TE Vwgh Erkenntnis 2003/3/19 2002/08/0061

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Veröffentlicht am 19.03.2003
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Index

22/02 Zivilprozessordnung;
40/01 Verwaltungsverfahren;
62 Arbeitsmarktverwaltung;
66/02 Andere Sozialversicherungsgesetze;

Norm

AlVG 1977 §49 Abs2 idF 1996/411;
AVG §47;
ZPO §292 Abs2;
ZustG §17;
ZustG §22;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Müller, Dr. Sulyok, Dr. Köller und Dr. Moritz als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Müller, über die Beschwerde des Dipl.-Ing. J in V, vertreten durch Dr. Horst Kilzer, Rechtsanwalt in 9500 Villach, Nikolaigasse 27, gegen den auf Grund eines Beschlusses des Ausschusses für Leistungsangelegenheiten ausgefertigten Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Kärnten vom 15. November 2000, Zl. LGS/Abt.4/1218/2000, betreffend Einstellung des Arbeitslosengeldes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit) Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer stellte am 8. August 2000 einen Antrag auf Zuerkennung von Arbeitslosengeld. Am selben Tag unterschrieb er eine Erklärung, wonach er unter anderem über die Rechtsfolgen der Nichteinhaltung einer Kontrollmeldung (Verlust des Anspruches auf Leistungen vom Tag der versäumten Kontrollmeldung an bis zur Geltendmachung des Fortbezuges) informiert sei.

Mit Schreiben der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice vom 11. August 2000 wurde der Beschwerdeführer für den 16. August 2000 um 08.00 Uhr zu einem Beratungsgespräch beim Arbeitsmarktservice Villach eingeladen. An Unterlagen würden dazu nicht näher bezeichnete fachärztliche Gutachten benötigt. In dem Schreiben wurde ausdrücklich darauf hingewiesen, dass im Fall des Nichterscheinens des Beschwerdeführers beim Arbeitsmarktservice sein Leistungsbezug nach § 49 Abs. 2 AlVG für die Dauer des Nichterscheinens eingestellt werde. Falls er verhindert sei, der Einladung nachzukommen, solle er die regionale Geschäftsstelle umgehend verständigen.

Mit Bescheid der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice vom 7. September 2000 wurde der Bezug des Arbeitslosengeldes durch den Beschwerdeführer mangels Arbeitsfähigkeit ab dem 16. August 2000 eingestellt. Begründend wurde ausgeführt, der Beschwerdeführer sei im Falle von Zweifeln über die Arbeitsfähigkeit verpflichtet, sich auf Anordnung des Arbeitsmarktservice ärztlich untersuchen zu lassen. Weigere er sich, dieser Anordnung Folge zu leisten, erhalte er für die Dauer der Weigerung kein Arbeitslosengeld. Der Beschwerdeführer sei am 11. August 2000 mittels RSb-Schreibens zur Vorsprache am 16. August 2000 beim Arbeitsmarktservice eingeladen worden, da begründete Zweifel an seiner Arbeitsfähigkeit bestanden hätten. Er habe weder diesen Termin wahrgenommen noch sich mit seinem zuständigen Berater in Verbindung gesetzt.

In seiner Berufung gegen diesen Bescheid führte der Beschwerdeführer im Wesentlichen aus, dass er arbeitsfähig sei. Im Übrigen habe er das Schreiben vom 11. August 2000 nicht erhalten, vermutlich sei der Abholzettel entweder bei der großen Schließfachanlage in dem Hochhaus versehentlich in ein falsches Fach eingeworfen worden oder zwischen den täglichen Bergen von Werbeprospekten untergegangen, zwischen die er vielleicht irgendwo hineingesteckt worden sei.

Mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid nahm die belangte Behörde eine Abänderung des erstinstanzlichen Bescheides dahingehend vor, dass das Arbeitslosengeld gemäß § 24 Abs. 1 AlVG iVm § 49 AlVG ab dem 16. August 2000 eingestellt wurde. Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dass dem Beschwerdeführer das von ihm am 8. August 2000 beantragte Arbeitslosengeld zuerkannt worden sei. Er sei laut vorliegender Krankheitsbescheinigung vom 28. Juni 1999 bis 8. August 2000 wegen Krankheit arbeitsunfähig gewesen. Laut telefonischer Rückfrage bei der Gebietskrankenkasse sei er mit 9. August 2000 seitens dieser Kasse "ausgesteuert" worden. Das Schreiben vom 11. August 2000 sei am 14. August 2000 durch Hinterlegung ordnungsgemäß zugestellt worden. Der Beschwerdeführer habe den Kontrollmeldetermin am 16. August 2000 nicht wahrgenommen. Er habe sich an diesem Tag weder telefonisch noch persönlich gemeldet, sondern erst wieder am 18. September 2000.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird, mit dem Begehren, ihn kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt. Der Beschwerdeführer hat - teils durch seinen Vertreter, teils persönlich - weiteres Vorbringen erstattet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 49 AlVG in der im Beschwerdefall zeitraumbezogen

anzuwendenden Fassung BGBl. Nr. 411/1996 lautet:

"Kontrollmeldungen

§ 49. (1) Zur Sicherung des Anspruches auf den Bezug von Arbeitslosengeld bzw. Notstandshilfe hat sich der Arbeitslose monatlich mindestens einmal bei der nach seinem Wohnort zuständigen regionalen Geschäftsstelle unter Vorweisung der Meldekarte persönlich zu melden. Je nach der Situation auf dem Arbeitsmarkt kann die regionale Geschäftsstelle die Einhaltung von Kontrollmeldungen gänzlich nachsehen, die Zahl der einzuhaltenden Kontrollmeldungen herabsetzen oder öftere Kontrollmeldungen vorschreiben. Die regionale Geschäftsstelle kann auch öftere Kontrollmeldungen vorschreiben, wenn der begründete Verdacht besteht, daß das Arbeitslosengeld bzw. die Notstandshilfe nicht gebührt. Die näheren Bestimmungen über die Kontrollmeldungen trifft die Landesgeschäftsstelle. Die Landesgeschäftsstelle kann auch andere Stellen als Meldestellen bezeichnen.

(2) Ein Arbeitsloser, der trotz Belehrung über die Rechtsfolgen eine Kontrollmeldung unterläßt, ohne sich mit triftigen Gründen zu entschuldigen, verliert vom Tage der versäumten Kontrollmeldung an bis zur Geltendmachung des Fortbezuges den Anspruch auf Arbeitslosengeld bzw. Notstandshilfe. Liegen zwischen dem Tag der versäumten Kontrollmeldung und der Geltendmachung mehr als 62 Tage, so erhält er für den übersteigenden Zeitraum kein Arbeitslosengeld bzw. keine Notstandshilfe. Der Zeitraum des Anspruchsverlustes verkürzt sich um die Tage einer arbeitslosenversicherungspflichtigen Beschäftigung, die er in diesem Zeitraum ausgeübt hat. Ist die Frage strittig, ob ein triftiger Grund für die Unterlassung der Kontrollmeldung vorliegt, so ist der Regionalbeirat anzuhören."

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hängt die Versagung des Anspruches auf Geldleistungen aus der Arbeitslosenversicherung im Sinne des § 49 Abs. 2 AlVG von der wirksamen Vorschreibung einer Kontrollmeldung und diese wieder zumindest von der Möglichkeit einer Kenntnisnahme einerseits von dieser Vorschreibung, andererseits von der Belehrung über die mit der Nichteinhaltung des Kontrolltermins verbundenen Rechtsfolgen durch den Arbeitslosen ab (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 20. November 2002, Zl. 2002/08/0136).

In der Beschwerde wird vorgebracht, dass der Beschwerdeführer das Schreiben vom 11. August 2000 nicht erhalten habe, und die Begründung des angefochtenen Bescheides in der Weise gedeutet, dass die Ladung zum Kontrolltermin ohne Hinterlegung an die regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice retourniert worden sei. Das trifft aber nach der Aktenlage nicht zu: Nach dem im Akt befindlichen Rückschein ist am 14. August 2000 ein Versuch der Zustellung dieses Schreibens unternommen und die Verständigung über die Hinterlegung in den Briefkasten eingelegt worden. Die Hinterlegung habe demnach beim Postamt 9506 mit dem Beginn der Abholfrist am 14. August 2000 stattgefunden.

Die vom Zusteller erstellten Zustellnachweise sind öffentliche Urkunden, die den Beweis dafür erbringen, dass die Zustellung vorschriftsmäßig erfolgt ist. Der Gegenbeweis gemäß § 47 AVG iVm § 292 Abs. 2 ZPO ist offen. Wird behauptet, es würden Zustellmängel vorliegen, so ist diese Behauptung auch entsprechend zu begründen und sind Beweise dafür anzuführen, die die vom Gesetz aufgestellte Vermutung zu widerlegen geeignet erscheinen lassen (vgl. dazu die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I, 2. Auflage, auf Seite 2028 unter E 3 zitierte hg. Rechtsprechung). Die bloße Behauptung, keine Hinterlegungsanzeige vorgefunden zu haben, ist nicht als Angebot eines Gegenbeweises anzusehen (vgl. die bei Walter/Thienel, a.a.O., auf Seite 1999 unter E 83 zitierte hg. Rechtsprechung).

Der Beschwerdeführer hat des weiteren auch nicht vorgebracht, dass er an der in der Zustellverfügung genannten Adresse keine Abgabestelle gehabt (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 4. Mai 1999, Zl. 99/08/0002) oder sich an dieser Abgabestelle im Sinne des § 17 Abs. 1 Zustellgesetz nicht regelmäßig aufgehalten hätte, wodurch eine Hinterlegung nicht rechtswirksam gewesen wäre. Er vermag daher auch keinen relevanten Verfahrensfehler der belangten Behörde aufzuzeigen, wenn er geltend macht, diese hätte Ermittlungen über seinen regelmäßigen Aufenthalt an der Abgabestelle durchführen müssen. Für die Wirksamkeit und Rechtmäßigkeit der Zustellung durch Hinterlegung kommt es entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers im Übrigen nicht darauf an, ob er das hinterlegte Schriftstück tatsächlich behoben hat (vgl. die bei Walter/Thienel, a.a.O., auf Seite 1991 unter E 46 zitierte hg. Rechtsprechung).

Im Übrigen können Umstände, die dazu führen, dass der Empfänger einer Sendung trotz ordnungsgemäßer Zustellung derselben von ihr keine Kenntnis erlangt hat, einen triftigen Grund im Sinne des § 49 Abs. 2 AlVG für die nachträgliche Entschuldigung eines Fernbleibens vom Kontrolltermin darstellen. Der Beschwerdeführer hat aber weder im Verwaltungsverfahren noch im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof diesbezüglich hinreichend konkrete Tatsachenbehauptungen vorgebracht. Das unsubstanziierte und nur auf die bloße Behauptung eines nicht ordnungsgemäßen Zustellungsvorganges gestützte Vorbringen, das Schreiben nicht erhalten zu haben, reicht nicht aus.

Gemäß § 49 Abs. 1 AlVG ist es zulässig, wenn das Arbeitsmarktservice öfter als einmal monatlich Kontrollmeldungen vorschreibt, sofern der begründete Verdacht besteht, dass das Arbeitslosengeld nicht gebührt. Auf die Frage, ob der Beschwerdeführer tatsächlich nicht arbeitsfähig war und ihm das Arbeitslosengeld daher nicht gebührte, ist im vorliegenden Zusammenhang aber nicht einzugehen. Die belangte Behörde hat ihre Entscheidung auch nicht auf diesen Umstand gestützt. Im Übrigen hätte die Vorsprache des Beschwerdeführers beim Arbeitsmarktservice gerade der Klärung dieser Frage dienen sollen.

Der Beschwerdeführer stellt ferner nicht in Abrede, dass es sich bei der Vorsprache am 16. August 2000 um eine Kontrollmeldung hätte handeln sollen und dass er vom Arbeitsmarktservice über die Folgen des Unterlassens von Kontrollmeldungen informiert worden war (vgl. zu diesen Umständen als Voraussetzungen für die Einstellung des Arbeitslosengeldes das hg. Erkenntnis vom 21. Juni 2000, Zl. 95/08/0302). Der Schriftsatz des Arbeitsmarktservice vom 11. August 2000 enthält einerseits eine Belehrung über die Folgen eines Ausbleibens des Beschwerdeführers und lässt andererseits durch den Verweis auf § 49 Abs. 2 AlVG auch erkennen, dass es um eine Kontrollmeldung gegangen ist.

Soweit sich der Beschwerdeführer darauf beruft, dass er auf Grund eines Gespräches beim Arbeitsmarktservice vom 8. August 2000 lediglich gewusst habe, sich bis Ende September wiederum beim Arbeitsmarktservice melden zu müssen, was er auch am 18. September 2000 getan habe, ist dem entgegenzuhalten, dass das Arbeitsmarktservice dadurch nicht gehindert gewesen ist, eine weitere Kontrollmeldung zu einem früheren Termin vorzuschreiben.

Der Beschwerdeführer bringt schließlich vor, dass die regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice mit Mitteilung vom 7. September 2000 ausgesprochen habe, dass ihm Arbeitslosengeld vom 9. August 2000 bis 6. März 2001 zustehe. Das Arbeitsmarktservice hätte daher nicht mit Bescheid vom selben Tag ein solches aberkennen dürfen. Die genannte Mitteilung über den Leistungsanspruch hat der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 11. April 2001 dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegt. Sie enthält u. a. den Hinweis, dass das angegebene voraussichtliche Leistungsende vorbehaltlich einer vorherigen Abmeldung oder des Wegfalles der Anspruchsvoraussetzungen gelte. Schon aus diesem Grund kann die Mitteilung der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice in keinen inhaltlichen Widerspruch mit dem angefochtenen Bescheid geraten und gehen die diesbezüglichen Beschwerdeausführungen ins Leere.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.

Wien, am 19. März 2003

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2003:2002080061.X00

Im RIS seit

08.05.2003
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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