TE Vwgh Erkenntnis 2003/3/18 2003/18/0011

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Veröffentlicht am 18.03.2003
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AsylG 1997 §21;
AVG §13a;
FrG 1997 §36 Abs1;
FrG 1997 §36 Abs2 Z7;
FrG 1997 §37;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Stummer, über die Beschwerde der N, geboren 1980, vertreten durch Dr. Lennart Binder, Rechtsanwalt in 1140 Wien, Hadikgasse 104, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Salzburg vom 28. November 2002, Zl. Fr-113/1/02, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

I.

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Salzburg (der belangten Behörde) vom 28. November 2002 wurde gegen die Beschwerdeführerin gemäß § 36 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 7 iVm den §§ 37 bis 39 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, ein auf drei Jahre befristetes Aufenthaltsverbot erlassen.

Nach Wiedergabe des wesentlichen Inhalts der von der Beschwerdeführerin gegen den erstinstanzlichen Bescheid der Bundespolizeidirektion Salzburg vom 7. Juni 2002 erhobenen Berufung und der maßgeblichen Gesetzesbestimmungen führte die belangte Behörde aus, dass die Beschwerdeführerin nach ihren Angaben im Oktober 2001 aus Ungarn kommend beim Grenzübergang Nickelsdorf als Insassin in einem Kleinbus illegal in das österreichische Bundesgebiet eingereist sei. Am 5. Juni 2002 habe sie bei der ehemaligen Grenzkontrollstelle "Walsberg-Autobahn" nach Deutschland ausreisen wollen. Bei einer Kontrolle durch deutsche Polizeibeamte sei festgestellt worden, dass sie nicht im Besitz des erforderlichen Einreisetitels für Deutschland sei. Sie sei daher gemäß dem österreichisch-deutschen Rückübernahmeabkommen nach Österreich rücküberstellt und hier in Schubhaft genommen worden. Diesen Sachverhalt habe sie bei ihrer Vernehmung durch Kriminalbeamte zugegeben.

Der Beschwerdeführerin wäre es unbenommen geblieben und es wäre auch logisch gewesen, sich bei tatsächlich vorliegenden Fluchtgründen ordnungsgemäß der Grenzkontrolle zu stellen und dort Asyl zu beantragen. Sie habe es jedoch vorgezogen, illegal nach Deutschland weiterzureisen, und erst nach erfolgter Rücküberstellung in Österreich - dem im angefochtenen Bescheid wiedergegebenen Berufungsvorbringen zufolge am 6. Juni 2002 - die Gewährung von Asyl beantragt.

Entgegen ihren Berufungsausführungen sei die dem erstinstanzlichen Bescheid zugrunde gelegte Mittellosigkeit im Sinn des § 36 Abs. 2 Z. 7 FrG nach wie vor gegeben. Die von der Beschwerdeführerin im Berufungsverfahren angeführten Unterstützungen durch ihre in Wien lebende Familie seien nicht geeignet, die Annahme ihrer Mittellosigkeit zu entkräften.

Auf Grund der nach wie vor bestehenden Mittellosigkeit und der damit verbundenen Gefahr der illegalen Unterhaltsmittelbeschaffung sei die in § 36 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme gerechtfertigt. Im Hinblick auf die davon ausgehende Gefährdung öffentlicher Interessen komme die Berufungsbehörde bei der ihr auferlegten Ermessensübung zum Ergebnis, dass im Interesse eines geordneten Fremdenwesens von der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes nicht habe Abstand genommen werden können.

Durch die Erlassung des Aufenthaltsverbotes werde auf Grund der starken familiären Bindungen der Beschwerdeführerin in Österreich stark in ihr Privat- oder Familienleben im Sinn des § 37 FrG eingegriffen. Diese familiären Bindungen würden allerdings dadurch relativiert, dass sie sich erst seit einem kurzen Zeitraum im Bundesgebiet befinde und sich ihre Integration nur auf die in Wien lebende Familie beziehe. Die öffentlichen Interessen am ordnungsgemäßen Vollzug des Fremdenwesens seien sehr hoch zu bewerten und wögen schwerer als die Auswirkungen auf ihre persönliche Situation.

Entgegen der Erstbehörde, die die Gültigkeitsdauer des Aufenthaltsverbotes mit fünf Jahren festgesetzt habe, vertrete die belangte Behörde die Auffassung, dass eine Befristung auf drei Jahre als ausreichend und zweckmäßig anzusehen sei.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, in eventu Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Gemäß § 36 Abs. 1 FrG kann gegen einen Fremden ein Aufenthaltsverbot erlassen werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen eine der in den Z. 1 und 2 umschriebenen Annahmen gerechtfertigt ist.

Gemäß § 36 Abs. 2 leg. cit. hat als bestimmte Tatsache im Sinn des Abs. 1 insbesondere zu gelten, wenn ein Fremder (Z. 7) den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermag, es sei denn, er wäre rechtmäßig zur Arbeitsaufnahme eingereist und innerhalb des letzten Jahres im Inland mehr als sechs Monate einer erlaubten Erwerbstätigkeit nachgegangen.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. etwa das Erkenntnis vom 6. November 2001, Zl. 99/18/0310, mwN) hat der Fremde initiativ, untermauert durch Vorlage entsprechender Bescheinigungsmittel, nachzuweisen, dass er nicht bloß über Mittel zur kurzfristigen Bestreitung seines Unterhaltes verfügt, sondern dass sein Unterhalt für die beabsichtigte Dauer seines Aufenthaltes gesichert erscheint.

2. Gegen die im angefochtenen Bescheid getroffene Annahme der Mittellosigkeit der Beschwerdeführerin - d.h., dass sie den Besitz der Mittel zu ihrem Unterhalt nicht habe nachweisen können (vgl. § 36 Abs. 2 Z. 7 leg. cit.) - und gegen die Auffassung der belangten Behörde, dass die von der Beschwerdeführerin im Verwaltungsverfahren angeführten Unterstützungen durch ihre in Wien lebenden Familienangehörigen diese Annahme nicht entkräften könnten, bringt die Beschwerde lediglich vor, dass die Beschwerdeführerin durch ihre Verwandten unterstützt werde.

Diesem Vorbringen ist zu entgegnen, dass Unterstützungsleistungen, auf die kein Rechtsanspruch besteht, zur Dartuung ausreichender Unterhaltsmittel nicht geeignet sind (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 28. Jänner 2003, Zl. 2002/18/0304, mwN). Dass die Beschwerdeführerin einen solchen Rechtsanspruch habe, wird von der Beschwerde nicht behauptet. Von daher ist das weitere Beschwerdevorbringen, die Beschwerdeführerin habe nicht die Möglichkeit gehabt, im Verfahren durch entsprechende Nachweise darzulegen, dass sie von Verwandten unterstützt würde, nicht zielführend.

Wenn die Beschwerde rügt, dass die Behörde die Beschwerdeführerin nicht zu einer entsprechenden Ergänzung ihres Vorbringens veranlasst habe, so zeigt sie damit schon deshalb keinen Verfahrensmangel auf, weil es - abgesehen davon, dass sie nicht ausführt, welches ergänzende Vorbringen die Beschwerdeführerin erstattet hätte, und sie somit die Relevanz des behaupteten Verfahrensmangels nicht dartut - unter dem Blickwinkel des § 13a AVG nicht Aufgabe der Behörde ist, die Partei zu beraten, welches materielle Vorbringen sie zur Wahrung ihrer Rechte zu erstatten habe, oder zur Stellung bestimmter Beweisanträge anzuleiten (vgl. etwa das hg. Erkenntnis 21. September 2000, Zl. 99/18/0283, mwN).

Unter Zugrundelegung dieser Erwägungen kann somit die Ansicht der belangten Behörde, dass der Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z. 7 FrG verwirklicht sei, nicht als rechtswidrig erkannt werden.

3.1. Die Beschwerde bringt weiters vor, dass die Beschwerdeführerin versucht habe, Österreich zu verlassen, sodass sie die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit nicht habe gefährden können. Ihr Aufenthalt im Bundesgebiet sei nicht auf ihre freie Willensentscheidung, sondern auf ihre Rückübernahme durch die österreichischen Behörden zurückzuführen. Auch dürfe sie nicht arbeiten und könne ihr ein Verschulden, das in sämtlichen, ein Aufenthaltsverbot gemäß § 36 FrG rechtfertigenden Tatbeständen normiert sei, nicht angelastet werden.

3.2. Nach den im angefochtenen Bescheid getroffenen, insoweit unbestrittenen Feststellungen stellte die Beschwerdeführerin nach erfolgter Rückstellung von Deutschland in Österreich - dem im angefochtenen Bescheid zitierten Berufungsvorbringen zufolge am 6. Juni 2002 - den Antrag auf Asylgewährung, wobei laut dem Beschwerdevorbringen das Asylverfahren noch nicht beendet sei. Aus dieser Antragstellung ergibt sich im Hinblick darauf, dass Asyl ein dauerndes Einreise- und Aufenthaltsrecht ist (vgl. § 1 Z. 2 Asylgesetz 1997), die Absicht der Beschwerdeführerin, sich weiter im Bundesgebiet aufzuhalten.

In Anbetracht der aus der Mittellosigkeit resultierenden Gefahr der illegalen Mittelbeschaffung und einer finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft (vgl. nochmals das vorzitierte Erkenntnis Zl. 2002/18/0304) begegnet die Ansicht der belangten Behörde, dass die in § 36 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme gerechtfertigt sei, keinen Bedenken.

Wenn die Beschwerde vorbringt, dass die Beschwerdeführerin in Österreich nicht arbeiten dürfe, so spricht dies nicht gegen die Annahme im vorgenannten Sinn. Im Übrigen ist für die Verwirklichung der in § 36 Abs. 1 FrG umschriebenen Annahme - wie auch des Tatbestandes nach § 36 Abs. 2 Z. 7 leg. cit. - nicht Voraussetzung, dass dem Fremden das Fehlen des Besitzes von ausreichenden Unterhaltsmitteln vorwerfbar ist und ihn ein Verschulden an seiner Situation trifft.

4. Ferner kann die - von der Beschwerde unbekämpfte - Ansicht der belangten Behörde, dass § 37 Abs. 1 und Abs. 2 FrG der Verhängung des Aufenthaltsverbotes nicht entgegenstehe, nicht als unzutreffend erkannt werden.

5. Schließlich zeigt die Beschwerde auch mit dem - nicht näher konkretisierten - Hinweis auf § 21 Asylgesetz 1997 keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf.

Gemäß § 21 Abs. 1 leg. cit. findet auf Asylwerber - soweit im Folgenden nicht anderes festgelegt wird - das FrG insgesamt Anwendung, die §§ 33 Abs. 2, 36 Abs. 2 Z. 7, 55 und 61 bis 63 FrG jedoch nicht auf Asylwerber mit vorläufiger Aufenthaltsberechtigung, sofern sie

1. den Antrag außerhalb einer Vorführung persönlich beim Bundesasylamt eingebracht haben;

2. den Antrag anlässlich der Grenzkontrolle oder anlässlich eines von ihnen sonst mit einer Sicherheitsbehörde oder einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes aufgenommenen Kontaktes gestellt haben.

Nach den insoweit unbestrittenen Feststellungen im angefochtenen Bescheid stellte sich die Beschwerdeführerin bei ihrer Einreise in Österreich nicht der Grenzkontrolle, sondern reiste sie illegal weiter nach Deutschland und stellte erst nach ihrer Rücküberstellung gemäß dem österreichisch-deutschen Rückübernahmeabkommen nach Österreich, wo sie in Schubhaft genommen wurde, einen Asylantrag. Weder aus dem Beschwerdevorbringen noch dem angefochtenen Bescheid ergibt sich, dass ihr eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz 1997 zukomme und sie den Asylantrag in der in § 21 Abs. 1 Z. 1 oder 2 leg. cit. dargestellten Weise gestellt habe.

Die weiteren Anordnungen des § 21 leg. cit., nämlich Abs. 2, nach dessen erstem Halbsatz ein Asylwerber nicht in den Herkunftsstaat zurückgewiesen und überhaupt nicht zurückgeschoben oder abgeschoben werden darf, und Abs. 3, enthalten keine Regelung, wonach die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen einen Asylwerber unzulässig wäre.

Von daher ist der lapidare Beschwerdehinweis auf § 21 leg. cit. nicht zielführend.

6. Da somit bereits der Beschwerdeinhalt erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 18. März 2003

Schlagworte

Verfahrensgrundsätze im Anwendungsbereich des AVG Offizialmaxime Mitwirkungspflicht Manuduktionspflicht VwRallg10/1/1

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2003:2003180011.X00

Im RIS seit

06.05.2003
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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