TE Vwgh Erkenntnis 2003/3/19 2000/08/0217

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Veröffentlicht am 19.03.2003
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Index

66/02 Andere Sozialversicherungsgesetze;

Norm

BSVG §262 Abs3;
BSVG §5 Abs2 Z4;
BSVG §78 Abs6;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Müller, Dr. Sulyok, Dr. Strohmayer und Dr. Köller als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Müller, über die Beschwerde der Sozialversicherungsanstalt der Bauern in Wien, vertreten durch Dr. Christian Preschitz und Dr. Michael Stögerer, Rechtsanwälte in 1071 Wien, Neubaugasse 3/10, gegen den Bescheid des Bundesministers für soziale Sicherheit und Generationen vom 14. November 2000, Zl. 125.658/1-7/2000, betreffend Pflichtversicherung in der Krankenversicherung nach dem BSVG (mitbeteiligte Partei: E in W, vertreten durch Brandstetter, Pritz & Partner, Rechtsanwälte KEG in 1010 Wien, Herrengasse 5), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund (Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen) Aufwendungen in der Höhe von EUR 41,-- und der mitbeteiligten Partei von EUR 908,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Mitbeteiligte bewirtschaftet einen land(forst)wirtschaftlichen Betrieb auf ihre alleinige Rechnung und Gefahr. Der sozialversicherungsrechtliche Einheitswert des Betriebes betrug ab 1. Oktober 1999 S 203.000,--.

Die Mitbeteiligte ist seit 2. Februar 1998 in der Krankenversicherung nach dem ASVG pflichtversichert.

Der Ehemann der Mitbeteiligten war bis zum 18. Jänner 1999 als Dienstnehmer in der Krankenversicherung nach dem ASVG pflichtversichert. Vom 19. Jänner 1999 bis 9. April 1999 war er als Bezieher einer Leistung aus der Arbeitslosenversicherung ebenfalls in der Krankenversicherung nach dem ASVG versichert. Die Geldleistungen aus der Arbeitslosenversicherung ruhten vom 26. Februar 1999 bis 9. April 1999 während des Bezuges von Krankengeld. Ab 12. April 1999 war der Ehemann der Mitbeteiligten wiederum als Dienstnehmer in der Krankenversicherung nach dem ASVG pflichtversichert.

Die beschwerdeführende Sozialversicherungsanstalt sprach mit Bescheid vom 20. April 2000 aus, dass die Mitbeteiligte ab 1. Jänner 2000 bis laufend in der Krankenversicherung nach dem BSVG gemäß § 2 Abs. 1 Z. 1 und Abs. 2 BSVG pflichtversichert sei. In der Begründung wurde der unstrittige - eingangs dargestellte - Sachverhalt dahingehend beurteilt, dass ab 1. Jänner 2000 die Ausnahmegründe des § 5 Abs. 2 Z. 2 und Z. 3 BSVG (hier relevant:

Ausnahme auf Grund anderer bundesgesetzlich geregelter Pflichtversicherung) weggefallen seien.

Die Mitbeteiligte erhob Einspruch. Darin führte sie aus, die beschwerdeführende Sozialversicherungsanstalt habe nicht berücksichtigt, dass neben ihrer Pflichtversicherung in der Krankenversicherung nach dem ASVG auch ihre Mitversicherung mit ihrem Ehemann, der ebenfalls in der Krankenversicherung nach dem ASVG pflichtversichert war, zu beachten sei. Auf sie sei daher die Übergangsbestimmung des § 262 Abs. 3 BSVG anzuwenden. Nach dieser Übergangsbestimmung trete bei Personen, die am 31. Dezember 1998 von der "Ehegattensubsidiarität" in der Krankenversicherung erfasst gewesen seien, keine Änderung der Krankenversicherungspflicht ein, solange sich ihr Erwerbsverhalten nicht maßgeblich ändere. Weder bei ihr noch bei ihrem Ehemann sei eine Änderung des maßgeblichen Sachverhaltes, der für die Ausnahme von der Krankenversicherung ursächlich gewesen sei, eingetreten.

Der Landeshauptmann von Niederösterreich gab dem Einspruch Folge und stellte in Abänderung des bekämpften Bescheides der Beschwerdeführerin fest, dass die Mitbeteiligte ab 1. Jänner 2000 bis laufend gemäß § 5 Abs. 2 Z. 4 i.V.m. § 262 Abs. 3 BSVG nicht der Pflichtversicherung in der Krankenversicherung nach dem BSVG unterliege. In der Begründung wird dazu ausgeführt, ausgehend vom unstrittigen Sachverhalt und der durch das ASRÄG 1997 geschaffenen Rechtslage seien die Voraussetzungen der Übergangsbestimmung des § 262 Abs. 3 BSVG gegeben. Die Unterbrechung des Versicherungsverlaufes des Ehemannes der Mitbeteiligten am 10. und 11. April 1999 sei keine Änderung des Sachverhaltes im Sinne des § 262 Abs. 3 BSVG. Bei den beiden Unterbrechungstagen handle es sich um Samstag und Sonntag, das neue Beschäftigungsverhältnis sei am Montag begonnen worden. Es entspreche der allgemeinen Lebenserfahrung, dass neue Dienstverhältnisse in der Regel nicht mit Wirksamkeit ab Samstag oder Sonntag, sondern mit Wochenbeginn (Montag) angefangen werden. Es gelte daher die Ausnahmeregelung des § 5 Abs. 2 Z. 4 BSVG i.V.m. § 262 Abs. 3 leg. cit. für die Mitbeteiligte weiterhin.

Die beschwerdeführende Sozialversicherungsanstalt erhob Berufung. Darin führte sie im Wesentlichen aus, der Ehemann der Mitbeteiligten habe am 10. und 11. April 1999 die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Ausnahme gemäß § 5 Abs. 2 Z. 4 BSVG nicht erfüllt. Im Sachverhalt, der für die frühere Ausnahme maßgeblich gewesen sei, sei daher eine Änderung eingetreten und könne die Übergangsbestimmung des § 262 Abs. 3 BSVG nicht mehr zur Anwendung kommen.

Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung keine Folge und bestätigte den bekämpften Einspruchsbescheid. Die Mitbeteiligte sei von der Krankenversicherung nach dem BSVG auf Grund des § 5 Abs. 2 Z. 4 BSVG weiterhin ausgenommen, weil die Voraussetzungen des § 262 Abs. 3 BSVG erfüllt seien. Der Ehemann der Mitbeteiligten sei am 31. Dezember 1998 in der Krankenversicherung nach dem ASVG pflichtversichert gewesen. Die Mitbeteiligte als Ehefrau sei als Mitversicherte deshalb von der Pflichtversicherung in der Krankenversicherung nach dem BSVG ausgenommen gewesen. Diese Ausnahme bleibe nach der genannten Übergangsbestimmung aufrecht, solange der für die Krankenversicherung maßgebliche Sachverhalt unverändert bleibe. Da der Ehemann der Mitbeteiligten nur an den beiden Tagen des 10. und 11. April 1999 weder nach dem ASVG in der Krankenversicherung pflichtversichert gewesen sei noch Krankengeld oder Arbeitslosengeld bezogen habe, könne eine Sachverhaltsänderung nur durch die Lücke der beiden Tage eingetreten sein. Da diese beiden Tage ein Samstag und ein Sonntag gewesen seien und Dienstverhältnisse üblicherweise mit dem tatsächlichen Beginn der Beschäftigung am Montag und nicht bereits am davor liegenden Wochenende begännen, habe bereits die Einspruchsbehörde zutreffend darauf hingewiesen, dass diese Lücke nicht als Sachverhaltsänderung im Sinne der Übergangsbestimmung des § 262 Abs. 3 BSVG anzusehen sei.

In der Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend machenden Beschwerde erachtet sich die Beschwerdeführerin in ihrem Recht auf Feststellung der Pflichtversicherung der Mitbeteiligten in der Krankenversicherung nach dem BSVG verletzt. In Ausführung dieses Beschwerdepunktes macht sie geltend, die Übergangsbestimmung sei in restriktiver Weise zu interpretieren. Entscheidend sei, ob eine Unterbrechung im Versicherungsverlauf - aus welchen Gründen auch immer - erfolgt sei. Der Auffassung der belangten Behörde, eine Unterbrechung im Versicherungsverlauf sei dann nicht als Sachverhaltsänderung zu qualifizieren, wenn diese Unterbrechung "der allgemeinen Lebenserfahrung" entspreche, sei nicht zu folgen.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, nahm von der Erstattung einer Gegenschrift Abstand und beantragt die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet.

Die mitbeteiligte Partei erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Es ist nicht strittig, dass die Beschwerdeführerin einen landwirtschaftlichen Betrieb auf ihre Rechnung und Gefahr führt und dass bei ihr an sich die Voraussetzungen für die Pflichtversicherung in der Krankenversicherung nach § 2 Abs. 1 Z. 1 und Abs. 2 BSVG auf Grund der durch die 21. Novelle zum BSVG eingetretenen Gesetzesänderungen vorlägen. Strittig ist, ob die Beschwerdeführerin auf Grund einer bestehenden Pflichtversicherung in der Krankenversicherung des Ehemannes nach § 4 Abs. 1 Z. 1 ASVG auch über den 1. Jänner 2000 hinaus (weiterhin) aus der Krankenversicherung nach dem BSVG ausgenommen ist.

Die in diesem Zusammenhang maßgebliche Bestimmung des § 5 Abs. 2 BSVG in der zuletzt in Geltung gestandenen, ab 1. Jänner 1998 geltenden Fassung lautete:

"(2) Von der Pflichtversicherung in der Krankenversicherung sind überdies ausgenommen:

2. Personen und deren Ehegatten, denen (für die) durch eine eigene Krankenfürsorgeeinrichtung eines öffentlich-rechtlichen Dienstgebers mindestens die Leistungen der Krankenversicherung öffentlich Bediensteter gesichert sind;

3. Personen, die auf Grund anderer bundesgesetzlicher Vorschriften in der Krankenversicherung pflichtversichert sind oder Anspruch auf Kranken- oder Wochengeld haben, auch wenn dieser Anspruch ruht, oder die auf Rechnung eines Krankenversicherungsträgers nach anderer bundesgesetzlicher Vorschrift in Anstaltspflege stehen. Eine Pflichtversicherung gemäß § 68 Kriegsopferversorgungsgesetz 1957, BGBl. Nr. 152, oder gemäß § 47 Heeresversorgungsgesetz, BGBl. Nr. 27/1964, geht jedoch einer Pflichtversicherung nach diesem Bundesgesetz nur dann vor, wenn es sich um den Empfänger einer Zusatzrente, einer Witwenbeihilfe oder einer Elternrente (§§ 35, 36, 44, 45 Kriegsopferversorgungsgesetz 1957 bzw. §§ 33 Abs. 2, 35 Abs. 3 und 44 Heeresversorgungsgesetz) handelt;

4. der Ehegatte einer Person, die auf Grund anderer bundesgesetzlicher Vorschriften, ausgenommen die Bestimmungen des § 68 Kriegsopferversorgungsgesetz 1957 und des § 47 Heeresversorgungsgesetz, in der Krankenversicherung pflichtversichert ist oder Anspruch auf Kranken- oder Wochengeld hat, auch wenn dieser Anspruch ruht, oder die auf Rechnung eines Krankenversicherungsträgers nach anderer bundesgesetzlicher Vorschrift in Anstaltspflege steht. Hiebei kommt jedoch nur ein Ehegatte in Betracht, der nicht dem im § 78 Abs. 6 angeführten Personenkreis angehört."

Die in § 5 Abs. 2 Z. 4 BSVG normiert gewesene Ausnahme von der Pflichtversicherung für Ehepartner einer Person, die anderweitig pflichtversichert ist, entspricht § 3 Z. 6 des Bauern-Krankenversicherungsgesetzes in der Stammfassung. Die seinerzeitige Regierungsvorlage (784 Blg. NR X. GP, 45) zu diesem Gesetz, BGBl. Nr. 219/1965, begründete diese Ausnahme wie folgt:

"Da diese Personen unter dem Schutz einer Krankenversicherung stehen, besteht keine Notwendigkeit, sie in eine neue Krankenversicherung einzubeziehen."

Die bereits erwähnte 21. Novelle zum BSVG hat im Abschnitt I u. a. § 5 Abs. 2 Z. 4 BSVG mit Ablauf des 31. Dezember 1998 aufgehoben (§ 262 Abs. 2 Z. 2 BSVG). Die gleichzeitig mit der Aufhebung in Kraft getretene Übergangsbestimmung des § 262 Abs. 3 BSVG hiezu lautet:

"Personen, die am 31. Dezember 1998 gemäß § 5 Abs. 2 Z. 4 oder als Ehegatten gemäß § 5 Abs. 2 Z. 2 von der Krankenversicherung ausgenommen waren, bleiben ausgenommen, solange jener Sachverhalt unverändert bleibt, der für die Ausnahme von der Krankenversicherung am 31. Dezember 1997 maßgeblich war. Dabei gilt der Anfall einer Pension nach diesem Bundesgesetz bzw. der Bezug eines Arbeitslosengeldes nicht als Änderung des maßgeblichen Sachverhaltes."

Die Übergangsbestimmung des § 262 Abs. 3 BSVG setzt also voraus, dass der Ehemann der Mitbeteiligten am 31. Dezember 1997 - und nicht, wie die Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens meinen, am 31. Dezember 1998 - in der Krankenversicherung nach einem anderen Bundesgesetz pflichtversichert war und daher die Mitbeteiligte als mitversicherte Ehepartnerin von der Pflichtversicherung nach dem BSVG ausgenommen war. Die Übergangsbestimmung ordnet an, dass diese Ausnahme von der Pflichtversicherung in der Krankenversicherung nach dem BSVG weiter besteht, solange der am 31. Dezember 1997 gegebene Sachverhalt unverändert bleibt.

Zwischen den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens ist nun strittig, unter welchen Voraussetzungen noch von einem unveränderten Sachverhalt gesprochen werden kann: die beschwerdeführende Sozialversicherungsanstalt vertritt dazu die Auffassung, dass die Unterbrechung der Pflichtversicherung des Ehemannes der Beschwerdeführerin von dem Ende des Krankengeldanspruches am 9. April 1999 und bis zum Beginn einer neuen Pflichtversicherung am 12. April 1999, also am (Wochenende)

10. und 11. April 1999 bereits eine solche Sachverhaltsänderung sei.

Dem kann aus folgenden Gründen nicht beigepflichtet werden:

Der Grund für die Erlassung der Ausnahmebestimmung des § 5 Abs. 2 Z. 4 BSVG war nicht das Bestehen einer Pflichtversicherung des anderen Ehepartners in der Krankenversicherung, sondern das Bestehen eines daraus abgeleiteten Leistungsanspruches für die (z.B. in der Landwirtschaft tätige) Ehefrau als "mitversicherte Angehörige". Dies ergibt sich nicht nur aus den oben erwähnten Materialien zur Vorgängerbestimmung des § 3 Z. 6 B-KVG, sondern hat überdies jedenfalls in der zuletzt in Geltung gestandenen Fassung des § 5 Abs. 2 Z. 4 BSVG auch im Gesetz insoweit einen Ausdruck gefunden, als im letzten Satz der Gesetzesstelle klargestellt wird, dass die Ausnahme nur für jene Ehepartner gilt, die tatsächlich als Angehörige leistungsberechtigt sind (wozu nicht der im § 78 Abs. 6 BSVG genannte Personenkreis gehört). Mit der Anknüpfung an die Pflichtversicherung des Ehepartners meint der Gesetzgeber daher in Wahrheit die (in aller Regel ohnehin deckungsgleiche) Leistungsberechtigung aus der Krankenversicherung des Ehepartners, die auch allein geeignet ist, überhaupt eine Verbindung zwischen der Krankenversicherung des Ehemannes und der in der Landwirtschaft tätigen Ehefrau herzustellen, die die Ausnahme aus der Pflichtversicherung der Letztgenannten sachlich zu rechtfertigen vermochte.

Vor diesem Hintergrund ist daher auch die strittige Wendung in der Übergangsbestimmung zu deuten: der am 31. Dezember 1997 gegebene, die Ausnahme aus der Pflichtversicherung nach § 5 Abs. 2 Z. 4 BSVG begründende Sachverhalt liegt so lange vor, als die Leistungsberechtigung aus der Krankenversicherung des Ehemannes andauert. Diese aber bestand gemäß § 122 Abs. 1 ASVG auch für den

10. und 11. April 1999 fort. Eine für die Ausnahme aus der Pflichtversicherung maßgebliche Änderung des Sachverhalts im Sinne des § 262 Abs. 3 BSVG ist daher nicht eingetreten, wie die belangte Behörde im Ergebnis zu Recht erkannt hat.

Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i. V.m. der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.

Wien, am 19. März 2003

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2003:2000080217.X00

Im RIS seit

16.05.2003

Zuletzt aktualisiert am

07.10.2008
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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