TE Vwgh Erkenntnis 2003/3/25 2001/01/0220

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Veröffentlicht am 25.03.2003
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Index

41/02 Staatsbürgerschaft;

Norm

StbG 1985 §10 Abs1;
StbG 1985 §11;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kremla und die Hofräte Dr. Nowakowski, Dr. Pelant, Dr. Köller und Dr. Thoma als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Nichtowitz, über die Beschwerde des A in L, vertreten durch Dr. Kurt Konopatsch und Dr. Sonja Jutta Sturm-Wedenig, Rechtsanwälte in 8700 Leoben, Franz Josef Straße 4, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 3. April 2001, Zl. 2-11.M/647-00/13, betreffend Verleihung der Staatsbürgerschaft und Erstreckung derselben, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Steiermark hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.089,68 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die Steiermärkische Landesregierung (die belangte Behörde) den Antrag des Beschwerdeführers, eines ägyptischen Staatsangehörigen, auf Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft und auf Erstreckung der Verleihung auf seine Ehegattin und auf die beiden gemeinsamen Kinder "gemäß §§ 10 Abs. 1, 11, 16, 17 Abs. 1 Z 1, 18 des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985 i.d.g.F., in Verbindung mit § 39" leg. cit. ab.

Der Beschwerdeführer habe mit Eingabe vom 9. Februar 2000 um Verleihung der Staatsbürgerschaft unter gleichzeitiger Erstreckung auf seine Gattin und die beiden Kinder angesucht. Er sei erstmals am 1. September 1989 im Bundesgebiet zur Anmeldung gelangt. Somit wäre die zehnjährige Wohnsitzdauer gemäß § 10 Abs. 1 Z 1 StbG erfüllt.

Die Wirtschaftskammer Steiermark spreche sich entschieden gegen eine Verleihung der Staatsbürgerschaft aus. Aus der Versicherungszeitenbestätigung für den Beschwerdeführer sei zu entnehmen, dass er im Zeitraum von 1990 bis 1998 bei zehn verschiedenen Arbeitgebern beschäftigt gewesen sei und in diesem Zeitraum an 487 Tagen keiner geregelten Beschäftigung nachgegangen sei bzw. an 381 Tagen Arbeitslosengeld bezogen habe. Im Verwaltungsstrafregister der Bezirkshauptmannschaft Leoben scheine der Beschwerdeführer mit nachstehend angeführten Verwaltungsübertretungen auf:

"19.09.1995

§ 24 Abs. 1 lit. a StVO

ATS 700,--

03.11.1995

§ 18 Abs. 1 StVO

ATS 700,--

03.11.1995

§ 42 Abs. 1 KFG

ATS 1.000,--

05.01.1996

§ 103/2 KFG

ATS 500,--

19.02.1996

§ 83 Z 2 lit. a iVm § 16 Fremdengesetz

ATS 400,--

13.11.1997

§§ 2 u. 6 Stmk. Parkgeb. Ges. iVm §§ 4 u. 5 VO

ATS 500,--

10.11.1998

§§ 2 u. 6 Stmk. Parkgeb. Ges. iVm §§ 4 u. 5 VO

ATS 700,--

12.12.1997

§§ 2 u. 6 Stmk. Parkgeb. Ges. iVm §§ 4 u. 5 VO

ATS 700,--

13.11.1997

§§ 2 u. 6 Stmk. Parkgeb. Ges. iVm §§ 4 u. 5 VO

ATS 500,--

13.11.1997

§§ 2 u. 6 Stmk. Parkgeb. Ges. iVm §§ 4 u. 5 VO

ATS 500,--

19.01.1999

§§ 2 u. 6 Stmk. Parkgeb. Ges. iVm §§ 4 u. 5 VO

ATS 500,--

19.02.1996

§ 83 Z 2 lit. a iVm § 16 Fremdengesetz

ATS 400,--

16.06.1999

§ 24 Abs. 1 lit. a StVO

ATS 300,--

 

§ 8 Abs. 4 StVO

ATS 300,--"

 

 

 

Unter Wahrung des Parteiengehörs gemäß § 45 AVG sei dem Beschwerdeführer Gelegenheit gegeben worden, zum vorliegenden Sachverhalt eine Stellungnahme abzugeben. In der am 23. Jänner 2001 eingebrachten Stellungnahme des rechtsfreundlichen Vertreters werde im Wesentlichen ausgeführt, dass der Beschwerdeführer von 1990 bis 1998 fast ununterbrochene Versicherungszeiten aufweise. Weiters weise der Vertreter darauf hin, dass die vorliegenden Verwaltungsstrafen Bagatelldelikte wären. Überwiegend handelte es sich um Übertretungen nach dem Steiermärkischen Parkgebührengesetz zufolge der ungünstigen Parkplatzsituation in Leoben. Betont werde, dass in der Familie ausschließlich deutsch gesprochen würde.

Dazu werde (von der belangten Behörde) bemerkt: Da der Beschwerdeführer von 1990 bis 1998 bei zehn verschiedenen Arbeitgebern beschäftigt gewesen sei und in diesem Zeitraum an 487 Tagen keiner geregelten Beschäftigung nachgegangen sei bzw. an 381 Tagen Arbeitslosengeld bezogen habe, könne man nicht von einer ausreichenden beruflichen Integration sprechen. Wiederholte Verstöße gegen Schutznormen betreffend den Straßenverkehr erlaubten bei Beurteilung des Gesamtverhaltens des Beschwerdeführers negative Rückschlüsse auf sein Persönlichkeitsbild. Zu den Deutschkenntnissen der Familie des Beschwerdeführers werde bemerkt, dass die deutsche Sprache Voraussetzung jeglicher Verleihung sei. Bei der Ermessensausübung gemäß § 11 StbG dürfe die Behörde nicht nur Sachverhalte heranziehen, in denen ein strafbares Verhalten des Einbürgerungswerbers gelegen sei, sondern darüber hinaus alle Vorfälle berücksichtigen, aus denen Anhaltspunkte für die Beurteilung der Persönlichkeit gewonnen werden könnten. Auf Grund des "oa. Sachverhaltes", insbesondere auf Grund der Vielzahl der Verwaltungsübertretungen und der ständigen Unterbrechungen zwischen den Dienstverhältnissen, sei zu erkennen, dass die persönliche und berufliche Integration des Beschwerdeführers noch nicht in ausreichendem Maß gegeben bzw. abgeschlossen sei und somit die Ermessensentscheidung nicht zu Gunsten des Beschwerdeführers getroffen werden könne.

Der Antrag auf Erstreckung der Verleihung der Staatsbürgerschaft sei gemäß § 18 StbG ebenfalls abzuweisen gewesen, weil die Erstreckung der Verleihung nur gleichzeitig mit der Verleihung der Staatsbürgerschaft und nur mit demselben Erwerbszeitpunkt verfügt werden dürfe.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde erwogen:

Die belangte Behörde hat in der Begründung des angefochtenen Bescheides nur auf die Verleihungsvoraussetzung nach § 10 Abs. 1 Z 1 StbG ausdrücklich Bezug genommen und erachtete diese im Hinblick auf die (durchgehende) Meldung des Beschwerdeführers im Bundesgebiet seit 1. September 1989 als erfüllt. Sie ging erkennbar davon aus, dass auch die Verleihungsvoraussetzungen nach § 10 Abs. 1 Z 2 bis 8 leg. cit. gegeben seien. Sie vertrat jedoch die Auffassung, dass sie das ihr - bei Vorliegen aller Verleihungsvoraussetzungen eingeräumte - Ermessen im Grund des § 11 StbG mangels ausreichender beruflicher Integration und auf Grund negativer Rückschlüsse aus wiederholten Verstößen gegen Schutznormen betreffend den Straßenverkehr nicht zu Gunsten des Beschwerdeführers üben könne.

Der vorliegende Beschwerdefall gleicht in den für seine Erledigung wesentlichen Punkten - sowohl hinsichtlich des Sachverhaltes als auch hinsichtlich der zu beantwortenden Rechtsfragen - jenem, der dem hg. Erkenntnis vom 18. April 2002, Zl. 2000/01/0510, zu Grunde lag; gemäß § 43 Abs. 2 VwGG wird auf diese Entscheidung verwiesen.

Da auch im vorliegenden Fall der angefochtene Bescheid näherer Feststellungen entbehrt, auf deren Grundlage die berufliche und persönliche Integration des Beschwerdeführers im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides beurteilt werden könnte, und der Hinweis auf die Vormerkungen des Beschwerdeführers im Verwaltungsstrafregister ebenfalls nicht geeignet ist, eine Ermessensübung im Grunde des § 11 StbG zu tragen, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 1 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2001. Die im Betrag von

S 2.500,-- entrichtete Gebühr nach § 24 Abs. 3 VwGG war im Betrag von EUR 181,68 zuzusprechen.

Wien, am 25. März 2003

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2003:2001010220.X00

Im RIS seit

05.05.2003
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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