TE Vwgh Erkenntnis 2003/3/31 2002/10/0121

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Veröffentlicht am 31.03.2003
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Index

L55003 Baumschutz Landschaftsschutz Naturschutz Niederösterreich;
L55053 Nationalpark Biosphärenpark Niederösterreich;
001 Verwaltungsrecht allgemein;

Norm

NatSchG NÖ 2000 §7 Abs1 Z3;
NatSchG NÖ 2000 §7 Abs2 Z1;
NatSchG NÖ 2000 §7 Abs2;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Novak, Dr. Mizner, Dr. Stöberl und Dr. Köhler als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Binder-Krieglstein, über die Beschwerde des HL in W und der TY in H, beide vertreten durch Mag. Dr. Robert Hirschmann, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Börseplatz 6/23, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 20. Dezember 2001, Zl. RU5-B-208/001, betreffend naturschutzbehördliche Bewilligung und Entfernungsauftrag, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführenden Parteien haben dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Schriftsatz vom 27. Juli 1999 brachten die beschwerdeführenden Parteien vor, auf den Grundstücken (Nr. 1388 und 1390, KG Vösendorf) der zweitbeschwerdeführenden Partei würden Strohballen gelagert und von ihnen gegen eindringende Nässe durch Planen geschützt, die mit einem Werbeaufdruck versehen seien. Nicht die Werbung stehe jedoch im Vordergrund, sondern vielmehr der Zweck der Bewahrung des Strohs für Zwecke der Landwirtschaft; durch die Werbeeinnahmen werde die Finanzierung des Wetterschutzes erleichtert. Obwohl die beschwerdeführenden Parteien daher der Ansicht seien, dass mangels "Werbeanlage" im Sinne des NÖ Naturschutzgesetzes keine Bewilligungspflicht bestehe, beantragten sie, die Abdeckung der Strohballen als Werbeanlage naturschutzrechtlich zu bewilligen und zwar für die Dauer von sechs Jahren.

Die Bezirkshauptmannschaft Mödling (BH) holte das Gutachten einer Amtssachverständigen für Naturschutz ein. In diesem Gutachten wird zunächst das Bild der die beiden Werbeanlagen umgebenden Landschaft beschrieben und ausgeführt, dieses werde im Wesentlichen durch eine weiträumig einsehbare, ebene Ackerfläche dominiert. In Richtung Norden sei aus größerer Entfernung die "Tröber Siedlung" von Vösendorf sichtbar, in Richtung Süden teilweise die Peripherie des dort befindlichen Industriegebietes von Mödling. Westlich verlaufe die Autobahn A2 und im Anschluss daran befinde sich dicht verbautes Betriebsgebiet sowie die Shopping City Süd von Vösendorf. In Richtung Osten - konträr zum Bild des westlich befindlichen und deutlich einsehbaren Betriebs- und Industriegebietes - biete sich dem Betrachter eine weit gehend unverbaute, ackerbaulich genutzte Kulturlandschaft ohne auffallende technische Einbauten. In Blickrichtung Vösendorf verlaufe eine Stromleitung, entlang der Autobahn befänden sich Einfriedungen aus Maschendrahtzaun und Schallschutzwänden aus Holz. In unmittelbarer Nähe der Werbeanlagen befinde sich eine Windkraftanlage, bestehend aus zwei 63 m hohen, schlanken Stahlrohrmasten, der so genannten Gondel mit Generator, Getriebe und Windrichtungsnachführung sowie einem dreiflügeligen Rotor mit einem Durchmesser von 44 m. Am Fuße der Stahlrohrmasten befinde sich eine in grüner Farbe gehaltene Trafostation mit einem Grundriss von 2 x 3 m und einer Höhe von 3 m sowie eine Scheinwerferanlage. Die Landschaft werde durch natürliche Elemente gegliedert. Ihr Bild werde vor allem durch parallel zur Autobahn verlaufende Windschutzgürtel und vereinzelte Baum- und Strauchgruppen geprägt. Die Wege zur Erreichung der einzelnen Ackergrundstücke seien unbefestigt. Die Strohtristen mit den darauf befindlichen Werbeanlagen seien ca. 110 m von der Südautobahn und ca. 20 m voneinander entfernt errichtet und zwar in unmittelbarer Nähe der - eben beschriebenen - Windkraftanlagen. Die Grundrissfläche der Strohtristen betrage ca. 7 x 20 m, die Höhe ca. 7 m; die Längsseiten der beiden Tristen verliefen ungefähr parallel zur Autobahn. Die beiden Tristen seien mit grünen Netzen überzogen worden und an der Längsseite sei im selben Ausmaß wie diese je eine Werbefläche montiert worden. Die Werbeflächen bestünden aus Kunststoffplanen, die auf Rahmen montiert mit der Strohtriste verbunden seien. Sie seien mit auffallend bunten und großen Schriftzügen gestaltet worden. Vor den Werbeflächen seien Beleuchtungskörper aufgestellt, um diese in den Nachtstunden zu beleuchten. Die Werbeanlagen würden, wie aus den von den beschwerdeführenden Parteien vorgelegten Fotos ersichtlich sei, schon länger betrieben. Sie seien vom vorbeiführenden Bereich der Südautobahn (A2) am deutlichsten sichtbar. Die beiden Werbeanlagen würden sich bereits auf Grund ihrer Größe und den breiten Dimensionen, ihrer gut einsehbaren Lage und wegen ihrer auffallenden Farbgestaltung sehr deutlich vom umliegenden Landschaftsbild abheben. Auch die auffällige Gestaltung der großen Schriftzüge stehe konträr zum Bild der umgebenden Landschaft. Dem gegenüber würden die vorhandenen sonstigen technischen Einbauten nicht auffällig in Erscheinung treten, auch die Windkraftanlage trete durch die schmale Konstruktion der Stahlrohrmasten und die dort befindlichen schmalen Schriftzüge weit weniger auffällig in Erscheinung als die großflächigen und breit dimensionierten Werbeanlagen. Diese fügten sich wegen ihrer Größe, Form- und Farbgebung und wegen ihrer auffälligen Farb- und Schriftbilder nicht harmonisch in das umgebende Landschaftsbild ein, sondern wirkten besonders auffällig. Auch der Umstand, dass zwei großformatige Werbeanlagen errichtet worden seien, trage wesentlich zur Störung des Landschaftsbildes bei. Die Autobahn bilde in optischer Hinsicht eine Trennlinie zwischen dem städtischen Gebiet entlang der Westseite der Autobahn und der weit gehend unverbauten Landschaft entlang der Ostseite der Autobahn. In dieser weit gehend unverbauten Landschaft würden die beiden Werbeanlagen besonders auffällig wahrgenommen, sie stünden in einer betont hervortretenden Disharmonie zum bestehenden Landschaftsbild. Dadurch werde eine erhebliche Störung und Verunstaltung des Landschaftsbildes bewirkt.

In ihrer Stellungnahme zu diesem Gutachten brachten die beschwerdeführenden Parteien im Wesentlichen vor, die Sachverständige habe die die Landschaft ebenfalls dominierenden Windkraftanlagen verharmlost. Im Vergleich zu diesen beiden Anlagen würden die Werbeanlagen nicht im Geringsten auf- oder ins Gewicht fallen. Im Sachverständigengutachten werde "mit zweierlei Maßen gemessen", weshalb die Unbefangenheit der Sachverständigen in Zweifel gezogen und diese wegen Befangenheit und mangelnder Fachkunde abgelehnt werde.

Die BH holte ein ergänzendes Gutachten eines anderen Amtssachverständigen für Naturschutz ein. In diesem Gutachten wird zunächst festgestellt, dass das bereits vorliegende Gutachten aus naturschutzfachlicher Sicht schlüssig und nachvollziehbar sei. Die beiden Windkraftanlagen stellten ein schmales vertikales Element in der Landschaft dar, welches den Blick auf die freie Landschaft kaum behindere. Im Gegensatz dazu seien die Werbeanlagen der beschwerdeführenden Parteien großflächig und auffallend. Sie beeinträchtigten auf Grund ihrer geometrischen Figuration das Landschaftsbild erheblich. Genau dieser Unterschied sei im vorliegenden Gutachten und auf den angeschlossenen Fotos sehr gut deutlich gemacht worden.

Die beschwerdeführenden Parteien brachten im Rahmen des ihnen hiezu eingeräumten Parteiengehörs vor, sie seien bei Ausarbeitung ihrer Stellungnahme "darauf gestoßen", dass das NÖ Naturschutzgesetz 2000 auf die beiden Werbeanlagen nicht anwendbar sei, weil sich diese im Ortsbereich von Vösendorf im Sinne der naturschutzgesetzlichen Definition eines baulich oder funktional zusammenhängenden Teiles des Siedlungsgebietes befänden. Die funktionale Grenze zwischen dem Ortsgebiet von Vösendorf und den landwirtschaftlichen Flächen werde nämlich nach Auffassung der beschwerdeführenden Parteien durch eine gedachte Verbindungslinie zwischen der Shopping City Süd und dem Ende der Bachgasse gebildet. Die A2 könne nicht als Grenze des Ortsgebietes herangezogen werden und mangels "Ortsende-Tafeln" befänden sich die Werbeanlagen auch de jure im Ortsgebiet von Vösendorf.

Die BH holte zu dieser Frage ein weiteres Gutachten der Amtssachverständigen für Naturschutz ein, in dem dargelegt wird, es befinde sich in einem Umkreis von mindestens 1,5 km um die Werbeanlagen vorwiegend ackerbaulich genutztes Grünland ohne Gebäude, wie sie in Wohnsiedlungen, Industrie oder Gewerbeparks vorhanden seien. Es bestehe kein baulich zusammenhängender Teil eines Siedlungsgebietes.

Zur Frage, ob sich die Werbeanlagen auf einem funktional mit dem Siedlungsgebiet von Vösendorf zusammenhängenden Gebietsteil befänden, holte die BH das Gutachten eines Amtssachverständigen für Raumplanung und Raumordnung ein. In diesem wird dargelegt, das Gemeindegebiet von Vösendorf bestehe in Übereinstimmung mit den regionalen und örtlichen Festlegungen aus drei näher beschriebenen Siedlungsgebieten sowie aus landwirtschaftlichen Fluren. Der Ortsbereich im Sinne eines baulich oder funktional zusammenhängenden Siedlungsgebietes stimme im Gemeindegebiet von Vösendorf mit den drei Siedlungsgebieten überein. Der Standort der beiden Werbeanlagen habe weder einen baulichen, noch einen funktionalen Zusammenhang mit einem dieser Siedlungsgebiete, insbesondere auch nicht mit jenem Siedlungsgebiet, in dem sich die Shopping City Süd befinde, weil hier die Autobahn A2 eine deutliche Barriere bilde.

Die beschwerdeführenden Parteien hielten dagegen, es müsse das die Gemeinde Verbindende geachtet und gefördert werden; die Trennungsfunktion der Autobahn dürfe nicht in den Vordergrund gestellt werden, wie überhaupt der Zweck einer Straße in der Verbindung und nicht in der Trennung bestehe. Die Entfernung zum Siedlungsbereich spreche nicht gegen eine funktionale Zuordnung. Schließlich werde ausschließlich für Vösendorfer Betriebe Werbung gemacht.

Mit Bescheid der BH vom 6. März 2001 wurde der Bewilligungsantrag der beschwerdeführenden Parteien abgewiesen und ihnen die Entfernung der beiden Werbeanlagen (mittels Rahmen auf Strohtristen montierte Kunststoffplanen) binnen gleichzeitig festgesetzter Frist aufgetragen. Begründend wurde nach Darstellung der eingeholten Gutachten und der herangezogenen Rechtsvorschriften im Wesentlichen ausgeführt, die beiden gemäß § 7 Abs. 1 Z. 3 NÖ NatSchG 2000 bewilligungspflichtigen Werbeanlagen würden das Landschaftsbild nachhaltig beeinträchtigen. Der Bewilligungsantrag sei daher abzuweisen und gemäß § 35 Abs. 2 NÖ NatSchG 2000 die Entfernung der bereits errichteten Werbeanlagen zu verfügen gewesen.

Die beschwerdeführenden Parteien erhoben Berufung, in der sie sich sowohl gegen die Annahme der Bewilligungsbedürftigkeit der Werbeanlagen als auch gegen die Versagung der Bewilligung und den Entfernungsauftrag wandten.

Die Berufungsbehörde holte ein weiteres Gutachten eines Amtssachverständigen für Naturschutz ein. In diesem Gutachten wird im Wesentlichen ausgeführt, es sei die örtliche Situation bereits detailliert in den von der Erstinstanz eingeholten Gutachten beschrieben worden. Dem sei lediglich hinzuzufügen, dass nur der vordere bzw. obere Teil der Strohtriste durch die Werbeplane abgedeckt werde, nicht jedoch der rückwärtige von der Autobahn abgewandte Teil; dies offensichtlich deshalb, weil er für Werbezwecke weitgehend uninteressant sei. Der Standort der beiden Werbeanlagen liege in einer der letzten noch freien unverbauten und durchwegs landwirtschaftlich genutzten Landschaften in unmittelbarer Autobahnnähe gegenüber der Shopping City Süd und südlich eines kleinräumigen, von Gärten geprägten Siedlungsteiles von Vösendorf. Der betroffene Landschaftsteil sei durch teilweise parallel zur Autobahn verlaufende Grüngürtel gegliedert bzw. begrünt, durch die er einen räumlichen Abschluss erfahre. In dieser landschaftlichen "Freifläche" befänden sich in unmittelbarer Nähe der Werbeanlagen zwei Windkraftanlagen, die schon auf Grund ihrer Höhe und der Dimension der Turbinen weithin sichtbar seien. Gerade die Höhenentwicklung dieser Anlagen führe jedoch dazu, dass infolge der schlanken säulenartigen Konstruktion und der höherliegenden Turbinen die Auswirkungen dieser vertikalen Elemente auf das Bild der Landschaft weitaus geringer seien, als die Auswirkungen der flächig massiven Abdeckung, die durch die beiden Werbeanlagen hervorgerufen würden. Bei den Windkraftanlagen bestehe zwar eine starke Fernwirkung, aber eine geringe Wirkung im Nahbereich. Bei den Werbeanlagen sei die Situation gerade umgekehrt. Sie wirkten auf Grund ihrer geringen Höhe zwar nicht in die Ferne, stellten aber im kleinräumigen und abgeschlossen wirkenden Freigelände eine massive landschaftliche Barriere und in der Folge einen landschaftlich extrem störenden Fremdkörper dar, dessen negative Auswirkungen noch dadurch verstärkt würden, dass die beiden Werbeflächen unmittelbar aneinander grenzten, wodurch auch eine zusätzliche Längsentwicklung der Barriere entstehe. Diese Situation werde durch die Verwendung möglichst auffälliger und farblich greller Werbebotschaften nochmals immens verstärkt. Während der Nachtstunden erfolge außerdem eine Beleuchtung. Diese negativen Auswirkungen auf das Landschaftsbild erreichten unweigerlich das Ausmaß einer nachhaltigen Beeinträchtigung. Nicht die Strohtristen an sich würden zu diesen Auswirkungen auf das Landschaftsbild führen, sondern erst die Verbindung mit den auffälligen Werbebotschaften. Es sei daher unerheblich, ob die Werbeflächen auf Strohtristen oder auf einer Stahlkonstruktion montiert, oder ob sie sonst wie aufgestellt oder verankert seien.

Die beschwerdeführenden Parteien nahmen auch zu diesem Gutachten Stellung und rügten, dieses sei nicht nachvollziehbar und zu allgemein. Die Aufschriften auf den Windkraftanlagen seien wesentlich größer als jene auf ihren Werbeanlagen. Auch gäbe es wesentlich größere Strohtristen als jene, auf denen die in Rede stehenden Werbeplanen montiert seien. Schließlich sei unklar, warum der Sachverständige festhalte, dass die Werbeplanen beleuchtet würden. Der Sachverständige werde wegen seiner Ausführungen als befangen und mangels entsprechender Sachkenntnis abgelehnt und es werde die Beiziehung eines anderen Sachverständigen, möglichst aus einem anderen Bundesland beantragt.

Mit Bescheid der NÖ Landesregierung vom 20. Dezember 2001 wurde die Berufung der beschwerdeführenden Parteien abgewiesen und der erstbehördliche Bescheid bestätigt. Begründend wurde nach Darstellung des Verfahrensganges und der angewendeten Rechtsvorschriften dargelegt, nach den im erst- wie zweitinstanzlichen Verfahren eingeholten fachlich fundierten und schlüssigen Gutachten, die durch das Vorbringen der beschwerdeführenden Parteien auch nicht entkräftet worden seien, müsse davon ausgegangen werden, dass die beiden Werbeanlagen zu einer nachhaltigen Beeinträchtigung des Landschaftsbildes führen; die beantragte Bewilligung könne demnach nicht erteilt werden.

Die gegen diesen Bescheid an den Verfassungsgerichtshof erhobene Beschwerde wurde, nachdem dieser deren Behandlung mit Beschluss vom 10. Juni 2002, B 259/02, abgelehnt hatte, gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof abgetreten.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 38 Abs. 7 NÖ Naturschutzgesetz 2000, LGBl. 5500-2, (NÖ NatSchG) sind die im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes (1. September 2000) anhängigen Verfahren - von hier nicht in Betracht kommenden Ausnahmen abgesehen - nach den Bestimmungen dieses Gesetzes weiter zu führen.

Gemäß § 7 Abs. 1 Z. 3 NÖ NatSchG bedürfen außerhalb vom Ortsbereich, das ist ein baulich oder funktional zusammenhängender Teil eines Siedlungsgebietes (z.B. Wohnsiedlungen, Industrie- oder Gewerbeparks) die Errichtung, Anbringung, Aufstellung, Veränderung und der Betrieb von Werbeanlagen, Hinweisen und Ankündigungen, einschließlich der für politische Werbung, ausgenommen ortsübliche, eine Fläche von 1 m2 nicht übersteigende Hinweisschilder der Bewilligung durch die Behörde.

Die Bewilligung ist gemäß § 7 Abs. 2 NÖ NatSchG zu versagen, wenn

1.

das Landschaftsbild,

2.

der Erholungswert der Landschaft oder

3.

die ökologische Funktionstüchtigkeit im betroffenen Lebensraum

nachhaltig beeinträchtigt wird und diese Beeinträchtigung nicht durch Vorschreibung von Vorkehrungen weit gehend ausgeschlossen werden kann. Bei der Vorschreibung von Vorkehrungen ist auf die Erfordernisse einer zeitgemäßen Land- und Forstwirtschaft sowie einer leistungsfähigen Wirtschaft so weit wie möglich Bedacht zu nehmen.

Personen, die den Bestimmungen dieses Gesetzes oder auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Verordnungen oder Bescheiden zuwidergehandelt haben, sind gemäß § 35 Abs. 2 NÖ NatSchG unabhängig von einer Bestrafung nach § 36 von der Behörde zu verpflichten, den früheren Zustand wieder herzustellen oder, wenn dies nicht möglich ist, den geschaffenen Zustand den Interessen des Naturschutzes bestentsprechend abzuändern.

Dem angefochtenen Bescheid liegt die auf der Grundlage eingeholter Sachverständigengutachten gewonnene Auffassung zu Grunde, die beiden von den beschwerdeführenden Parteien außerhalb des Ortsbereiches von Vösendorf zur Bewilligung beantragten, bereits errichteten und betriebenen Werbeanlagen bewirkten im Sinne des § 7 Abs. 2 NÖ NatSchG eine nachhaltige Beeinträchtigung des Landschaftsbildes, die durch Vorschreibung von Vorkehrungen nicht ausgeschlossen werden könne. Es sei daher die beantragte Bewilligung zu versagen und den beschwerdeführenden Parteien die Entfernung der Werbeanlagen aufzutragen gewesen.

Dem halten die beschwerdeführenden Parteien - wie bereits im Verwaltungsverfahren - entgegen, es handle sich nicht um Werbeanlagen, weil nicht die Werbung im Fordergrund stehe, sondern "der Schutz von landwirtschaftlichen Feldfrüchten" vor Witterungseinflüssen. Allenfalls handle es sich um Hinweisschilder, damit die auf der Südautobahn (A2) fahrenden Kfz-Lenker in Vösendorf ansässige Betriebe leichter finden könnten. Im Übrigen lagerten die durch Wetterplanen mit Werbeaufdruck geschützten Strohtristen bereits seit Jahrzehnten und zwar schon vor der Geltung einschlägiger naturschutzrechtlicher Bestimmungen auf den Liegenschaften der zweitbeschwerdeführenden Partei, "seit Anfang 1999 in exakt der vorliegenden Form". Die belangte Behörde habe es allerdings verabsäumt, den Errichtungszeitpunkt der beiden Tristen festzustellen. Es sei jedenfalls nicht gerechtfertigt, im Nachhinein eine Bewilligung zu verlangen. Die Tristen lägen weiters im Ortsgebiet von Vösendorf, sodass auch aus diesem Grunde eine Bewilligungspflicht im Sinne des § 7 Abs. 1 Z. 3 NÖ NatSchG nicht zum Tragen komme. Die belangte Behörde habe den angefochtenen Bescheid auf Basis des "falschen Flächenwidmungsplanes" getroffen. Sie hätte ihrer Entscheidung nämlich jenen Flächenwidmungsplan zu Grunde legen müssen, der im Zeitpunkt der Errichtung der Anlage gegolten habe und nicht jenen, der erst im März 2000 beschlossen worden sei. Es werde auch gerügt, dass die belangte Behörde weder über den Feststellungsantrag der beschwerdeführenden Parteien, dass überhaupt keine Werbeanlage vorliege, noch über den Feststellungsantrag, dass die Tristen im baulichen bzw. funktionalen Ortsgebiet von Vösendorf lägen, entschieden habe. Selbst wenn man aber davon ausgehe, es handle sich im Gegenstande um naturschutzrechtlich bewilligungspflichtige Werbeanlagen, so sei selbst für einen Laien ohne weiteres erkennbar, dass angesichts einer Vielzahl vorhandener Eingriffe im betroffenen Landschaftsraum rund um die Shopping City Süd das Landschaftsbild gar nicht gestört werden könne. Es bestünden rund um die Tristen Windturbinen, Transformatorhäuschen usw. Das Land Niederösterreich baue übrigens derzeit entlang der A2 eine riesige, wenig ansehnliche Lärmschutzanlage. Schließlich seien die Werbeflächen auch nur von der A2 und auch von dort nur auf wenige 100 m sichtbar. Dem Antrag der beschwerdeführenden Parteien, einen Sachverständigen aus einem anderen Bundesland beizuziehen, sei die belangte Behörde nicht nachgekommen. Vielmehr habe sie sich auf die eingeholten, nicht nachvollziehbaren Gutachten gestützt. Der im Akt erliegende Flächenwidmungsplan sei den beschwerdeführenden Parteien trotz ihres Antrages nicht zur Kenntnis gebracht worden und schließlich habe die belangte Behörde außer Acht gelassen, dass sie bei der Beurteilung der Werbeanlagen auf die Erfordernisse einer zeitgemäßen land- und forstwirtschaftlichen Nutzung so weit wie möglich hätte Bedacht nehmen müssen. Hätte die belangte Behörde dies getan, wäre sie zum Ergebnis gelangt, dass die beantragte Bewilligung erteilt werden müsse.

Mit diesem Vorbringen zeigen die beschwerdeführenden Parteien keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf.

Nicht zielführend ist zunächst die Behauptung, es handle sich nicht um Werbeanlagen, weil der Schutz des Strohs vor Wettereinflüssen und nicht die Werbung im Vordergrund stehe. § 7 Abs. 1 Z. 3 NatSchG unterwirft nämlich alle der Werbung, dem Hinweis oder der Ankündigung dienenden Anlagen der Bewilligungspflicht, ohne Rücksicht darauf, ob diese Anlagen - allenfalls sogar vorrangig - noch einem weiteren Zweck dienen. Soweit die beschwerdeführenden Parteien aber meinen, es handle sich nicht um Werbeanlagen, sondern um Hinweisschilder, ist dieses Vorbringen schon deshalb verfehlt, weil dabei übersehen wird, dass im Grunde des § 7 Abs. 1 Z. 3 NÖ NatSchG Hinweisschilder in gleicher Weise bewilligungspflichtig sind wie Werbeanlagen.

Mit der weiteren Behauptung, die durch Werbeplanen vor Witterungseinflüssen geschützten Strohtristen würden bereits seit Jahrzehnten "und zwar schon vor der Geltung der einschlägigen naturschutzrechtlichen Bestimmungen" auf den Liegenschaften der Zweitbeschwerdeführerin lagern, sodass es nicht gerechtfertigt sei, "im Nachhinein eine Bewilligung zu fordern", machen die beschwerdeführenden Parteien das Vorliegen eines der Bewilligungspflicht nicht unterliegenden, so genannten "Altbestandes" geltend. Darunter ist eine Maßnahme zu verstehen, die bereits vor Inkrafttreten einer entsprechenden gesetzlichen Regelung gesetzt wurde und seither unverändert andauert (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 25. Februar 2003, Zl. 2001/10/0109, und die dort zitierte Vorjudikatur).

Dieses Vorbringen ist zunächst zum Anlass zu nehmen, die beschwerdeführenden Parteien darauf hinzuweisen, dass die Bewilligungspflicht von Werbeanlagen in der freien Landschaft seit Jahrzehnten Gegenstand naturschutzrechtlicher Regelungen ist (vgl. § 14 des Naturschutzgesetzes 1951, LGBl. Nr. 40/1952, wo die Bewilligungspflicht der Anbringung oder Aufstellung jeder Art von Ankündigung, insbesondere zu Reklamezwecken in der freien Landschaft normiert ist). Zuvor unterlagen Werbeanlagen in der freien Landschaft einem generellen Verbot, wobei die entsprechenden Vorschriften auch die Entfernung der vor Erlassung dieses Verbotes bereits errichteten Anlagen anordneten. Ein gesetzmäßiger Altbestand nicht bewilligter Werbeanlagen kommt schon aus diesem Grund nicht in Betracht.

Der Annahme eines "Altbestandes" stünde weiters entgegen, dass die von den beschwerdeführenden Parteien - wie sie behaupten -

"vor Jahrzehnten" errichteten Werbeanlagen seither nicht unverändert bestehen blieben; legen die beschwerdeführenden Parteien doch selbst dar, dass die derzeitige Form der Werbeanlagen erst auf das Jahr 1999 zurückgeht.

Das "Altbestandsargument" der beschwerdeführenden Parteien ist aber aus folgender Erwägung bereits im Grunde verfehlt. Gemäß § 7 Abs. 1 Z. 3 NÖ NatSchG unterliegt nämlich nicht bloß die Errichtung, Aufstellung u.dgl. sondern auch der Betrieb von Werbeanlagen der Bewilligungspflicht. Bewilligungspflichtig ist daher nicht bloß die Errichtung der Anlagen, sondern auch der durch die Anlage bewirkte Vorgang der Werbung. Sobald und so lange die Anlage Werbe-, Hinweis- oder Ankündigungswirkung entfaltet, wird der Bewilligungstatbestand des Betriebes der Werbeanlage erfüllt. Geht es aber nicht (bloß) um eine vor der Schaffung eines diesbezüglichen Bewilligungstatbestandes gesetzte und seither unverändert andauernde Maßnahme, sondern um den, einen entsprechenden Bewilligungstatbestand laufend erfüllenden Betrieb einer Anlage, so kommt ein bewilligungsfreier "Altbestand" schon begrifflich nicht in Betracht.

Was die Lage der beiden Werbeanlagen "außerhalb vom Ortsbereich" im Sinne des § 7 Abs. 1 Z. 3 NÖ NatSchG anlangt, so liegt der dieses Tatbestandsmerkmal bejahenden Auffassung der belangten Behörde ein naturschutzfachliches Gutachten sowie das Gutachten eines Sachverständigen für Raumordnung und Raumplanung zu Grunde, wo mit näherer Begründung dargelegt wird, das Gebiet, in dem sich die beiden Werbeanlagen befinden, stehe weder in einem baulichen, noch in einem funktionalen Zusammenhang zum Siedlungsgebiet von Vösendorf. Diesen sachverständigen Ausführungen sind die beschwerdeführenden Parteien weder konkret, noch auf gleicher fachlicher Ebene entgegen getreten. Vielmehr haben sie sich in ihrer Äußerung vom 14. Dezember 2000, auf die in der Beschwerde hingewiesen wird, zum einen auf die nicht näher begründete Behauptung beschränkt, "die funktionale Grenze" zwischen dem Vösendorfer Ortsgebiet und den landwirtschaftlichen Flächen sei durch eine gedachte Verbindungslinie zwischen der Shopping-City-Süd und dem Ende der Bachgasse zu bilden. Die Werbeanlagen lägen innerhalb dieser Grenze und somit im Ortsgebiet, was auch durch fehlende Ortstafeln (nach der StVO) auf dem Weg zu den Werbeanlagen deutlich werde. Die Autobahn habe keineswegs eine das Siedlungsgebiet trennende Funktion und es stelle die vom Sachverständigen festgestellte Entfernung von 700 m zum Ortsbereich von Vösendorf - so die beschwerdeführenden Parteien in ihrer Äußerung vom 21. November 2001 - keine besondere Entfernung dar und einer funktionalen Zuordnung nicht im Wege. Im Übrigen würde mit den beiden Werbeanlagen ausschließlich Werbung für Vösendorfer Betriebe gemacht, was ebenfalls für den funktionalen Zusammenhang zwischen den Werbeanlagen und dem Ortsgebiet von Vösendorf spreche. Zu Unrecht sei schließlich der Flächenwidmungsplan 2000 und nicht der im Errichtungszeitpunkt der Werbeanlagen geltende Flächenwidmungsplan herangezogen worden.

Mit diesem Vorbringen wird kein Umstand aufgezeigt, der die Annahme tragen könnte, jenes Gebiet, auf dem die beiden Werbeanlagen situiert sind, sei im Gegensatz zur Auffassung der beigezogenen Sachverständigen als Teil des Siedlungsgebietes von Vösendorf anzusehen; wird damit doch nicht einmal ansatzweise aufgezeigt, aus welchen Gründen ein vom besiedelten Gebiet hunderte Meter entferntes, überwiegend der Landwirtschaft dienendes unbesiedeltes Gebiet Teil des Siedlungsgebietes sein sollte, bzw. dargetan, welche baulichen oder funktionalen Beziehungen zwischen dem Siedlungsgebiet, in dem sich die Shopping City Süd befindet und dem durch die Autobahn A2 davon getrennten landwirtschaftlichen Gebiet, in dem die beiden Werbeanlagen ihren Standort haben, bestehen sollen. Aus welchen Gründen die belangte Behörde bei Berücksichtigung eines früher geltenden Flächenwidmungsplanes aber zu einer anderen Beurteilung der tatsächlich bestehenden örtlichen Situation hätte gelangen müssen, bleibt gänzlich unerfindlich. Dieses Vorbringen ist daher auch nicht geeignet, Zweifel an der Schlüssigkeit der eingeholten Gutachten zu wecken.

Wenn die belangte Behörde den eingeholten Gutachten folgend das Tatbestandsmerkmal des Standortes der Werbeanlagen "außerhalb vom Ortsbereich" im Sinne des § 7 Abs. 1 Z. 3 NÖ NatSchG als erfüllt erachtete, kann das nicht als rechtswidrig beanstandet werden.

Auf der Grundlage der eingeholten Naturschutzgutachten ist die belangte Behörde schließlich zur Auffassung gelangt, die beiden Werbeanlagen stellten eine - durch die Vorschreibung von Vorkehrungen nicht weit gehend auszuschließende - nachhaltige Beeinträchtigung des Landschaftsbildes dar. Durch ihre Größe, Gestalt und Farbgebung würden sie zum einen dominant in Erscheinung treten und zum anderen das bestehende Landschaftsbild großflächig und massiv abdecken. Dieser Effekt werde durch die unmittelbare Nachbarschaft der beiden Werbeanlagen noch verstärkt und führe letztlich dazu, dass das Bild der ursprünglich bestehenden Landschaft völlig in den Hintergrund gedrängt und in seiner optischen Wirkung bedeutungslos werde.

Auch diesem Gutachten sind die beschwerdeführenden Parteien nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegen getreten. Der Hinweis auf Eingriffe in das Landschaftsbild, die durch andere Objekte bewirkt würden, ist nicht zielführend, weil die sonstigen bestehenden Eingriffe in den Gutachten in nicht als unschlüssig zu erachtender Weise bereits berücksichtigt wurden. Der Umstand jedoch, dass die Werbeanlagen - wie die beschwerdeführenden Parteien behaupten - nur von der A2 aus sichtbar seien und auch von dort nur auf wenigen 100 m, ist nicht entscheidend. Denn es genügt für die Verwirklichung des Tatbestandsmerkmales des § 7 Abs. 2 Z. 1 NÖ NatSchG, dass das bewilligungspflichtige Vorhaben von zumindest einem Blickpunkt aus (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 12. November 2001, Zl. 99/10/0145, und die dort zit. Vorjudikatur) eine das Landschaftsbild nachhaltig beeinträchtigende Wirkung nach sich zieht. Die belangte Behörde ist daher zu Recht zum Ergebnis gelangt, die beiden Werbeanlagen führten im Sinne des § 7 Abs. 2 Z. 1 NÖ NatSchG zu einer nachhaltigen Beeinträchtigung des Landschaftsbildes.

Soweit die beschwerdeführenden Parteien "bei der Beurteilung" der Werbeanlagen eine Bedachtnahme auf die Erfordernisse einer zeitgemäßen Land- und Forstwirtschaft vermissen, übersehen sie, dass § 7 Abs. 2 NÖ NatSchG eine solche Bedachtnahme bei der Vorschreibung von Vorkehrungen, nicht aber bei der Beurteilung der Auswirkungen eines Vorhabens auf die durch das NÖ NatSchG geschützten Rechtsgüter verlangt. Vorkehrungen wurden den beschwerdeführenden Parteien aber nicht vorgeschrieben.

Der Rüge, es sei über die Anträge der beschwerdeführenden Parteien auf Feststellung, ob überhaupt Werbeanlagen vorliegen und ob deren Standort im "Ortsbereich" gelegen ist, nicht entschieden worden, ist zu entgegnen, dass entsprechende Feststellungen integrierende Bestandteile des angefochtenen Bescheides darstellen.

Soweit die beschwerdeführenden Parteien aber vorbringen, es sei dem Antrag auf Beiziehung eines Sachverständigen aus einem anderen Bundesland nicht entsprochen worden, ist ihnen zu entgegnen, dass die Beiziehung eines "landesfremden" Sachverständigen nach den anzuwendenden Rechtsvorschriften nicht geboten war.

Die sich somit als unbegründet erweisende Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.

Wien, am 31. März 2003

Schlagworte

Definition von Begriffen mit allgemeiner Bedeutung VwRallg7

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2003:2002100121.X00

Im RIS seit

16.05.2003

Zuletzt aktualisiert am

19.07.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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