TE Vwgh Erkenntnis 2003/3/27 2000/09/0085

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Veröffentlicht am 27.03.2003
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Index

60/04 Arbeitsrecht allgemein;
62 Arbeitsmarktverwaltung;

Norm

AuslBG §4 Abs6 Z1 idF 1997/I/078;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Germ und die Hofräte Dr. Händschke und Dr. Blaschek als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Hanslik, über die Beschwerde des A in W, vertreten durch Dr. Michael Drexler, Rechtsanwalt in 1090 Wien, Hörlgasse 4/5, gegen den Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Wien vom 3. April 2000, Zl. LGSW/Abt. 10/13113/1934509/2000, betreffend Nichterteilung einer Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Arbeitsmarktservice Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer stellte am 30. November 1999 beim Arbeitsmarktservice Handel-Transport-Verkehr-Landwirtschaft Wien den Antrag auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) für die türkische Staatsangehörige N G als Markthelferin.

Das Arbeitsmarktservice Handel-Transport-Verkehr-Landwirtschaft Wien hat diesen Antrag mit Bescheid vom 13. Dezember 1999 gemäß § 4 Abs. 6 Z. 1 AuslBG abgelehnt.

In der dagegen erhobenen Berufung führte der Beschwerdeführer aus, der Anspruch auf Erteilung der beantragten Beschäftigungsbewilligung gründe sich auf § 4c AuslBG in Verbindung mit Art. 9 des ARB Nr. 1/1980. Die beantragte Ausländerin sei 1983 aufgrund der Eintragung im Reisepass ihres Vaters nach Österreich eingereist und sei nach Absolvierung der Grundschule ab 13. September 1999 bei "diversen Firmen" beschäftigt gewesen; für die gesamte Aufenthaltsdauer ergebe sich eine Versicherungszeit von mehr als 36 Monaten ordnungsgemäßer Beschäftigung. Da die Ausländerin im Besitz eines gültigen (bis 16. April 2000 befristeten) Aufenthaltstitels zu jeglichem Aufenthaltszweck sei und sie als integrierte Ausländerin mehr als 8 Jahre vor Antragstellung im Bundesgebiet gemäß dem Fremdengesetz 1997 niedergelassen sei, bestehe auch gemäß § 4 Abs. 6 AuslBG ein Anspruch auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung.

Die belangte Behörde gewährte dem Beschwerdeführer mit Schreiben vom 10. und vom 22. Februar 2000 zu den gleichzeitig darin bekannt gegebenen Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens Parteiengehör. Sie teilte in diesen Schreiben mit, die Landeshöchstzahl 2000 für das Bundesland Wien sei (Anfang Februar 2000 um 6370 Arbeitskräfte) überschritten; die beantragte Ausländerin sei im Zeitraum 1995 bis 1998 zum Aufenthalt in Österreich berechtigt und gehöre nicht zum Personenkreis gemäß § 4 Abs. 6 Z 1 AuslBG. Im Zeitraum 1. Februar 1994 bis 4. Februar 1998 habe die beantragte Ausländerin ihren Aufenthalt in Österreich unterbrochen; sie gelte daher als Neuzugang zum Arbeitsmarkt. Die Ausländerin habe daher erst ab 1. Jänner 1995 Rechte nach dem Assoziationsabkommen erwerben können.

Der Beschwerdeführer nahm dazu mit Schriftsätzen vom 16. Februar und vom 2. März 2000 Stellung. Er brachte darin vor, die Ausländerin habe sich nicht nur von 1995 bis 1998 sondern auch von 11/1984 bis 01/1994 rechtmäßig in Österreich aufgehalten; insoweit betrage ihr Aufenthalt daher mehr als 8 Jahre; sie sei zum Personenkreis gemäß § 4b Abs.1 Z 4 lit. b AuslBG zu zählen. Da die beantragte Ausländerin türkische Staatsangehörige sei, finde auf ihren aufenthaltsrechtlichen Status Art. 6 Abs. 2 ARB Nr. 1/80 Anwendung. Für die gesamte Dauer des Aufenthaltes der Ausländerin ergebe sich eine Versicherungszeit von 36 Monaten ordnungsgemäßer Beschäftigung "(Zeiten des Wochengeldbezuges und Karenzurlaubsgeldes sind einzubeziehen)". Es sei verfehlt, dass erst seit 1. Jänner 1995 anrechenbare Zeiten von Bedeutung wären. Der Anspruch auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung gründe sich auf "§ 4c iVm Art. 6 Abs. 1 ARB Nr. 1/80 (Erwerb von mind. 36 Versicherungsmonaten im Zeitraum 3.5.1985 bis 31. 3. 1995 laut Versicherungsdatenauszug WGKK) und § 4b (1) Z 4b AuslBG (mit Unterbrechung Aufenthalt in Österreich von 3.5. 1985 bis 31.3.1995 sowie ab 14.1.1998 laufend)".

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde dieser Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 4 Abs. 6 Z. 1 AuslBG und "den Verordnungen des Bundesministers für Arbeit, Gesundheit und Soziales, BGBl. II Nr. 439/1999 zu § 13a Zi.3 AuslBG, und BGBl. Nr. 256/1997", keine Folge. Nach Zitierung der in Anwendung gebrachten Normen führte die belangte Behörde begründend aus, nach der zuletzt Anfang März 2000 veröffentlichten Statistik seien auf die (erg. Anm.: für das Bundesland Wien für das Jahr 2000 mit 76.000 festgesetzte) Höchstzahl 82.569 ausländische beschäftigte und arbeitslose Arbeitskräfte anzurechnen. Die Landeshöchstzahl sei somit um 6.569 ausländische Arbeitskräfte überschritten. Nach dem vorgelegten Meldezettel befinde sich die beantragte Ausländerin, nachdem ihr Aufenthalt von 1. Februar 1994 bis 4. Februar 1998 unterbrochen gewesen sei, seit 15. Oktober 1998 wieder in Österreich; ihre letzte Beschäftigung habe am 3. Februar 1994 geendet. Die beantragte Ausländerin erfülle keine der für die Zugehörigkeit zum Personenkreis nach § 4 Abs. 6 Z. 1 AuslBG erforderlichen Voraussetzungen. Die Beschäftigung einer Markthelferin für 20 Stunden sei nicht im gesamtwirtschaftlichen Interesse. Die beantragte Ausländerin hätte ab 1. Jänner 1995 Rechte nach dem Assoziationsabkommen (mit der Türkei) erwerben können, sie habe sich aber zu diesem Zeitpunkt in der Türkei aufgehalten. Eine Zugehörigkeit zum Personenkreis gemäß § 4 Abs. 6 Z 1 AuslBG sei im Ermittlungsverfahren nicht festgestellt und in der Berufung nicht vorgebracht worden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegenden Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:

Die belangte Behörde hat die Ablehnung der Erteilung der beantragten Beschäftigungsbewilligung ausschließlich auf § 4 Abs. 6 Z. 1 AuslBG gestützt. Nach dieser Bestimmung in ihrer Fassung BGBl. I Nr. 78/1997, darf eine Beschäftigungsbewilligung über bestehende Kontingente (§ 12) hinaus sowie nach Überschreitung festgelegter Landeshöchstzahlen (§§ 13 und 13a) nur erteilt werden, wenn der Antrag für einen im § 4b Abs. 1 Z 3 bis 9 genannten oder einen von einer Verordnung gemäß § 12a Abs. 2 erfassten Ausländer eingebracht wird.

Zu dem bevorzugt zu behandelnden Personenkreis nach § 4b Abs. 1 Z. 3 bis 9 AuslBG gehören ...

3. Ausländer, die einen Anspruch auf Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung ausschließlich durch Beschäftigungsverhältnisse im Inland erworben haben;

4. a) jugendliche Ausländer, sofern sie das letzte volle Schuljahr vor Beendigung ihrer Schulpflicht gemäß dem Schulpflichtgesetz 1985, BGBl. Nr. 76, in Österreich absolviert haben und wenigstens ein Elternteil, der nach dem Fremdengesetz 1997 niedergelassen ist, während der letzten fünf Jahre mindestens drei Jahre rechtmäßig im Bundesgebiet erwerbstätig war, oder b) Ausländer, die seit mindestens acht Jahren in Österreich gemäß dem Fremdengesetz 1997 niedergelassen sind;

5. Ausländer, die, sofern sie nicht bereits einer der vorgenannten Personengruppen zuzurechnen sind, von einer Verordnung gemäß § 12a Abs. 2 erfasst sind und für eine Vermittlung in Betracht kommen;

6. Ausländer, die nach mindestens dreijähriger erlaubter Beschäftigung im Inland einen Leistungsanspruch gemäß Z 3 erschöpft haben und seitdem durchgehend beim Arbeitsmarktservice zur Vermittlung vorgemerkt sind;

7. Ausländer, die sich länger als drei Jahre erlaubt im Bundesgebiet aufhalten und deren Beschäftigung zur Sicherung des Lebensunterhaltes von Ehegatten und minderjährigen Kindern, die von ihnen wirtschaftlich abhängig sind und sich ebenso lang im Bundesgebiet rechtmäßig aufhalten, notwendig ist;

8. Ausländer, die sich länger als fünf Jahre erlaubt im Bundesgebiet aufhalten und deren Vermittlung auf offene Stellen nicht aussichtslos erscheint;

9. Asylwerber gemäß § 19 des Asylgesetzes 1997 (AsylG), BGBl. I Nr. 76.

Der Beschwerdeführer hat im gesamten Berufungsverfahren (Berufungsschriftsatz sowie Stellungnahmen vom 16. Februar und 2. März 2000) Überschreitungen der im erstinstanzlichen Bescheid festgestellten bzw. im Schreiben der belangten Behörde vom 10. Februar 2000 im Rahmen des Parteiengehörs vorgehaltenen Landeshöchstzahlen für das Bundesland Wien nicht bestritten.

Insoweit erstmals in der Beschwerde vorgebracht wird, die von der belangten Behörde angewendete Landeshöchstzahl (für das Jahr 2000) sei für das Bundesland Wien aus näher dargestellten Gründen nicht (oder nur scheinbar) überschritten und es sei im erstinstanzlichen Verfahren der Regionalausschuss zur Überschreitung der "Bundeshöchstzahl" nicht befragt worden, erweisen sich diese Behauptungen im verwaltungsgerichtlichen Verfahren gemäß § 41 Abs. 1 VwGG als unzulässige Neuerungen (vgl. dazu etwa die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 7. Mai 1996, Zl. 94/09/0260, und vom 22. Jänner 2002, Zl. 2000/09/0100), auf die einzugehen dem Verwaltungsgerichtshof verwehrt ist. Zudem ist anzumerken, dass die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid die Landeshöchstzahl 1999 und die Bundeshöchstzahl nicht angewendet hat und auch der Versagungsgrund des § 4 Abs. 6 Z 3 AuslBG nicht herangezogen wurde, sodass das in dieser Hinsicht erstattete Vorbringen überdies ins Leere geht.

Geht man von den im Verwaltungsverfahren erhobenen Behauptungen und den im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen aus, ist der belangten Behörde bei ihrer rechtlichen Beurteilung kein Rechtsirrtum unterlaufen.

Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, dass die beantragte türkische Staatsangehörige sich im Zeitraum 1. Februar 1994 bis 4. Februar 1998 nicht in Österreich aufgehalten hat und nicht in Österreich beschäftigt gewesen ist. Gründe für diese Abwesenheit bzw. Unterbrechung wurden nicht vorgebracht.

Es war (wie der Verwaltungsgerichtshof bereits wiederholt dargelegt hat) nicht rechtswidrig, wenn die belangte Behörde zu dem Ergebnis gelangte, dass die vor dem 1. Jänner 1995 gelegene Unterbrechung der Beschäftigung zum Untergang der davor erworbenen Anwartschaft der beantragten Ausländerin auf die mit dem ersten Gedankenstrich des Art. 6 Abs. 1 ARB Nr. 1/80 erworbene Rechtsposition geführt hat (vgl. für viele etwa das hg. Erkenntnis vom 20. März 2002, Zl. 2000/09/0179). Dass die beantragte Ausländer seit ihrer Rückkehr nach Österreich im Jahr 1998 bis zur Erlassung des angefochtenen Bescheides die zeitlichen Voraussetzungen des Art. 6 Abs. 1 erster Gedankenstrich des ARB Nr. 1/80 noch nicht erfüllte, ist offenkundig.

Dem Hinweis in der Beschwerde auf Art. 7 ARB Nr. 1/80 ist zu erwidern, dass zum Tatbestandserfordernis eines gemeinsamen Wohnsitzes in der Dauer von fünf Jahren mit einem Familienangehörigen, kein Sachverhaltsvorbringen erstattet wurde. Auf welche Bezugsperson die beantragte Ausländerin sich in diesem Zusammenhang stützt, ist dem Beschwerdevorbringen nicht zu entnehmen (vgl. hiezu etwa die hg. Erkenntnisse vom 21. Februar 2001, Zl. 98/09/0228, und vom 18. Juli 2002, Zl. 2001/09/0016).

Mit Hinweisen auf eine angebliche Mangelhaftigkeit des erstinstanzlichen Bescheides bzw. eine unterlassene Vermittlung von Ersatzarbeitskräften vermag der Beschwerdeführer eine Rechtswidrigkeit des auf den Versagungsgrund gemäß § 4 Abs. 6 Z 1 AuslBG gestützten Bescheides der belangten Behörde nicht darzutun. Dass die beantragte Ausländerin dem Personenkreis gemäß § 4 Abs. 6 Z 1 AuslBG angehört, ist auch vor dem Hintergrund des Beschwerdevorbringens nicht zu erkennen.

Die Beschwerde war somit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit § 41 AMSG und der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.

Wien, am 27. März 2003

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2003:2000090085.X00

Im RIS seit

09.07.2003
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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