TE Vwgh Erkenntnis 2003/2/28 99/02/0069

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Veröffentlicht am 28.02.2003
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Index

L67007 Ausländergrunderwerb Grundverkehr Tirol;
001 Verwaltungsrecht allgemein;

Norm

GVG Tir 1983 §1 Abs1 Z2 lita;
GVG Tir 1983 §16 Abs1;
GVG Tir 1983 §3 Abs1 lita;
GVG Tir 1983 §4 Abs2;
GVG Tir 1996 §40 Abs2;
GVG Tir 1996 §40 Abs3;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Riedinger, Dr. Holeschofsky, Dr. Beck und Dr. Bachler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. König, über die Beschwerde der A Gesellschaft m.b.H. in S, vertreten durch Dr. Helmut Rainer, Mag. Egon Stöger und Mag. Sebastian Ruckensteiner, Rechtsanwälte in Innsbruck, Museumstraße 5/11, gegen den Bescheid der Landes-Grundverkehrskommission beim Amt der Tiroler Landesregierung vom 21. Juli 1997, Zl. LGv-1161/35-91 + 1162/14/91, betreffend Aufhebung von Bescheiden wegen Unzuständigkeit einer Behörde und Zurückweisung von Anträgen in einer grundverkehrsbehördlichen Angelegenheit, zu Recht erkannt:

Spruch

1. Der angefochtene Bescheid wird, soweit die Anträge der beschwerdeführenden Partei "auf Ausstellung einer Negativbestätigung bzw. auf Erteilung der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung" gemäß § 6 Abs. 1 AVG i.V.m.

§ 3 Abs. 1 GVG 1983 i.V.m. § 40 Abs. 2 und 3 GVG 1986 zurückgewiesen wurden, wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben.

2. Im Übrigen (hinsichtlich der Behebung des erstinstanzlichen Bescheides vom 24. Juli 1991 wegen Unzuständigkeit der Grundverkehrsbehörde erster Instanz) wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Das Land Tirol hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.089,68 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit Gesellschaftsvertrag vom 12. Oktober 1990 gründeten die österreichische Staatsangehörige C. S. sowie die deutschen Staatsangehörigen D. A und A. P. die beschwerdeführende Gesellschaft (A-Ges.m.b.H.). An der beschwerdeführenden Gesellschaft, deren Stammkapital S 500.000.- beträgt, waren C. S. mit einer Stammeinlage von S 400.000.- und D. A. sowie A. P. mit einer Stammeinlage von jeweils S 50.000.- beteiligt.

In der Folge schloss die beschwerdeführende Partei als Käuferin mit der H.-B.V., bei der es sich um eine niederländische Gesellschaft handelt, am 17. Jänner 1991 einen Kaufvertrag. Gegenstand dieses Kaufvertrages waren näher genannte Anteile an einer näher genannten Liegenschaft in Seefeld, mit denen das Wohnungseigentum an der Wohnung TOP B 14 im Haus B. in Seefeld im Gesamtausmaß von 187 m2 und einer anrechenbaren Fläche von 129,5 m2 untrennbar verbunden ist.

Ferner schloss die beschwerdeführende Partei als Käuferin mit der I-Grundstücksgesellschaft m.b.H., gleichfalls einer ausländischen Gesellschaft, am 5. Dezember 1990/17. Jänner 1991 einen Kaufvertrag über weitere Anteile an dieser Liegenschaft in Seefeld, mit denen das Wohnungseigentum an der Wohnung TOP B 13 im Haus B. in Seefeld im Gesamtausmaß von 207,6 m2 und einer anrechenbaren Fläche von 164 m2 untrennbar verbunden ist.

Die beschwerdeführende Partei beantragte auf Grund dieser Verträge jeweils mit Schriftsatz vom 21. Jänner 1991 bei der Grundverkehrsbehörde Innsbruck - Außenstelle Seefeld im Folgenden kurz: Grundverkehrsbehörde Seefeld) die Ausstellung einer sog. Negativbestätigung nach § 2 Abs. 2 des Tiroler Grundverkehrsgesetzes 1983 (kurz: GVG 1983), LGBl. Nr. 69, bzw. die Erlassung eines Bescheides darüber, dass diese Rechtserwerbe keiner Zustimmung nach § 3 Abs. 2 GVG 1983 bedürfen und gegebenenfalls die Erteilung der grundverkehrsbehördlichen Zustimmung nach § 3 Abs. 1 GVG 1983.

Mit Bescheiden jeweils vom 24. Juli 1991 hat die Grundverkehrsbehörde Seefeld gemäß § 2 Abs. 1 GVG 1983 bestätigt, dass diese Rechtserwerbe durch die beschwerdeführende Partei nicht den Bestimmungen des GVG 1983 unterliegen, weil sich die gegenständliche Liegenschaft im Bauland (F) der Gemeinde Seefeld/Tirol befindet.

Gegen beide Bescheide vom 24. Juli 1991 erhob der Landesgrundverkehrsreferent Berufung.

Die Landes-Grundverkehrsbehörde beim Amt der Tiroler Landesregierung gab mit Bescheid vom 10. Mai 1993 der Berufung des Landesgrundverkehrsreferenten Folge, behob die Bescheide der Grundverkehrsbehörde Seefeld vom 24. Juli 1991 wegen Unzuständigkeit und wies die Anträge der beschwerdeführenden Partei vom 21. Jänner 1991 "auf Ausstellung einer Negativbestätigung bzw. auf Erteilung einer grundverkehrsbehördlichen Genehmigung" zurück.

Gegen diesen Bescheid erhob die beschwerdeführende Partei Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der diesen Bescheid mit Erkenntnis vom 14. Juni 1994, B 1307/93, wegen Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechts auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter aufhob.

Die Landes-Grundverkehrskommission hob in der Folge mit Bescheid vom 28. September 1994 wiederum die Bescheide der Grundverkehrsbehörde Seefeld vom 24. Juli 1991 wegen Unzuständigkeit auf und wies die Anträge der beschwerdeführenden Partei vom 21. Jänner 1991 "auf Ausstellung einer Negativbestätigung bzw. auf Erteilung der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung" gemäß § 6 Abs. 1 AVG i.V.m.

§ 3 Abs. 1 GVG 1983 i.V.m. § 40 Abs. 3 des Tiroler Grundverkehrsgesetzes 1993 (kurz: GVG 1993), LGBl. Nr. 82, zurück.

Gegen diesen Bescheid erhob die beschwerdeführende Partei neuerlich Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der den angefochtenen Bescheid mit Erkenntnis vom 10. Dezember 1996, B 2330/94 und B 536/96, wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes aufhob.

Mit Bescheid vom 21. Juli 1997 hob die belangte Behörde gemäß § 66 Abs. 4 AVG wiederum die Bescheide der Grundverkehrsbehörde Seefeld vom 24. Juli 1991 wegen Unzuständigkeit auf und wies die Anträge der beschwerdeführenden Partei vom 21. Jänner 1991 "auf Ausstellung einer Negativbestätigung bzw. auf Erteilung der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung gemäß § 6 Abs. 1 AVG i.V.m.

§ 3 Abs. 1 GVG 1983 i.V.m. § 40 Abs. 2 und 3 des Tiroler Grundverkehrsgesetzes 1996" (kurz: GVG 1996), LGBl. Nr. 61, zurück.

In der Begründung des angefochtenen Bescheides wird u.a. ausgeführt, die zu beurteilenden Rechtsgeschäfte seien als von Anfang nichtige Umgehungsgeschäfte anzusehen. Daraus folge, dass die zur grundverkehrsbehördlichen Genehmigung anstehenden Rechtsvorgänge einen Rechtserwerb im Sinne des § 3 Abs. 1 GVG 1983 nicht zu bewirken vermögen würden. Andererseits sei aber die Voraussetzung für jedes Tätigwerden der Grundverkehrsbehörden das Vorliegen eines Rechtserwerbes. Damit mangle es der Grundverkehrsbehörde an der Zuständigkeit zur Fällung jeglicher Entscheidung. Die Anträge seien daher mangels Vorliegens der rechtlichen Voraussetzungen zurückzuweisen.

Gegen diesen Bescheid erhob die beschwerdeführende Partei zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, welcher die Behandlung derselben mit Beschluss vom 30. November 1998, B 2290/97, ablehnte und sie gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat. Dieser hat erwogen:

Die belangte Behörde vertritt in einem umfangreichen Vorbringen betreffend § 28 Abs. 6 und die Übergangsbestimmungen des § 40 Abs. 2 und 3 des GVG 1996, in der Stammfassung LGBl. Nr. 61/1996, die Auffassung, dass die vorliegende Beschwerde mangels Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofs zurückzuweisen wäre.

Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits in seinem Erkenntnis vom 30. September 1999, Zl. 99/02/0039, zu diesen Bestimmungen des GVG 1996 in der vorzitierten Stammfassung näher dargelegt, weshalb entgegen der Ansicht der belangten Behörde dennoch seine Zuständigkeit in den unter diese Bestimmungen subsumierbaren Fällen gegeben ist; auf die diesbezüglichen Ausführungen dieses Erkenntnisses wird daher gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen (vgl. auch den vorzitierten Beschluss des Verfassungsgerichtshofs vom 30. November 1998, womit die Abtretung an den Verwaltungsgerichtshof erfolgte).

Nach § 40 Abs. 2 GVG 1996 in der im Beschwerdefall noch anzuwendenden Stammfassung LGBl. Nr. 61/1996 ist in jenen grundverkehrsbehördlichen Verfahren, die am 1. Jänner 1994 anhängig waren, in materieller Hinsicht weiterhin das Grundverkehrsgesetz 1993 anzuwenden. Hinsichtlich der Behörden und des Verfahrens gelten die Bestimmungen dieses Gesetzes.

Der angefochtene Bescheid wurde der beschwerdeführenden Partei am 22. Juli 1997 zugestellt. Der Entfall des Abs. 2 des § 40 GVG 1996 in der vorzitierten Stammfassung erfolgte durch Z. 29 der Novelle LGBl. Nr. 75/1999, welche gemäß deren Art. II Abs. 1 mit Ablauf des Tages der Kundmachung (sohin am 31. Dezember 1999) in Kraft getreten ist. Von der belangten Behörde war daher noch § 40 Abs. 2 in der zitierten Stammfassung anzuwenden.

Wie der dargestellte Verfahrensablauf zeigt, war - infolge der zitierten Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofes (siehe zur "ex-tunc Wirkung" von aufhebenden Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofs Walter/Mayer, Grundsriss des österreichischen Bundesverfassungsrechts, 9. Auflage, Rz. 1218, insbesondere FN 292) - an dem nach § 40 Abs. 2 GVG 1996 in der vorgenannten Stammfassung relevanten Stichtag 1. Jänner 1994 ein "grundverkehrsbehördliches Verfahren" im Sinne dieser Bestimmung anhängig.

Ist ein angezeigtes Rechtsgeschäft oder ein angezeigter Rechtsvorgang nach § 5, § 10 oder § 12 Abs. 2 (GVG 1996) von der Genehmigungspflicht ausgenommen, so hat gemäß § 24 Abs.1 GVG 1996 bei Rechterwerben an land- und forstwirtschaftlichen Grundstücken der Vorsitzende der Bezirks-Grundverkehrskommission in deren Namen, in allen anderen Fällen die Grundverkehrsbehörde mit Bescheid festzustellen, dass der betreffende Rechtserwerb keiner grundverkehrsbehördlichen Genehmigung bedarf.

Bestehen Zweifel darüber, ob ein Rechtsgeschäft an einem Grundstück in den Geltungsbereich nach § 1 dieses Gesetzes fällt, so hat nach § 24 Abs. 3 GVG 1996 in der zitierten Stammfassung bei Rechtserwerben an land- und forstwirtschaftlichen Grundstücken der Vorsitzende der Bezirks-Grundverkehrskommission in deren Namen, in allen anderen Fällen die Grundverkehrsbehörde auf Antrag des Rechtserwerbers oder von Amts wegen mit Bescheid darüber zu entscheiden.

Nach § 24 Abs. 5 leg. cit. sind Bescheide nach den Abs. 1 bis 4 auch dem Landesgrundverkehrsreferenten zuzustellen, der dagegen Berufung erheben kann.

§ 26 GVG 1996, der die Überschrift "Grundverkehrsbehörden" trägt, lautet:

"(1) Grundverkehrsbehörde erster Instanz ist hinsichtlich der land- und forstwirtschaftlichen Grundstücke die Bezirks-Grundverkehrskommission (§ 27), hinsichtlich der Baugrundstücke die Bezirksverwaltungsbehörde.

(2) Grundverkehrsbehörde zweiter Instanz ist die Landes-Grundverkehrskommission."

Nach § 1 Abs. 1 Z. 2 GVG 1983 unterliegen den Bestimmungen dieses Gesetzes alle nicht unter Z. 1 (diese betrifft land- und forstwirtschaftliche Grundstücke) fallenden Grundstücke, wenn ein Rechtserwerb an einem solchen Grundstück

a) durch natürliche Personen, die die österreichische Staatsbürgerschaft nicht besitzen,

b) durch juristische Personen, die ihren satzungsmäßigen Sitz im Ausland haben oder deren Gesellschaftskapital bzw. Anteile am Vermögen (wie Aktien, Stammeinlagen und ähnliche Rechte) sich überwiegend in ausländischem Besitz befinden, .....

Gemäß § 2 Abs. 1 GVG 1983 hat die Grundverkehrsbehörde im Zweifel zu entscheiden, ob ein Grundstück, das Gegenstand eines Rechtserwerbes im Sinne des § 3 Abs. 1 ist, den Bestimmungen dieses Gesetzes unterliegt.

Unterliegt ein Grundstück, das Gegenstand eines Rechtserwerbes im Sinne des § 3 Abs. 1 (GVG 1983) ist, zweifelsfrei nicht den Bestimmungen dieses Gesetzes, so hat nach § 2 Abs. 2 GVG 1983 (in der Stammfassung LGBl. Nr. 69/1983) der Vorsitzende der Grundverkehrsbehörde auf Antrag einer Partei eine schriftliche Bestätigung hierüber zu erteilen, die jedenfalls auch den Namen des Rechtserwerbers zu enthalten hat. Für das Verfahren sind die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1950 anzuwenden. Gegen einen solchen Bescheid ist in sinngemäßer Anwendung des § 13 Abs. 3 erster Satz die Berufung an die Landesgrundverkehrsbehörde zulässig.

Nach § 13 Abs. 3 erster Satz GVG 1983 kann u.a. der Landesgrundverkehrsreferent gegen Entscheidungen der Grundverkehrsbehörde Berufung einbringen.

Nach § 13 Abs. 1 lit. b GVG 1983 in der im Beschwerdefall anzuwendenden Stammfassung LGBl. Nr. 69/1983 ist bei Grundstücken nach § 1 Abs. 1 Z. 2 Grundverkehrsbehörde erster Instanz eine am Sitz der örtlich zuständigen Bezirksverwaltungsbehörde einzurichtende Kommission; diese besteht aus einem rechtskundigen Beamten der Bezirksverwaltungsbehörde als Vorsitzendem sowie einem vom Gemeinderat der Gemeinde, in deren Gebiet das Grundstück liegt, und je einem von der Kammer der gewerblichen Wirtschaft für Tirol, der Kammer für Arbeiter und Angestellte für Tirol und der Bezirkslandwirtschaftskammer zu bestellenden Mitglied. Für jedes Mitglied sind die erforderlichen Ersatzmitglieder zu bestellen. Die Bestellung des Mitgliedes (Ersatzmitgliedes) durch den Gemeinderat fällt in den eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde.

Die mit der Novelle LGBl. Nr. 74/1991 erfolgte Änderung des § 13 Abs. 1 lit. b GVG 1983 trat erst mit 1. Oktober 1991 (vgl. Art. II Abs. 1 dieser Novelle), sohin nach Erlassung der erstinstanzlichen Bescheide, in Kraft.

Gemäß § 13 Abs. 2 GVG 1983 in der vorzitierten Stammfassung sind die Grundverkehrsbehörden beschlussfähig, wenn sämtliche Mitglieder oder deren Ersatzmitglieder anwesend sind. Beschlüsse sind mit Stimmenmehrheit zu fassen; Stimmenthaltung gilt als Ablehnung.

Der Verwaltungsgerichtshof geht im Hinblick auf die auch nach § 24 Abs. 5 GVG 1996 dem Landesgrundverkehrsreferenten eingeräumte Berufungsbefugnis von der Zuständigkeit der belangten Behörde zur Entscheidung über jene Berufungen aus, die der Landesgrundverkehrsreferent gegen die Bescheide der seinerzeitigen erstinstanzlichen Behörde vom 24. Juli 1991 (damals noch auf der Grundlage des § 13 Abs. 3 erster Satz GVG 1983) erhob.

Gegenstand des angefochtenen Bescheides ist einerseits die ersatzlose Aufhebung der erstinstanzlichen Bescheide vom 24. Juli 1991 wegen Unzuständigkeit und andererseits die Zurückweisung der Anträge auf Ausstellung einer Negativbestätigung bzw. auf Erteilung der grundverkehrsbehördlichen "Genehmigung" (richtig: Zustimmung) gemäß § 6 Abs. 1 AVG in Verbindung mit § 3 Abs. 1 GVG 1983 in Verbindung mit § 40 Abs. 2 GVG 1996.

Die erstinstanzlichen Entscheidungen vom 24. Juli 1991 wurden ausdrücklich jeweils auf § 2 Abs.  1 GVG 1983 gestützt. Wie aus dieser Bestimmung des GVG 1983 zu ersehen ist, war für eine Entscheidung nach § 2 Abs. 1 GVG 1983 - anders als hinsichtlich der sog. Negativbestätigung nach § 2 Abs.  2 GVG 1983, deren Erteilung nach dieser Bestimmung in die Zuständigkeit des Vorsitzenden der Grundverkehrsbehörde erster Instanz fiel - die Grundverkehrsbehörde (im Beschwerdefall als Kollegialorgan im Sinne des § 13 Abs. 1 lit. b GVG 1983) zuständig. Sowohl aus dem Kopf des erstinstanzlichen Bescheides, wo sich u.a. der Hinweis auf die "Grundverkehrsbehörde Seefeld i.T." findet, als auch aus der Fertigungsklausel "Für die Grundverkehrsbehörde: Der Vorsitzende: Dr. M." ist im Zusammenhalt mit der im Spruch erfolgten Zitierung des § 2 Abs. "1" GVG 1983 zu ersehen, dass dieser Bescheid dem nach § 13 Abs. 1 lit. b GVG 1983 zu bildenden Kollegialorgan - und nicht etwa dem Vorsitzenden derselben - zuzurechnen ist.

Der Verwaltungsgerichtshof vertritt in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, dass die Behörden ihre sachliche und örtliche Zuständigkeit gemäß § 6 Abs. 1 AVG von Amts wegen wahrzunehmen haben. Sowohl für die Behörden erster Instanz als auch für die Berufungsbehörden gilt, dass maßgebend für die Zuständigkeit zur Erlassung des jeweiligen Bescheides die im Zeitpunkt der Erlassung geltende Rechtslage ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 30. September 1998, Zl. 98/20/0220).

Nach der weiteren ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs entscheidet ein Kollegialorgan in einer nicht nach dem Gesetz vorgeschriebenen Besetzung, wenn bei der Entscheidung nicht die vorgeschriebene Zahl von Mitgliedern mitwirkt. Ein Kollegialorgan, das in unvollständiger Besetzung entscheidet, ist als unzuständige Behörde anzusehen (vgl. die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahren, Band I, 2. Auflage, S. 1459, unter E 340 zu § 68 AVG wiedergegebene hg. Judikatur).

Wie aus den den Verwaltungsakten zuliegenden Protokollen über die Sitzung der Grundverkehrsbehörde Seefeld vom 27. Februar 1991 hervorgeht, nahmen an dieser Sitzung, in der jeweils eine positive Entscheidung im Sinne der Anträge der beschwerdeführenden Partei zu § 2 Abs. 1 GVG 1983 beschlossen wurde, der Vorsitzende der Grundverkehrsbehörde und je ein Vertreter der Bezirkslandwirtschaftkammer und der Gemeinde Seefeld teil.

Nach § 13 Abs. 1 lit. b GVG 1983 in der vorzitierten Stammfassung waren aber auch je ein Vertreter der Kammer der gewerblichen Wirtschaft für Tirol und der Kammer für Arbeiter und Angestellte für Tirol Mitglieder dieses Kollegialorgans. Laut dem vorgenannten Protokoll waren weder diese Mitglieder noch deren Ersatzmitglieder bei der Sitzung der Grundverkehrsbehörde Seefeld am 27. Februar 1991 anwesend. Die an diesem Tag bezüglich der Anträge der beschwerdeführenden Partei gefassten Beschlüsse erweisen sich jedoch im Hinblick auf die Bestimmung des § 13 Abs. 2 erster Satz GVG 1983, wonach die Grundverkehrsbehörden erster Instanz dann beschlussfähig sind, wenn "sämtliche Mitglieder oder deren Ersatzmitglieder anwesend sind", als rechtswidrig, zumal sie von einem nach der damals geltenden Rechtslage in der Zusammensetzung unzuständigen Organ gefasst wurden. Die erfolgte Aufhebung der erstinstanzlichen Bescheide wegen Unzuständigkeit der erstinstanzlichen Behörde erweist sich daher im Ergebnis als rechtmäßig (vgl. die bei Walter/Thienel, a. a.O. zitierte hg. Vorjudikatur), weshalb diesbezüglich die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Anders als in dem dem hg. Erkenntnis vom 20. Dezember 2002, Zl. 99/02/0110, zugrunde liegenden Fall wurde von der belangten Behörde durch den zweiten Spruchteil des angefochtenen Bescheides, mit dem die jeweiligen Anträge auf Ausstellung einer Negativbestätigung bzw. auf Erteilung der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung gemäß § 6 Abs. 1 AVG i.V.m.

§ 3 Abs. 1 GVG 1983 i.V.m. § 40 Abs. 2 und 3 GVG 1986 zurückgewiesen wurden, keine als im Grunde des § 66 Abs. 4 AVG zu verstehende "Abänderung" der erstinstanzlichen Bescheide etwa hinsichtlich der "Negativbestätigung" vorgenommen, weil diese erstinstanzlichen Bescheide ausdrücklich jeweils nur eine Entscheidung nach § 2 Abs.  1 GVG 1983 enthielten und es daher auch nicht um die Ausstellung einer "Negativbestätigung" nach Abs. 2 dieses Paragraphen ging. Zu einer Entscheidung hinsichtlich der Zurückweisung dieser Anträge (also betreffend "Negativbestätigung" und "Genehmigung") im zweiten Spruchteil des angefochtenen Bescheides fehlte es aber der belangten Behörde an der Zuständigkeit zur Entscheidung, zumal dies nicht Gegenstand der erstinstanzlichen Bescheide und somit auch nicht Gegenstand des von der belangten Behörde zu behandelnden Berufungsverfahrens war, weshalb der angefochtene Bescheid im dargestellten Umfang gemäß § 42 Abs. 2 Z. 2 VwGG aufzuheben war.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001. Das Mehrbegehren betreffend Schriftsatzaufwand für das Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof war abzuweisen, weil hiefür nach dem VwGG eine rechtliche Deckung fehlt.

Wien, am 28. Februar 2003

Schlagworte

Anzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2003:1999020069.X00

Im RIS seit

05.05.2003
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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