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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
AlVG 1977 §47 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Müller, Dr. Sulyok, Dr. Strohmayer und Dr. Köller als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Müller, über die Beschwerde der G GmbH in E, vertreten durch Dr. Peter Hajek, Rechtsanwalt in 7000 Eisenstadt, Blumengasse 5, gegen den auf Grund eines Beschlusses des Ausschusses für Leistungsangelegenheiten ausgefertigten Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Wien vom 21. Juni 2000, GZ LGSW/Abt. 10- AlV/1218/56/2000-3208, betreffend Zurückweisung eines Antrages in einer Angelegenheit nach dem AlVG, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund (Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit) Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Hermann B. (in der Folge: Verpflichteter) beantragte am 16. Oktober 1998 beim Arbeitsmarktservice Angestellte die Gewährung von Notstandshilfe. Nach dem Akteninhalt bestand ab 15. Oktober 1999 kein Anspruch.
Mit Beschluss des Bezirksgerichtes Neusiedl am See vom 16. März 1999, 3 E 1172/99v, wurde der Beschwerdeführerin als betreibender Partei die Pfändung und Überweisung der Ansprüche des Verpflichteten gegenüber dem Arbeitsmarktservice zur Hereinbringung ihrer vollstreckbaren Forderung von S 10.000,-- samt Nebengebühren gegen den Verpflichteten bewilligt. Mit Erklärung vom 22. März 1999 anerkannte das Arbeitsmarktservice die Forderung als begründet und gab den täglichen Notstandshilfeanspruch des Verpflichteten mit S 270,40 bekannt. Dabei wurde u.a. darauf hingewiesen, dass nach Abgabe dieser Erklärung keine Verpflichtung zur Erteilung weiterer Auskünfte über den Verpflichteten bestehe.
Mit Schreiben vom 14. Jänner 2000 stellte die Beschwerdeführerin in Bezug auf diese Exekutionsbewilligung beim Arbeitsmarktservice Versicherungsdienste den Antrag, Auskunft darüber zu geben, ob der Verpflichtete noch Leistungen beziehe und wenn nein, seit wann nicht mehr. Die Beschwerdeführerin verlangte ausdrücklich für den Fall der Auskunftsverweigerung die Ausstellung eines "rechtsmittelfähigen" Bescheides.
Mit Bescheid vom 8. Februar 2000 wies das Arbeitsmarktservice Versicherungsdienste den Antrag mangels sachlicher Zuständigkeit zurück. In der Begründung wurde ausgeführt, dass es seiner Auskunftspflicht gemäß § 301 EO in vollem Umfange nachgekommen und nicht verpflichtet sei, der betreibenden Partei das Ende eines Leistungsbezuges des Verpflichteten bekannt zu geben. Es habe nur in Leistungssachen als Behörde erster Instanz einzuschreiten. Beim vorliegenden Antrag handle es sich aber nicht um eine Leistungssache. Die regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice sei daher nicht als Behörde angesprochen, sodass eine meritorische Entscheidung nicht erfolgen könne.
Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin Berufung. Darin wurde ausgeführt, beim Anspruch auf Arbeitslosengeld handle es sich um einen öffentlich-rechtlichen, der im Einzelfall nur durch einen konkreten Verwaltungsakt festgestellt werden könne. Auch durch die Pfändung und Überweisung werde der Anspruch nicht zu einem privatrechtlichen. Er könne daher nur im Verwaltungsverfahren nach dem AlVG verfolgt werden.
Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid bestätigte die belangte Behörde den bekämpften Bescheid. Sie führte aus, das Arbeitsmarktservice habe nur in Leistungssachen als Behörde einzuschreiten. Da das AlVG keine ausdrückliche Regelung enthalte, dass über einen hier vorliegenden Antrag bescheidmäßig zu entscheiden wäre, sei die regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice nicht als Behörde angesprochen worden. Mangels einer sachlichen Zuständigkeit der regionalen Geschäftsstelle sei der Antrag zu Recht keiner meritorischen Erledigung zugeführt worden.
In der Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend machenden Beschwerde wird ausgeführt, die Beschwerdeführerin als Überweisungsgläubigerin habe durch die Exekutionsbewilligung die Berechtigung erlangt, die gepfändete Forderung einzuziehen, allenfalls einzuklagen und einzutreiben. Ein öffentlichrechtlicher Anspruch werde durch Pfändung und Überweisung nicht zu einem privatrechtlichen, sodass im vorliegenden Fall für die Drittschuldnerklage nur der Verwaltungsweg offen stehe und der Rechtsweg ausgeschlossen sei. Die Beschwerdeführerin habe im Namen des Verpflichteten eine Entscheidung darüber verlangt, ob dem Verpflichteten gegenüber der "Drittschuldnerin" ein Anspruch auf Leistung zustehe. Es existiere keine gesetzliche Regelung zu der Frage, zu welchen Auskünften der Drittschuldner auch nach Abgabe der Drittschuldnererklärung gegenüber dem betreibenden Gläubiger verpflichtet sei. Bei der Frage, ob der Verpflichtete noch Leistungen vom Drittschuldner beziehe, handle es sich nicht um eine Frage des Umfanges der Erklärung nach § 301 EO. Die in der Entscheidung EvBl. 1973/44 vertretene Rechtsansicht, wonach der Drittschuldner zu anderen als in § 301 EO genannten Auskünften nicht verpflichtet sei, könne deshalb nicht herangezogen werden. Zur Vermeidung unnötiger Kostenrisken wäre es notwendig, dass die "Drittschuldnerin" die Anfrage über die Beendigung des Leistungsbezuges beantworte, weil andernfalls eine Drittschuldnerklage einzubringen wäre. Da Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung nicht privatrechtlicher Natur seien, könne der Weg der Drittschuldnerklage nicht beschritten werden. Es bliebe dem betreibenden Gläubiger zur Geltendmachung der ausstehenden Leistung nur der Verwaltungsweg, was mit Beantwortung der Fragen im gegenständlichen Antrag hätte vermieden werden können.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und beantragt in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die Pfändung und Überweisung der Ansprüche des Verpflichteten auf Geldleistungen nach dem AlVG zu Gunsten der Beschwerdeführerin richtet sich nach der EO in dem durch § 68 AlVG vorgegebenen Rahmen. Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass nach § 1 Abs. 1 AMSG, BGBl. Nr. 313/1994, die Durchführung der Arbeitsmarktpolitik des Bundes dem Arbeitsmarktservice obliegt. Das Arbeitsmarktservice ist ein Dienstleistungsunternehmen des öffentlichen Rechts mit eigener Rechtspersönlichkeit. Gemäß § 42 Abs. 1 leg. cit. bestreitet das Arbeitsmarktservice die Ausgaben für finanzielle Leistungen u.a. nach dem Arbeitslosenversicherungsgesetz im Namen und auf Rechnung des Bundes. Ungeachtet der Rechtspersönlichkeit des Arbeitsmarktservice ist somit der Bund Schuldner der Geldleistungen aus der Arbeitslosenversicherung (vgl. das hg. Erkenntnis vom 26. April 2000, 96/08/0238).
Gemäß § 301 Abs. 1 EO hat das Gericht dem Drittschuldner aufzutragen, binnen vier Wochen eine Drittschuldnererklärung abzugeben, sofern der betreibende Gläubiger nichts anderes beantragt. Es handelt sich dabei um einen öffentlich-rechtlichen Anspruch, der im Klagsweg nicht durchsetzbar ist. Darüber hinausgehende Auskunftspflichten des Drittschuldners bestehen nicht (vgl. etwa OGH vom 24. Februar 1999, 9 Ob A 359/98d).
Im vorliegenden Fall ist nicht strittig, dass die Drittschuldnererklärung vom 22. März 1999 den Anforderungen des § 301 EO entsprach. Eine darüber hinausgehende Verpflichtung zur Auskunftserteilung bestand - nach § 301 EO i.d.F. vor der (Einfügung des Abs. 4 durch die) Novelle BGBl. I Nr. 59/2000 - nach dem Gesagten nicht.
Gemäß § 308 Abs. 1 EO ermächtigt die Überweisung zur Einziehung den Gläubiger, hier die Beschwerdeführerin, namens des Verpflichteten die Entrichtung des im Überweisungsbeschluss bezeichneten Betrages nach Maßgabe des Rechtsbestandes der gepfändeten Forderung und des Eintrittes ihrer Fälligkeit zu begehren, den Eintritt der Fälligkeit durch Einmahnung oder Kündigung herbeizuführen, alle zur Erhaltung und Ausübung des Forderungsrechtes notwendigen Präsentationen, Protesterhebungen, Nostrifikationen und sonstigen Handlungen vorzunehmen, Zahlung zur Befriedigung seines Anspruches und in Anrechnung auf den selben in Empfang zu nehmen, die nicht rechtzeitig und ordnungsgemäß bezahlte Forderung gegen den Drittschuldner in Vertretung des Verpflichteten einzuklagen und das für die überwiesene Forderung begründete Pfandrecht geltend zu machen.
§ 47 Abs. 1 AlVG bestimmt, dass im Falle der Anerkennung des Anspruches auf Notstandshilfe dem Leistungsbezieher eine Mitteilung auszustellen ist, aus der insbesondere Beginn, Ende und Höhe des Leistungsanspruches hervorgehen. Wird der Anspruch hingegen nicht anerkannt, so ist dem Antragsteller darüber ein schriftlicher Bescheid, der von der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice zu erlassen ist, auszufolgen. Der Leistungsbezieher, hier also der Verpflichtete, kann auch nach Erhalt einer Mitteilung den bescheidmäßigen Abspruch über Beginn, Ende oder Höhe der Leistung begehren. Ein derartiges Begehren ist nicht fristgebunden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 17. Oktober 2001, 99/08/0023).
Im Beschwerdefall wurde der Anspruch des Arbeitslosen - hier des Verpflichteten - auf Gewährung der Notstandshilfe anerkannt. Der Verpflichtete hatte daher kein Recht auf Erlassung eines Bescheides im Sinne des § 47 Abs. 1 zweiter Satz AlVG. Es ist daher im vorliegenden Beschwerdefall nicht zu prüfen, ob der Anspruch des Arbeitslosen auf Erlassung eines Bescheides gemäß der genannten Gesetzesstelle durch die Pfändung und Überweisung des Leistungsanspruches auf den Überweisungsgläubiger überginge.
Unterbleibt nach Anerkennung einer Leistung durch eine Mitteilung nach § 47 AlVG die Auszahlung derselben, kann der Leistungsberechtigte - hier der Verpflichtete - die Auszahlung nur mit Klage nach Art. 137 B-VG erreichen (vgl. das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 27. Februar 1996, Slg. Nr. 14.419/1996, und das hg. Erkenntnis vom 23. Februar 2000, 99/03/0123).
Dem Überweisungsgläubiger, hier die Beschwerdeführerin, wird durch die Überweisung der gepfändeten Bezüge zur Einziehung nach § 308 EO auch das Recht übertragen, die überwiesene, aber nicht liquidierte Forderung - soweit sie nicht auf Grund von bescheidmäßigen Absprüchen eingestellt, entzogen oder vermindert worden ist - einzuklagen. Ob die Beschwerdeführerin in Ausübung dieses Rechtes nur Klage nach Art. 137 B-VG beim Verfassungsgerichtshof erheben kann oder ob sie den Anspruch unter der Voraussetzung eines durch das Arbeitsmarktservice schuldhaft herbeigeführten Schadens auch mit Klage nach dem Amtshaftungsgesetz geltend machen kann, ist im Beschwerdefall nicht zu entscheiden.
Vor dem Hintergrund dieser Rechtslage wurde die Beschwerdeführerin durch die Abweisung ihres Begehrens nicht in Rechten verletzt. Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i. V.m. der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.
Wien, am 19. März 2003
Schlagworte
Rechtsgrundsätze Fristen VwRallg6/5European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2003:2000080115.X00Im RIS seit
16.05.2003