Index
32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;Norm
BAO §161;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höß und die Hofräte Mag. Heinzl, Dr. Zorn, Dr. Robl und Dr. Büsser als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Racek, über die Beschwerde der A S in N, vertreten durch Dr. Josef Pfurtscheller, Dr. Markus Orgler, Rechtsanwälte in 6020 Innsbruck, Anichstraße 29/II, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Tirol vom 10. Juli 2002, Zl. AO 720/51-T7/02, betreffend Aufhebung des Umsatzsteuerbescheides 2000 gemäß § 299 Abs. 2 BAO, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 332 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Am 12. Dezember 2000 langte beim Finanzamt ein mit 10. Dezember 2000 datierter Fragebogen (Vordruck Verf. 24) ein, in welchem die Beschwerdeführerin die Eröffnung eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes per 1. Jänner 2000 bekannt gab und den aus der Viehzucht voraussichtlich zu erzielenden Jahresumsatz im Eröffnungsjahr mit S 120.000,-- (voraussichtlicher Jahresumsatz im Folgejahr S 250.000,--) angab. Die Frage, ob ein Regelbesteuerungsantrag gemäß § 6 Abs. 3 UStG 1994 beabsichtigt sei, beantwortete die Beschwerdeführerin durch Ankreuzen der Spalte "ja (wird noch vorgelegt)".
Im Februar 2001 reichte die Beschwerdeführerin eine Umsatzsteuervoranmeldung für den Zeitraum Oktober bis Dezember 2000 ein, in welcher Umsätze von rund S 230.000,-- sowie eine Vorsteuer von rund S 155.000,-- ausgewiesen waren.
Im August 2001 reichte die Beschwerdeführerin für ihr land- und forstwirtschaftliches Unternehmen eine mit 23. August 2001 datierte Umsatzsteuererklärung für das Jahr 2000 ein, in welcher Umsätze von rund S 340.000,-- sowie eine Vorsteuer von rund S 160.000,-- ausgewiesen sind. In einem (für Unternehmer, deren Nettoumsätze im Veranlagungszeitraum S 300.000,-- nicht überstiegen haben) vorgesehenen Formularfeld vermerkte die Beschwerdeführerin: "Regelbesteuerung wurde beantragt am 23. August 2001". In einem gesonderten (mit 23. August 2001 datierten) Schriftsatz teilte die Beschwerdeführerin mit, dass sie ihre Umsätze "für das Wirtschaftsjahr 2000 nach den allgemeinen Vorschriften des § 6 (3) UStG 1994 besteuern will".
In der Folge veranlagte das Finanzamt die Beschwerdeführerin erklärungsgemäß zur Umsatzsteuer für das Jahr 2000.
Mit dem angefochtenen Bescheid hob die belangte Behörde den Umsatzsteuerbescheid 2000 gemäß § 299 Abs. 2 BAO im Wesentlichen mit der Begründung auf, dass weder bis zum Ablauf des Veranlagungszeitraumes 2000 ein Antrag nach § 22 Abs. 6 UStG 1994 gestellt worden sei, noch für den land- und forstwirtschaftlichen Betrieb Buchführungspflicht bestanden habe. Die Behauptung, dass ein der Behörde übermittelter, mit 10. Dezember 2000 datierter Regelbesteuerungsantrag, welcher der Behörde im Jahr 2002 per Fax übermittelt worden war, bereits mit dem Fragebogen am 12. Dezember 2000 beim Finanzamt eingereicht worden sei, habe mangels eingeschriebenen Versandes nicht unter Beweis gestellt werden können. "Da § 22 UStG 1994 die Optionsmöglichkeit des § 6 leg. cit. nicht berücksichtigt, kann diese vom pauschalierten Land- und Forstwirt im Rahmen der erklärten Umsätze nicht in Anspruch genommen werden. Der pauschalierte Land- und Forstwirt muss zuerst eine Option gemäß § 22 Abs. 6 UStG bis zum Ablauf des Veranlagungszeitraumes ausüben, um dann auf Grund der Anwendung der allgemeinen Vorschriften des UStG nach § 6 Abs. 3 leg. cit. aus der Kleinunternehmerregelung optieren zu können." Die eingereichte Umsatzsteuererklärung 2000 und die eingereichten Umsatzsteuervoranmeldungen könnten diese ausdrückliche Erklärung nicht ersetzen. Der vom Finanzamt mangels form- und fristgerechter Optionserklärung gemäß § 22 Abs. 6 UStG 1994 erlassene Umsatzsteuerbescheid 2000 sei daher mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes behaftet. Im Interesse der Gleichmäßigkeit der Besteuerung habe sich die belangte Behörde daher veranlasst gesehen, dem Prinzip der Rechtsrichtigkeit den Vorrang gegenüber der Rechtsbeständigkeit von Abgabenbescheiden einzuräumen und den Bescheid in Ausübung des ihr gemäß § 299 Abs. 2 BAO in Verbindung mit § 302 Abs. 1 leg. cit. eingeräumten Aufsichtsrechtes unter Bedachtnahme auf die Ermessensbestimmung des § 20 BAO aufzuheben.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die dagegen erhobene Beschwerde erwogen:
In ihrer Beschwerde rügt die Beschwerdeführerin vor dem Hintergrund eines gleichzeitig (neben einer Meldeauskunft und einer Kopie des Reisepasses) mit dem Fragebogen übermittelten Regelbesteuerungsantrages gemäß § 22 Abs. 6 UStG 1994 die Aufhebung des Umsatzsteuerbescheides für das Jahr 2000 im Rahmen des Ermessens. Nach Verbuchung der Umsatzsteuervoranmeldung und Rückzahlung des darin ausgewiesenen Guthabens sowie erfolgter Veranlagung zur Umsatzsteuer 2000 und 2001, somit "nach mindestens dreimaliger pflichtgemäßer Prüfung der Abgabenerklärungen gemäß § 161 BAO", sei der Regelbesteuerungsantrag im Akt der Finanzverwaltung "plötzlich nicht mehr gefunden" worden. Die Argumentation der Nichtanerkennung der übermittelten Ablichtung des mit 10. Dezember 2000 datierten Regelbesteuerungsantrages als Beweismittel mangels eingeschriebenen Versandes könne "wohl nicht greifen", weil sowohl der Fragebogen, die Meldeauskunft sowie die Kopie des Reisepasses, welche im selben Umschlag "den Weg an das Finanzamt angetreten" habe, dort auch eingetroffen seien. Dadurch sei der Beschwerdeführerin ein Schaden dahingehend entstanden, als der Antrag gemäß § 22 Abs. 6 UStG 1994 nur bis zum Ablauf des jeweiligen Veranlagungszeitraumes gestellt werden könne, und diese Frist hinsichtlich Umsatzsteuer 2000 und 2001 bereits verstrichen sei, die Beschwerdeführerin jedoch beruhend auf Treu und Glauben keine entsprechenden Dispositionen getroffen habe.
Mit diesem Vorbringen zeigt die Beschwerdeführerin eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht auf. Im angefochtenen Bescheid ist die belangte Behörde mangels Nachweises der Übermittlung eines Regelbesteuerungsantrages nach § 22 Abs. 6 UStG 1994 an das Finanzamt (gleichzeitig mit dem Fragebogen) davon ausgegangen, dass die Beschwerdeführerin im Jahr 2000 einen solchen nicht gestellt hat. Soweit sich die Beschwerdeführerin diesbezüglich auf die im Jahr 2002 übermittelte Kopie eines mit 10. Dezember 2000 datierten, gleichzeitig mit dem Fragebogen im Jahr 2000 übermittelten Regelbesteuerungsantrag beruft, ist nicht zu erkennen, wie dieser behaupteter Weise gestellte Regelbesteuerungsantrag mit dem Vermerk im Fragebogen hinsichtlich eines Regelbesteuerungsantrages "ja (wird noch vorgelegt)" einerseits und mit dem Vermerk in der Umsatzsteuererklärung 2000 "Regelbesteuerung wurde beantragt am 23. August 2001" in Einklang zu bringen ist. Die Würdigung der belangten Behörde, dass ein Beweis für einen rechtzeitigen Regelbesteuerungsantrag nicht habe erbracht werden können, ist schon im Hinblick auf diese Angaben der Beschwerdeführerin, welche in der Beschwerde überhaupt nicht erwähnt, geschweige denn nachvollziehbar erläutert werden, unbedenklich, zumal die Beschwerdeführerin nicht behauptet, ihrer Eingabe vom 10. Dezember 2000 ein Inhaltsverzeichnis angeschlossen und darin einen Regelbesteuerungsantrag nach § 22 Abs. 6 UStG 1994 erwähnt zu haben.
Aber auch das Beschwerdevorbringen, dass die Beschwerdeführerin "beruhend auf Treu und Glauben keine entsprechenden Dispositionen getroffen" habe, weil die Umsatzsteuervoranmeldung verbucht und das entsprechende Guthaben zurückgezahlt wurde, sowie "nach pflichtgemäßer Prüfung der Abgabenerklärungen für 2000 gemäß § 161 BAO" eine erklärungsgemäße Veranlagung erfolgte, ist schon deshalb nicht geeignet, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides im Rahmen der zur Aufhebung des Umsatzsteuerbescheides 2000 führenden Ermessensentscheidung aufzuzeigen, weil diese Handlungen der Behörde alle im Jahr 2001, somit zu Zeitpunkten erfolgten, als die Frist zur Stellung eines Regelbesteuerungsantrages im Sinn des § 22 Abs. 6 UStG 1994 für das Veranlagungsjahr 2000 bereits abgelaufen war. Die Beschwerdeführerin hätte daher zielführende "Dispositionen" auch dann nicht mehr treffen können, wenn die Behörde die Umsatzsteuervoranmeldung - mangels Regelbesteuerungsantrages - nicht verbucht, das entsprechende Guthaben nicht zurückgezahlt und die Veranlagung zur Umsatzsteuer 2000 nicht erklärungsgemäß durchgeführt hätte. Soweit die Beschwerdeführerin diese Handlungen (des Jahres 2001) auf die Umsatzsteuer 2001 bezieht, ist darauf hinzuweisen, dass Gegenstand des angefochtenen Bescheides lediglich die Umsatzsteuer 2000 war. Im Übrigen sei darauf hingewiesen, dass die Beschwerdeführerin mit Schriftsatz vom 23. August 2001 einen in Verbindung mit der zum gleichen Zeitpunkt datierten Umsatzsteuererklärung für das Jahr 2000, in welcher Umsätze von rund S 340.000,-- ausgewiesen wurden, nach der Aktenlage von der Behörde als Antrag im Sinn des § 22 Abs. 6 UStG 1994 gewerteten Regelbesteuerungsantrag stellte.
Das unter dem Gesichtspunkt einer Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerdevorbringen, die "Aufhebung des angefochtenen Bescheides hätte eines Ermittlungsverfahrens gemäß §§ 161 ff BAO" bedurft, ist - abgesehen davon, dass die Verbindung eines mangelhaften Ermittlungsverfahrens vor Bescheidaufhebung mit einem Ermittlungsverfahren gemäß §§ 161 ff BAO (somit eines solchen zur Prüfung der Abgabenerklärungen) nicht verständlich ist - schon deswegen verfehlt, weil die Beschwerdeführerin weder aufzeigt, welches Vorbringen sie bei Durchführung eines ihrer Ansicht nach allenfalls notwendigen Ermittlungsverfahrens vor Durchführung der Bescheidaufhebung noch bei Durchführung eines "Ermittlungsverfahrens gemäß §§ 161 ff BAO" erstattet hätte. Wie bereits ausgeführt, hätte ein eventuelles Ermittlungsverfahren gemäß § 161 BAO frühestens im Jahr 2001 (nämlich nach Einreichung der Abgabenerklärungen) somit ohne Auswirkung auf die für den Veranlagungszeitraum 2000 bereits abgelaufene Frist zur Stellung eines Regelbesteuerungsantrages gemäß § 22 Abs. 6 UStG 1994 stattfinden können. Aber auch die Unrichtigkeit des von der belangten Behörde als erwiesen angenommenen Umstandes, dass für den land- und forstwirtschaftlichen Betrieb der Beschwerdeführerin keine Buchführungspflicht besteht, wird von dieser in der Beschwerde nicht behauptet.
Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.
Wien, am 31. März 2003
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2003:2002140106.X00Im RIS seit
23.05.2003