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10 VerfassungsrechtNorm
VfGG §33Leitsatz
Keine Stattgabe der Anträge auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und auf Wiederaufnahme des Verfahrens nach Zurückweisung der vom Verfahrenshelfer unterfertigten Beschwerden wegen nicht (vollständig) behobenen Mangels formeller Erfordernisse; Abweisung des Verfahrenshilfeantrags als offenbar aussichtslosSpruch
I. Den Anträgen auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und auf Wiederaufnahme des Verfahrens wird keine Folge gegeben.
II. Der Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe wird abgewiesen.
Begründung
Begründung:
I. 1. Der Einschreiter brachte zwei selbstverfaßte Beschwerden gegen Bescheide der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Wien ein und beantragte unter einem die Bewilligung der Verfahrenshilfe.
Nach Bewilligung der Verfahrenshilfe wurde der zum Verfahrenshelfer bestellte Rechtsanwalt - unter Hinweis auf die Säumnisfolgen - aufgefordert, innerhalb von sechs Wochen die vom Beschwerdeführer verfaßten Beschwerden verbessert einzubringen.
Da diesem Mängelbehebungsauftrag nicht (vollständig) nachgekommen wurde - der zum Verfahrenshelfer bestellte Rechtsanwalt beschränkte sich darauf, die von der Partei selbst verfaßten Schriftsätze unverändert als solche wieder vorzulegen und nur das jeweilige Begleitschreiben mit seiner Unterschrift und Stampiglie zu versehen (näher VfGH 8.6.1999, B2084/98 ua.) -, wurden die Beschwerden gemäß §19 Abs3 Z2 litc VerfGG wegen nichtbehobenen Mangels formeller Erfordernisse zurückgewiesen.
2. In seinem nunmehrigen Schriftsatz beantragt der Beschwerdeführer die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Mängelbehebungsfrist und (hilfsweise) die Wiederaufnahme der mit hg. Beschluß vom 8. Juni 1999, B2084/98 ua. abgeschlossenen Beschwerdeverfahren und begehrt hiefür und für die wiederaufgenommenen Verfahren Verfahrenshilfe im vollen Umfang.
Begründend führt er aus, daß die Nichtunterfertigung der Beschwerden trotz Aufforderung (seitens des Verfassungsgerichtshofes und seitens des Einschreiters selbst) angesichts einer - vom Einschreiter behaupteten - Schädigungsabsicht und Unfähigkeit des Verfahrenshelfers ein für den Einschreiter unvorhersehbares und unabwendbares Ereignis einerseits und eine neu hergekommene Tatsache andererseits darstellten.
II. Die Anträge sind unzulässig bzw. unbegründet:
1. Da das VerfGG in seinem §33 die Voraussetzungen für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht selbst regelt, ist nach §35 dieses Gesetzes die entsprechende Bestimmung des §146 Abs1 ZPO sinngemäß anzuwenden: Danach ist einer Partei Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn sie durch ein "unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis" an der rechtzeitigen Vornahme einer befristeten Prozeßhandlung verhindert wurde und die dadurch verursachte Versäumung für sie den Rechtsnachteil des Ausschlusses von der vorzunehmenden Prozeßhandlung zur Folge hatte. Daß der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung (nur) dann nicht, wenn es sich um einen minderen Grad des Versehens handelt.
Mit seinen Ausführungen verkennt der Einschreiter, daß eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand begrifflich nur möglich ist, wenn tatsächlich eine Frist versäumt wurde, wogegen es aber im vorliegenden Fall nicht um eine Fristversäumnis, sondern um eine mangelhafte bzw. unrichtige Erfüllung des Mängelbehebungsauftrages geht. War es möglich, die selbst verfaßten Beschwerden (versehen mit einem Mantelbogen) fristgerecht wieder vorzulegen, so war es auch möglich, die selbst verfaßten Beschwerden verbessert innerhalb derselben Frist vorzulegen.
Da sohin eine Fristversäumung nicht vorliegt, ist der Verfassungsgerichtshof schon aus diesem Grund nicht in der Lage, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen.
Selbst wenn man aber von einer Fristversäumnis ausgehen wollte, wäre für den Einschreiter nichts gewonnen, da er es - entgegen der Bestimmung des §149 Abs1 ZPO iVm §35 VerfGG (wonach zugleich mit dem Antrag die versäumte Prozeßhandlung nachzuholen ist) - verabsäumt hat, mit seinem Schriftsatz auch den festgestellten Mangel zu beheben (zB VfSlg. 9327/1982); ganz abgesehen davon, daß die vom Einschreiter in seinem Schriftsatz selbst gerügte grobe Sorglosigkeit seines Rechtsvertreters, dessen Verschulden gemäß §39 ZPO dem Verschulden der Partei selbst an der versäumten Prozeßhandlung gleichzuhalten ist, eine positive Erledigung hindern würde (vgl. zB VfSlg. 11.621/1988, 13.292/1992, 15.007/1997).
2. Gemäß §530 Abs1 Z7 ZPO iVm §35 VerfGG kann ein Verfahren wieder aufgenommen werden, "wenn die Partei in Kenntnis von neuen Tatsachen gelangt oder Beweismittel auffindet oder zu benützen in den Stand versetzt wird, deren Vorbringen und Benützung im früheren Verfahren eine ihr günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würde".
Sinn und Zweck des Wiederaufnahmegrundes des §530 Abs1 Z7 ZPO ist aber ausschließlich die Beseitigung einer unrichtigen (oder die Ergänzung einer unvollständigen) Tatsachengrundlage des mit dem Antrag auf Wiederaufnahme angefochtenen Beschlusses, nicht aber Fehler der Partei bzw. ihres Vertreters bei der Führung des abgeschlossenen Verfahren zu korrigieren. Daher muß der Versuch, den Wiederaufnahmsantrag damit zu begründen, daß der zum Verfahrenshelfer bestellte Rechtsanwalt auftragswidrig gehandelt habe, erfolglos bleiben (vgl. EFSlg. 23.194).
3. Da somit die vom Einschreiter beabsichtigte Rechtsverfolgung vor dem Verfassungsgerichtshof offenbar aussichtslos erscheint, ist sein unter einem mit den Anträgen auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und auf Wiederaufnahme des Verfahrens gestellter Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe abzuweisen.
4. Diese Beschlüsse können gemäß §34 zweiter Satz, §33 zweiter Satz VerfGG und §72 Abs1 ZPO iVm §35 VerfGG in nichtöffentlicher Sitzung gefaßt werden.
Schlagworte
VfGH / Verfahrenshilfe, VfGH / Wiederaufnahme, VfGH / WiedereinsetzungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2000:B1250.1999Dokumentnummer
JFT_09999772_99B01250_00