Index
L24009 Gemeindebedienstete Wien;Norm
AVG §45 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und Senatspräsident Dr. Germ und Hofrat Dr. Zens als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Lamprecht, über die Beschwerde des S in W, vertreten durch Dr. Wilhelm Klade, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Spiegelgasse 2, gegen den Bescheid des Berufungssenates der Stadt Wien vom 16. Dezember 1999, Zl. MA 2/391/98, betreffend Zurechnung nach § 9 der Pensionsordnung 1995, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Die Stadt Wien hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.089,68 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der 1947 geborene Beschwerdeführer steht als Oberwerkmeister i.R. in einem öffentlich-rechtlichen Pensionsverhältnis zur Stadt Wien. Er ist gelernter Starkstrommonteur und hat die Prüfung für Werkmeister der Elektrotechnik 1970 erfolgreich abgelegt; bei der Stadt Wien war der Beschwerdeführer seit 1971 tätig, zuletzt im Bereich der mit Verkehrsorganisation und technischen Verkehrsangelegenheiten betrauten Magistratsabteilung (MA 46). Auf seinen Antrag wurde er gemäß § 68 Abs. 1 Z 2 der Dienstordnung 1994 mit Beschluss der gemeinderätlichen Personalkommission vom 16. Jänner 1998 mit 31. Jänner 1998 in den Ruhestand versetzt.
In dem der Ruhestandsversetzung zu Grunde liegenden amtsärztlichen Sachverständigengutachten vom 23. Juli 1997 hielt die Sachverständige Dr. G. zusammenfassend fest, dass beim Beschwerdeführer eine veränderte optische Wahrnehmung im rechten Auge (unscharfes Sehen) zufolge eines Venenastverschlusses im März 1995 bestehe. Der Visus des linken Auges sei nicht beeinträchtigt, jedoch besitze der Beschwerdeführer kein räumliches Sehvermögen und bestehe eine erhöhte Blendbarkeit. Bereits im Februar 1996 sei vom behandelnden Augenfacharzt festgestellt worden, dass der Beschwerdeführer für alle Arbeiten, die ein räumliches Sehen erforderten (beispielsweise Markierungsarbeiten, Abschätzung von Distanzen), nicht geeignet wäre; Schreibtischarbeiten könnte er aber durchführen, wobei er aber allenfalls das rechte Auge abdecken müsste. In weiterer Folge habe er ein depressives Zustandsbild entwickelt, wobei die unbefriedigende berufliche Situation als verstärkender Faktor hinzugekommen sei. Entsprechend seiner psychischen Verfassung könne der Beschwerdeführer Tätigkeiten unter durchschnittlicher psychischer Belastung ausüben. In Anbetracht seines Gesamtgesundheitszustandes und des bisherigen Verlaufes seiner Krankheit sei vom Beschwerdeführer eine ersprießliche Dienstleistung als Werkmeister bei der Magistratsabteilung 46 nicht mehr zu erwarten.
Die Dienstbehörde leitete von amtswegen ein Verfahren gemäß § 9 der Pensionsordnung 1995 (PO 1995) ein. Im amtsärztlichen Gutachten vom 19. Juni 1998, welches dem Beschwerdeführer mit Schreiben vom 2. Juli 1998 zur Kenntnis gebracht wurde, diagnostizierte Dr. P, dass der Beschwerdeführer an einer veränderten optischen Wahrnehmung von Gegenständen bei zentral bedingter Netzhautveränderung im rechten Auge, Bluthochdruck und verminderter psychischer Belastbarkeit zufolge einer reaktiven Depression leide. Seit dem Jahre 1995 habe der Beschwerdeführer wegen eines Venenastverschlusses des rechten Auges eine veränderte optische Wahrnehmung, welche räumliches Sehen nicht ermögliche. Bedingt durch diese Symptome sei er für Arbeiten, die räumliches Sehen erforderten, nicht geeignet; Schreibtischarbeiten könne er jedoch verrichten, wobei allenfalls das rechte Auge abgedeckt werden müsste. Ein erschwerender Risikofaktor sei der hohe Blutdruck des Beschwerdeführers, der nicht ausreichend eingestellt scheine. Diesbezügliche laufende Kontrollen seien dem Beschwerdeführer empfohlen worden. Laut fachärztlicher Stellungnahme habe sich die psychische Problematik im Vergleich zu Vorbefunden verbessert. Lediglich bezüglich außergewöhnlicher psychischer Belastungen bestehe eine Einschränkung. Der Beschwerdeführer wäre daher entsprechend dem folgenden Leistungskalkül einsetzbar, wobei eine Änderung des Zustandsbildes nicht zu erwarten sei: So könne der Beschwerdeführer unter allgemein üblichem Zeitdruck bei durchschnittlicher psychischer Belastung Tätigkeiten ausüben, die eine leichte körperliche Beanspruchung bedingten; er könne keine schwere, jedoch überwiegend mittelschwere und ständig leichte Hebe- und Trageleistung erbringen; ständiges Sitzen, überwiegendes Stehen und Gehen, fallweise Überkopfarbeiten und Arbeiten in gebeugter Haltung seien möglich; weiters könne der Beschwerdeführer in geschlossenen Räumen, in Kälte, Hitze, im Freien und in Nässe, nicht jedoch unter starker Lärmeinwirkung, an allgemein exponierten Stellen und an höhenexponierten Stellen arbeiten. Ein berufsbedingtes Lenken eines Kfz sei nicht möglich. Feinarbeiten, Bildschirm unterstützte Tätigkeiten und Grobarbeiten könne der Beschwerdeführer durchführen; hingegen könne er keine Tourendienste durchführen und könne nicht reine Bildschirmarbeit verrichten.
In seinem berufskundlichen Gutachten vom 29. September 1998 kam der Sachverständige Ing. P. zu dem Ergebnis, dass dem Beschwerdeführer aus Sicherheitsgründen eine praktische Tätigkeit im Bereich von elektrischen Anlagen, Maschinen und Geräten nicht mehr zumutbar sei. Auf Grund seiner umfassenden Ausbildung und bisherigen Tätigkeit wäre dem Beschwerdeführer aber eine Tätigkeit in technischen Büros (beispielsweise als technischer Kalkulant) weiterhin möglich. Der Beschwerdeführer könne auf Grund seines mangelnden räumlichen Sehvermögens Tätigkeiten, die eine Gefährdung durch schlechte Abschätzung von Entfernungen (beispielsweise bei Strom führenden Teilen) mit sich bringen würden, nicht ausüben, weshalb er nicht als Elektriker, Betriebselektriker, etc. arbeiten könne. Im Bereich der Elektrowirtschaft könne er jedoch als technischer Angestellter "mit ausschließlicher Büroarbeit", beispielsweise als technischer Kalkulant, technischer Fachberater und Vertreter für elektrotechnische Produkte, tätig sein. Seine praktische "Einäugigkeit" würde den Beschwerdeführer an der Ausübung dieser Berufe nicht hindern; er könne diese auf Grund seiner umfassenden Berufskenntnisse als langjähriger Werkmeister nach einer Einarbeitungszeit von etwa zwei bis drei Monaten auch tatsächlich ausüben. Die genannten Berufe seien am allgemeinen Arbeitsmarkt in ausreichender Zahl vorhanden, wobei die Frage der tatsächlichen Verfügbarkeit von Arbeitsplätzen außer Betracht zu bleiben habe.
In seiner Stellungnahme vom 21. Oktober 1998 brachte der Beschwerdeführer vor, dass der Sachverständige übersehen haben dürfte, dass er insgesamt 28 Jahre bei der Gemeinde Wien tätig gewesen sei. Dieser habe nämlich angenommen, er hätte die letzten 15 Jahre überwiegend als Starkstrommonteur gearbeitet. Für die im Gutachten genannten Verweisungsberufe sei eher eine kaufmännische Ausbildung als eine technische Ausbildung zum Starkstrommonteur und eine anschließende Ausbildung zum Werkmeister der Elektrotechnik erforderlich. Es sei unwahrscheinlich, dass er nach 28-jähriger Berufsunterbrechung trotz der mittlerweile erfolgten technischen Neuerungen wieder in seinen erlernten Beruf als Starkstrommonteur zurückkehren könne. Bei der Gemeinde Wien habe er nach einigen Arbeitsversuchen nach seiner Erkrankung nur noch als Amtsdiener tätig sein können. Zudem entziehe es sich seiner Kenntnis, ob die Gemeinde Wien Vertreter für elektrotechnische Produkte beschäftige. Es sei weiters fraglich, ob er im Alter von 51 Jahren Aussicht auf eine Beschäftigung in der Privatwirtschaft in einem der vom Sachverständigen genannten Berufe habe.
Rechtsfreundlich vertreten brachte der Beschwerdeführer in seiner Stellungnahme vom 27. Oktober 1998 ergänzend vor, dass er während seiner Tätigkeit als Oberwerkmeister bei der Gemeinde Wien in der Magistratsabteilung 46 überwiegend mit der Beaufsichtigung und Durchführung von Bodenmarkierungen auf Straßen betraut gewesen sei und er im Rahmen dieser Tätigkeiten für die Kenntnis der detaillierten Straßenpläne verantwortlich gewesen sei. Keinesfalls sei er jedoch Starkstrommonteur bei der Gemeinde Wien gewesen. Die im Gutachten vom 29. September 1998 enthaltene Tätigkeitsbeschreibung treffe daher nicht zu. Der Beschwerdeführer sei seit 28 Jahren als Beamter mit technischer Ausbildung (Oberwerkmeister) tätig und wegen seines schlechten Gesundheitszustandes in letzter Zeit nur mehr für "weniger anspruchsvolle Arbeiten" herangezogen worden. Er leide an einer Venenastthrombose am rechten Auge, die ausgeprägte Sehstörungen zur Folge habe und höchstwahrscheinlich durch berufsbedingtes Lesen der Straßenpläne, für welches ein gutes Sehvermögen unabdingbar gewesen sei, hervorgerufen worden sei. Allerdings hätten auch die im Gutachten genannten Verweisungsberufe unweigerlich eine Überanstrengung beziehungsweise eine akute Reduktion seiner Sehkraft zur Folge. Diese Berufe könne der Beschwerdeführer daher auf Grund seines derzeitigen Gesundheitszustandes und der zu erwartenden Verschlechterung seines Sehvermögens unmöglich ausüben. Ebenso sei die für den Beschwerdeführer erforderliche Einarbeitungszeit für die Ausübung der genannten Verweisungsberufe mit zwei bis drei Monaten bei weitem zu gering bemessen worden. Er sei jedenfalls nicht im Stande, einem regelmäßigen Erwerb nachzugehen.
Mit Bescheid vom 9. November 1998 sprach die Dienstbehörde erster Instanz aus, dass eine Zurechnung von Jahren gemäß § 9 der Pensionsordnung 1995 (PO 1995) im Beschwerdefall nicht verfügt werden könne. Zur Begründung wird auf das amtsärztliche Gutachten vom 19. Juni 1998 verwiesen, dem zu entnehmen sei, dass die körperliche Mobilität des Beschwerdeführers zum Zeitpunkt seiner Versetzung in den Ruhestand (und voraussichtlich auch auf Dauer) auf Grund eines Venenastverschlusses des rechten Auges, welcher eine veränderte optische Wahrnehmung von Gegenständen bei zentral bedingter Netzhautveränderung bewirke, eines erhöhten Blutdrucks und einer verminderten psychischen Belastbarkeit zufolge einer reaktiven Depression hochgradig eingeschränkt gewesen sei. Der Blutdruck des Beschwerdeführers sei nicht ausreichend eingestellt, jedoch sei im Vergleich zu Vorbefunden eine leichte Besserung seiner psychischen Belastbarkeit eingetreten. Eine relevante Verbesserung der Grunderkrankung sei jedoch in absehbarer Zeit nicht zu erwarten. Der Beschwerdeführer hätte daher zum Zeitpunkt seiner Versetzung in den Ruhestand leichte Tätigkeiten ohne außergewöhnliche psychische Belastungen unter allgemein üblichem Zeitdruck ausüben können. Das berufskundige Sachverständigengutachten vom 29. September 1998 habe ergeben, dass dem Beschwerdeführer zufolge der Einschränkung seiner Leistungsfähigkeit aus Sicherheitsgründen eine praktische Tätigkeit im Bereich von elektrischen Anlagen, Maschinen und Geräten nicht mehr zumutbar sei. Auf Grund seiner umfassenden Ausbildung und bisherigen Tätigkeit wäre aber eine Arbeit in technischen Büros (beispielsweise als technischer Kalkulant) auch weiterhin möglich. Wegen seines mangelnden räumlichen Sehvermögens könne der Beschwerdeführer Arbeiten, bei denen durch schlechte Abschätzung von Entfernungen (beispielsweise bei Strom führenden Teilen) eine "Gefährdung" eintreten würde, nicht verrichten. Es bestünde aber für den Beschwerdeführer die Möglichkeit, im Bereich der Elektrowirtschaft als technischer Angestellter "mit ausschließlicher Büroarbeit", beispielsweise als technischer Kalkulant, technischer Fachberater oder Vertreter für elektrotechnische Produkte, tätig zu sein. Für die Ausübung dieser und ähnlicher Berufe wäre die praktische "Einäugigkeit" des Beschwerdeführers kein Hindernis und könnten diese vom Beschwerdeführer auch auf Grund seiner umfassenden Berufskenntnisse als Werkmeister nach einer Einarbeitungszeit von etwa zwei bis drei Monaten auch tatsächlich ausgeübt werden. Die in dem Gutachten genannten Berufe seien auch auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt in ausreichender Anzahl vorhanden, wobei die tatsächliche Verfügbarkeit von Arbeitsplätzen außer Betracht bleiben müsse. Den Einwendungen des Beschwerdeführers, wonach er zuletzt überwiegend mit der Beaufsichtigung der Durchführung von Bodenmarkierungen auf Straßen sowie unter anderem für "detaillierte Straßenpläne" zuständig gewesen sei und daher den von ihm erlernten Beruf des Starkstrommonteurs nicht ausgeübt habe, sei entgegenzuhalten, dass das vorliegende berufskundige Sachverständigengutachten unter Zugrundlegung des amtsärztlichen Gutachtens sowie der Berufsausbildung und -laufbahn unter Berücksichtigung weiterer berufsbezogener Daten des Beschwerdeführers erstellt worden sei. Auf Grund dieser aktuellen Daten sei das berufskundige Sachverständigengutachten zu erstellen gewesen. Die erstinstanzliche Behörde folge den vorliegenden Sachverständigengutachten, weshalb trotz der festgestellten gesundheitlich bedingten Leistungseinschränkungen des Beschwerdeführers davon auszugehen sei, dass er weiterhin zu einer zumutbaren Erwerbstätigkeit fähig sei.
In seiner gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung vom 27. November 1998 brachte der Beschwerdeführer vor, dass sich die Begründung des erstinstanzlichen Bescheides im Wesentlichen auf die bloße Wiedergabe der Sachverständigengutachten beschränke. Diese seien von der Behörde einerseits falsch interpretiert und andererseits nicht gegeneinander abgewogen worden. Die zwischen den Gutachten bestehenden Widersprüchlichkeiten seien von der Behörde schlicht übergangen worden. Insbesondere habe sich die Behörde nicht ausreichend mit seinen gegen das berufskundliche Gutachten erhobenen Einwendungen auseinander gesetzt. So habe er ausdrücklich darauf hingewiesen, dass mit der Ausübung der im berufskundlichen Gutachten genannten Verweisungsberufe unweigerlich eine Verschlechterung seines Sehvermögens verbunden wäre, zumal im fachärztlichen Gutachten vom 19. Juni 1998 ausdrücklich festgehalten worden sei, dass er nur dann "Schreibtischarbeiten" durchführen könne, wenn sein rechtes Auge abgedeckt werde. Ferner werde im medizinischen Sachverständigengutachten ausgeführt, dass er auf Grund seiner körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit weder zum berufsbedingten Lenken eines Kfz, noch zur Bildschirmarbeit oder zum Tourendienst herangezogen werden könne. Bei richtiger Beurteilung der vorliegenden Sachverständigengutachten hätte die Behörde erster Instanz jedenfalls beachten müssen, dass der Beschwerdeführer die Verweisungsberufe des technischen Kalkulanten oder technischen Fachberaters keinesfalls ausüben könne, da die mit diesen verbundenen Arbeiten ausschließlich automationsunterstützt durchgeführt werden würden, sodass solche Tätigkeiten reine beziehungsweise überwiegende Bildschirmarbeiten erfordern würden. Ebenso wenig könne er als Vertreter für technische Produkte tätig sein, da er diesfalls beim Besuch von Kunden oder Messen berufsbedingt jedenfalls ein Kfz lenken müsste. Dazu sei er jedoch auf Grund des vom medizinischen Sachverständigen erstellten Leistungskalküls nicht fähig. Es sei ihm sogar auf Grund eines von der erstinstanzlichen Behörde eingeleiteten Verwaltungsverfahrens die Lenkerberechtigung entzogen worden. Es wäre daher eine Ergänzung des berufskundlichen Gutachtens zu veranlassen gewesen. Im Übrigen sei die vom Sachverständigen angenommene Einarbeitungszeit von zwei bis drei Monaten zu kurz bemessen und sei innerhalb der Einarbeitungsphase die Verwendung von "EDV - (Lern-)Programmen" unabdingbar. Reine Bildschirmarbeit könne der Beschwerdeführer aber nicht verrichten. Weiters habe die erstinstanzliche Behörde die Bestimmung des § 9 PO 1995 falsch interpretiert, indem sie angenommen habe, die Wortfolge "zu einem zumutbaren Erwerb unfähig geworden" würde nur die Miteinbeziehung objektiver Kriterien, nämlich ob der Beamte überhaupt noch zu einer Tätigkeit in irgendeinem Verweisungsberuf fähig sei und ob gegebenenfalls für die Verweisungsberufe ein entsprechender Arbeitsmarkt bestehe, bedeuten. Diese Rechtauffassung sei unzutreffend, da der Gesetzgeber, indem er beispielsweise das Wort "zumutbar" verwendet habe, subjektive Elemente in den Vordergrund gestellt habe. Es sei zwar grundsätzlich richtig, dass das tatsächliche Angebot von entsprechenden Arbeitsplätzen außer Betracht zu bleiben habe, jedoch sei zu berücksichtigen, ob der Beamte tatsächlich die hypothetische Möglichkeit habe, eine freie Stelle auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt in einem der herangezogenen Verweisungsberufe zu erlangen. Der Beamte müsse zumindest die hypothetische Fähigkeit zu einem zumutbaren Erwerb besitzen. Eine andere Auslegung würde dazu führen, dass - von gravierenden Ausnahmefällen, wie schwerer geistiger Behinderung, schwerster körperlicher Behinderung und schwerster Erkrankung, abgesehen - beinahe immer irgendein Verweisungsberuf zu finden wäre, der dem betroffenen Beamten zumindest im Rahmen einer Teilzeitbeschäftigung zumutbar wäre. Die von der Behörde vertretene Rechtsansicht sei daher unrichtig. Vielmehr wäre der gegenständliche Sachverhalt dahingehend zu beurteilen gewesen, dass zwar grundsätzlich Verweisungsberufe vorlägen, dass jedoch der Beschwerdeführer auf Grund seines Alters und seiner gesundheitlich bedingten Leistungseinschränkungen nicht einmal hypothetisch die Möglichkeit besitze, am allgemeinen Arbeitsmarkt eine Anstellung im Bereich der vom berufskundigen Sachverständigen genannten Verweisungsberufe zu erlangen und dass er daher zu einem zumutbaren Erwerb unfähig geworden sei.
Mit Bericht vom 21. Juli 1999 teilte die Dienstbehörde der belangten Behörde mit, dass der Beschwerdeführer mit Wirkung vom 26. Mai 1997 der Gruppe Verkehrssicherheit zugeteilt worden sei und dort vom 27. Mai 1997 bis zum 16. Juni 1997 (14 Arbeitstage) tätig gewesen sei. Ab 27. Mai 1997 sei er bis zu seiner Pensionierung im "Krankenstand" gewesen. Während des oben genannten Zeitraumes habe er folgende Tätigkeiten verrichtet:
"Einschulung in die einfachsten Zusammenhänge der Verkehrssicherheitsarbeit; Einschulung in Erstellung einfacher EDV - Unfallstatistiken; Erhebungsarbeiten vor Ort, wie Vermessung von Fahrbahnbreiten usw.; Durchführung von kurzzeitigen Verkehrszählungen; Video - Filmung komplexer Verkehrssituationen."
Dieser Tätigkeitsbericht wurde dem berufskundlichen Sachverständigen übermittelt und dieser mit der Erstellung eines ergänzenden Gutachtens beauftragt. Dem von Ing. P. am 3. September 1999 erstellten Ergänzungsgutachten ist zu entnehmen, dass "im Vergleich" zu den ärztlichen Gutachten vom 23. Juli 1997 und vom 19. Juni 1998 aus berufskundiger Sicht festzustellen sei, dass die bei der Gruppe Verkehrssicherheit vom Beschwerdeführer während kurzer Zeit ausgeübte Tätigkeit keine Überschreitung des Leistungskalküls mit sich gebracht habe. Die kurze Dauer dieser Tätigkeit beeinflusse auch in keiner Weise das berufskundige Gutachten vom 29. September 1998, weshalb dieses nicht abzuändern sei, sondern vollinhaltlich aufrecht erhalten werde.
Dazu nahm der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 13. Oktober 1999 Stellung und brachte vor, dass der Sachverständige die Kernaussage des medizinischen Sachverständigengutachtens vom 19. Juni 1998 verkannt habe; diesem zufolge sei dem Beschwerdeführer räumliches Sehen nämlich nicht möglich und bestehe eine erhöhte Blendbarkeit. Zwar sei dem Sachverständigen insofern beizupflichten, als durch die Einschulung in die einfachsten Zusammenhänge der Verkehrssicherheitsarbeit sein Leistungsvermögen noch nicht überschritten worden sei, jedoch gelte dies nicht für die Erstellung von "EDV - Unfallstatistiken", welche mit reiner Bildschirmarbeit verbunden wäre. Ebenso wenig sei die Ansicht des Sachverständigen, wonach Erhebungsarbeiten vor Ort, die Vermessung von Fahrbahnbreiten und das "Video - Verfilmen" komplexer Verkehrssituationen im Leistungskalkül des Beschwerdeführers gelegen sein sollte, zutreffend; für diese Tätigkeiten wäre jedenfalls ein räumliches Sehvermögen erforderlich. Auf Grund des medizinischen Leistungsprofils des Beschwerdeführers hätte der berufskundige Sachverständige ausführen müssen, welche konkreten Tätigkeiten dem Beschwerdeführer bei ausschließlicher Büroarbeit als technischer Kalkulant oder technischer Facharbeiter zuzumuten seien. Insbesondere hätte darauf Bedacht genommen werden müssen, dass Büroarbeiten ausschließlich automationsunterstützt durchgeführt würden und daher reine beziehungsweise überwiegende Bildschirmarbeit bedingten, deren Verrichtung dem Beschwerdeführer aber nicht zumutbar sei, da sie zwangsläufig zu einer Überanstrengung seines linken Auges führen würde. Diese konstante Überanstrengung wiederum würde das Entstehen beziehungsweise Fortschreiten einer Sehschwäche des linken gesunden Auges verursachen, was eine Gefährdung der Gesundheit des Beschwerdeführers bedeuten würde. Zumal Art und Umfang der "Arbeit in technischen Büros" nicht definiert worden sei, könne nicht beurteilt werden, zu welchen konkreten Tätigkeiten der Beschwerdeführer in technischen Büros herangezogen werden könnte. Aus diesen Gründen sei das Sachverständigengutachten vom 3. September 1999 in wesentlichen Punkten unvollständig geblieben, weshalb dem Sachverständigen die abermalige Ergänzung des Gutachtens zu den oben genannten Aspekten aufgetragen werden möge.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers als unbegründet ab und führte dazu nach Darstellung des bisherigen Verwaltungsverfahrens und der maßgeblichen Rechtslage aus, dass der vom Beschwerdeführer zum berufskundigen Sachverständigengutachten vom 29. September 1998 geäußerten Kritik entgegenzuhalten sei, dass seine 28-jährige Tätigkeit bei der Gemeinde Wien vom Sachverständigen sehr wohl "zur Kenntnis" genommen worden sei, jedoch für die Ermittlung der möglichen Verweisungsberufe vor allem die berufliche Tätigkeit des Beschwerdeführers in den letzten fünfzehn Jahren herangezogen worden sei. Auch sei das Vorbringen des Beschwerdeführers nicht geeignet, das ausführliche, schlüssige und widerspruchsfreie berufskundige Gutachten vom 29. September 1998 und vom 3. September 1999 zu entkräften, da dafür eine bloße Behauptung nicht ausreiche. Wenn der Beschwerdeführer diese Sachverständigengutachten in Zweifel ziehen wolle, müsse er von sich aus im Verwaltungsverfahren initiativ werden und durch ein fachlich fundiertes Gutachten allenfalls den Gegenbeweis erbringen beziehungsweise seine Behauptung unter präziser Darstellung der gegen die Gutachten gerichteten sachlichen Einwände durch das Gutachten eines anderen Sachverständigen unter Beweis stellen. Der Bestimmung des § 9 PO 1995 sei zu entnehmen, dass aus Anlass der Versetzung in den Ruhestand ein Zeitraum von höchstens zehn Jahren zur Erlangung des Ruhegenusses im Ausmaß der Ruhegenussbemessungsgrundlage nur dann zur ruhegenussfähigen Dienstzeit zuzurechnen sei, wenn der Beamte ohne vorsätzliches Verschulden zu einem zumutbaren Erwerb unfähig geworden sei. Unter dem Begriff der Erwerbsfähigkeit werde nach allgemeinem Sprachgebrauch die Fähigkeit verstanden, sich im Wirtschaftsleben einen regelmäßigen Erwerb durch selbstständige oder unselbstständige Arbeit zu verschaffen. Diese Fähigkeit sei abstrakt zu beurteilen; es sei daher nicht maßgeblich, ob dem Beamten eine solche Tätigkeit konkret vermittelt werden könne. Für die Verweisung auf den allgemeinen Arbeitsmarkt müssten zwar die Verweisungsberufe in ausreichender Zahl vorhanden sein, jedoch seien sowohl die konkrete Arbeitsmarktlage, als auch das Stellenangebot des Magistrates der Stadt Wien unerheblich. In der Zeit vom 1. Jänner 1971 bis zum 1. Jänner 1987 sei der Beschwerdeführer sehr wohl als Werkmeister mit Aufgaben als Starkstrommonteur in der Magistratsabteilung 33 betraut gewesen. Erst ab 1. Jänner 1987 sei er als Oberwerkmeister nicht mehr mit Starkstromtechnik befasst gewesen; die von ihm genannten "wenig anspruchsvollen Arbeiten" seien nur in der Zeit vom 26. Mai 1997 bis zum 16. Juni 1997 verrichtet worden. Danach habe er sich bis zu seiner Versetzung in den Ruhestand "im Krankenstand" befunden. Die Berufslaufbahn des Beschwerdeführers sei dem Sachverständigen, wie dem Gutachten vom 29. September 1998 zu entnehmen sei, bekannt gewesen und von diesem seiner Beurteilung zugrundegelegt worden. Nicht die erstinstanzliche Behörde, sondern der Beschwerdeführer habe das amtsärztliche Gutachten vom 19. Juni 1998 falsch interpretiert. Diesem sei in eindeutiger und unmissverständlicher Weise zu entnehmen, dass dem Beschwerdeführer Schreibtischarbeiten durchaus zugemutet werden könnten, wobei er allenfalls das rechte Auge abdecken müsse. Der berufskundige Sachverständige sei daher zu Recht zu dem Schluss gekommen, dass der Beschwerdeführer Tätigkeiten als technischer Angestellter mit ausschließlicher Büroarbeit, wie beispielsweise als technischer Kalkulant und als technischer Fachberater, verrichten könne. Die vom Beschwerdeführer behauptete Widersprüchlichkeit des amtsärztlichen Gutachtens vom 19. Juni 1998 und den berufskundigen Gutachten vom 29. September 1998 und vom 3. September 1999 könne nicht erkannt werden. Das medizinische Leistungskalkül des Beschwerdeführers sei dem berufskundigen Sachverständigen bekannt gewesen und von ihm berücksichtigt worden. Das Vorbringen des Beschwerdeführers, die Feststellungen des berufskundlichen Sachverständigengutachtens ließen eine Beurteilung der konkreten Tätigkeiten in technischen Büros, zu denen er noch fähig sei, nicht zu, sei unrichtig, da das Gutachten vom 3. September 1999 lediglich eine Ergänzung des Gutachtens vom 29. September 1999 sei; letzteres enthalte aber sehr wohl eine genaue Aufzählung der Verweisungsberufe, nämlich:
technischer Angestellter mit ausschließlicher Büroarbeit (beispielsweise technischer Kalkulant, technischer Fachberater, Vertreter für elektrotechnische Produkte).
Der Beschwerdeführer habe gegen das amtsärztliche Gutachten vom 19. Juni 1998 keine Einwände erhoben; die belangte Behörde habe auch keine Bedenken, das ausführliche, schlüssige und widerspruchsfreie amtsärztliche Gutachten dem angefochtenen Bescheid zu Grunde zu legen. Da somit die Tätigkeiten, die der Beschwerdeführer noch auszuüben vermöge, feststünden, sei zu beurteilen, welche dieser Tätigkeiten ihm - vom Standpunkt der sozialen Wertung (Vorbildung, dienstliche Stellung) aus betrachtet - billigerweise zugemutet werden könnten. Die soziale Geltung einer beruflichen Tätigkeit richte sich nicht vorwiegend nach den hiefür erforderlichen Vorkenntnissen und der mit ihnen verbundenen persönlichen Verantwortung, sondern überwiegend danach, in welcher ihrer Gruppen die bestehende Gesellschaftsordnung diejenigen einreihe, die bestimmte Berufstätigkeiten verrichteten. Die soziale Zumutbarkeit der im berufskundlichen Sachverständigengutachten genannten Verweisungsberufe sei vom Beschwerdeführer nicht bestritten worden. Nach Ansicht der belangten Behörde sei diesen Verweisungsberufen die gleiche soziale Geltung beizumessen wie der Tätigkeit eines Werkmeisters. Die gegenständlichen Verweisungsberufe seien dem Beschwerdeführer daher auch sozial zumutbar. Da somit im gegenständlichen Verfahren sämtliche für die abschließende Beurteilung der entscheidungswesentlichen Sachverhaltselemente maßgebenden Aspekte ausreichend erhoben worden seien, sei dem Antrag des Beschwerdeführers auf Einholung eines ergänzenden berufskundigen Sachverständigengutachtens nicht stattzugeben gewesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften begehrt wird.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt, eine Gegenschrift erstattet und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht auf Zurechnung eines Zeitraumes zu seiner ruhegenussfähigen Dienstzeit zur Stadt Wien gemäß § 9 PO 1995 verletzt.
Gemäß § 9 der Pensionsordnung 1995 (PO 1995), LGBl. Nr. 67 idF LGBl. Nr. 34/1999, ist dem Beamten, wenn er ohne sein vorsätzliches Verschulden zu einem zumutbaren Erwerb unfähig geworden ist, aus Anlass der Versetzung in den Ruhestand der Zeitraum, der für die Erlangung des Ruhegenusses im Ausmaß der Ruhegenussbemessungsgrundlage erforderlich ist, höchstens jedoch ein Zeitraum von zehn Jahren, zu seiner ruhegenussfähigen Dienstzeit zur Stadt Wien zuzurechnen.
Die inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides erblickt der Beschwerdeführer darin, dass die belangte Behörde unrichtiger Weise davon ausgegangen sei, dass die Wortfolge "zu einem zumutbaren Erwerb unfähig geworden" nur anhand objektiver Kriterien beurteilt werden sollte. Auf Grund dieser verfehlten Rechtsansicht habe die belangte Behörde lediglich darauf abgestellt, ob der Beschwerdeführer überhaupt noch fähig wäre, in irgendeinem Verweisungsberuf tätig zu sein und ob gegebenenfalls in diesem Verweisungsberuf ein Arbeitsmarkt existiere. Diese auf Grund einer stark einschränkenden und restriktiven Interpretation gewonnene Rechtsauffassung sei unrichtig, da der Gesetzgeber durch die Verwendung des Tatbestandselementes "zumutbar" nicht nur einen Standpunkt der sozialen Wertung des Verweisungsberufes für den betroffenen Beamten in den Vordergrund stelle, sondern darüber hinaus eindeutig auch subjektive Elemente berücksichtige, welche in der Person des Beamten gelegen seien. Es treffe zwar grundsätzlich zu, dass die tatsächliche Verfügbarkeit von Arbeitsplätzen in dem jeweiligen Verweisungsberuf außer Betracht zu bleiben habe, jedoch habe die belangte Behörde rechtswidriger Weise nicht berücksichtigt, dass der Beschwerdeführer nicht einmal die hypothetische Möglichkeit besitze, in einem der im angefochtenen Bescheid genannten Verweisungsberufe auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt eine Stelle zu finden. Er sei daher nicht einmal hypothetisch fähig, einem zumutbaren Erwerb nachzugehen. Vielmehr bestehe für ihn auf Grund seines eingeschränkten Leistungsvermögens, seines beruflichen Werdegangs und seines Alters kein Arbeitsmarkt mehr. Folgte man der Ansicht der belangten Behörde, würde dies zu dem Ergebnis führen, dass - von gravierenden Ausnahmefällen abgesehen - beinahe immer ein Verweisungsberuf gegeben wäre, der dem Beamten zumindest im Rahmen einer Teilzeitbeschäftigung zumutbar wäre. Die belangte Behörde hätte den festgestellten Sachverhalt dahingehend beurteilen müssen, dass ausgehend von den vom Beschwerdeführer zuletzt ausgeübten beruflichen Tätigkeiten Verweisungsberufe zwar grundsätzlich vorlägen, dass jedoch Arbeitnehmer in seinem Alter und mit seinen gesundheitlichen Leistungseinschränkungen weder abstrakt noch hypothetisch - geschweige denn konkret - die Möglichkeit besäßen, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt eine Anstellung in den im angefochtenen Bescheid angeführten Verweisungsberufen zu finden. Rechtsrichtig hätte die belangte Behörde daher zum Schluss kommen müssen, dass der Beschwerdeführer zu einem zumutbaren Erwerb nicht mehr fähig sei.
Zur Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften bringt der Beschwerdeführer vor, dass er im Verwaltungsverfahren schlüssig und widerspruchsfrei dargelegt habe, dass in den berufskundlichen Sachverständigengutachten vom 29. September 1998 und vom 3. September 1999 lediglich oberflächlich festgestellt worden sei, dass er auf Grund seiner Ausbildung und bisherigen Tätigkeit in der Lage wäre, eine "Arbeit in technischen Büros" zu verrichten. Auf Grund des erstellten medizinischen Leistungskalküls hätte der berufskundige Sachverständige jedoch ausführen müssen, welche konkreten Tätigkeiten dem Beschwerdeführer bei ausschließlicher Büroarbeit in den Verweisungsberufen zumutbar wären. Insbesondere wäre zu berücksichtigen gewesen, dass auf Grund der fortschreitenden Technisierung der Arbeitsplätze Büroarbeiten ausschließlich automationsunterstützt durchgeführt würden und daher "reine" beziehungsweise "überwiegende" Bildschirmarbeit bedingten, deren Besorgung ihm jedoch auf Grund seines Gesundheitszustandes nicht zumutbar sei. Wegen seiner am rechten Auge bestehenden Sehbehinderung führe Bildschirmarbeit nämlich zwangsläufig zu einer Überanstrengung seines linken Auges, was wiederum das Entstehen beziehungsweise das Fortschreiten seiner Sehschwäche bedeuten würde; die Arbeit am Bildschirm würde daher jedenfalls eine Gefährdung seiner Gesundheit bedeuten. Unter Bedachtnahme auf die im medizinischen Sachverständigengutachten getroffenen Feststellungen könne daher bei der bloßen Anführung der Begriffe "Arbeit in technischen Büros" beziehungsweise "Technischer Kalkulant", "Technischer Fachberater" und "Vertreter für elektrotechnische Produkte" nicht beurteilt werden, welche konkreten Tätigkeiten der Beschwerdeführer in technischen Büros beziehungsweise in den demonstrativ aufgezählten Verweisungsberufen besorgen könnte. Jedenfalls habe der Sachverständige Art und Umfang der "Arbeit in technischen Büros" nicht definiert. Auf Grund dieses Gutachtens sei daher eine rechtliche Beurteilung der Frage, ob ihm die genannten Verweisungsberufe zumutbar seien, nicht möglich, da im gegenständlichen Verwaltungsverfahren keine Feststellungen dahingehend getroffen worden seien, welche konkrete Tätigkeiten er in den unpräzise formulierten Verweisungsberufen ausüben könne. Die belangte Behörde hätte daher - wie vom Beschwerdeführer beantragt - eine Ergänzung der berufskundlichen Sachverständigengutachten veranlassen müssen. Bei Einhaltung der Verfahrensvorschriften hätte sich eindeutig ergeben, dass dem Beschwerdeführer auf Grund seines eingeschränkten medizinischen Leistungskalküls eine tatsächliche Ausübung der vom berufskundigen Sachverständigen aufgezählten Verweisungsberufe nur unter untragbaren Einschränkungen möglich sei, dass für diese eingeschränkten Berufsbilder kein allgemeiner Arbeitsmarkt bestehe und dass er daher zu keinem zumutbaren Erwerb mehr fähig sei.
Die Behörde hat die in einem Verfahren nach § 9 PO 1995 entscheidende Rechtsfrage, ob der Beamte noch zu einem zumutbaren Erwerb fähig ist, nach den Verhältnissen im Zeitpunkt der Versetzung des Beamten in den Ruhestand zu lösen. Hiebei hat die Behörde zunächst auf der Grundlage eines mängelfreien und schlüssigen ärztlichen Gutachtens die Frage zu beantworten, ob der Beamte überhaupt noch zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit befähigt ist; bejahendenfalls hat sie sodann auf der Grundlage dieses sowie eines mängelfreien und schlüssigen berufskundlichen Gutachtens die Frage zu klären, ob dem Beamten jene Erwerbstätigkeiten, die er nach seiner körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit vom medizinischen, körperlichen und geistigen Standpunkt aus noch auszuüben vermag, zugemutet werden können; letzteres ist dann der Fall, wenn diese Tätigkeit ihrer sozialen Geltung nach der früheren Beschäftigung, der dienstlichen Stellung und der Fortbildung des Beamten annähernd gleichkommen und wenn die Aufnahme solcher Tätigkeiten vom Beamten nach seinen sonstigen persönlichen Lebensumständen billigerweise erwartet werden kann (hg. Erkenntnis vom 9. Juli 1992, Zl. 91/12/0041).
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (siehe das zu einer vergleichbaren Rechtslage ergangene hg. Erkenntnis vom 25. September 2002, Zl. 2001/12/0144) bedeutet Erwerbsfähigkeit nach allgemeinem Sprachgebrauch, in der Lage zu sein, durch eigene Arbeit einen wesentlichen Beitrag zum Lebensunterhalt zu verdienen. Die Erwerbsfähigkeit ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abstrakt zu beurteilen. Es ist daher nicht entscheidend, ob die in Frage kommenden Tätigkeiten am Arbeitsmarkt verfügbar sind oder nicht; es muss sich um eine Beschäftigung handeln, die grundsätzlich Gegenstand des allgemeinen Arbeitsmarktes ist. Sie setzt aber jedenfalls eine im Arbeitsleben allgemein notwendige gesundheitlich durchgehende Einsatzfähigkeit des Beamten voraus. Hiebei ist weiters zu berücksichtigen, ob die Einsatzfähigkeit auch im Hinblick auf die üblichen Erfordernisse in der Arbeitswelt (z. B. Einhaltung der Arbeitszeit oder Fähigkeit zur Selbstorganisation) noch gegeben ist.
In diesem Zusammenhang ist eine medizinisch hinreichende Abklärung der für die Erwerbsfähigkeit ebenfalls wesentlichen Frage der auf Grund der bestehenden Leiden zu erwartenden "Krankenstände" bzw. der auf Grund der bestehenden Leiden in Verbindung mit einer Erwerbstätigkeit gegebenen objektiven Schmerzzuständige erforderlich (vgl. in diesem Sinne das zum dem Grunde nach entsprechenden Erwerbsunfähigkeitsbegriff des § 4 Abs. 4 Z 3 PG 1965 ergangene hg. Erkenntnis vom 27. September 2000, Zl. 99/12/0294, mwH).
Nach § 8 Abs. 1 DVG trifft die Behörde im Dienstrechtsverfahren die Verpflichtung, die zum Vorteil und Nachteil der Partei dienenden Umstände mit gleicher Sorgfalt zu berücksichtigen.
Den vorgenannten Anforderungen wird der angefochtene Bescheid schon deshalb nicht gerecht, weil weder die Feststellung der Restarbeitsfähigkeit des Beschwerdeführers noch - ausgehend von den gesundheitlichen Einschränkungen beim Beschwerdeführer - der grundsätzlich notwendigen gesundheitlichen durchgehenden Einsatzfähigkeit erfolgt ist.
Die belangte Behörde geht in der Begründung des angefochtenen Bescheides lediglich davon aus, das Vorbringen des Beschwerdeführers hätte das im Verfahren eingeholte schlüssige berufskundliche Gutachten von vornherein nicht entkräften können, weil er den Gegenbeweis nur mit einem fachlich fundierten Sachverständigengutachten hätte erbringen können. Diese Auffassung der belangten Behörde ist dann zutreffend, wenn es sich um die Beantwortung von Fachfragen handelt, für deren Lösung ein bestimmter Sachverstand erforderlich ist (vgl. beispielsweise hg. Erkenntnis vom 25. Jänner 1995, Zl. 94/12/0133). Im Beschwerdefall ist aber sachverhaltsmäßig klar, dass der Beschwerdeführer praktisch nur mehr auf einem Auge sieht. Er hat in seiner Stellungnahme insbesondere darauf hingewiesen, dass ihm deshalb die Lenkerberechtigung entzogen worden sei und daran die Schlussfolgerung geknüpft, dass er für die vom Gutachter genannten Verweisungstätigkeiten von vornherein nicht in Frage komme, weil diese entweder mit Bildschirmarbeiten verbunden sind oder die Fähigkeit zum Lenken eines Kraftfahrzeuges voraussetzen. Dies entspricht nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes der allgemeinen Lebenserfahrung und bedarf bei der Sachlage im Beschwerdefall keiner besonderen Sachkenntnis.
Die Unvollständigkeit eines Gutachtens aufzuzeigen und das Gutachten durch auf gleicher fachlicher Ebene angesiedelte Argumente zu bekämpfen, ist einer Partei aber auch ohne Gegengutachten möglich, weil relevante Einwendungen gegen ein Gutachten auch durch ein sonstiges fundiertes Vorbringen erfolgreich vorgetragen werden können; auf einsichtige Argumente muss selbst dann eingegangen werden, wenn sie nicht fachkundig fundiert vorgetragen werden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 11. September 1997, Zl. 94/07/0166). Das Postulat, einem Gutachten auf gleicher fachlicher Ebene entgegenzutreten, gilt einem mangelhaften Gutachten gegenüber nicht (vgl. das hg. Erkenntnis vom 25. Juni 1996, Zl. 95/05/0326).
Es hätte daher das Begehren des Beschwerdeführers nicht von vornherein deshalb verworfen werden dürfen, weil er kein seinen Rechtsstandpunkt stützendes Sachverständigengutachten vorgelegt hat.
Da die belangte Behörde schon ausgehend von einer unrichtigen Rechtsauffassung weder entsprechende Feststellungen zur Restarbeitsfähigkeit des Beschwerdeführers noch zu seiner allgemeinen Einsatzfähigkeit getroffen hat, war der angefochtene Bescheid - ungeachtet der ebenfalls verfahrensrechtlich unzutreffenden Vorgangsweise im Zusammenhang mit dem berufskundlichen Gutachten - wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Aufwandersatzverordnung 2001, BGBl. II Nr. 501. Die Gebühr nach § 24 Abs. 3 VwGG war mit EUR 181,61 zuzusprechen.
Wien, am 19. März 2003
Schlagworte
Beweismittel Sachverständigenbeweis Definition von Begriffen mit allgemeiner Bedeutung VwRallg7 Gutachten Parteiengehör Parteieneinwendungen freie BeweiswürdigungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2003:2000120029.X00Im RIS seit
05.05.2003