TE Vfgh Beschluss 2000/2/28 V100/99

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Veröffentlicht am 28.02.2000
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Index

L8 Boden- und Verkehrsrecht
L8230 Abwasser, Kanalisation

Norm

B-VG Art139 Abs1 / Individualantrag
KanalabgabenO der Gd Eggendorf vom 05.09.97
Nö KanalG 1977 §3 Abs3

Leitsatz

Zurückweisung eines Individualantrags auf Aufhebung einer Kanalabgabenordnung aufgrund zumutbaren Verwaltungsrechtswegs durch Bekämpfung des Abgabenbescheides

Spruch

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung:

1. Mit Eingabe vom 2. Dezember 1999 begehren die Antragsteller P F und G F die Aufhebung der Verordnung der Gemeinde Eggendorf für den Ortsteil Siedlung Maria Theresia über eine Kanalabgabenordnung vom 5. September 1997. Den Antragstellern wurde mit Abgabenbescheid des Bürgermeisters der Gemeinde Eggendorf vom 22. Jänner 1999 für den zukünftigen Anschluß an den öffentlichen Schmutzwasserkanal eine Vorauszahlung auf die Kanaleinmündungsabgabe in Höhe von S 30.843,40 zuzüglich 10 % Umsatzsteuer vorgeschrieben. Grundlage dieses Bescheides ist die Kanalabgabenordnung. Gegen den Abgabenbescheid erhoben die Antragsteller Berufung mit der Begründung, daß der für die Vorschreibung der Kanaleinmündungsabgabe ermittelte Einheitssatz unrichtig errechnet worden sei. Mit Bescheid des Gemeinderates der Gemeinde Eggendorf vom 23. Juli 1999 wurde der Berufung nicht stattgegeben. Die dagegen eingebrachte Vorstellung wurde mit Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 20. Oktober 1999 abgewiesen. Gegen diesen Bescheid haben die Antragsteller Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erhoben.

2. Mit dem vorliegenden Antrag wird begehrt, die Verordnung der Gemeinde Eggendorf vom 5. September 1997 zur Gänze als gesetzwidrig aufzuheben.

3. Begründend führen die Antragsteller aus:

§3 Abs3 NÖ Kanalgesetz bestimme, daß der Einheitssatz vom Gemeinderat in der Kanalabgabenordnung festzusetzen sei. Er dürfe 5 % jenes Betrages nicht übersteigen, der unter Zugrundelegung der im Zeitpunkt des Gemeinderatsbeschlusses für die gesamte Kanalanlage einschließlich der Nebenanlagen erforderlichen Baukosten auf den laufenden Meter der Kanalanlage durchschnittlich entfalle. Die vom Gemeinderat der Ermittlung des Einheitssatzes zugrundegelegten Baukosten sowie die Gesamtlänge des Kanalnetzes seien in die Kanalabgabenordnung aufzunehmen.

Die Gemeinde habe als Baukostensumme einen Betrag von 95 Millionen Schilling in die Verordnung aufgenommen. Diese Summe beruhe auf einer Schätzung durch die Abteilung Siedlungswasserwirtschaft des Amtes der Niederösterreichischen Landesregierung. Das Wort "erforderlich" im Sinne des §3 Abs3 NÖ Kanalgesetz bedeute, daß zum Zeitpunkt des Gemeinderatsbeschlusses die exakten Kosten für das Projekt vorliegen müßten. Eine Schätzung sei deshalb unzulässig. Die Verordnung sei demzufolge hinsichtlich der aufgenommenen Baukostensumme von 95 Millionen Schilling und des mit S 175,--errechneten Einheitssatzes gesetzwidrig.

Die Antragsteller seien durch die genannte Verordnung in ihren Rechten verletzt worden, da die tatsächlichen Kosten für die Kanalanlage aufgrund eines angenommenen Kostenvoranschlages nur rund 65 Millionen Schilling betragen würden, der errechnete Einheitssatz sei daher bei weitem überhöht.

II. Der Antrag ist unzulässig.

1. Voraussetzung der Antragslegitimation nach Art139 Abs1 B-VG ist, daß der Antragsteller behauptet, unmittelbar durch die angefochtene Verordnung - im Hinblick auf deren Gesetzmäßigkeit - in seinen Rechten verletzt worden zu sein, sowie, daß die Verordnung für den Antragsteller tatsächlich, und zwar ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides wirksam geworden ist. Grundlegende Voraussetzung der Antragslegitimation ist, daß die Verordnung in die Rechtssphäre des Antragstellers nachteilig eingreift und diese - im Falle ihrer Gesetzwidrigkeit - verletzt.

Nicht jedem Normadressaten kommt die Anfechtungsbefugnis zu. Es ist darüber hinaus erforderlich, daß die Verordnung selbst tatsächlich in die Rechtssphäre des Antragstellers unmittelbar eingreift. Ein derartiger Eingriff ist jedenfalls nur dann anzunehmen, wenn dieser nach Art und Ausmaß durch die Verordnung selbst eindeutig bestimmt ist, wenn er die (rechtlich geschützten) Interessen des Antragstellers nicht bloß potentiell, sondern aktuell beeinträchtigt und wenn dem Antragsteller kein anderer zumutbarer Weg zur Abwehr des - behaupteten - rechtswidrigen Eingriffes zur Verfügung steht (VfSlg. 11726/1988, 13944/1994).

2. Im vorliegenden Fall kann dahingestellt bleiben, ob eine aktuelle Betroffenheit der Antragsteller bezüglich der gesamten angefochtenen Verordnung gegeben ist. Die Antragslegitimation scheitert jedenfalls an dem Vorhandensein eines anderen zumutbaren Weges zur Abwehr des - behaupteten - rechtswidrigen Eingriffes.

Im vorliegenden Fall stand den Antragstellern die Möglichkeit offen, nach Ausschöpfung des Instanzenzuges im Verwaltungsverfahren den abweisenden Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung beim Verfassungsgerichtshof mit Beschwerde nach Art144 B-VG zu bekämpfen und eine amtswegige Prüfung bezüglich der Verordnung der Gemeinde Eggendorf anzuregen.

3. Mangels Legitimation zur Antragstellung nach Art139 Abs1 B-VG war daher der Individualantrag ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unzulässig zurückzuweisen (§19 Abs3 Z2 lite VerfGG).

Schlagworte

Kanalisation, Abgaben, VfGH / Individualantrag

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2000:V100.1999

Dokumentnummer

JFT_09999772_99V00100_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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