtgift in einer großen Menge einzuführen und in Verkehr zu setzen, lägen Tatsachen vor, die die Annahme rechtfertigten, dass der Beschwerdeführer seinen Reisepass benützen wolle, um entgegen den bestehenden Vorschriften Suchtgift in einer großen Menge zu erzeugen, einzuführen, auszuführen oder in Verkehr zu setzen.
Gemäß § 28 Abs. 6 SMG sei bei der Festsetzung der "großen Menge" des Suchtgiftes insbesondere auf die Eignung des Suchtgiftes, Gewöhnung hervorzurufen und in großem Ausmaß eine Gefahr für das Leben oder die Gesundheit des Menschen herbeizuführen, sowie auf das Gewöhnungsverhalten von Suchtgiftkranken Bedacht zu nehmen.
Die illegale Einfuhr und das Dealen mit Suchtgift aller Art stelle in Anbetracht des um sich greifenden Missbrauchs von Suchtgiften jedenfalls eine Gefährdung der Allgemeinheit (Volksgesundheit) und damit zugleich auch eine Bedrohung der inneren Sicherheit der Republik Österreich dar. Umso mehr müsse dies gelten, wenn in großem Ausmaß eine Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Menschen herbeigeführt werde. Der Erstbehörde sei daher auch insofern beizupflichten, als der Beschwerdeführer Tatsachen gesetzt habe, die die Annahme rechtfertigten, dass durch seinen Aufenthalt im Ausland die innere oder äußere Sicherheit der Republik Österreich gefährdet würde.
Dem Vorbringen des Beschwerdeführers, er hätte einen günstigen Therapieverlauf vorzuweisen und würde somit davon ausgehen, dass ihm Strafaufschub gewährt würde, sei entgegenzusetzen, dass dies eine positive Prognose angesichts der verübten Suchtgiftdelikte, des Zeitraumes der Suchtgiftdelinquenz und der kurzen Drogenabstinenz nicht zu rechtfertigen vermöge. Die Auffassung des Beschwerdeführers, der Passentzug verstoße gegen das Doppelbestrafungsverbot nach Art. 4 Abs. 1 des 7. Zusatzprotokolls zur EMRK werde von der belangten Behörde nicht geteilt. Beim Entzug eines Reisedokumentes handle es sich nicht um eine Straf-, sondern um eine Vorbeugungsmaßnahme, sodass von einem Verstoß gegen das Doppelbestrafungsverbot nicht die Rede sein könne.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Begehren, ihn aufzuheben.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Gemäß § 15 Abs. 1 des Passgesetzes 1992, BGBl. Nr. 839, idF des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 507/1995 (PassG), ist ein Reisepass, dessen Gültigkeitsdauer nicht länger als fünf Jahre abgelaufen ist, zu entziehen, wenn nachträglich Tatsachen bekannt werden oder eintreten, die die Versagung der Ausstellung des Reisepasses rechtfertigen.
Gemäß § 14 Abs. 1 leg. cit. ist die Ausstellung des Reisepasses (u.a.) zu versagen, wenn (Z. 3) Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Passwerber den Reisepass benützen will, um (lit. f) entgegen den bestehenden Vorschriften Suchgift in einer großen Menge zu erzeugen, einzuführen, auszuführen oder in Verkehr zu setzen, oder (Z. 4) Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass durch den Aufenthalt des Passwerbers im Ausland die innere oder äußere Sicherheit der Republik Österreich gefährdet würde.
2.1. Zunächst ist festzuhalten, dass es vorliegend keinen Anhaltspunkt dafür gibt, dass die Gültigkeitsdauer des entzogenen Reisepasses schon bzw. länger als fünf Jahre abgelaufen ist. Die Beschwerde bestreitet ferner nicht die im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen betreffend die strafgerichtlichen Verurteilungen und das diesen Verurteilungen zu Grunde liegende Fehlverhalten des Beschwerdeführers. Sie rügt jedoch, dass die vom Beschwerdeführer im Berufungsverfahren dargelegte begründete Erwartung, dass ihm Strafaufschub gemäß § 39 SMG gewährt werden würde, als unbeachtlich abgetan werde. Entgegen der belangten Behörde sei die Frage, ob dem Beschwerdeführer Strafaufschub nach § 39 SMG gewährt werde, eine "entscheidungswesentliche Vorfrage", setze doch die Gewährung des Strafaufschubs nach § 39 voraus, dass der Verurteilte nach der Art und dem Beweggrund der strafbaren Handlung, derentwegen er verurteilt worden ist, und nach seinem Lebenswandel weder für die Sicherheit des Staates noch für die der Person oder des Eigentums besonders gefährlich ist. Wenn die Verwaltungsbehörde entgegen der Einschätzung des Strafgerichts weiterhin eine besondere Gefährlichkeit des Verurteilten annehmen wollte, indem sie die Voraussetzung des § 14 Abs. 1 Z. 3 lit. f PassG bejahe, bedürfte dies (anders als im angefochtenen Bescheid) "zumindest einer eingehenden und detaillierten Begründung". Weiters weise "der Sicherheitsbericht zur Suchtgiftkriminalität 2001 des BMI (Abt II/BK/8)" undifferenziert "eine etwa "45 %-ige Rückfallsgefahr" aus, ohne nach Delikten (§§ 27 oder 28 SMG) oder nach Substanzen zu unterscheiden. Nach Auffassung des Beschwerdeführers müsste, damit aus der Art des Delikts Rückschlüsse auf die Rückfallsgefahr gezogen werden könnten, statistisch differenziert erhoben werden, wie hoch die Rückfallswahrscheinlicht bei Tätern sei, die bislang unbescholten oder zumindest nicht nach § 28 SMG vorbestraft gewesen seien. Der Entzug der Reisedokumente stelle einen Eingriff in die (grundrechtlich mehrfach abgesicherte) Freizügigkeit dar, weshalb eine Prognose im Sinn des § 14 Abs. 1 Z. 3 lit. f PassG nicht allein auf statistische Erkenntnisse gestützt werden könnte.
2.2. Der Beschwerdeführer hat wiederholt über einen längeren Zeitraum (nämlich von Jänner 2001 bis Jänner 2002) hinweg den bestehenden Vorschriften zuwider Suchtgifte in einer großen Menge aus- und eingeführt sowie in Verkehr gesetzt und weiters den bestehenden Vorschriften zuwider Suchtgift erworben und besessen. Dabei hat er auch (wie oben I.1. ausgeführt) Suchtgift von der Schweiz nach Vorarlberg geschmuggelt. Damit war die von ihm in Verkehr gesetzte Suchtgiftmenge eine solche, die geeignet war, in großem Ausmaß eine Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Menschen herbeizuführen (vgl. § 28 Abs. 6 SMG). Der Beschwerdeführer hat durch dieses wiederholte Fehlverhalten selbst gezeigt, dass bei Suchtgiftdelikten die Wiederholungsgefahr besonders groß ist, zumal er nach den unbestrittenen Feststellungen nicht erst seit 2001, sondern - wie das oben wiedergegebene seiner Verurteilung durch das Landesgericht Feldkirch am 19. November 2001 zu Grunde liegende Fehlverhalten zeigt - schon vom Sommer 1998 an Suchtgift erworben, besessen, von Österreich ins Ausland bzw. vom Ausland nach Österreich geschmuggelt, verkauft oder anderen Personen überlassen hat. In Anbetracht dieser wiederholten Straftaten erscheint die Auffassung der belangten Behörde, dass für den Beschwerdeführer eine positive Verhaltensprognose nicht gestellt werden könne und die Voraussetzungen des § 14 Abs. 1 Z. 3 lit. f PassG erfüllt seien, gerechtfertigt. Dem Hinweis des Beschwerdeführers, er habe in Anbetracht der Drogentherapie, der er sich unterzogen habe, die Gewährung eines Strafaufschubs gemäß § 39 SMG erwartet, ist zu entgegnen, dass auch diese Umstände keine Gewähr dafür bieten können, dass er nicht erneut mit Suchtgift in einer großen Menge handeln und seinen Reisepass nicht zu den in § 14 Abs. 1 Z. 3 lit. f PassG genannten Handlungen missbrauchen werde. Abgesehen davon ist der seit den besagten Straftaten verstrichene Zeitraum zu kurz, um die vom Beschwerdeführer ausgehende Gefahr der Begehung weiterer Suchtgiftdelikte als weggefallen oder als auch nur entscheidend gemindert anzusehen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 24. April 2002, Zl. 99/18/0210). Ferner hat die Passbehörde die Frage des Vorliegens eines Grundes für die Entziehung eines Reisepasses nach den hiefür vom Gesetz vorgegebenen Kriterien eigenständig zu beurteilen, ohne an die Erwägungen des Gerichts bei der Entscheidung gemäß § 39 SMG gebunden zu sein (vgl. in diesem Zusammenhang etwa das zum Fall der bedingten Nachsicht der verhängten Strafe ergangene, auch hier maßgebliche hg. Erkenntnis vom 13. Oktober 2000, Zl. 2000/18/0092). Im Übrigen ist bei der Entziehung eines Reisepasses auf die persönlichen und wirtschaftlichen Interessen des Betroffenen keine Rücksicht zu nehmen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 30. November 1999, Zl. 99/18/0292 mwN).
3. Weiters begegnet auf dem Boden der hg. Rechtsprechung - anders als die Beschwerde meint - die Auffassung der belangten Behörde, dass durch einen Aufenthalt des Beschwerdeführers im Ausland die innere Sicherheit der Republik Österreich (insbesondere die Volksgesundheit) im Sinn des § 14 Abs. 1 Z. 4 PassG gefährdet sein könnte, keinen Bedenken (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 24. Juli 2002, Zl. 99/18/0260, mwH).
4. Mit seinem (eingehenden) Vorbringen zur Entziehung eines Reisepasses als "Strafe" im Sinn des Art. 6 EMRK sowie zur Entziehung der Reisedokumente als einer nach Art. 4 Abs. 1 des 7. Zusatzprotokolls zur EMRK verpönten Doppelbestrafung verkennt der Beschwerdeführer, dass die Entziehung eines Passes eine administrativ-rechtliche Maßnahme zum Schutz der öffentlichen Ordnung und keine Strafe darstellt (vgl. nochmals die hg. Erkenntnisse Zl. 99/18/0292 und Zl. 2000/18/0092).
Auch die von ihm ins Treffen geführte Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes vermag seinen Standpunkt nicht zu stützen. Nach dieser Rechtsprechung ist grundlegende Voraussetzung dafür, dass einer Norm strafrechtlicher Charakter zukommt, der sowohl präventive als auch repressive Zweck der Sanktion sowie der ihr innewohnende Tadel und das dem sanktionierten Verhalten gegenüber ausgesprochene Unwerturteil (vgl. von den vom Beschwerdeführer herangezogenen Erkenntnissen des Verfassungsgerichtshofes in diese Richtung schon das Erkenntnis vom 14. Oktober 1987, G 181/86 ua, Slg. Nr. 11.506/87, ferner (ausdrücklich) die Erkenntnisse vom 3. Dezember 1988, B 176/87, Slg. Nr. 11.917/88, vom 13. Dezember 1988, B 1450/88, Slg. Nr. 11.937/88, vom 4. Oktober 1999, B 2598/97 ua, Slg. Nr. 15.587/99, und vom 21. Juni 2000, B 537/98, Slg. Nr. 15.842/00). Die mit dem angefochtenen Bescheid getroffene Maßnahme zielt nicht auf eine Bestrafung im genannten Sinn ab. Ihr kommt nicht der Zweck zu, dem Beschwerdeführer den Unrechtsgehalt seiner Handlungen vorzuwerfen und ihn dafür zu tadeln, sie bezweckt vielmehr - als administrativ-rechtliche Maßnahme - die Hintanhaltung von auf Grund des Verhaltens des Beschwerdeführers zu besorgenden schweren Nachteilen, wie sie in den den Bescheid stützenden gesetzlichen Regelungen umschrieben sind; daran vermag der Umstand, dass der Beschwerdeführer die tatsächlichen Auswirkungen dieser Maßnahme mit denen einer Strafe gleichsetzt, nichts zu ändern (vgl. die schon genannten Erkenntnisse VfSlg. Nr. 15.587/99 und VfSlg. Nr. 15.842/00, sowie das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs vom 27. Juni 2000,
B 683/98, Slg. Nr. 15.867/00).
5. Auch der Hinweis des Beschwerdeführers auf die "nach Art. 39 EUV garantierte Freizügigkeit" ist nicht zielführend. Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 5. März 1998, Zl. 97/18/0424, die Ansicht vertreten, dass die Entziehung eines einem Inländer ausgestellten Reisepasses und die damit verbundene Einschränkung der Freizügigkeit innerhalb der Europäischen Union (nach den dort näher genannten Bestimmungen des Gemeinschaftsrechts) jedenfalls dann zulässig wäre, wenn es sich hiebei um eine Maßnahme zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit handelte, wobei bei Maßnahmen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit ausschließlich das persönliche Verhalten der in Betracht kommenden Einzelpersonen ausschlaggebend sein dürfe. Der Beschwerdeführer hat durch seine nach dem SMG verpönten Straftaten das Interesse an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit gravierend verletzt. Da dieses Verhalten den Schluss rechtfertigt, er werde als Inhaber seines Reisepasses auch in Zukunft gegen dieses einen hohen Stellenwert aufweisende öffentliche Interesse verstoßen, ist die Passentziehung als Maßnahme zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit (auf dem Boden der angesprochenen gemeinschaftsrechtlichen Bestimmungen) unbedenklich.
6. Da somit der Beschwerdeinhalt erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG in nichtöffentlicher Sitzung ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.
7. Bei diesem Ergebnis erübrigte sich ein Abspruch über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
Wien, am 27. Februar 2003
Schlagworte
Gemeinschaftsrecht Richtlinie richtlinienkonforme Auslegung des innerstaatlichen Rechts EURallg4/3Gemeinschaftsrecht Auslegung Allgemein EURallg3Gemeinschaftsrecht Richtlinie unmittelbare Anwendung EURallg4/1Individuelle Normen und Parteienrechte Bindung der Verwaltungsbehörden an gerichtliche Entscheidungen VwRallg9/4European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2003:2003180006.X00Im RIS seit
05.05.2003Zuletzt aktualisiert am
28.06.2010