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32 SteuerrechtNorm
B-VG Art144 Abs1 / AnlaßfallLeitsatz
Anlaßfallwirkung der Aufhebung der Wortfolge "sowie die Tariflohnsteuer des Abs8" in §67 Abs9 letzter Satz EStG 1988 mit E v 02.12.99, G106/99.Spruch
Die beschwerdeführende Partei ist durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in ihren Rechten verletzt worden.
Der Bescheid wird aufgehoben.
Der Bund (Bundesminister für Finanzen) ist schuldig, der beschwerdeführenden Partei zuhanden ihres Rechtsvertreters die mit 18.000 S bestimmten Prozeßkosten binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid versagte die Finanzlandesdirektion für Oberösterreich mangels eines zu veranlagenden Einkommens gemäß §41 Abs4 iVm §67 Abs9 EStG 1988 - der Beschwerdeführer erhielt im Jahr 1994 neben steuerfreien Leistungen der oberösterreichischen Gebietskrankenkasse und des Arbeitsmarktservice lediglich Bezüge vom Insolvenzausgleichsfonds - die Abzugsmöglichkeit von Werbungskosten, Sonderausgaben und außergewöhnlichen Belastungen.
Dagegen wendet sich die vorliegende Beschwerde, die die Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechts auf Gleichheit vor dem Gesetz rügt.
Die belangte Behörde führt in der Gegenschrift aus, daß für den Beschwerdeführer mangels eines nach §33 EStG 1988 zu versteuernden Einkommens durch die Aufhebung des §33 Abs4 Z3 litb EStG 1988 durch VfSlg. 14.992/1997 nichts gewonnen ist und beantragt die Abweisung der Beschwerde.
II. Die Beschwerde ist im Ergebnis begründet.
Der Verfassungsgerichtshof hat aus Anlaß eines anderen Beschwerdeverfahrens mit Erkenntnis vom 2. Dezember 1999, G106/99, die auch für den angefochtenen Bescheid präjudizielle Wortfolge "sowie die Tariflohnsteuer des Abs8" im letzten Satz des §67 Abs9 EStG 1988, BGBl. 400, als verfassungswidrig aufgehoben.
Gemäß Art140 Abs7 B-VG wirkt die Aufhebung eines Gesetzes auf den Anlaßfall zurück. Es ist daher hinsichtlich des Anlaßfalles so vorzugehen, als ob die als verfassungswidrig erkannte Norm bereits zum Zeitpunkt der Verwirklichung des dem Bescheid zugrundegelegten Tatbestandes nicht mehr der Rechtsordnung angehört hätte.
Dem in Art140 Abs7 B-VG genannten Anlaßfall (im engeren Sinn), anläßlich dessen das Gesetzesprüfungsverfahren tatsächlich eingeleitet worden ist, sind all jene Beschwerdefälle gleichzuhalten, die zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung im Gesetzesprüfungsverfahren (bei Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung zu Beginn der nichtöffentlichen Beratung) beim Verfassungsgerichtshof bereits anhängig waren (VfSlg. 10.616/1985, 11.711/1988).
Die nichtöffentliche Beratung im Gesetzesprüfungsverfahren fand am 2. Dezember 1999 statt. Die vorliegende Beschwerde ist beim Verfassungsgerichtshof am 28. August 1998 eingelangt, war also zum Zeitpunkt der nichtöffentlichen Beratung schon anhängig; der ihr zugrundeliegende Fall ist somit einem Anlaßfall gleichzuhalten.
Die belangte Behörde wendete bei Erlassung des angefochtenen Bescheides die als verfassungswidrig aufgehobene Gesetzesbestimmung an. Es ist nach Lage des Falles nicht von vornherein ausgeschlossen, daß diese Gesetzesanwendung für die Rechtsstellung des Beschwerdeführers nachteilig war. Der Beschwerdeführer wurde somit wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in seinen Rechten verletzt.
Der Bescheid ist daher aufzuheben.
Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde gemäß §19 Abs4 Z3 VerfGG abgesehen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf §88 VerfGG. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in der Höhe von 3.000 S enthalten.
Schlagworte
VfGH / AnlaßfallEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2000:B1621.1998Dokumentnummer
JFT_09999772_98B01621_00