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L10018 Gemeindeordnung Gemeindeaufsicht Gemeindehaushalt Vorarlberg;Norm
AVG §1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Händschke und Dr. Bernegger als Richter im Beisein der Schriftführerin Mag. Hofer, über die Beschwerde des R in H, vertreten durch Dr. Wilfried Ludwig Weh, Rechtsanwalt in 6900 Bregenz, Wolfeggstraße 1, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Bregenz vom 31. Mai 2001, Zl. I-2-2/2001, betreffend Nachbareinwendungen gegen eine Baubewilligung (mitbeteiligte Partei: 1. H Wohnbau AG in L und 2. Marktgemeinde H), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Vorarlberg hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.089,68 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Marktgemeinde vom 17. November 1998 wurde der erstmitbeteiligten Partei die Baubewilligung für die Errichtung eines Mehrfamilienhauses, bestehend aus acht Wohneinheiten und neun Tiefgarageneinstellplätzen auf einem näher bezeichneten Grundstück unter Vorschreibung von Auflagen rechtskräftig erteilt. Nach der Bescheidauflage Pkt. 20 war die "Höhenlage der Oberkante des EG-Fußbodens mit derselben Höhe wie die Wohnanlage Sweg 8 festgelegt" worden.
Aufgrund einer Besichtigung an Ort und Stelle wurde amtskundig, dass der Bau insoweit vom genehmigten Plan abwich, als die Oberkante des EG-Fußbodens entgegen der Auflage Pkt. 20 des Bewilligungsbescheides 21 cm höher als festgelegt ausgeführt worden war.
Mit Eingabe vom 19. November 1999 beantragte die erstmitbeteiligte Partei die nachträgliche Erteilung einer Baubewilligung für diese Planabweichung.
Mit Bescheid des Bürgermeisters der zweitmitbeteiligten Marktgemeinde vom 7. Februar 2000 wurde der erstmitbeteiligten Gesellschaft die nachträgliche Bewilligung unter der Auflage erteilt, dass entlang der gemeinsamen Grundgrenze eine 20 bis 25 cm dicke Grenzmauer errichtet werde, deren Oberkante 20 cm über dem Nachbargrundstück liege. Damit sollte verhindert werden, dass Oberflächenwässer auf dieses abfließen.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung, welche nach Beschlussfassung durch die Berufungskommission der mitbeteiligten Marktgemeinde am 8. November 2000 mit Bescheid vom 12. Dezember 2000 als unbegründet abgewiesen wurde. In der Präambel dieses Bescheides heißt es:
"... Über diese Berufung hatte die Berufungskommission in ihrer Sitzung vom 8.11.2000 entschieden, es ergeht nachstehender
Spruch:"
Es folgen Spruch, Begründung und Rechtsmittelbelehrung.
Die Fertigungsklausel lautet:
"Der Bürgermeister" (darunter: maschinschriftliche Beifügung des Namens, daneben seine Unterschrift).
Dagegen erhob der Beschwerdeführer Vorstellung, in der er im Wesentlichen geltend machte, der Bescheid sei von einer unzuständigen Behörde erlassen worden, weil die Funktionsperiode der Berufungskommission mit jener der sie bestellenden Gemeindevertretung begrenzt sei und die (aktuelle) Gemeindevertretung die entscheidende Berufungskommission nicht bestellt habe, darüber hinaus werde der gesetzliche Mindestabstand nicht eingehalten, weil es sich bei der Tiefgaragenausfahrt nicht um ein "Bauwerk", sondern um ein "Gebäude" bzw. um einen Teil eines solchen handle.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde dieser Vorstellung keine Folge gegeben. Nach Darstellung des Verwaltungsgeschehens führte die belangte Behörde begründend im Wesentlichen aus, mit Verordnung der zweitmitbeteiligten Marktgemeinde vom 18. Oktober 1988 sei aufgrund des Beschlusses der Gemeindevertretung vom 14. Oktober 1988 eine Berufungskommission eingerichtet worden, mit der Befugnis, über Rechtsmittel gegen Bescheide des Gemeindevorstandes und des Bürgermeisters in Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches zu entscheiden. Diese Verordnung sei zeitlich keiner Begrenzung unterlegen, auch nicht jener durch die Funktionsperiode der Gemeindevertretung vorgegebenen. Die einzige zeitliche Begrenzung ergebe sich aus § 53 Abs. 2 Vorarlberger Gemeindegesetz mit der Funktionsperiode der Mitglieder der Kommission. In der Sache selbst führte sie aus, die überdachte Tiefgarageneinfahrt sei ein "Bauwerk" im Sinne des § 2 lit e Vbg. BauG, bei welchem ein Mindestabstand von 2 m einzuhalten sei, der auch eingehalten werde. Die Anhebung des Baus um 21 cm ändere an den Mindestabständen nichts.
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Da der vorliegende Beschwerdefall jenem, der dem hg. Erkenntnis vom 26. September 2002, Zl. 2001/06/0024, zugrunde liegt, in allen wesentlichen Rechtsfragen gleicht, genügt es zur Vermeidung von Wiederholungen auf dieses Erkenntnis gemäß § 43 Abs. 2 VwGG zu verweisen.
Dennoch ist insbesondere Folgendes hervorzuheben:
Gemäß § 53 Abs. 4 des Vorarlberger Gemeindegesetzes (GG.) hat die Gemeindevertretung durch Verordnung eine Geschäftsordnung zu erlassen, die insbesondere nähere Bestimmungen über die Einberufung der Sitzungen, die Abstimmung und die Geschäftsbehandlung zu enthalten hat.
In der diesbezüglichen Geschäftsordnung (GO) für die Berufungskommission der mitbeteiligten Marktgemeinde (vom 1. Juli 1989) ist ua. in ihrem § 8 Abs. 1 vorgesehen, dass die Unterfertigung der Bescheide durch den Vorsitzenden der Berufungskommission zu erfolgen hat.
Die in Frage stehende, vom Bürgermeister gefertigte Erledigung vom 12. Dezember 2000 ist nach ihrem objektiven Wortlaut dem Bürgermeister zuzurechnen. Das ergibt sich aus der Formulierung im Vorspruch, wonach die Berufungskommission in ihrer Sitzung vom 8. November 2000 entschieden hätte (und) "nachstehender Spruch" ergehe, in Verbindung mit der Fertigungsklausel "Der Bürgermeister". Das bedeutet, dass der Berufungsbescheid von einer unzuständigen Behörde erlassen wurde (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 11. März 1983, Zl. 82/17/0068, Slg. Nr. 5767/F).
Dadurch, dass die belangte Behörde nicht erkannte, dass der Berufungsbescheid von einer unzuständigen Behörde erlassen wurde, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit, weshalb er schon aus diesem Grund gemäß § 41 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.
Wien, am 20. März 2003
Schlagworte
Fertigungsklausel Zurechnung von OrganhandlungenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2003:2001060095.X00Im RIS seit
07.05.2003