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32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;Norm
AbgEO §26;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Fuchs, Dr. Zorn und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Reinisch, über die Beschwerde des Dr. M in L, vertreten durch Mag. Doris Perl, Rechtsanwältin in 2230 Gänserndorf, Bahnstraße 20, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 20. April 1999, Zl. GA 7 - 889/1/98, betreffend Rückzahlung eines Abgabenguthabens, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 332 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Nach den Ausführungen im angefochtenen Bescheid beantragte der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 22. Oktober 1997, ihm "sein Guthaben von S 267.307,--" auf sein Bankkonto zu überweisen. Infolge eines Devolutionsantrages nach § 311 BAO - so die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides - sei die Zuständigkeit zur Entscheidung über diesen Rückzahlungsbetrag auf die belangte Behörde übergegangen. Mit Bescheid vom 25. Jänner 1999 habe das Finanzamt die Sicherstellung der Abgabenansprüche an Umsatzsteuer für die Kalendermonate Juli bis September 1997 in Höhe von insgesamt S 267.307,-- angeordnet. In Vollziehung des Sicherstellungsauftrages habe daraufhin das Finanzamt mit Bescheid vom 9. April 1999 das eingangs erwähnte Guthaben (= Geldforderung des Abgabepflichtigen) gepfändet. Ein Rückzahlungsantrag, der ein gepfändetes Guthaben betreffe, sei abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die dagegen eingebrachte Beschwerde erwogen:
Gemäß § 78 Abs. 3 Abgabenexekutionsordnung (AbgEO) sind auf die zur Sicherung von Abgaben vorgenommenen Vollstreckungshandlungen die Bestimmungen des I. Teiles sinngemäß anzuwenden.
Gemäß § 65 Abs. 1 AbgEO erfolgt die Vollstreckung auf Geldforderungen des Abgabenschuldners mittels Pfändung derselben. Im Pfändungsbescheid sind die Höhe der Abgabenschuld und der Gebühren und Auslagenersätze (§ 26) anzugeben. Sofern nicht die - hier nicht in Betracht kommende - Bestimmung des § 67 zur Anwendung kommt, geschieht die Pfändung dadurch, dass das Finanzamt dem Drittschuldner verbietet, an den Abgabenschuldner zu bezahlen. Zugleich ist dem Abgabenschuldner selbst jede Verfügung über seine Forderung sowie über das für dieselbe etwa bestellte Pfand und insbesondere die Einziehung der Forderung zu untersagen.
Gemäß § 65 Abs. 2 leg.cit. ist sowohl dem Drittschuldner wie dem Abgabenschuldner hiebei mitzuteilen, dass die Republik Österreich an der betreffenden Forderung ein Pfandrecht erworben hat. Die Zustellung des Zahlungsverbotes ist zu eigenen Handen vorzunehmen.
Gemäß § 65 Abs. 3 leg.cit. ist die Pfändung mit Zustellung des Zahlungsverbotes an den Drittschuldner als bewirkt anzusehen.
Gemäß § 65 Abs. 4 leg.cit. kann der Drittschuldner das Zahlungsverbot anfechten oder beim Finanzamt die Unzulässigkeit der Vollstreckung nach den darüber bestehenden Vorschriften geltend machen.
Die Zustellung des Zahlungsverbotes an den Drittschuldner bildet den konstitutiven Akt, mit dem das Pfandrecht zu Gunsten der Republik Österreich (des betreibenden Gläubigers) begründet wird, weshalb der Zustellung des Verfügungsverbotes an den Abgabenschuldner (den Verpflichteten) nur deklarative Wirkung zukommt. Auch in den Fällen, in denen die Abgabenbehörde auf Grund eines Guthabens des Abgabenschuldners selbst als Drittschuldner anzusehen ist, bedarf es der Erlassung des Zahlungsverbotes (so genanntes Zweitverbot), um das Pfandrecht an dem Guthaben zu begründen (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 22. März 1991, 90/13/0113 - 0115, mwN). Ein Rückzahlungsantrag nach § 239 BAO, der ein gepfändetes Guthaben betrifft, ist abzuweisen (vgl. Ellinger/Bibus/Ottinger, Abgabeneinhebung, Tz. 12 zu § 239 BAO).
In der Beschwerde wird vorgebracht, die belangte Behörde habe keine Feststellungen darüber getroffen, dass der Rückzahlungsantrag vom 22. Oktober 1997 nahezu 15 Monate ohne Reaktion geblieben sei, und sich auch damit nicht auseinander gesetzt, "wie und aufgrund welcher Unterlagen - meines Wissens habe ich keine entsprechenden Erklärungen abgegeben, noch war eine Steuerüberprüfung bei mir vorgenommen worden - ein Sicherstellungsauftrag und in der Folge der Bescheid auf Pfändung einer Geldforderung in derselben Höhe wie das mir zustehende Guthaben erlassen wurde". Sowohl der Sicherstellungsauftrag vom 25. Jänner 1999 als auch der in der Folge ergangene "Bescheid auf Pfändung einer Geldforderung" vom 9. April 1999 seien zu Unrecht während einer familiär bedingten Abwesenheit des Beschwerdeführers an seine Gattin zugestellt worden.
Mit diesem Vorbringen wird keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufgezeigt. Den Gegenstand des angefochtenen Bescheides bildete nur die Frage, ob dem Rückzahlungsantrag des Beschwerdeführers vom 22. Oktober 1997 zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides vom 20. April 1999 zu entsprechen war. Ob der Sicherstellungsauftrag rechtswirksam erlassen wurde (in der Gegenschrift weist die belangte Behörde im Übrigen diesbzgl. u.a. auf eine auch mittels Aktenvermerk ausgewiesene persönliche Aushändigung dieses Sicherstellungsauftrages an den Beschwerdeführer vom 25. Jänner 1999 hin), ändert ebenso wenig etwas an dem für die Pfändung konstitutiven Verwaltungsakt der Erlassung des Zahlungsverbotes an den Drittschuldner vom 9. April 1999, wie ein allenfalls unterlaufener (nach den Ausführungen in der Gegenschrift ohnedies offensichtlich im Sinne des § 16 Abs. 5 letzter Halbsatz ZustellG geheilter) Mangel bei der Zustellung des - lediglich deklarativ wirkenden - Pfändungsbescheides (Verfügungsverbotes) vom 9. April 1999 an den Beschwerdeführer. Der für die Verweigerung der Guthabensrückzahlung wesentliche Pfändungsakt würde auch nicht durch eine nach § 65 Abs. 4 AbgEO dem Drittschuldner ermöglichte Anfechtung des Zahlungsverbotes beseitigt. Außerdem kann dem Beschwerdeführer auch nicht darin gefolgt werden, wenn er behauptet, die belangte Behörde hätte nach § 65 Abs. 4 AbgEO die Möglichkeit gehabt, das Zahlungsverbot anzufechten (wobei sich herausgestellt hätte, dass "die Pfändung meines Guthabens ungerechtfertigt war"). Die Anfechtungsmöglichkeit nach § 65 Abs. 4 AbgEO beschränkt sich nämlich auf die Interessensphäre des Drittschuldners und es steht diesem beispielsweise nicht zu, Einwendungen des Abgabepflichtigen gegen den Überweisungsgläubiger geltend zu machen und aus dieser Sicht die Gültigkeit des Exekutionstitels in Frage zu stellen (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 12. November 1980, 3279/80).
Soweit der Beschwerdeführer rügt, im Pfändungsbescheid vom 9. April 1999 habe es die belangte Behörde unterlassen, "mir eine auch nur halbwegs nachvollziehbare Aufstellung bzw. Erläuterung, woraus sich die von mir angeblich geschuldeten S 267.307,-- zusammensetzen, zu übermitteln", verkennt der Beschwerdeführer, dass im § 65 Abs. 1 zweiter Satz AbgEO die Bezeichnung der Abgabenschuld abschließend geregelt ist. Danach hat der Pfändungsbescheid - allein - die Höhe der Abgabenschuld und der Gebühren und Auslagenersätze im Sinne des § 26 AbgEO anzugeben. Dafür, dass in den Pfändungsbescheid weitere Angaben über die Abgabenschuld aufzunehmen sind, bietet das Gesetz keine Handhabe (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 27. August 1998, 95/13/0274).
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl II Nr. 501/2001.
Wien, am 27. März 2003
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2003:2000150067.X00Im RIS seit
22.05.2003