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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
StVO 1960 §29a;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Holeschofsky und Dr. Bachler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. König, über die Beschwerde des K L in R, vertreten durch Ullmann-Geiler & Partner, Rechtsanwälte in 6020 Innsbruck, Andreas-Hofer-Straße 6, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom 8. Oktober 2002, Zl. UVS-2002/16/114-2, betreffend Übertretung der StVO, zu Recht erkannt:
Spruch
Der Bescheid wird im angefochtenen Umfang (hinsichtlich der Übertretung nach § 29a Abs. 1 StVO) wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Tirol hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.088,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 4. Juli 2002 wurde dem Beschwerdeführer (unter Spruchpunkt 3) zur Last gelegt, er habe am 19. Februar 2002 zwischen 7.40 Uhr und 7.45 Uhr im Gemeindegebiet von Innsbruck an einer näher bezeichneten Stelle einen dem Kennzeichen nach bestimmten Kombinationskraftwagen gelenkt und dabei einem Kind, das die Fahrbahn überqueren wollte, nicht das ungehinderte und ungefährdete Überqueren der Fahrbahn ermöglicht. Der Beschwerdeführer habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 29a Abs. 1 StVO begangen; über ihn wurde eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 36,-- (Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt.
Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers als unbegründet ab.
Über die dagegen gerichtete Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:
§ 29a StVO lautet:
"(1) Vermag der Lenker eines Fahrzeuges zu erkennen, dass Kinder die Fahrbahn einzeln oder in Gruppen, sei es beaufsichtigt oder unbeaufsichtigt, überqueren oder überqueren wollen, so hat er ihnen das unbehinderte und ungefährdete Überqueren der Fahrbahn zu ermöglichen und hat zu diesem Zweck, falls erforderlich, anzuhalten. Die Bestimmungen des § 76 werden dadurch nicht berührt."
Schon aus dem Wortlaut des Gesetzes ergibt sich als Voraussetzung für die näher umschriebene Verhaltenspflicht des Lenkers eines Fahrzeuges, dass dieser zu erkennen vermag, dass Kinder die Fahrbahn einzeln oder in Gruppen überqueren oder überqueren wollen. Es muss einem Lenker also möglich sein zu erkennen, ob ein Kind die Fahrbahn überquert oder zu überqueren beabsichtigt (in diesem Sinne auch Dittrich/Stolzlechner, Österreichisches Strassenverkehrsrecht, I. Teil:
Straßenverkehrsordnung 1960, Rz 8 zu § 29a); das Vorliegen der Erkennbarkeit ist somit (eine) Voraussetzung für die Strafbarkeit.
Angaben darüber, ob der Beschwerdeführer im Sinne des Gesetzes auch zu erkennen vermochte, dass ein Kind die Fahrbahn überqueren wollte, finden sich aber weder im Spruch (noch in der Begründung) des angefochtenen Bescheides.
Da somit bei der Umschreibung des zur Last gelegten Verhaltens im Spruch Feststellungen hinsichtlich eines wesentlichen Tatbestandselementes im Sinne des § 44a Z 1 VStG (welches im Übrigen auch Gegenstand einer Verfolgungshandlung nach § 32 Abs. 2 VStG zu sein hätte) von der belangten Behörde offenbar in Verkennung der Rechtslage nicht getroffen wurden, war der Bescheid im angefochtenen Umfang wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.
Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.
Wien, am 28. Februar 2003
Schlagworte
"Die als erwiesen angenommene Tat" Begriff Umfang der Konkretisierung (siehe auch Tatbild) Besondere Rechtsgebiete Mängel im Spruch Fehlen von wesentlichen Tatbestandsmerkmalen Spruch Begründung (siehe auch AVG §58 Abs2 und §59 Abs1 Spruch und Begründung) Tatvorwurf Beschreibung des in der BegründungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2003:2002020309.X00Im RIS seit
05.05.2003