TE Vwgh Erkenntnis 2003/2/27 2003/18/0015

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Veröffentlicht am 27.02.2003
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Index

41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AsylG 1997 §20 Abs1;
FrG 1997 §36 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Stummer, über die Beschwerde des I in Wien, geboren 1972, vertreten durch Dr. Lennart Binder, Rechtsanwalt in 1140 Wien, Hadikgasse 104, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 5. Dezember 2002, Zl. SD 699/02, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 5. Dezember 2002 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen jugoslawischen Staatsangehörigen, gemäß § 49 Abs. 1 iVm § 48 Abs. 1 Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von zehn Jahren erlassen.

Der Beschwerdeführer sei am 29. Oktober 1999 nach Österreich eingereist und habe am selben Tag einen Asylantrag gestellt, welchen er am 28. Jänner 2000 zurückgezogen habe.

Mit Bescheid vom 20. Dezember 1999 habe die Bezirkshauptmannschaft Baden gegen den Beschwerdeführer auf Grund von dessen Mittellosigkeit ein bis zum 31. Dezember 2004 befristetes rechtskräftiges Aufenthaltsverbot erlassen.

Am 6. März 2000 habe der Beschwerdeführer neuerlich einen Asylantrag gestellt, welcher derzeit im Instanzenzug beim unabhängigen Bundesasylsenat anhängig sei. Der Beschwerdeführer verfüge über eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz.

Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 28. November 2000 sei der Beschwerdeführer gemäß §§ 146, 147 Abs. 1 Z. 1, 15, 223 Abs. 2, 224 StGB zu einer bedingten Freiheitsstrafe von sechs Monaten rechtskräftig verurteilt worden. Dem Urteil sei zu Grunde gelegen, dass der Beschwerdeführer mit einem Mittäter am 19., 20. und 26. September 2000 unter Vorweis eines gefälschten Reisepasses die Ausfolgung von vier Handys mit SIM-Karten, die Freischaltung der dazugehörigen Leitungen durch den Mobiltelefonbetreiber sowie die Erbringung von Mobiltelefonleistungen erwirkt und dadurch einen Schaden von S 14.564,69 herbeigeführt habe. Außerdem sei dem Beschwerdeführer zur Last gelegt worden, im September 2000 in wiederholten Angriffen bei teilweise nicht mehr näher festzustellenden Gelegenheiten einen gefälschten slowakischen Reisepass bzw. einen slowakischen Führerschein, lautend auf eine andere Person, vorgewiesen zu haben.

Am 21. September 2001 habe der Beschwerdeführer die österreichische Staatsbürgerin D. geehelicht und bei der Erstbehörde einen Antrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung für den Aufenthaltszweck "Familiengemeinschaft mit Österreicher" gestellt.

Mit Bescheid vom 28. November 2001 habe die Bezirkshauptmannschaft Baden das von ihr erlassene Aufenthaltsverbot aufgehoben. Die Erstbehörde habe dem Beschwerdeführer daraufhin eine Niederlassungsbewilligung bis zum 9. Jänner 2003 erteilt.

Mit Urteil des Landesgerichtes Korneuburg vom 12. März 2002 sei der Beschwerdeführer gemäß §§ 127, 128 Abs. 2, 129 Abs. 1, 15, 229 Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 15 Monaten rechtskräftig verurteilt worden. Dieser Verurteilung sei zu Grunde gelegen, dass der Beschwerdeführer am 25. August 2001 mit zwei Mittätern in ein Wohnhaus eingebrochen sei und eine Videokamera samt Zubehör, drei Goldketten mit Anhänger, ein Goldarmband, ein Handy, diverse Kleidungsstücke, fünf Goldringe, zwei Perlenketten und ein Paar Perlenohrringe im Gesamtwert von zumindest EUR 726,73 gestohlen und einen Bargeldbetrag von DM 75.000,-- sowie ca. einen Kilogramm Goldschmuck zu stehlen versucht sowie einen Reisepass unterdrückt habe. Gleichzeitig sei die vom Landesgericht für Strafsachen Wien ausgesprochene bedingte Strafnachsicht widerrufen worden.

Der Beschwerdeführer sei gemäß § 49 Abs. 1 iVm § 47 Abs. 3 Z. 1 FrG begünstigter Drittstaatsangehöriger. Gemäß § 48 Abs. 1 FrG sei die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen solche Personen nur zulässig, wenn auf Grund ihres Verhaltens die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet sei.

Der Beschwerdeführer sei seit drei Jahren im Bundesgebiet aufhältig und lebe mit seiner Ehegattin und deren beiden Kindern im gemeinsamen Haushalt. Es liege daher ein mit dem Aufenthaltsverbot verbundener relevanter Eingriff in das Privat- bzw. Familienleben des Beschwerdeführers im Sinn des § 37 Abs. 1 FrG vor. Die gegen ihn gesetzte fremdenpolizeiliche Maßnahme sei jedoch zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele (Verhinderung weiterer strafbarer Handlungen, Schutz der Rechte und des Vermögens Dritter) dringend geboten. Gerade das der letztgenannten Verurteilung zu Grunde liegende Verhalten des Beschwerdeführers verdeutliche, dass er nicht in der Lage oder gewillt sei, die zum Schutz fremden Vermögens aufgestellten strafrechtlichen Normen seines Gastlandes einzuhalten.

Im Rahmen der nach § 37 Abs. 2 FrG erforderlichen Interessenabwägung sei auf den ca. dreijährigen inländischen Aufenthalt des Beschwerdeführers Bedacht zu nehmen, gleichzeitig aber zu berücksichtigen, dass der daraus ableitbaren Integration kein entscheidendes Gewicht zukomme, weil die dafür erforderliche soziale Komponente durch das strafbare Verhalten des Beschwerdeführers erheblich gemindert werde.

Die Bindungen des Beschwerdeführers zu seiner Ehegattin und deren Kindern seien dadurch zu relativieren, dass zum Zeitpunkt der Eheschließung gegen den Beschwerdeführer ein Aufenthaltsverbot bestanden habe.

Diesen geschmälerten privaten und familiären Interessen stünden die hoch zu veranschlagenden, zumindest gleich schwer wiegenden öffentlichen Interessen gegenüber. Ein Sachverhalt im Sinn des § 48 Abs. 1 letzter Satz FrG liege nicht vor.

Von der Erlassung des Aufenthaltsverbotes habe auch nicht im Rahmen des der belangten Behörde zustehenden Ermessens Abstand genommen werden können. Vor Verstreichen der festgesetzten Gültigkeitsdauer des Aufenthaltsverbotes könne nicht angenommen werden, dass die Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit durch den Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet nicht mehr bestehe.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes oder Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Die Auffassung der belangten Behörde, dass der Beschwerdeführer als Ehegatte einer österreichischen Staatsbürgerin begünstigter Drittstaatsangehöriger gemäß § 47 Abs. 3 Z. 1 FrG sei und daher auf ihn die Bestimmung des § 48 Abs. 1 FrG - nach deren erstem Satz die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen EWR-Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige nur zulässig ist, wenn auf Grund ihres Verhaltens die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet ist - Anwendung finde, begegnet keinen Bedenken. Für die Beantwortung der Frage, ob gegen einen EWR-Bürger oder einen begünstigten Drittstaatsangehörigen ein Aufenthaltsverbot zu erlassen ist, sind die Bestimmungen des § 36 Abs. 1 Z. 1 und Abs. 2 FrG insofern von Bedeutung, als ein Aufenthaltsverbot nur bei Vorliegen der im § 36 Abs. 1 Z. 1 leg. cit. genannten Voraussetzungen erlassen werden darf und auf den Katalog des § 36 Abs. 2 leg. cit. als "Orientierungsmaßstab" zurückgegriffen werden kann. (Vgl. zum Ganzen etwa das hg. Erkenntnis vom 20. Februar 2001, Zl. 2001/18/0016, mwN.)

2.1. Der Beschwerdeführer bestreitet nicht die im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen betreffend seine strafgerichtlichen Verurteilungen, er macht jedoch geltend, aus dem zitierten Urteil des Landesgerichtes Korneuburg vom 12. März 2002 lasse sich nicht erschließen, ob und inwiefern die öffentliche Ordnung und Sicherheit durch den Beschwerdeführer gefährdet sei.

Dieses Vorbringen ist nicht zielführend. Für die Beurteilung des Gesamtfehlverhaltens des Beschwerdeführers sind zunächst auch die dem Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 28. November 2000 zu Grunde liegenden strafbaren Handlungen zu berücksichtigen. Nach den unbestrittenen Feststellungen im angefochtenen Bescheid hat der Beschwerdeführer im September 2000 unter Vorweis eines gefälschten Reisepasses bei einem Mobiltelefonbetreiber die Erbringung von Mobiltelefonleistungen erwirkt und dadurch einen Schaden von S 14.546,69 herbeigeführt. Die deswegen erfolgte Verurteilung des Beschwerdeführers zu einer bedingten Freiheitsstrafe von sechs Monaten hat den Beschwerdeführer aber nicht davon abhalten können, nur etwa neun Monate später im August 2001 (kurz vor Aufhebung des ersten Aufenthaltsverbotes im November 2001) mit zwei Mittätern in ein Wohnhaus einzubrechen und eine Videokamera sowie Schmuckgegenstände zu stehlen bzw. einen Bargeldbetrag von DM 75.000,-- sowie ca. einen Kilogramm Goldschmuck zu stehlen zu versuchen sowie einen Reisepass zu unterdrücken (vgl. das Urteil des Landesgerichtes Korneuburg vom 12. März 2002). Diese Straftaten zeigen, dass der Beschwerdeführer fremdes Eigentum nicht respektiert und seine kriminelle Energie sogar so groß ist, dass er sich auch durch eine bereits erfolgte bedingte Verurteilung nicht von neuerlichen strafbaren Handlungen hat abhalten lassen. Wenn die belangte Behörde aus diesen Feststellungen abgeleitet hat, dass auf Grund des Verhaltens des Beschwerdeführers die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet sei (§ 48 Abs. 1 FrG), so ist dies nicht als rechtswidrig zu erkennen, zumal die genannten Verurteilungen des Beschwerdeführers auch den - wie erwähnt als Orientierungsmaßstab heranzuziehenden - Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z. 1 FrG erfüllen.

3. Die Beschwerde wendet sich weiters gegen die von der belangten Behörde gemäß § 37 FrG vorgenommene Beurteilung und bringt vor, dass sich die belangte Behörde mit der "Intensität der angenommenen Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit" sowie mit der Abwägung der Interessen nicht auseinander gesetzt habe.

Dieses Vorbringen wird durch die ausführlichen Überlegungen der belangten Behörde zum Grad der Integration des Beschwerdeführers in Österreich, seinen daraus ableitbaren persönlichen Interessen an einem Verbleib in Österreich sowie den gegenläufigen öffentlichen Interessen und deren zumindest gleich hohen Stellenwert widerlegt. Mit diesen Ausführungen hat die belangte Behörde die im vorliegenden Fall zu lösende Rechtsfrage zutreffend beurteilt.

4. Zum Einwand des Beschwerdeführers, es sei widersprüchlich, ein Aufenthaltsverbot zu erlassen, wenn über den Asylantrag noch nicht entschieden worden sei, ist auf die entgegenstehende ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 20. Juni 2002, Zl. 2002/18/0117, mwN).

5. Da somit bereits der Beschwerdeinhalt erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 27. Februar 2003

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2003:2003180015.X00

Im RIS seit

06.05.2003
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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