Index
E3R E02100000;Norm
31992R2913 ZK 1992 Art239 Abs1;Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 2002/16/0143 2002/16/0144Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Steiner und Dr. Fellner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Stummer, über die Beschwerde der W GmbH in H, vertreten durch Doralt Seist Csoklich Rechtsanwalts-Partnerschaft in Wien IX, Währinger Straße 2-4, gegen die Bescheide des Berufungssenates III der Region Wien vom 27. März 2002, Zlen. 1) GZ. ZRV/62-W3/01,
2) GZ. ZRV/63-W3/01 und 3) GZ. ZRV/64-W3/01, je betreffend Erstattung von Eingangsabgaben, zu Recht erkannt:
Spruch
Die angefochtenen Bescheide werden wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 3.264,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin begehrte betreffend diverse, im Wege von Vormerkscheinen durchgeführte Ein- und Wiederausfuhren (zur aktiven Veredelung) im Jahr 2000 die Erstattung der Abgaben gemäß Art. 239 ZK mit der Begründung, es sei irrtümlich bei der Verwendung einer Speicherschreibmaschine betreffend die Wiederausfuhr der Verfahrenscode "T2" anstatt des Codes "T1" abgerufen worden. Darin sei keine "offensichtliche" Fahrlässigkeit gelegen.
Das Hauptzollamt Linz wies die Erstattungsanträge mit Bescheiden vom 22. Mai 2001 ab, wobei die Abweisung jeweils wie folgt begründet wurde:
"Zunächst ist festzustellen, dass bereits im Jahr 2000 drei gleichartige Verfahrensfehler, nämlich dass anlässlich der Wiederausfuhr von im Verfahren der aktiven Veredelung sich befindenden Nichtgemeinschaftswaren ein Versandschein T2 durch die Erstattungswerberin ausgestellt wurde, begangen wurden (vergleiche hierzu die Verwaltungsakten des Hauptzollamts Linz, Zahlen: 533/2079/2000, 533/2080/2000, 533/2081/2000).
Das Hauptzollamt Linz konnte keinerlei Anhaltspunkte feststellen, die auf ein betrügerisches Vorgehen der Erstattungsweberin schließen lassen. Es ist aber der Schwarzmüller GesmbH vorzuwerfen, dass bereits in den oben angeführten Fällen des Jahres 2000 schwer wiegende Verfahrensfehler begangen wurden. Somit handelt es sich in verfahrensgegenständlicher Angelegenheit um kein erstmaliges, allenfalls entschuldbares, sondern um ein zweifelsfrei wiederholtes Fehlverhalten.
Es ist des Weiteren festzustellen, dass im Jahr 2001 insgesamt 29 Vorgänge betreffend Wiederausfuhren von Veredelungserzeugnissen einer zollamtlichen Prüfung unterzogen wurden. Hierbei wurde festgestellt, dass bei 21 Vorgängen Verfahrensfehler unterlaufen sind (es wurde ein falscher Verfahrenscode angeführt). Diese Verfahrensfehler sind zwar an sich nicht so gravierend, sodass diese im Sinne des Art. 204 ZK in Verb. mit Art. 859 ZK-DVO nachgesehen wurden. Diese Verfahrensfehler sind jedoch als deutliches Indiz dafür zu werten, dass die Verfahrensvorschriften außer Acht gelassen wurden.
Das Hauptzollamt Linz erblickt jedoch im Zusammenhalt mit dem Außerachtlassen der Verfahrensvorschriften in 21 Vorgängen in den drei Vorgängen, welche zur Zollschuldentstehung gemäß Art. 203 ZK iVm Art. 865 ZK-DVO führten, eine offensichtliche Fahrlässigkeit des Beteiligten.
In diesem Zusammenhang ist auch auf den Rechtssatz des OGH, GZ. 7 OB 54/79, zu verweisen:
Eine Reihe jeweils für sich allein nicht grob fahrlässiger Fehlhandlungen kann in ihrer Gesamtheit grobe Fahrlässigkeit begründen. Voraussetzung hierfür ist aber, dass sie in ihrer Gesamtheit als den Regelfall weit übersteigende Sorglosigkeit anzusehen sind.
Es erscheint auch nicht vermessen, die Erstattungswerberin auf Grund der Erteilung der Bewilligung zur Anmeldung der Waren im Anschreibeverfahren, Bewilligung zur Sammelanmeldung und Bewilligung als zugelassener Versender, durch den Bescheid des Hauptzollamts Linz vom 05-10-99, Zahl. 500/10417/99-61/BR, mit einem berufsmäßigen Zollanmelder zu vergleichen. Mit der Erteilung dieser Begünstigungen und Verfahrensvereinfachungen durch die Zollbehörde ist jedenfalls auch verbunden, dass die Zollvorschriften auch tatsächlich beachtet werden.
Berufsmäßigen Zollanmeldern ist die Kenntnis der zu erfüllenden Verfahrensvorschriften stets zu unterstellen. Es ist nicht erforderlich, dass sie sich bereits zuvor in einer entsprechenden Lage befunden haben und infolge dessen unterrichtet waren. Gleiches muss für entsprechend ausgestattete Unternehmen gelten. Anders als bei den übrigen Beteiligten bedarf es in diesen Fällen keiner ausdrücklichen Belehrung noch eines Wiederholungsfalles (vergleiche dazu, Witte, Kommentar zum Zollkodex, Art. 204, RZ 39).
Es wird in diesem Zusammenhang zwar eingeräumt, dass die Erstattungswerberin keine berufsmäßige Zollanmelderin ist, jedoch muss ihr hinsichtlich der vom Hauptzollamt Linz durch Bescheid zugestandenen Bewilligungen und Verfahrenserleichterungen eine genaue Kenntnis eben dieser Verfahren und Verfahrensvorschriften unterstellt werden. Eine grobe Verletzung dieser Verfahrensvorschriften, wie die Erstellung eines Versandsandscheines T2 für Nichtgemeinschaftswaren, kann daher nur als offensichtliche Fahrlässigkeit betrachtet werden.
Der EuGH führt zur offensichtlichen Fahrlässigkeit in der Rechtssache C-48/98 aus:
Bei der Beantwortung der Frage, ob offensichtliche Fahrlässigkeit vorliegt, ist insbesondere auf die Komplexität der Vorschriften, deren Nichterfüllung die Zollschuld begründet, sowie auf die Erfahrung und die Sorgfalt des Wirtschaftsteilnehmers abzustellen.
Von einer Kenntnis der Komplexität der zu beachtenden Vorschriften durch die Erstattungswerberin ist auf Grund der Gewährung der Verfahrenserleichterungen durch den Bescheid des Hauptzollamtes Linz vom 05-10-1999, Zahl. 500/10417/99-61/BR, auf jeden Fall auszugehen.
Hinsichtlich der Erfahrung des Wirtschaftsteilnehmers ist zu untersuchen, ob er im Wesentlichen im Einfuhr- und Ausfuhrgeschäft tätig ist und ob er bereits über eine gewisse Erfahrung mit der Durchführung dieser Geschäfte verfügt. Von einer derartigen Erfahrung kann auf jeden Fall ausgegangen werden, da die Erstattungswerberin bereits über mehrjährige Erfahrung in der Zollabwicklung verfügt. Was die Sorgfalt des Wirtschaftsteilnehmers betrifft, muss sich dieser, sobald er Zweifel an der richtigen Anwendung der Vorschriften hat, deren Nichterfüllung eine Abgabenschuld begründen kann, nach Kräften informieren, um die jeweiligen Vorschriften nicht zu verletzten.
In der Erstellung eines T2-Versandscheines für Nichtgemeinschaftswaren ist auf jeden Fall eine grobe Sorgfaltsverletzung auch dahingehend zu erblicken, dass sich der Wirtschaftsbeteiligte nicht im Sinne dieser Ausführungen bei einer Zollbehörde oder bei einer anderen fachkundigen Person informiert hat, um einen drohenden Rechtsnachteil abzuwenden.
Es ist weiters auszuführen, dass einer Stattgabe des Erstattungsantrages auch die Rechtsstruktur des Zollkodex zuwiderlaufen würde. Im Hinblick auf die große Bedeutung des Außenhandels bringt der Zollkodex eine verhältnismäßig große Anzahl von Verfahrenserleichterungen (Reduktion von Zollförmlichkeiten und Kontrollen). Zum Ausgleich dafür ist nicht nur das Zollschuldrecht äußerst rigoros gehalten, sondern auch die Verfahrensvorschriften müssen dann, wenn schon Erleichterungen gewährt werden, genau beachtet werden, da ansonsten der Rechtsfriede zwischen den Beteiligten (Zollbehörde und Abgabenpflichtiger) nicht gewährleistet ist.
Des Weiteren ist auch festzustellen, dass die Erstattungswerberin im Erlassverfahren die Beweislast für ihr Nichtverschulden trägt. Die Erstattungswerberin hat einwandfrei und unter Anschluss jeglichen Zweifels das Vorliegen jener Umstände darzutun, dass sie kein die Erstattung ausschließendes Verschulden trifft. Sie trifft praktisch eine erhöhte Mitwirkungspflicht.
Das Hauptzollamt Linz vertritt den Standpunkt, dass die Erstattungswerberin dieser ihr obliegenden erhöhten Mitwirkungspflicht in der Vorhaltsbeantwortung vom 15-05-2001 nicht ausreichend nachgekommen ist, da sie nicht einwandfrei und unter Vorlage von Nachweisen dargelegt hat, dass die Wiederausfuhren von Veredelungswaren im Normalfall korrekt d.h. unter Beachtung der Verfahrensvorschriften durchgeführt werden und es sich beim verfahrensgegenständlichen Fall um einen Ausnahmefall gehandelt hat, der auf einem Arbeitsfehler beruht.
Der Erstattungswerberin ist daher Sorgfaltsverletzung in objektiver und subjektiver Hinsicht vorzuwerden. Die Erstattungswerberin muss daher die Folgen ihrer auffallenden Sorglosigkeit, nämlich den Zoll mangels Erfüllung einer zwingenden Voraussetzung des Art. 239 ZK iVm Art. 890 und 900 Abs. 1 lit. o) ZK-DVO entrichten zu müssen, tragen.
Im übrigen ist noch festzustellen, dass im Zuge des Berufungsverfahrens kein entsprechender Ursprungsnachweis (Warenverkehrsbescheinigung) vorgelegt wurde, sodass auch eine weitere Voraussetzung für die Gewährung der Erstattung der Einfuhrabgabe Zoll nicht erfüllt ist."
Dagegen legte die Beschwerdeführerin den Rechtsbehelf der Berufung ein, wobei sie u.a. folgendes vorbrachte:
"Zur Anschuldigung der groben Fahrlässigkeit möchten wir folgende Stellungnahme abgeben.
Wir führten sämtliche Fahrzeuge bis zur Reparatur unserer Speicherschreibmaschine mit T1 aus.
Nach der Reparatur wurde irrtümlich T2 eingespeichert.
Warum der Fehler nicht früher bemerkt wurde, führen wir auf Arbeitsüberlastung zurück.
Als Beweis legen wir Kopien der Ausfuhren bei.
Des Weiteren sollte berücksichtigt werden, dass die Fa. Schwarzmüller einer der größten Arbeitgeber im Bezirk Schärding ist.
Durch die zur Zeit durchgeführte Erweiterung der Betriebsstätte in Hanzing, werden wieder ca. 100 neue Arbeitsplätze geschaffen.
Um mit den Mitbewerbern, die ihre Fertigung größtenteils nach Osteuropa ausgelagert haben, wettbewerbsfähig zu bleiben, bitten wir Sie, von einer Erhebung der Zollschuld Abstand zu nehmen.
Außerdem haben wir mit Anfang des Jahres die Vormerkung von Fahrzeugen eingestellt.
Sämtliche Fahrzeuge werden nach Österreich eingeführt und nach erfolgtem Aufbau wieder ausgeführt."
Die Berufungen wurden vom Hauptzollamt Linz mit Berufungsvorentscheidungen vom 19. Juni 2001 abgewiesen, wobei sich dazu jeweils - auszugsweise - folgende Begründung findet:
"Es ist dazu festzustellen, dass bereits im Jahr 2000 drei gleichartige Verfahrensfehler, nämlich dass anlässlich der Wiederausfuhr von im Verfahren der aktiven Veredelung sich befindenden Nichtgemeinschaftswaren ein Versandschein T2 durch die Berufungswerberin ausgestellt wurde, begangen wurden (vergleiche hierzu die Verwaltungsakten des Hauptzollamtes Linz, Zahlen: 533/2079/2000, 533/2080/2000, 533/2081/2000).
Es handelt sich somit bei dem in diesem Verfahren zu beurteilenden Sachverhalt eindeutig um einen Wiederholungsfall.
Die grobe (=offensichtliche) Fahrlässigkeit ist unter Beachtung der Besonderheiten des Einzelfalls zu prüfen. Wiederholte Verstöße gegen die Zollvorschriften sprechen für das Vorliegen von offensichtlicher Fahrlässigkeit. (vergleiche dazu Witte, Kommentar zum Zollkodex, Art. 204, Rz 37).
In diesem Licht ist auch das Vorbringen der Berufungswerberin zu betrachten, dass es nach einer Reparatur der Speicherschreibmaschine zu einer falschen Programmierung dieser gekommen sei. Diese falsche Programmierung der Speicherschreibmaschine kann nicht die einzige Ursache für die Missachtung der Zollvorschriften gewesen sein, da es sich um einen Wiederholungsfall handelt.
Auch das Vorbringen, dass es sich bei der Berufungswerberin um einen der größten Arbeitgeber im Bezirk Schärding handle, ist rechtlich für den Ausgang des Berufungsverfahrens ohne Belang.
Zum weiteren Vorbringen, dass die Berufungswerberin die 'Vormerkung von Fahrzeugen' mit Beginn des Jahres 2001 eingestellt habe, ist festzustellen, dass dieses Argument für das Berufungsverfahren ohne Bedeutung ist, da sich der maßgebliche und rechtlich zu beurteilende Sachverhalt bereits im Jahr 2000 ereignet hat.
Im angefochtenen Bescheid konnte keine Rechtswidrigkeit erblickt werden.
Die Berufung ist daher als unbegründet abzuweisen."
Die dagegen erhobenen Beschwerden wurden von der belangten Behörde mit den im Kopf dieses Erkenntnisses näher bezeichneten Bescheiden als unbegründet abgewiesen.
Die belangte Behörde begründet ihre Bescheide jeweils wie folgt:
"Hinsichtlich der im vorliegenden Fall anzuwendenden Rechtsvorschrift wird auf den Bescheid und die in Beschwerde gezogene Berufungsvorentscheidung verwiesen.
Das Hauptzollamt Linz erkannte zu Recht die in Art. 899 erster Anstrich ZK-DVO normierte Voraussetzung des Nichtvorliegens einer offensichtlichen Fahrlässigkeit des Beteiligten als nicht gegeben, wobei die angeführte wiederholte Ausstellung von einem Versandschein T2 für Nichtgemeinschaftswaren, neben anderen Verstoßen gegen die Zollvorschriften vom erkennenden Senat als eindeutiger Beweis für das Vorliegen von offensichtlicher Fahrlässigkeit zu werden ist. Selbstverständlich spricht auch die der Erstattungswerberin zu Zl. 500/10417/99-61 mit Bescheid des Hauptzollamtes Linz vom 5. Oktober 1999 erteilte Bewilligung und damit die verfahrensrechtliche Stellung der Bf. unzweifelhaft für das Vorliegen der offensichtlichen Fahrlässigkeit.
Das Vorliegen eines Ursprungsnachweises für alle Fahrzeuge sowie das übrige Vorbringen in der Beschwerde sind nicht geeignet einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeizuführen. Im Übrigen darf auf die ausführlichen Begründungen im die Erstattung abweisenden Bescheid und der Berufungsvorentscheidung des Hauptzollamts Linz verwiesen werden.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden."
Gegen diese Bescheide richtet sich die vorliegende Verwaltungsgerichtshofbeschwerde wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes bzw. Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht auf Erstattung verletzt, wobei sie auch vor dem Verwaltungsgerichtshof primär geltend macht, der nach einer Reparatur ihrer Speicherschreibmaschine aufgetretene Fehler rechtfertige nicht die Annahme einer offensichtlichen Fahrlässigkeit.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet begehrt wird.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Art. 239 Abs. 1 ZK lautet auszugsweise:
"(1) Einfuhr- oder Ausfuhrabgaben können in anderen als den in den Artikeln 236, 237 und 238 genannten Fällen erstattet oder erlassen werden; diese Fälle
-
werden nach dem Ausschlussverfahren festgelegt;
-
ergeben sich aus Umständen, die nicht auf betrügerische Absicht oder offensichtliche Fahrlässigkeit des Beteiligten zurückzuführen sind. ..."
Art. 899 ZK-DVO lautet auszugsweise:
"Wenn die Entscheidungszollbehörde, bei der ein Antrag nach Art. 239 Abs. 2 des Zollkodex gestellt worden ist, unbeschadet anderer Umstände, die im Rahmen des in Art. 905 bis 909 vorgesehenen Verfahrens von Fall zu Fall zu beurteilen sind, feststellt,
- dass die für diesen Antrag vorgebrachten Gründe einen der in Art. 900 bis 903 beschriebenen Tatbestände erfüllen und keine betrügerische Absicht oder offensichtliche Fahrlässigkeit des Beteiligten vorliegt, so erstattet oder erlässt sie die betreffenden Einfuhrabgaben. ..."
Gemäß § 288 Abs. 1 lit. d BAO hat eine Berufungsentscheidung eine Begründung zu enthalten.
Verweisungen in der Begründung einer Rechtsmittelentscheidung auf unterinstanzliche Entscheidungen können eigenständige Begründungen durch die Rechtsmittelbehörde nur dann ersetzen, wenn in der verwiesenen Entscheidung den Erfordernissen des Gesetzes zur Begründung eines Bescheides ausreichend entsprochen wurde (vgl. dazu z.B. Ritz, BAO Kommentar2 Rz 5 zu § 288 BAO).
Dazu fällt im vorliegenden Fall auf, dass die angefochtenen Bescheide selbst zu der im Vordergrund stehenden Rechtsfrage des Vorliegens einer "offensichtlichen" Fahrlässigkeit iS des Art. 239 Abs. 1 ZK bzw. Art. 899 ZK-DVO überhaupt keine eigenständigen Ausführungen enthält, wobei auch vollkommen offen bleibt, worin die belangte Behörde die von ihr ausdrücklich erwähnten "anderen Verstöße gegen die Zollvorschriften" versteht, die sie der Beschwerdeführerin anlastet.
Die Entscheidungen wiederum, auf die die angefochtenen Bescheide verweisen, werden den Anforderungen an eine korrekte Bescheidbegründung ebenfalls nicht gerecht, weil insbesondere die Begründung der Berufungsvorentscheidungen vom 19. Juni 2001 auf die in der Berufung aufgestellte Behauptung betreffend den Fehler in der Speicherschreibmaschine nur mit einer bloßen Vermutung antwortet ("Diese falsche Programmierung der Speicherschreibmaschine kann nicht die einzige Ursache für die Missachtung der Zollvorschriften gewesen sein, da es sich um einen Wiederholungsfall handelt."), die als Grundlage für den Vorwurf einer offensichtlichen Fahrlässigkeit keineswegs ausreichen kann.
Dazu kommt, dass nach dem maßgeblichen Schrifttum (vgl. Huchatz in Witte, Zollkodex3 Rz 20 zu Art. 239 ZK) allein das wiederholte Auftreten von Arbeitsfehlern noch nicht Offensichtlichkeit begründet, sondern immer eine Einzelfallbeurteilung erforderlich ist. Gerade der Umstand aber, dass in den vorliegenden Fällen wiederholt Fehler aufgetreten sind, führte nach der Begründung der ergangenen Berufungsvorentscheidungen bereits dazu, der Beschwerdeführerin den Vorwurf einer offensichtlichen Fahrlässigkeit zu machen, ohne dass auf die Umstände des konkreten Einzelfalles der aufgetretenen Fehler Bedacht genommen worden wäre. Da die belangte Behörde diesen Vorwurf der Berufungsvorentscheidungen durch bloßen Verweis unkritisch übernommen hat, hat sie ihre Bescheide mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften belastet, was gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG zur Aufhebung führen muss, weil nicht ausgeschlossen werden kann, dass die belangte Behörde bei Berücksichtigung der Umstände des konkreten Einzelfalles zu anderen Bescheiden hätte kommen können.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff, insbesondere § 52 Abs. 1 VwGG iVm der VO BGBl. II Nr. 501/2002.
Mit Rücksicht auf die einfache Rechts- und Sachlage konnte die vorstehende Entscheidung in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat getroffen werden.
Wien, am 19. März 2003
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2003:2002160142.X00Im RIS seit
05.05.2003