TE Vwgh Erkenntnis 2003/3/19 2002/03/0253

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Veröffentlicht am 19.03.2003
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
90/02 Führerscheingesetz;
90/02 Kraftfahrgesetz;

Norm

FSG 1997 §1 Abs3;
FSG 1997 §37 Abs1;
KFG 1967 §36 lita;
VStG §51e idF 2002/I/065;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Riedinger und Dr. Handstanger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Winter, über die Beschwerde des J in Windorf, vertreten durch Dr. Willibald Rath, Dr. Manfred Rath, Mag. Gerhard Stingl und Mag. Georg Dieter, Rechtsanwälte in 8020 Graz, Friedhofgasse 20, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark vom 26. Juli 2002, Zl. UVS 30.3-38, 39/2002-4, betreffend Übertretungen des KFG 1967 und des FSG, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.088,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer für schuldig erkannt, er habe am 24. Jänner 2002 um 10.25 Uhr an einem näher bezeichneten Ort einen dem Kennzeichen nach näher bestimmten Pkw gelenkt, obwohl er nicht im Besitze einer von der Behörde erteilten Lenkberechtigung der betreffenden Klasse oder Unterklasse gewesen sei und obwohl das Kfz nicht zum Verkehr auf öffentlichen Strassen zugelassen gewesen sei. Er habe dadurch Verwaltungsübertretungen nach § 37 Abs. 1 in Verbindung mit § 1 Abs. 3 FSG sowie nach § 36 lit. a KFG 1967 begangen; über ihn wurden Geldstrafen von EUR 370,-- und EUR 220,--

(Ersatzfreiheitsstrafen) verhängt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Antrag, ihn kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer bringt zunächst vor, die belangte Behörde habe es u.a. unterlassen, eine öffentliche Verhandlung anzuberaumen.

§ 51e Abs. 1 bis 5 VStG in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung BGBl. I Nr. 65/2002 lautet (auszugsweise):

"Öffentliche mündliche Verhandlung (Verhandlung)

§ 51e. (1) Der unabhängige Verwaltungssenat hat eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

(2) Die Verhandlung entfällt, wenn

1. der Antrag der Partei oder die Berufung zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Berufung angefochtene Bescheid aufzuheben ist;

2. der Devolutionsantrag zurückzuweisen oder abzuweisen ist.

(3) Der unabhängige Verwaltungssenat kann von einer Berufungsverhandlung absehen, wenn

1. in der Berufung nur eine unrichtige rechtliche Beurteilung behauptet wird oder

2.

sich die Berufung nur gegen die Höhe der Strafe richtet oder

3.

im angefochtenen Bescheid eine 500 EUR nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde oder

              4.              sich die Berufung gegen einen verfahrensrechtlichen Bescheid richtet

und keine Partei die Durchführung einer Verhandlung beantragt hat. Der Berufungswerber hat die Durchführung einer Verhandlung in der Berufung zu beantragen. Etwaigen Berufungsgegnern ist Gelegenheit zu geben, einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.

(4) Der unabhängige Verwaltungssenat kann ungeachtet eines Parteiantrages von einer Verhandlung absehen, wenn er einen verfahrensrechtlichen Bescheid zu erlassen hat, die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Sache nicht erwarten lässt, und dem nicht Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten BGBl. Nr. 210/1958, entgegensteht.

(5) Der unabhängige Verwaltungssenat kann von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung geklärt werden.

..."

Im gegenständlichen Fall hat der Beschwerdeführer in seiner Berufung gegen das erstinstanzliche Straferkenntnis unter Hinweis auf seine im Verwaltungsstrafverfahren erstatteten Stellungnahmen vorgebracht, dass die ihm angelasteten Tathandlungen durch rechtfertigenden Notstand, zumindest jedoch durch entschuldigenden Notstand gerechtfertigt bzw. entschuldigt seien; gleichzeitig wurde auch darauf verwiesen, dass einer Vielzahl von Milderungsgründen kein Erschwerungsgrund gegenüber stehe, sodass die Voraussetzungen für die Anwendung der §§ 20 bis 21 VStG gegeben seien. Als Beweis für sein Vorbringen bot der Beschwerdeführer - entgegen der von der belangten Behörde in der Gegenschrift aufgestellten Behauptung, dass keine Beweisanträge gestellt worden seien - seine Einvernahme an. Da der Beschwerdeführer in der Berufung auch die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt hat, war die belangte Behörde im Beschwerdefall verpflichtet, eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen, was der Beschwerdeführer zu Recht rügt.

Da nicht ausgeschlossen werden kann, dass die belangte Behörde bei Durchführung einer Verhandlung zu einem anderen Bescheid hätte kommen können, hat sie den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften belastet. Er war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG aufzuheben, ohne dass auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen gewesen wäre.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.

Wien, am 19. März 2003

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2003:2002030253.X00

Im RIS seit

05.05.2003
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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