TE Vwgh Erkenntnis 2003/3/19 2002/12/0338

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Veröffentlicht am 19.03.2003
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Index

63/01 Beamten-Dienstrechtsgesetz;

Norm

BDG 1979 §14 Abs1 idF 1995/820;
BDG 1979 §14 Abs3;
BDG 1979 §36;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Germ und die Hofräte Dr. Zens, Dr. Bayjones, Dr. Schick und Dr. Thoma als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Lamprecht, über die Beschwerde des W in S, vertreten durch Dr. Walter Riedl, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Franz Josefs-Kai 5, gegen den Bescheid des Bundesministers für Landesverteidigung vom 12. November 2002, Zl. 425 172/3-2.4/02, betreffend Abweisung eines Antrages auf Versetzung in den Ruhestand, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.088,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der am 7. Februar 1949 geborene Beschwerdeführer steht als Oberamtswart in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Seine Dienststelle ist die Heeresmunitionsanstalt S.

Am 19. März 2002 beantragte der Beschwerdeführer seine Versetzung in den Ruhestand.

Im Zuge des daraufhin eingeleiteten Ermittlungsverfahrens wurde zunächst ein Anforderungsprofil für den Arbeitsplatz des Beschwerdeführers beim Fachvorgesetzten eingeholt, welches am 27. März 2002 erstattet wurde. In dem dafür vorgesehenen Formular hatte der Fachvorgesetzte jene Feststellungen anzukreuzen, die am besten auf die Anforderungen des Arbeitsplatzes zutrafen. Folgende, für das vorliegende Beschwerdeverfahren relevante Angaben des Fachvorgesetzten sind hervorzuheben:

Gehen

 

fallweise

 

Stehen

überwiegend

 

 

Sitzen

 

fallweise

 

Heben

- leicht (bis 10 kg)

überwiegend

 

 

 

- mittelschwer (über 25 kg)

 

fallweise

 

 

- schwer (über 25 kg)

 

 

nicht

Tragen

- leicht (bis 10 kg)

 

fallweise

 

 

- mittelschwer (über 25 kg)

 

 

nicht

 

- schwer (über 25 kg)

 

 

nicht

Sodann wurde seitens des Bundespensionsamtes ein ärztliches Sachverständigengutachten zur Leistungsfeststellung eingeholt. Dieses Sachverständigengutachten beruhte auf Untersuchungsbefunden der Dr. J, einer Ärztin für Allgemeinmedizin, vom 13. Juni 2002 und des Dr. K, eines Facharztes für Innere Medizin, vom 6. Juli 2002.

Dr. J gelangte zu folgenden Diagnosen:

     "1.        Coxarthrose bds., Z. n. HTEP bds.

Z. n. Pfannenwechsel re.

     2.        Art. Hypertonie mit Belastungsdyspnoe

Metabolisches Syndrom

     3.        Chron. Lumboischialgie u. Cervicalsyndrom

     4.        Schlafapnoesyndrom u. hyperreagibles Bronchialsystem"

     Unter "Leistungsdefizit" heißt es:

"Bei oben genanntem Patienten bestehen seit Jahren fortschreitende deg. Vorgänge in d. WS u. d. Gelenken. Es war schon 1992 u. 1993 eine HTEP-Impl. bds. notwendig. 1999 wurde Protheselockerung festgestellt. Ein Pfannenwechsel war daraufhin notwendig. Auf Grund d. Situation ist prinzipiell das Heben v. mittelschweren u. schweren Lasten nicht zulässig. Auch ein ständiges Heben, Tragen, Ziehen od. Schieben von Lasten von 10 kg können bestimmte Auswirkungen auf die Stabilität d. Prothesen haben. Allgemeine exponierte Lagen, Besteigen v. Stufen u. Leitern, Arbeiten im Freien u. unter Einfluss v. Kälte u. Nässe sind nicht zulässig. Ständiges Gehen im unebenen Gelände, Springen aus einer Höhe von mehr als 1/2 m u. Überwindung v. Hindernissen ist nicht erlaubt. Eine wesentliche Besserung ist nicht zu erwarten."

Dr. K gelangte zu folgenden Diagnosen:

     "1.        Art. Hypertonie mit beginnendem Hochdruckherz

     2.        Obstruktives Schlafapnoesyndrom mit geplanter

Maskenatmung

     3.        Degenerative Wirbelsäulenveränderungen bei Z.n.

totaler Endoprothese an beiden Hüften mit Pfannenwechsel re wegen

Pfannenlockerung.

     4.        Refluxösophagitis mit axialer Gleithernie und

fraglichen Barrettmetaplasien

     5.        Hyperurikämie"

     Unter "Leistungsdefizit" heißt es in diesem Befund:

     "... Aus rein intern. Sicht u. unter Zugrundelegung der art.

Hypertonie mit incipientem Cor hypertonicum, des obstruktiven Schlafapnoesyndroms u. auch unter Berücksichtigung der Refluxkrankheit ist eine Berufsunfähigkeit nicht vorliegend. Vom Leistungsprofil her sind leichte u. mittelschwere Tätigkeiten zumutbar, bezüglich der Arbeitshaltungen liegen keine Einschränkungen vor. Auch dauerndes Bücken ist bei vorliegender Refluxkrankheit möglich, da durch eine medikamentöse Therapie eine gute Refluxbeeinflussung vorliegt. Aus intern. Sicht ist auch mit keiner Krankenstandsdauer über 7 Wochen zu rechnen. Es bestehen keine Einschränkungen bezügl. Arbeitsweg oder Notwendig übermäßiger Arbeitspausen. Bezügl. der darüber hinausgehenden Beeinträchtigungen verweise ich auf das orthopädische Fachgutachten."

In dem zusammenfassenden von Dr. W namens des Bundespensionsamtes am 26. August 2002 erstellten Leistungskalkül, welches u.a. auf der Diagnose beruhte, es lägen (lediglich) belastungsabhängige Schmerzen im Bereich der Hals- und Lendenwirbelsäule vor, heißt es:

"Im Vordergrund der Leistungseinschränkung stehen bei dem Beamten körperliche Defizite im Rahmen der degenerativen Gelenkserkrankungen und dem Hochdruckleiden. Zusammenfassend können leichte bis fallweise mittelschwere körperliche Arbeiten in wechselnder Arbeitshaltung ausgeführt werden. Stündlich ist ein Haltungswechsel oder eine kurze Lockerungspause von 5 Minuten erforderlich. Tätigkeiten die mit Überkopfhaltung über längere Zeit (ohne Unterbrechung länger als 15 Minuten) einhergehen sind nicht möglich. Gehen und Stehen sollte in Summe 1/3 der Tagesarbeitszeit nicht überschreiten und ohne Unterbrechung maximal 30 Minuten betragen. Alle knienden oder hockenden Tätigkeiten über längere Zeit (über 15 Minuten) scheiden aus. Fallweises Knien oder Hocken ist zulässig. Exponierte Lagen, Besteigen von Leitern oder Gerüsten ist nicht zulässig. Arbeiten in Kälte, Nässe und bei unebenem, steilem Gelände scheiden aus. Aussendienste und Lenken eines Fahrzeuges unter Einsatzbedingungen ist nicht zulässig. Es sind leichte manuelle grob- und feinmotorische Tätigkeiten zulässig. Monotone Unterarmdrehbewegungen (schrauben) sollten über mehr als 10 Minuten vermieden werden. Greif- und Griffsicherheit für leichte bis fallweise mittelschwere Lasten ist gegeben. Bildschirmarbeiten sind am üblich gemischten Büroarbeitsplatz zulässig. Die kognitiven und psychoemotionalen Fähigkeiten sind nicht signifikant eingeschränkt. Es können verantwortungsvolle Tätigkeiten unter dem üblichen, fallweise erhöhtem Zeit- und Leistungsdruck ausgeführt werden. Parteienverkehr, Kundenkontakte, auch konfliktzentriert sind zulässig. Tätigkeiten die mit erhöhter Eigeninitiative und Flexibilität einhergehen sind zulässig. Nacht- und Schichtarbeiten scheiden aus. Die bisherige Tätigkeit im Heeresmunitionslager kann unter Einhaltung des obigen Leistungskalküls weiterhin ausgeübt werden. Zum Transport voller Munitionskisten muss eine Transporthilfe verwendet werden, oder diese Tätigkeit von anderen Kollegen im selben Team ausgeführt werden."

Dieses Beweisergebnis wurde dem Beschwerdeführer mit Schreiben vom 7. Oktober 2002 vorgehalten. In einer dazu erstatteten Stellungnahme vom 18. Oktober 2002 führte dieser aus, er leide ständig unter Schmerzen in den Hüften, am Rücken und in den Schultergelenken. Darüber hinaus leide er unter Herzproblemen und hohem Blutdruck. Er legte eine ärztliche Bestätigung der Dr. Wa vor, in welchem die behaupteten Schmerzsymptome in Kreuz und Hüfte bestätigt, das Vorliegen eines ausgeprägten obstruktiven Schlafapnoesyndroms mit 20 Atempausen über fünf Sekunden diagnostiziert und in diesem Zusammenhang auf die Indikation einer C-PAP-Beatmung verwiesen wird.

Am 12. November 2002 erließ die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid, dessen Spruch wie folgt lautet:

"Ihr Antrag vom 19. März 2002 auf Versetzung in den Ruhestand wird gemäß § 14 Abs. 1 des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979 (BDG 1979), BGBl. Nr. 333, abgewiesen."

In der Begründung des Bescheides schildert die belangte Behörde den Gang des Verwaltungsverfahrens und gab die Ergebnisse der Befundungen des Beschwerdeführers sowie das von Dr. W auf Grund dieser Befundungen erstellte Leistungskalkül wieder. Die belangte Behörde erachtete das Gutachten des Bundespensionsamtes vom 26. August 2002 als schlüssig und nachvollziehbar.

Diesem Gutachten folgend sei jedoch weder eine derzeitige noch eine dauernde Dienstunfähigkeit des Beschwerdeführers abzuleiten. Nach Wiedergabe des Wortlautes des § 14 Abs. 1 und 3 des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979, BGBl. Nr. 333 (im Folgenden: BDG 1979), führte die belangte Behörde aus, unter "Dienstunfähigkeit" sei die durch körperliche oder geistige Unzulänglichkeit bedingte Unfähigkeit des Beamten, den Dienstobliegenheiten ordnungsgemäß nachzukommen, zu verstehen. Der Begriff beziehe sich auf die Unfähigkeit des Beamten, seine ihm auf Grund seiner dienstrechtlichen Stellung zukommenden Aufgaben ordnungsgemäß zu versehen. Er umfasse daher alles, was die Eignung des Beamten zur Versehung des Dienstes aufhebe, also nicht nur Gesundheitsstörungen, sondern auch habituelle Charaktereigenschaften und geistige Mängel, welche die ordnungsgemäße Führung der dem Beamten übertragenen Geschäfte ausschlössen. Eine Dienstunfähigkeit in diesem aufgezeigten Verständnis liege aber auf Grund der Ergebnisse der Sachverständigengutachten beim Beschwerdeführer nicht vor.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht auf Ruhestandsversetzung nach § 14 BDG 1979 verletzt. Er macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften mit dem Antrag geltend, ihn aus diesen Gründen aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in welcher sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 14 Abs. 1 BDG 1979 in der Fassung dieses Absatzes nach dem Bundesgesetz BGBl. Nr. 820/1995 lautet:

"§ 14. (1) Der Beamte ist von Amts wegen oder auf seinen Antrag in den Ruhestand zu versetzen, wenn er dauernd dienstunfähig ist."

§ 14 Abs. 3 BDG 1979 in der Stammfassung dieses Absatzes nach dem Bundesgesetz BGBl. Nr. 333/1979 lautet:

"(3) Der Beamte ist dienstunfähig, wenn er infolge seiner körperlichen oder geistigen Verfassung seine dienstlichen Aufgaben nicht erfüllen kann und ihm im Wirkungsbereich seiner Dienstbehörde kein mindestens gleichwertiger Arbeitsplatz zugewiesen werden kann, dessen Aufgaben er nach seiner körperlichen und geistigen Verfassung zu erfüllen im Stande ist und der ihm mit Rücksicht auf seine persönlichen, familiären und sozialen Verhältnisse billigerweise zugemutet werden kann."

§ 36 Abs. 1 und 2 BDG 1979 in der Stammfassung dieser Absätze nach dem Bundesgesetz BGBl. Nr. 333/1979 lautet:

"§ 36. (1) Jeder Beamte, der nicht vom Dienst befreit oder enthoben ist, ist mit der Wahrnehmung der Aufgaben eines in der Geschäftseinteilung seiner Dienststelle vorgesehenen Arbeitsplatzes zu betrauen.

(2) In den Geschäftseinteilungen der Dienststellen darf ein Arbeitsplatz nur für Aufgaben vorgesehen werden, die die volle Normalarbeitskraft eines Menschen erfordern. Soweit nicht zwingende dienstliche Rücksichten entgegenstehen, dürfen auf einem Arbeitsplatz nur gleichwertige oder annähernd gleichwertige Aufgaben zusammengefasst werden."

Unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften rügt der Beschwerdeführer zunächst, dass es die belangte Behörde unterlassen habe, den mit der Begutachtung seines Gesundheitszustandes betrauten Sachverständigen das in der ärztlichen Bestätigung vom 22. Oktober 2002 erwähnte obstruktive Schlafapnoesyndrom zur Kenntnis zu bringen. Dieser Vorwurf ist unzutreffend. Sowohl Dr. J als auch Dr. K haben dieses Schlafapnoesyndrom diagnostiziert; auch die geplante Maskenatmung war dem Gutachter Dr. K bekannt. Das von ihm aus internistischer Sicht erstellte Leistungsdefizit nimmt ausdrücklich auch auf dieses Syndrom Bezug.

Zutreffend rügt der Beschwerdeführer freilich, dass es die belangte Behörde unterlassen hat, sich mit dem durch die Bestätigung Dris. Wa vom 22. Oktober 2002 untermauerten Vorbringen des Beschwerdeführers, er leide ständig unter Schmerzen, auseinander zu setzen, zumal der Sachverständige Dr. W seiner Begutachtung vom 26. August 2002 lediglich das Vorliegen einer belastungsabhängigen Schmerzsymptomatik im Bereich der Hals- und Lendenwirbelsäule ohne radikuläre Symptomatik zu Grunde gelegt hat.

Darüber hinaus bringt der Beschwerdeführer sowohl unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften als auch unter dem Gesichtspunkt einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit vor, dass es die belangte Behörde unterlassen habe festzustellen, welche konkreten Leistungsanforderungen mit der dienstlichen Tätigkeit auf seinem Arbeitsplatz verbunden seien, wobei er in diesem Zusammenhang insbesondere auf die Feststellung verweist, wonach zum Transport voller Munitionskisten eine Transporthilfe benötigt werde. Die belangte Behörde habe es ausgehend von obiger Annahme verabsäumt, Feststellungen darüber zu treffen, ob der Arbeitsplatz des Beschwerdeführers (nun) so konfiguriert sei, dass er den Transport voller Munitionskisten nicht umfasse.

Mit diesem Vorbringen zeigt der Beschwerdeführer im Ergebnis eine inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf. Die belangte Behörde irrt nämlich, wenn sie die Auffassung vertritt, schon auf Grund der Ergebnisse des Sachverständigengutachtens sei das Vorliegen einer dauernden Dienstunfähigkeit des Beschwerdeführers auszuschließen:

Gemäß § 14 Abs. 3 BDG 1979 ist der Beamte dann dienstunfähig, wenn er infolge seiner körperlichen oder geistigen Verfassung seine dienstlichen Aufgaben nicht erfüllen und ihm im Wirkungsbereich seiner Dienstbehörde kein mindestens gleichwertiger Arbeitsplatz zugewiesen werden kann, dessen Aufgaben er nach seiner körperlichen und geistigen Verfassung zu erfüllen im Stande ist und der ihm mit Rücksicht auf seine persönlichen, familiären und sozialen Verhältnisse billigerweise zugemutet werden kann. Die belangte Behörde hatte daher zunächst zu prüfen, ob der Beschwerdeführer ungeachtet der von den Sachverständigen aufgezeigten Leistungsdefizite weiterhin in der Lage war, die mit seiner konkreten Verwendung verbundenen Aufgaben zu erfüllen.

Von dieser Beurteilung war die belangte Behörde auch nicht dadurch entbunden, dass der Sachverständige Dr. W zum Ergebnis gelangte, der Beschwerdeführer könne seine bisherige Tätigkeit im Heeresmunitionslager "unter Einhaltung des obigen Leistungskalküls" weiterhin ausüben. Es wäre demnach gerade Sache der belangten Behörde gewesen zu prüfen, ob die aktuelle Verwendung des Beschwerdeführers im Heeresmunitionslager mit dem vom Sachverständigen erstellten Leistungskalkül, insbesondere mit den daraus ersichtlichen Leistungsdefiziten, vereinbar war.

Der Sachverständige Dr. W ist nun zur Beurteilung gelangt, Gehen und Stehen sollten in Summe ein Drittel der Tagesarbeitszeit nicht überschreiten und ohne Unterbrechung maximal 30 Minuten betragen. Diese Beurteilung hat auch die belangte Behörde dem angefochtenen Bescheid zu Grunde gelegt.

Die Höhe des somit maßgeblichen Anteiles der Arbeitszeit, welcher nach dem Anforderungsprofil der aktuellen Verwendung auf Gehen und Stehen entfällt, hat die belangte Behörde jedoch nicht festgestellt. In diesem Zusammenhang fällt allerdings auf, dass nach den Angaben seines Fachvorgesetzten die dem Beschwerdeführer in der aktuellen Verwendung abverlangten Arbeiten überwiegend im Stehen, hingegen nur fallweise im Gehen oder Sitzen, auszuführen waren.

Weiters hat - wie der Beschwerdeführer im Ergebnis zu Recht aufzeigt - der Fachvorgesetzte angegeben, es seien überwiegend leichte (bis 10 kg schwere) Lasten, fallweise auch mittelschwere Lasten zu heben. Demgegenüber geht aus dem Leistungskalkül der Sachverständigen Dr. J hervor, dass das Heben mittelschwerer Lasten generell unzulässig, ein ständiges Heben, Tragen, Ziehen oder Schieben von Lasten bis zu 10 kg gleichfalls mit Auswirkungen auf die Stabilität der Prothesen des Beschwerdeführers verbunden ist.

Träfe somit das vom Vorgesetzten erstellte Anforderungsprofil zu, so wäre - ginge man wie die belangte Behörde weiters von der Richtigkeit der Gutachten der vom Bundespensionsamt beigezogenen Sachverständigen aus - eine Dienstfähigkeit des Beschwerdeführers in Bezug auf seinen konkreten Arbeitsplatz nicht gegeben.

Diesfalls hätte die belangte Behörde freilich die Möglichkeit gehabt, den Beschwerdeführer auf einen die Erfordernisse des § 14 Abs. 3 BDG 1979 erfüllenden, in ihrem Planstellenbereich gelegenen, freien oder frei werdenden gleichwertigen Arbeitsplatz zu verweisen (vgl. zum Planstellenbereich, innerhalb dessen Verweisungsarbeitsplätze zu suchen sind, bzw. zum maßgeblichen zeitlichen Horizont für deren Verfügbarkeit das hg. Erkenntnis vom heutigen Tage, Zl. 2002/12/0301). Hiezu wäre es aber erforderlich gewesen, das Anforderungsprofil eben dieses Verweisungsarbeitsplatzes genau zu beschreiben und sodann zu begründen, weshalb dem Beamten die Erfüllung der Aufgaben dieses Verweisungsarbeitsplatzes nach seiner körperlichen und geistigen Verfassung möglich ist und weshalb der Arbeitsplatz ihm mit Rücksicht auf seine persönlichen, familiären und sozialen Verhältnisse billigerweise zugemutet werden kann.

Neben bereits existierenden freien oder in absehbarer Zeit frei werdenden Arbeitsplätzen kommt als Verweisungsarbeitsplatz aber auch ein solcher in Betracht, welcher seitens der Dienstbehörde durch Umgestaltung bestehender Geschäftseinteilungen von Dienststellen in absehbarer Zeit zu schaffen beabsichtigt ist (vgl. demgegenüber zum Fehlen einer Verpflichtung der Dienstbehörde, solche Arbeitsplätze zur Vermeidung einer von Beamten nicht gewünschten Ruhestandsversetzung einzurichten, das hg. Erkenntnis vom 20. Februar 2002, Zl. 2001/12/0237).

Will die Dienstbehörde einen Beamten freilich auf einen derartigen, erst durch entsprechende Organisationsmaßnahmen, welche den Anforderungen des § 36 BDG 1979 zu genügen hätten, zu schaffenden Arbeitsplatz verweisen, so hat sie in ihrem Bescheid die solcherart geplante Änderung der Geschäftseinteilung darzulegen, wobei insbesondere auch klarzustellen ist, vom Inhaber welchen anderen Arbeitsplatzes nunmehr jene Aufgaben zu besorgen sind, zu deren Erfüllung der Beamte, der seine Versetzung in den Ruhestand anstrebt, nicht mehr in der Lage ist.

Indem die belangte Behörde diese Rechtslage verkannte, belastete sie ihren Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit. Da die Aufhebung eines Bescheides wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes jener wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften vorgeht, war der angefochtene Bescheid auf Grund der zuletzt aufgezeigten inhaltlichen Rechtswidrigkeit gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.

Wien, am 19. März 2003

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2003:2002120338.X00

Im RIS seit

05.05.2003

Zuletzt aktualisiert am

02.05.2011
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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