TE Vwgh Erkenntnis 2003/3/18 99/18/0152

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Veröffentlicht am 18.03.2003
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Index

19/05 Menschenrechte;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

FrG 1997 §14 Abs2;
FrG 1997 §33 Abs1;
FrG 1997 §37 Abs1;
MRK Art8 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Stummer, über die Beschwerde des Z, geboren 1965, vertreten durch Dr. Marcella Zauner-Grois und Dr. Christof Dunst, Rechtsanwälte in 1010 Wien, Rathausstraße 19, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 26. Februar 1999, Zl. SD 64/99, betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 26. Februar 1999 wurde der Beschwerdeführer, ein jugoslawischer Staatsangehöriger, gemäß § 33 Abs. 1 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, ausgewiesen.

Der Beschwerdeführer habe sich auf Grund ihm erteilter Sichtvermerke und Aufenthaltsbewilligungen seit 1990 bis zum 28. Februar 1996 rechtmäßig im Bundesgebiet befunden. Seine Anträge vom 5. April 1996, 24. Dezember 1996 und 3. Juni 1997 auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung seien rechtskräftig abgewiesen worden. Da er nicht mehr in den Besitz eines Aufenthaltstitels gelangt sei, sei sein Aufenthalt seit 1. März 1996 unrechtmäßig. Dieses Fehlverhalten beeinträchtige die öffentliche Ordnung in erheblichem Maß, sodass seine Ausweisung - vorbehaltlich der Bestimmung des § 37 Abs. 1 FrG - im Grund des § 33 Abs. 1 leg. cit. gerechtfertigt sei.

Daran habe auch das Berufungsvorbringen nichts ändern können. Zunächst stehe es mit der Aktenlage in Widerspruch, wenn der Beschwerdeführer behaupte, dass er jedenfalls immer wieder Aufenthaltsbewilligungen bekommen hätte, wenn er nicht versehentlich verspätet deren Verlängerung beantragt hätte. Aus einer Niederschrift vom 8. Jänner 1996 vor der Bezirkshauptmannschaft Bludenz gehe hervor, dass er zum damaligen Zeitpunkt keine Beschäftigungsbewilligung mehr gehabt und auf Grund seiner Mittellosigkeit eine einmalige soziale Hilfeleistung in der Höhe von S 2.000,-- zur Bestreitung der Fahrtkosten für die Heimfahrt und zum Kauf von Lebensmitteln beantragt habe. Diese Umstände seien mit der Behauptung, ihm wäre - bei rechtzeitiger Antragstellung - "jedenfalls" eine weitere Aufenthaltsbewilligung erteilt worden, nicht vereinbar. Darüber hinaus sei von ihm in Kenntnis dieser Umstände - sofern seine Angaben der Wahrheit entsprächen - die Heimreise in seinen Heimatstaat bereits beabsichtigt gewesen. Er gehe bis heute keiner (erlaubten) Beschäftigung nach und verfüge laut seinen Angaben vom 10. Oktober 1998 offenbar über keine eigenen Unterhaltsmittel.

Der Beschwerdeführer sei verheiratet und für drei Kinder sorgepflichtig. Wie die Bundespolizeidirektion Wien (die Erstbehörde) zutreffend festgestellt habe, seien diese Familienangehörigen ebenfalls nicht im Besitz eines Aufenthaltstitels. Dieser Umstand habe daher seinem Interesse an einem weiteren Verbleib im Bundesgebiet kein wesentliches Gewicht verleihen können. Es sei zwar zweifelsfrei von einem mit der Ausweisung verbundenen Eingriff in sein Privat- bzw. Familienleben auszugehen gewesen, dieser Eingriff sei jedoch zulässig, weil er zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten sei. Den die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften und deren Befolgung durch den Normadressaten komme aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung ein sehr hoher Stellenwert zu. Der Beschwerdeführer sei rechtens nicht in der Lage, eine Aufenthaltsberechtigung im Bundesgebiet zu erlangen und seinen Aufenthalt dadurch zu legalisieren. Die dadurch bewirkte Beeinträchtigung des hoch zu veranschlagenden maßgeblichen öffentlichen Interesses an der Wahrung eines geordneten Fremdenwesens sei von solchem Gewicht, dass die gegenläufigen privaten und familiären Interessen jedenfalls nicht höher zu bewerten gewesen seien als das Interesse der Allgemeinheit an seiner Ausreise aus dem Bundesgebiet. Es liefe dem öffentlichen Interesse an einem geordneten Fremdenwesen grob zuwider, wenn ein Fremder auf diese Weise den Aufenthalt im Bundesgebiet auf Dauer erzwingen könnte.

Da sonst keine besonderen, zugunsten des Beschwerdeführers sprechenden Umstände gegeben gewesen seien, habe die belangte Behörde angesichts des zu Grunde liegenden Sachverhalts von der Ausweisung auch nicht im Rahmen des ihr zustehenden Ermessens Abstand nehmen können.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, der Sache nach Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Begehren, ihn aus diesen Gründen aufzuheben.

3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Die Beschwerde wendet sich nicht gegen die Feststellung der belangten Behörde, dass dem Beschwerdeführer nur bis zum 28. Februar 1996 Sichtvermerke und Aufenthaltsbewilligungen erteilt worden seien und seine danach gestellten Anträge auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung (rechtskräftig) abgewiesen worden seien. Von daher begegnet die Auffassung der belangten Behörde, dass vorliegend die Voraussetzung des § 33 Abs. 1 FrG erfüllt sei, keinen Bedenken.

2. Mit Blick auf die im angefochtenen Bescheid getroffene Beurteilung gemäß § 37 Abs. 1 FrG bringt die Beschwerde vor, dass der Beschwerdeführer von November 1976 bis 1978 in Österreich die Schule besucht habe und er sich nicht erst seit 1990, sondern bereits seit Winter 1989 - somit mittlerweile seit 9 1/2 Jahren - in Österreich aufhalte. Wenn er auch seit Februar 1996 über keinen Sichtvermerk mehr verfüge, so wäre ein Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung im Sinn des FrG als solcher auf Erteilung einer weiteren Niederlassungsbewilligung zu behandeln und im Hinblick darauf, dass der Beschwerdeführer Österreich nicht verlassen habe, eine Antragstellung im Inland zulässig. Die Argumentation der belangten Behörde, dass er rechtens nicht in der Lage sei, eine Aufenthaltsberechtigung im Bundesgebiet zu erlangen, sei nicht weiter begründet und rechtswidrig. Es sei daher auch die von der belangten Behörde vorgenommene "Ermessensabwägung" unrichtig vorgenommen worden.

3.1. Der Beschwerdeführer brachte im erstinstanzlichen Verfahren über Aufforderung, zur beabsichtigten Erlassung einer Ausweisung Stellung zu nehmen, mit Schreiben vom 10. Oktober 1998 (u.a.) vor, dass er, nachdem er als Kind mit seinen Eltern in seine Heimat zurückgereist sei, "in den Jahren 1990" wieder nach Österreich gekommen sei. Die daraufhin von der Erstbehörde im erstinstanzlichen Bescheid getroffene Feststellung, dass er sich seit 1990 im Bundesgebiet befinde, wurde von ihm in seiner dagegen erhobenen Berufung nicht als unrichtig bestritten, sondern es wurde darin von ihm vorgebracht, dass seine "lange Anwesenheit ... richtig ist". Bei der erstmals in der Beschwerde aufgestellten Behauptung des Beschwerdeführers, dass er sich bereits seit (Winter) 1989 in Österreich aufhalte, handelt es sich daher um eine im verwaltungsgerichtlichen Verfahren unzulässige und daher unbeachtliche Neuerung (vgl. § 41 Abs. 1 VwGG). Die im angefochtenen Bescheid - auch unter Verweisung auf die Begründung des erstinstanzlichen Bescheides - getroffene Feststellung, dass der Beschwerdeführer (erst) seit 1990 im Bundesgebiet aufhältig sei, begegnet somit keinen Bedenken.

3.2. Die belangte Behörde hat dem Beschwerdeführer seinen langjährigen Aufenthalt im Bundesgebiet seit 1990, der bis 28. Februar 1996 rechtmäßig war, und seine familiären Bindungen zu seiner Ehegattin und seinen drei Kindern, die sich offensichtlich ebenso im Inland aufhalten - in diese Richtung sind die Ausführungen im angefochtenen Bescheid, dass diese Familienangehörigen ebenfalls nicht im Besitz eines Aufenthaltstitels seien, zu deuten - zugute gehalten und einen mit der Ausweisung verbundenen relevanten Eingriff in sein Privat- und Familienleben im Sinn des § 37 Abs. 1 FrG angenommen. Wenn sie - unter gebührender Beachtung dieser persönlichen Interessen - das hier maßgebliche öffentliche Interesse an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften durch den Normadressaten für so gewichtig erachtet hat, dass die Ausweisung des Beschwerdeführers dringend geboten sei, so kann dies nicht als rechtswidrig erkannt werden, kommt doch dem besagten öffentlichen Interesse aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zu (vgl. aus der ständigen hg. Rechtsprechung etwa das Erkenntnis vom 17. September 2002, Zl. 2002/18/0147, mwN). Dieses maßgebliche öffentliche Interesse hat der Beschwerdeführer durch seinen unrechtmäßigen Aufenthalt in der Dauer von rund drei Jahren gravierend beeinträchtigt, zumal er - was die Beschwerde nicht in Abrede stellt - seinen unrechtmäßigen Aufenthalt trotz rechtskräftiger Abweisung seiner in den Jahren 1996 und 1997 gestellten Anträge auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung fortgesetzt hat. Dem gegenüber treten die persönlichen Interessen des Beschwerdeführers in den Hintergrund, werden doch diese in ihrem Gewicht dadurch maßgeblich gemindert, dass sie auf einen Aufenthalt im Inland zurückzuführen sind, der zu einem beträchtlichen Teil, nämlich zu mehr als einem Drittel, unrechtmäßig war. An dieser Beurteilung vermag der in der Beschwerde behauptete Umstand, dass sich der Beschwerdeführer schon früher einmal, nämlich als Kind in den Siebzigerjahren, in Österreich aufgehalten habe, nichts zu ändern. Darüber hinaus werden die aus einem Aufenthalt seiner Ehegattin und seiner minderjährigen Kinder im Bundesgebiet resultierenden persönlichen Interessen dadurch relativiert, dass diese Familienangehörigen - was von der Beschwerde nicht bestritten wird - über keinen Aufenthaltstitel verfügen.

Angesichts des unrechtmäßigen Aufenthalts des Beschwerdeführers in der Dauer von rund drei Jahren ist für seinen Standpunkt auch damit nichts gewonnen, dass er gemäß § 14 Abs. 2 FrG einen Antrag auf Erteilung eines (weiteren) Aufenthaltstitels im Inland stellen dürfte, zumal die Beschwerde auch nicht behauptet, dass ein solcher Antrag überhaupt gestellt worden sei. Von daher ist das Beschwerdevorbringen, die Auffassung der belangten Behörde, dass der Beschwerdeführer seinen Aufenthalt im Bundesgebiet nicht legalisieren könnte, sei rechtswidrig, nicht zielführend.

4. Schließlich kann der Verwaltungsgerichtshof auch nicht finden, dass der belangten Behörde bei ihrer Entscheidung ein (materieller) Ermessensfehler unterlaufen wäre, macht doch die Beschwerde nichts geltend, was gewichtig gegen die Ausweisung des Beschwerdeführers spräche, und treten auch weder aus dem angefochtenen Bescheid noch dem übrigen Inhalt der vorgelegten Verwaltungsakten Aspekte hervor, die eine Ausübung des der belangten Behörde gemäß § 33 Abs. 1 FrG eingeräumten Ermessens zugunsten des Beschwerdeführers geboten hätten.

5. Die Beschwerde erweist sich sohin als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

6. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.

Wien, am 18. März 2003

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2003:1999180152.X00

Im RIS seit

05.05.2003
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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