Index
60/04 Arbeitsrecht allgemein;Norm
AuslBG §12a Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsidenten Dr. Germ und die Hofräte Dr. Händschke und Dr. Blaschek als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Hanslik, über die Beschwerde der G-GmbH in K, vertreten durch die Rechtsanwälte-Odvetniki Dr. Matthäus Grilc und Dr. Roland Grilc in 9020 Klagenfurt/Celovec, Karfreitstraße 14/III, gegen den Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Kärnten vom 15. Dezember 1999, Zl. LGS/Abt.4/1311/1999, betreffend Nichterteilung einer Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die beschwerdeführende Partei hat dem Arbeitsmarktservice Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die beschwerdeführende Partei beantragte am 16. August 1999 beim Arbeitsmarktservice Klagenfurt die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) für E G, einen Staatsangehörigen der Russischen Föderation, für die berufliche Tätigkeit "Handelsvertreter" mit monatlicher Bruttoentlohnung von "öS 18.000,-- plus Provision" im Angestelltenverhältnis. Zum Anforderungsprofil bzw. dem Erfordernis spezieller Kenntnisse oder einer besonderen Ausbildung brachte die Beschwerdeführerin vor, sie benötige einen Spezialisten für den Vertrieb (Verkauf) von "PET" (Polyäthylenterraftalat zur Herstellung von "Plastikpreformen" für Plastikflaschen) in Russland, der Ukraine und ehemaligen Staaten der GUS. Der beantragte Ausländer sei auf Geschäfte dieser Art spezialisiert, verfüge über Sprachkenntnisse (Russisch und Ukrainisch als Muttersprachen, Englisch und Deutsch) und sei mit den russischen bzw. ukrainischen Marktverhältnissen (auch mit der Mentalität der Klienten) vertraut; er habe Erfahrung im Verkauf von "PET" in Russland und der Ukraine, gute PC-Kenntnisse und besitze einen Führerschein. Der beantragte Ausländer sei auch für die Handelsvertretung in Russland vorgesehen; er sei der Sohn des Geschäftsführers der Beschwerdeführerin. Dies werde sich für die Unternehmensentwicklung positiv auswirken.
Diesen Antrag wies das Arbeitsmarktservice Klagenfurt mit Bescheid vom 22. September 1999 gemäß § 4 Abs. 6 Z 1 AuslBG (im Zusammenhalt mit der Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Gesundheit und Soziales, BGBl. II Nr. 411/1998, über die Landeshöchstzahl 1999 für das Bundesland Kärnten) ab.
Dagegen erhob die Beschwerdeführerin Berufung. Sie rügte darin Mängel des erstinstanzlichen Verfahrens und brachte im Wesentlichen vor, sie sei ein Familienunternehmen und habe um eine Beschäftigungsbewilligung für den Sohn des Geschäftsführers und Mehrheitsgesellschafters angesucht. Sie sei an dem österreichischen Standort und an einer Expansion ihrer Geschäftstätigkeit interessiert; derart wäre in absehbarer Zeit die Möglichkeit eines ansteigenden Steueraufkommens und der Schaffung zusätzlicher Arbeitsplätze für inländische Arbeitnehmer verbunden. Der Vater des beantragten Ausländers habe eine Interesse daran, dass sein Sohn bei der Beschwerdeführerin beschäftigt werde, das Unternehmen ausreichend kennen lerne und es dereinst weiterführe. Werde die Erteilung der Beschäftigungsbewilligung verneint, stelle sich die Frage der Standortwahl; das Unternehmen der Beschwerdeführerin sei (als Vermittler von Produkten nach dem und vom russischen Markt) nicht standortgebunden. Sei die Möglichkeit einer Standortverlegung ernstlich zu erwägen, dann wäre damit der Verlust des derzeit bestehenden inländischen Arbeitsplatzes verbunden und es könnten auch keine zusätzlichen inländischen Arbeitsplätze geschaffen werden. Es seien die Voraussetzungen einer Beschäftigung des beantragten Ausländers als Schlüsselkraft zur Erhaltung von Arbeitsplätzen inländischer Arbeitnehmer erfüllt.
Mit Schreiben vom 29. Oktober 1999 gewährte die belangte Behörde im Berufungsverfahren Parteiengehör. Im Rahmen dieses Vorhaltes wurde die Beschwerdeführerin von der Überschreitung der für das Kalenderjahr 1999 festgesetzten Bundeshöchstzahl, die zur Anwendung kommenden Voraussetzungen des § 4 Abs. 7 AuslBG und die im vorliegenden Fall als nicht erfüllt angesehenen Voraussetzungen für die Erteilung einer Bewilligung im Bundeshöchstzahlenüberziehungsverfahren in Kenntnis gesetzt.
Die Beschwerdeführerin nahm zu diesem Vorhalt der belangten Behörde nicht Stellung.
Mit dem im Instanzenzug ergangenen, vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 15. Dezember 1999 wurde der Berufung der Beschwerdeführerin gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 4 Abs. 7 AuslBG und § 4 Abs. 6 AuslBG keine Folge gegeben.
Zur Begründung führte die belangte Behörde nach Darlegung der maßgebenden Rechtslage im Wesentlichen aus, die mit Verordnung des Bundesministers für Arbeit, Gesundheit und Soziales, BGBl. II Nr. 412/1998, für das Kalenderjahr 1999 festgesetzte Bundeshöchstzahl sei nach der Statistik des Arbeitsmarktservice Österreich derzeit (aber auch schon im September 1999) überschritten. Der beantragte Ausländer gehöre nicht zu dem Personenkreis, der bereits auf die Bundeshöchstzahl anzurechnen sei. Keine der Voraussetzungen für eine Zuordnung des beantragten Ausländers zum Personenkreis des § 1 Bundeshöchstzahlüberziehungsverordnung liege vor. Der beantragte Ausländer könne nicht als Schlüsselkraft angesehen werden und seine Einstellung sei überwiegend im eigenbetrieblichen Interesse gelegen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die Beschwerdeführerin erachtet sich nach ihrem gesamten Vorbringen durch den angefochtenen Bescheid in dem Recht auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung für die beantragte ausländische Arbeitskraft verletzt. Sie beantragt, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften kostenpflichtig aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Die belangte Behörde hat die Ablehnung der Erteilung der beantragten Beschäftigungsbewilligung auf § 4 Abs. 7 AuslBG und auf § 4 Abs. 6 AuslBG gestützt. Bereits das Zutreffen eines dieser beiden Versagungsgründe rechtfertigt die Abweisung der Beschwerde.
Nach § 4 Abs. 7 AuslBG dürfen unbeschadet des § 12a Abs. 2 (leg. cit.) Beschäftigungsbewilligungen nur unter der zusätzlichen Voraussetzung erteilt werden, dass die Bundeshöchstzahl nicht überschritten wird. Dies gilt nicht, wenn die Beschäftigungsbewilligung für einen Ausländer erteilt werden soll, der Anspruch auf Leistungen nach dem Arbeitslosenversicherungsgesetz hat.
Sind die genannten Voraussetzungen des § 4 Abs. 7 leg. lit. nicht erfüllt, dann kann - wie der Verwaltungsgerichtshof bereits wiederholt dargelegt hat - dahingestellt bleiben, ob allenfalls Voraussetzungen nach anderen Bestimmungen - wie etwa des § 4 Abs. 1 oder des § 4 Abs. 6 AuslBG - die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung rechtfertigen würden (vgl. in dieser Hinsicht etwa das hg. Erkenntnis vom 21. Jänner 1998, Zl. 97/09/0300, und die darin angegebene Vorjudikatur).
Soweit sich die Beschwerde mit dem Vorliegen der Voraussetzungen nach § 4 Abs. 6 AuslBG auseinander setzt, gehen diese Beschwerdeausführungen demnach an dem im angefochtenen Bescheid herangezogenen Versagungsgrund des § 4 Abs. 7 AuslBG vorbei.
Die Überschreitung der Bundeshöchstzahl, die Berechnung dieser Überschreitung und die Anwendungsvoraussetzungen des § 4 Abs. 7 AuslBG werden von der Beschwerdeführerin nicht in Zweifel gezogen. Solcherart durfte die belangte Behörde zu Recht davon ausgehen, dass die Erteilung der beantragten Beschäftigungsbewilligung - im Hinblick auf die damit verbundene weitere Überschreitung der Bundeshöchstzahl 1999 - im Bundeshöchstzahlenüberziehungsverfahren zu prüfen war (vgl. insoweit auch das hg. Erkenntnis vom 16. Dezember 1997, Zl. 97/09/0092).
Die beschwerdeführende Partei hat trotz gebotener Gelegenheit im Verwaltungsverfahren nicht behauptet, dass an der Beschäftigung des beantragten Ausländers ein gesamtwirtschaftliches Interesse bestünde, oder inwieweit die Voraussetzungen für eine Zuordnung der beantragten Arbeitskraft zum Personenkreis des § 1 Bundeshöchstzahlenüberziehungsverordnung (BHZÜV;
BGBl. Nr. 278/1995) in anderer Weise erfüllt seien.
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes setzt das gesamtwirtschaftliche Interesse an der Beschäftigung des beantragten Ausländers ein qualifiziertes, über das betriebsbezogene wirtschaftliche Interesse des Betriebes an der Befriedigung eines derartigen Arbeitskräftebedarfes hinausgehendes Interesse voraus (vgl. hiezu etwa das hg. Erkenntnis vom 16. Dezember 1997, Zl. 97/09/0116, und die darin angegebene Judikatur).
Im vorliegenden Fall konnte die belangte Behörde nach dem von der Beschwerdeführerin im Verwaltungsverfahren erstatteten Vorbringen davon ausgehen, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen nach § 1 Z 3 BHZÜV nicht erfüllt sind. Denn die Beschwerdeführerin verweist lediglich auf die besondere Bedeutung der beantragten (hoch qualifizierten) ausländischen Arbeitskraft für ihr Unternehmen bzw. die weitere Unternehmensentwicklung, sie vermag allerdings nicht darzutun, in welcher Weise die Gesamtwirtschaft oder wenigstens andere Betriebe von der beantragten künftigen Beschäftigung betroffen sein würden bzw. aus welchem Grund überbetriebliche gesamtwirtschaftliche Interessen die Beschäftigung des Ausländers im Sinne des § 4 Abs. 6 Z 3 lit. c AuslBG erfordern (vgl. hiezu auch das hg. Erkenntnis vom 16. Mai 2001, Zl. 98/09/0005). Dass im Regelfall an der künftigen Beschäftigung eines beantragten Ausländers ein betriebliches Interesse besteht und jede (auch künftige) Beschäftigung in irgendeiner Weise der Gesamtheit der Bevölkerung zugute kommt, bedeutet nicht, dass deshalb eine Versagung der beantragten Beschäftigung eines Handelsvertreters - gemessen am gesamtwirtschaftlich orientierten Bedarf hoch qualifizierter Arbeitskräfte - negative Auswirkungen auf gesamtwirtschaftliche Interessen haben muss (vgl. hiezu auch das hg. Erkenntnis vom 16. Mai 2001, Zl. 98/09/0015). Die Beschwerdeführerin hat nicht dargetan, aus welchen Erwägungen einer künftigen Beschäftigung des beantragten Ausländers überregionale Bedeutung bzw. wesentlicher Einfluss auf die Gesamtwirtschaft beigemessen werden kann.
Der beantragten ausländischen Arbeitskraft kommt - geht man vom Vorbringen der Beschwerdeführerin aus - für ihren bestehenden Betrieb jedenfalls auch keine besondere arbeitsplatzerhaltende Position zu. Denn die behauptete Gefährdung des einzigen bestehenden Arbeitsplatzes einer inländischen Dienstnehmerin, soll künftig allein deshalb (und aufgrund geänderter Willensentscheidung ihrer Geschäftleitung) eintreten, weil die Beschwerdeführerin im Falle der Ablehnung ihres Antrages in der Zukunft eine Standortverlagerung erwägt. Eine solche künftige Standortverlagerung ist allerdings eine der Gestion der Beschwerdeführerin unterliegende Willensentscheidung und steht mit der Qualifikation der beantragten ausländischen Arbeitskraft als Schlüsselkraft in keinem kausalen Zusammenhang. Im übrigen sind - angesichts des Umstandes, dass im Betrieb der Beschwerdeführerin nach ihrem Vorbringen nur eine inländische Dienstnehmerin beschäftigt ist - die Voraussetzungen einer Schlüsselkraft im Sinne des § 4 Abs. 6 Z 3 lit. b AuslBG aber auch deshalb nicht erfüllt, weil dafür eine Mehrzahl von Arbeitsplätzen inländischer Arbeitnehmer verlangt wird (vgl. hiezu auch das hg. Erkenntnis vom 21. April 1994, Zl. 94/09/0001).
Wenn die belangte Behörde, ausgehend von dem von der Beschwerdeführerin erstatteten Vorbringen zu dem Ergebnis gelangte, die Voraussetzungen für eine Zuordnung der beantragten Arbeitskraft zum Personenkreis des § 1 BHZÜV im Beschwerdefall nicht vorlagen, vermag der Verwaltungsgerichtshof dies nicht als rechtwidrig zu erkennen.
Bei diesem Ergebnis mangelt es der in der Beschwerde behaupteten Verletzung von Verfahrensvorschriften schon aus den vorher dargelegten Gründen an der erforderlichen Relevanz (§ 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG).
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den § 47 ff VwGG in Verbindung mit § 41 AMSG und der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. II Nr. 501/2001.
Wien, am 27. März 2003
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2003:2000090020.X00Im RIS seit
09.07.2003