TE Vwgh Erkenntnis 2003/3/31 2002/10/0050

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Veröffentlicht am 31.03.2003
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Index

L92059 Altenheime Pflegeheime Sozialhilfe Wien;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);

Norm

B-VG Art18 Abs1;
SHG Wr 1973 §1;
SHG Wr 1973 §11;
SHG Wr 1973 §12;
SHG Wr 1973 §13 Abs2;
SHG Wr 1973 §13;
SHG Wr 1973 §8 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Novak, Dr. Mizner, Dr. Stöberl und Dr. Köhler als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Binder-Krieglstein, über die Beschwerde des HN in W, vertreten durch Dr. Heinz Stöger, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Seilerstätte 28, gegen den Bescheid der Wiener Landesregierung vom 17. Dezember 2001, Zl. MA 15-II-J 91/2001, betreffend Sozialhilfe, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Wien Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der im Jahre 1955 geborene Beschwerdeführer steht seit mehreren Jahren im Bezug der Sozialhilfe.

Mit mündlich verkündetem Bescheid des Magistrats der Stadt Wien, Magistratsabteilung 12 - Sozialreferat, vom 27. August 2001 wurde dem Beschwerdeführer auf Grund seines Antrages vom selben Tag für die Zeit vom 26. August bis 24. Oktober 2001 eine Geldaushilfe zur Sicherung des Lebensbedarfes nach dem Wiener Sozialhilfegesetz (WSHG) in der Höhe von S 14.865,-- gewährt.

In der dagegen erhobenen Berufung brachte der Beschwerdeführer im Wesentlichen vor, die Behörde erster Instanz habe im beschwerdegegenständlichen Zeitraum Telefonkosten, die ihm unter anderem zusätzlich wegen der "oftmaligen Erkrankung seiner beiden Kinder" entstünden, nicht berücksichtigt. Auch die Zuerkennung der Kosten einer Monatsmarke für August, September und Oktober für die Benützung der öffentlichen Verkehrsmittel ("Behördenwege, Arzttermine, AMS-Termine und -vorsprachen") sei nicht gewährt worden. Die Behörde habe hingegen Alimente, die er gar nicht erhalte, sozialhilfemindernd als Einkommen angerechnet. Eine Richtsatz-Differenz, die den tatsächlichen Bedarf seiner Person und seiner beiden Kinder abdecke, sei nicht gewährt worden. Ferner sei sein Bedarf für die Pflege der Beziehung zur Umwelt und die Teilnahme am kulturellen Leben (jeweils im angemessenen Ausmaß) nicht berücksichtigt worden.

Der Beschwerdeführer legte der Berufung eine detaillierte Aufstellung seiner Ausgaben für Nahrung/Lebensmittel, Körperpflege, Beleuchtung/Kochfeuerung, Haushalts- und Reinigungsartikel, Wäschereinigung und -instandhaltung sowie für Sonstiges (Ausgaben für Schreib-, Büro- und Bastelmaterial, Muttertagsgeschenke, Spielsachen, Taschengeld, Tageszeitungen u. dgl.) bei. Auch hinsichtlich der Fahrtkosten übermittelte er - unter Angabe des Grundes für die Benützung des öffentlichen Verkehrsmittels sowie des Fahrtzieles - eine detaillierte Aufstellung der von ihm getätigten Ausgaben. Er errechnete dabei einen "durchschnittlichen monatlichen Gesamtlebensbedarf für einen Erwachsenen und zwei Kinder" in der Höhe von ca. S 9.200,--.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Berufung insofern Folge gegeben als dem Beschwerdeführer für die Zeit vom 26. August bis 24. Oktober 2001 unter Berücksichtigung der Mietbeihilfe für die Monate September und Oktober 2001 sowie der Heizkostenbeihilfe für den Monat September 2001 gemäß §§ 8, 12 und 13 WSHG sowie §§ 1, 4 und 5 der Verordnung der Wiener Landesregierung vom 27. Februar 1973, LGBl. Nr. 3/1973 (Richtsatzverordnung), eine Geldaushilfe zur Sicherung des Lebensbedarfes in der Höhe von EUR 1.130,31 (S 15.553,44) zuerkannt wurde.

Nach Wiedergabe der angewendeten Bestimmungen des Sozialhilfegesetzes und der Richtsatzverordnung legte die belangte Behörde dar, bei der Berechnung des Sozialhilfeanspruches des Beschwerdeführers sei der Richtsatz für einen Erwachsenen und zwei Kinder in Höhe von EUR 686,90 (S 9.452,--) zu Grunde gelegt worden. Dieser Richtsatz sei ein gemäß § 13 Abs. 4 WSHG "erhöhter Richtsatz", der bei Familien mit Kindern im Einzelfall herangezogen werden könne.

Der Beschwerdeführer habe vom 1. Jänner bis 31. August 2001 eine verringerte Notstandshilfe von täglich EUR 12,91 (S 177,70) bezogen; in dieser Leistung seien drei Familienzuschläge a EUR 0,97 (S 13,30) enthalten. Daraus ergebe sich ein anzurechnendes Einkommen von täglich EUR 12,91 (S 177,70). Vom

1. bis 12. September 2001 habe der Beschwerdeführer Notstandshilfe von täglich EUR 13,88 (S 191,--) bezogen. Ab 13. September 2001 betrage die Notstandshilfe täglich EUR 13,12 (S 180,60). Die Wohnung des Beschwerdeführers werde mit einer Gaszentralheizung beheizt. Die Miete betrage ab Juli 2001 monatlich EUR 145,42 (S 3.222,87).

Laut der vom Beschwerdeführer vorgelegten Gas-Jahresabrechnung 2000/2001 habe er im Jahre 2001 insgesamt vier Teilbeträge a EUR 105,52 (S 1.452,--) zu bezahlen. Nach den Angaben des Beschwerdeführers würden bis zur nächsten Jahresverbrauchsabrechnung (Ablesung im März 2002) weitere Teilbeträge in den Monaten September und November 2001 sowie Jänner und März 2002 vorgeschrieben. Diese Teilbeträge würden dem Beschwerdeführer entsprechend den Bestimmungen des § 5 Abs. 4 der Richtsatzverordnung in analoger Anwendung der Bestimmungen über die Gewährung von Heizkostenbeihilfen in Wohnungen mit Zentralheizungen nur in jenen Monaten gewährt, in denen sie tatsächlich anfielen. Im verfahrensgegenständlichen Berechnungszeitraum sei somit im September eine Heizkostenbeihilfe (in Höhe des vorgeschriebenen Teilbetrages von S 1.452,--) zuzuerkennen gewesen.

Hinsichtlich der Alimente für den (vom Beschwerdeführer betreuten) minderjährigen Sohn Wilhelm werde bemerkt, dass dieser (gegenüber seiner Mutter Agnes R.) nur einen Alimentationsanspruch von EUR 47,96 (S 660,--) habe. Dieser liege unter dem Richtsatz für Mitunterstützte mit Familienbeihilfenanspruch, weshalb sein Lebensbedarf durch die Alimente nicht gedeckt sei. Dies habe zur Folge, dass die Einrechnung von dessen Alimenten zu keiner Minderung des Bedarfes des Beschwerdeführers führe. Im Hinblick auf den vom Beschwerdeführer mit der Kindesmutter Agnes R. am 4. Juni 1999 abgeschlossenen gerichtlichen Vergleich habe die belangte Behörde die Alimentationsverpflichtung der Kindesmutter für ihren minderjährigen Sohn Wilhelm in Höhe von EUR 47,96 zu berücksichtigen. Dass die Kindesmutter tatsächlich keine Alimente zahle, da diese mit den Alimenten für die (gemeinsame, von der Kindesmutter betreute) minderjährige Tochter Michelle aufgerechnet würden, sei für die Beurteilung der Behörde irrelevant.

Hinsichtlich der (vom Beschwerdeführer) für die minderjährige Tochter Michelle zu leistenden Alimente sei auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen (Erkenntnis vom 26. September 1995, Zl. 93/08/0231), wonach Unterhaltsverpflichtungen grundsätzlich nur nach Maßgabe der eigenen wirtschaftlichen Verhältnisse bestünden. Sei ein Unterhaltsverpflichteter nicht in der Lage, seine eigene Existenz wirtschaftlich zu sichern, bedürfe er hiezu der Hilfe der Gemeinschaft, so erlösche oder mindere sich seine Unterhaltspflicht für die Dauer dieser Notlage. Sollte der Unterhaltsverpflichtete jedoch kraft eines vollstreckbaren Titels zur Unterhaltsleistung in bestimmter Höhe verpflichtet sein, so habe die Behörde zu prüfen, ob es ihm möglich und zumutbar sei, dem Gericht gegenüber auf Herabsetzung oder Aufhebung der Unterhaltsverpflichtung zu dringen oder ob er vom Gericht allenfalls dessen ungeachtet zu Unterhaltszahlungen verpflichtet worden sei, deren Exekution ihn in eine Notlage im Sinne des Sozialhilfegesetzes führen könnte. Im Hinblick auf diese Judikatur sowie des vom Beschwerdeführer mit der Kindesmutter abgeschlossenen Vergleiches habe die belangte Behörde daher die Alimentationsverpflichtung des Beschwerdeführers für seine minderjährige Tochter Michelle in Höhe von EUR 47,96 beim Sozialhilfebedarf berücksichtigt.

Durch die zuerkannten Geldaushilfen zur Sicherung des Lebensunterhaltes würden auch der erst im Berufungsantrag geltend gemachte Sonderbedarf an Telefonkosten und die Aufwendungen zur Benützung von öffentlichen Verkehrsmitteln abgedeckt, da gemäß § 13 Abs. 3 WHSG der Richtsatz so zu bemessen sei, dass er unter anderen auch in angemessenem Ausmaß den Aufwand für die Pflege der Beziehungen zur Umwelt und die Teilnahme am kulturellen Leben decke. Dieser Bedarf sei bereits bei der Richtsatzbemessung zu berücksichtigen und folglich nicht durch anlassbezogene Einzelleistungen zu finanzieren. Die Richtsätze stellten Pauschalbeträge dar; der Gesetzgeber habe eine Aufschlüsselung nach Teilleistungen nicht vorgenommen, weshalb es der Verwaltungsbehörde verwehrt sei, eine solche vorzunehmen. § 13 Abs. 6 WSHG, der den durch den Richtsatz nicht gedeckten Bedarf an Lebensunterhalt zum Inhalt habe, sei nicht anzuwenden.

Im Übrigen werde darauf hingewiesen, dass bezüglich der Monatsmarke für öffentliche Verkehrsmittel für den Monat Oktober 2001 bereits ein gesondertes Verfahren bei der Behörde erster Instanz anhängig sei.

Die belangte Behörde errechnete daraufhin für den im Spruch genannten Zeitraum in einer detaillierten Aufschlüsselung (teilweise unter tageweiser Aliquotierung einzelner Leistungen) einen Sozialhilfebedarf des Beschwerdeführers in Höhe von insgesamt EUR 1.130,31 (S 15.553,44).

Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Beschwerdefall sind folgende Bestimmungen des Wiener Sozialhilfegesetzes, LGBl. Nr. 11/1973, von Bedeutung:

"Aufgaben und Leistungen der Sozialhilfe

§ 1. (1) Die Sozialhilfe hat jenen Menschen die Führung eines menschenwürdigen Lebens zu ermöglichen, die dazu der Hilfe der Gemeinschaft bedürfen.

...

Rechtsanspruch

§ 7. Auf die Hilfe zur Sicherung des Lebensbedarfes hat der Hilfe Suchende einen Rechtsanspruch. Die Zuerkennung hat durch Bescheid zu erfolgen.

Hilfe zur Sicherung des Lebensbedarfes

Anspruch

§ 8. (1) Anspruch auf Hilfe zur Sicherung des Lebensbedarfes hat nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen dieses Abschnittes, wer den Lebensbedarf für sich und die mit ihm in Familiengemeinschaft lebenden unterhaltsberechtigten Angehörigen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln beschaffen kann und ihn auch nicht von anderen Personen oder Einrichtungen erhält.

...

Einsatz der eigenen Mittel

§ 10. (1) Hilfe ist nur insoweit zu gewähren, als das Einkommen und das verwertbare Vermögen des Hilfe Suchenden nicht ausreichen, um den Lebensbedarf (§ 11) zu sichern.

...

Lebensbedarf

§ 11. (1) Zum Lebensbedarf gehören

1. Lebensunterhalt,

...

Lebensunterhalt

§ 12. Der Lebensunterhalt umfasst insbesondere Unterkunft, Nahrung, Bekleidung, Körperpflege, Hausrat, Beheizung, Beleuchtung, Kochfeuerung und andere persönliche Bedürfnisse. Zu den persönlichen Bedürfnissen gehört auch die Pflege der Beziehungen zur Umwelt und die Teilnahme am kulturellen Leben in angemessenem Ausmaß.

Geldleistungen

§ 13. (1) Die Bemessung von Geldleistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes hat unter Anwendung von Richtsätzen zu erfolgen. Die Richtsätze sind durch Verordnung der Landesregierung festzusetzen.

(2) In der Verordnung über die Festsetzung der Richtsätze sind folgende Arten von Richtsätzen vorgesehen:

1. Richtsatz für den Alleinunterstützten,

2.

Richtsatz für den Hauptunterstützten,

3.

Richtsatz für den Mitunterstützten.

Der in Z. 1 bezeichnete Richtsatz hat im Umfang des Abs. 3 den Lebensunterhalt eines Hilfe Suchenden zu decken, der keine mit ihm in Familiengemeinschaft lebenden unterhaltsberechtigten Angehörigen hat. Die in Z. 2 und 3 bezeichneten Richtsätze haben zusammen den Lebensunterhalt eines Hilfe Suchenden, seines Ehegatten oder Lebensgefährten und der sonst mit ihm in Familiengemeinschaft lebenden unterhaltsberechtigten Angehörigen im Umfange des Abs. 3 zu decken. Bezieht ein mit dem Hilfe Suchenden in Familiengemeinschaft lebender unterhaltsberechtigter Angehöriger von einem außerhalb der Familiengemeinschaft lebenden Dritten eine Unterhaltsleistung, die die Höhe des Richtsatzes für einen Mitunterstützten übersteigt, so ist dieser Angehörige bei der Bedarfsermittlung nicht zu berücksichtigen. Dies gilt sinngemäß auch für Lehrlingsentschädigungen oder für ein allfälliges sonstiges Einkommen dieses Angehörigen.

(3) Der Richtsatz ist so zu bemessen, dass er den monatlichen Bedarf an Nahrung, Beleuchtung, Kochfeuerung, Instandsetzung der Bekleidung, Körperpflege, Wäschereinigung sowie in angemessenem Ausmaß den Aufwand für die Pflege der Beziehungen zur Umwelt und die Teilnahme am kulturellen Leben deckt.

(4) Der Richtsatz kann im Einzelfall überschritten werden, wenn infolge der persönlichen oder familiären Verhältnisse des Hilfe Suchenden ein erhöhter Bedarf besteht. Dies gilt insbesondere bei alten, kranken oder behinderten Menschen sowie bei Familien mit Kindern. ...

...

(6) Der nicht durch den Richtsatz gedeckte Bedarf im Rahmen des Lebensunterhaltes, insbesondere die Unterkunft, Bekleidung, Hausrat und Beheizung ist durch zusätzliche Geld- oder Sachleistungen zu decken, deren Ausmaß nach den Erfordernissen des einzelnen Falles zu bemessen ist. Bei alten oder erwerbsunfähigen Beziehern wiederkehrender monatlicher Geldleistungen zur Sicherung des Lebensbedarfes kann dieser Bedarf durch einen Zuschlag zum Richtsatz pauschal abgedeckt werden.

..."

Die belangte Behörde hat der Berechnung des Sozialhilfeanspruches des Beschwerdeführers unter anderem die im streitgegenständlichen Zeitraum geltende Richtsatzverordnung LGBl. Nr. 71/2000 zu Grunde gelegt.

Sie hat danach auf den Beschwerdeführer den Richtsatz für den Hauptunterstützten in Höhe von S 5.089,-- und für seine beiden (bei ihm lebenden) minderjährigen Söhne Wilhelm und Manuel jeweils den Richtsatz für den Mitunterstützten (mit Familienbeihilfe) von S 1.565,-- zur Anwendung gebracht. Diese Beträge wurden unter Berufung auf § 13 Abs. 4 WSHG um einen Betrag in Höhe von S 1.233,-

-, der bei Familien mit Kindern im Einzelfall herangezogen werden könne, erhöht. Dieser "erhöhte Richtsatz" für einen Erwachsenen und zwei Kinder betrug insgesamt S 9.452,-- (EUR 686,90).

Zu diesem Richtsatzbetrag wurde als "monatliche Mietbeihilfe" die volle Miete des Beschwerdeführers und unter dem Titel "Heizkostenbeihilfe" die Teilvorschreibung für den Gasverbrauch des Monates September hinzugerechnet.

Beim Sozialhilfebedarf des Beschwerdeführers wurde ferner als "monatlicher Alimentationszuschuss" für die (bei der Kindesmutter lebende) minderjährige Tochter Michelle ein Betrag in Höhe von S 660,-- "berücksichtigt", das heißt bedarfserhöhend hinzugerechnet.

Von diesem "Sozialhilfebedarf" des Beschwerdeführers wurden die von ihm bezogene Notstandshilfe sowie die von der Kindesmutter für den minderjährigen Sohn Wilhelm zu zahlenden Alimente (in Höhe von S 660,--) in Abzug gebracht. Daraus errechnete die belangte Behörde schließlich für die Zeit vom 26. August bis 24. Oktober 2001 einen Sozialhilfeanspruch in Höhe von S 15.553,44 (EUR 1.130,31).

Im Zusammenhang mit der Berechnung seines Sozialhilfeanspruches rügt der Beschwerdeführer die Anrechnung der Alimente seines Sohnes Wilhelm. Er bringt dazu - wie bereits im Verwaltungsverfahren - vor, die belangte Behörde habe nicht berücksichtigt, dass er diese Alimente "tatsächlich nicht erhalte". Vor dem Bezirksgericht Innere Stadt Wien als Pflegschaftsgericht sei am 4. Juni 1999 zwischen ihm und der Kindesmutter ein Vergleich abgeschlossen worden, wonach die Kindesmutter wegen ihrer "prekären finanziellen Situation" diesen Unterhalt nicht zu leisten brauche. Dieser Passus sei pflegschaftsbehördlich genehmigt worden. Die belangte Behörde habe den ihr vorliegenden Vergleich jedoch übergangen. Es gehe nicht an, dass bei der Ermittlung von seinen Sozialhilfeleistungen Unterhaltszahlungen angerechnet würden, die er tatsächlich nicht erhalte. Die belangte Behörde hätte feststellen müssen, ob die Unterhaltszahlungen dem Beschwerdeführer zuflössen oder nicht.

Dieses Vorbringen ist nicht geeignet, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides darzutun.

Zunächst ist hervorzuheben, dass der Verwaltungsgerichtshof bei der gegebenen Sachlage keine Bedenken gegen die Vorgangsweise der belangten Behörde hegt, dem Unterhaltsbedarf sämtlicher im Hausverband lebender Personen deren sämtliche Unterhaltsmittel gegenüber zu stellen (vgl. dazu etwa das zum NÖ SHG ergangene Erkenntnis vom 23. April 2002, Zl. 99/11/0304).

Nach dem in den Verwaltungsakten erliegenden Vergleich vom 4. Juni 1999 vereinbarten der Beschwerdeführer und die Kindesmutter Agnes R., dass der Beschwerdeführer für die bei der Kindesmutter lebende minderjährige Tochter Michelle (gegenüber dem früher vereinbarten Unterhaltsbetrag von S 1.500,--) nunmehr bloß einen monatlichen Unterhaltsbetrag in Höhe von S 660,-- zu Handen der Kindesmutter zu leisten habe. Agnes R. verpflichtete sich, für den beim Beschwerdeführer lebenden minderjährigen Sohn Wilhelm (gegenüber dem früher vereinbarten Unterhaltsbetrag von S 2.000,--) nur mehr einen monatlichen Unterhaltsbetrag in Höhe von S 660,-- zu Handen des Beschwerdeführers zu bezahlen. Beide Elternteile verpflichteten sich in Punkt 3. dieses Vergleiches, "auf Grund der Aufteilung der Kinder und der schlechten finanziellen Lage beider" auf die Geltendmachung der nunmehr festgesetzten Unterhaltsleistungen zu verzichten.

Davon ausgehend ist das Vorbringen der Beschwerde, die belangte Behörde hätte "die Alimente für Wilhelm J. junior" nicht berücksichtigen dürfen, nicht geeignet, eine relevante Rechtswidrigkeit aufzuzeigen; denn die belangte Behörde hat ihrem Bescheid zum Einen die Annahme einer Alimentierung des mj. (mitunterstützten) Wilhelm J. durch dessen Mutter, zum Anderen die Annahme von Unterhaltsleistungen des Beschwerdeführers an die mj. Michelle jeweils im Betrag von S 660,-- zugrunde gelegt. Damit gelangte die Behörde zu einer Berechnungsgrundlage, die jener entspricht, der im Sinne des Punktes 3. des Vergleiches ein Entfall der gegenseitigen Unterhaltsleistungen zugrunde gelegt wird.

Unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften bringt der Beschwerdeführer im Wesentlichen vor, die belangte Behörde hätte überprüfen müssen, ob sein konkreter Aufwand im Richtsatz gedeckt sei oder nicht. Gerade seine Einzelsituation sei atypisch und sein Bedarf durch den Richtsatz nicht gedeckt. Dieser sei objektiv zu niedrig bemessen und daher gesetzwidrig. Nur dann, wenn die im Richtsatz betraglich enthaltenen Positionen "nachvollziehbar dargestellt" würden, könne überprüft werden, ob sich das Begehren des Beschwerdeführers innerhalb oder außerhalb des Richtsatzes befinde. Die Unbestimmtheit der gesetzlichen Anordnung in Verbindung mit der damit ebenfalls unüberprüfbaren Verordnung "laufe dem Bestimmtheitsgebot zuwider", sei sachlich nicht überprüfbar und komme daher im Ergebnis einer willkürlichen Regelung gleich. Nach Ansicht des Beschwerdeführers sei daher ein Anwendungsfall des Art. 135 Abs. 4 B-VG in Verbindung mit Art. 89 B-VG gegeben.

Nach dem oben wiedergegebenen § 13 Abs. 1 WSHG hat die Bemessung von Geldleistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes unter Anwendung von Richtsätzen zu erfolgen. Die Richtsätze sind durch Verordnung der Landesregierung (Richtsatzverordnung) festzusetzen.

Gemäß § 13 Abs. 3 WSHG ist der Richtsatz so zu bemessen, dass er den monatlichen Bedarf an Nahrung, Beleuchtung, Kochfeuerung, Instandsetzung der Bekleidung, Körperpflege, Wäschereinigung sowie in angemessenem Ausmaß den Aufwand für die Pflege der Beziehungen zur Umwelt und die Teilnahme am kulturellen Leben deckt.

Das konkrete Ausmaß des laufenden Lebensunterhaltes wird daher nicht im Wiener Sozialhilfegesetz selbst festgesetzt, sondern die Landesregierung ermächtigt, dieses im Hinblick auf die Entwicklung der Lebenshaltungskosten im Verordnungswege zu bestimmen. Nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes ist unter Berücksichtigung der demonstrativen Aufzählung bestimmter Bedürfnisse in Verbindung mit der Anführung allgemeiner Grundsätze des Sozialhilferechtes (§§ 1 ff) eine ausreichende gesetzliche Determinierung gegeben (vgl. dazu etwa Pfeil, Österreichisches Sozialhilferecht, S. 437 f). Auf Grund des Vorbringens des Beschwerdeführers, seine Situation sei "atypisch" und seine monatlichen Ausgaben seien höher als der Richtsatz, sieht sich der Verwaltungsgerichtshof nicht veranlasst, seinen Anfechtungsanregungen zu entsprechen. Im Übrigen ist darauf zu verweisen, dass der Verfassungsgerichtshof mit Beschlüssen vom 12. Juni 2001, B 382/01, und vom 14. Dezember 2001, B 1660- 1665/01, auf Grund des Vorbringens des Beschwerdeführers die beabsichtigte Rechtsverfolgung als "offenbar aussichtslos" beurteilt und die Behandlung seiner Beschwerden abgelehnt hat.

Zum Beschwerdevorbringen, die belangte Behörde hätte dem Beschwerdeführer auch die Telefonkosten abgelten und die Kosten für Monatsmarken bzw. Fahrkarten für die Benützung der öffentlichen Verkehrsmittel zuerkennen müssen, ist Folgendes zusagen:

Nach § 13 Abs. 3 WSHG ist der Richtsatz so zu bemessen, dass er im angemessenen Ausmaß auch den Aufwand für die Pflege der Beziehungen zur Umwelt deckt.

Gemäß § 13 Abs. 4 WSHG kann der Richtsatz im Einzelfall überschritten werden, wenn infolge der persönlichen oder familiären Verhältnisse des Hilfe Suchenden ein erhöhter Bedarf besteht. Dies gilt insbesondere bei alten, kranken oder behinderten Menschen sowie bei Familien mit Kindern.

Die vom Beschwerdeführer geltend gemachten Aufwendungen sind der Pflege der Beziehungen zur Umwelt zuzurechnen. Der diesbezügliche Bedarf ist daher bereits bei der Richtsatzbemessung als berücksichtigt anzusehen. Zu einer Richtsatzüberschreitung könnte es nur nach § 13 Abs. 4 WSHG kommen, wenn infolge der persönlichen oder familiären Verhältnisse des Hilfe Suchenden ein erhöhter Bedarf besteht. Das gilt nach dem Willen des Gesetzgebers insbesondere bei alten, kranken oder behinderten Menschen sowie bei Familien mit Kindern.

Die Abgeltung von Telefonkosten wurden vom Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren wegen der "oftmaligen Erkrankung meiner beiden Kinder", die Zuerkennung der Kosten einer Monatsmarke für die Benützung der öffentlichen Verkehrsmittel sowie der Straßenbahnfahrscheine mit "Behördenwege, Arzttermine, AMS-Termine und -vorsprachen" begründet.

Damit hat der Beschwerdeführer aber nicht im Sinne des § 13 Abs. 4 WSHG dargetan, dass bei ihm auf Grund seiner persönlichen bzw. familiären Verhältnisse ein durch den Richtsatz nicht gedeckter erhöhter Bedarf bestünde, ist doch davon auszugehen, dass jeder Sozialhilfebezieher verschiedentliche Behördenwege und jeder Sozialhilfebezieher mit kleineren Kindern gerade wegen der bei diesen häufig zu erwartenden Erkrankungen und Beschwerden oftmalig Arzt- und Behandlungstermine wahrzunehmen hat. Im Übrigen hat die belangte Behörde nach Lage der Verwaltungsakten die im Beschwerdefall nach der Richtsatzverordnung zur Anwendung kommenden Richtsätze - ohne weitere Prüfung - unter Berufung auf

§ 13 Abs. 4 ASVG um einen Betrag in Höhe von S 1.233,-- erhöht. Eine Rechtsverletzung des Beschwerdeführers ist darin nicht zu erblicken.

Eine Überschreitung des Richtsatzes nach § 13 Abs. 6 WSHG kommt im Beschwerdefall nicht in Frage. Nach dieser Bestimmung ist nur der durch den Richtsatz nicht gedeckte Bedarf im Rahmen des Lebensunterhaltes, insbesondere die Unterkunft, Bekleidung, Hausrat und Beheizung durch zusätzliche Geld- oder Sachleistungen zu decken. Bei dem vom Beschwerdeführer geltend gemachten Bedarf handelt es sich aber um einen Teil des Richtsatzbedarfes nach § 13 Abs. 3 WSHG, der nach den obigen Ausführungen grundsätzlich als vom Richtsatz in ausreichendem Maße als berücksichtigt anzusehen ist. Bei Vorliegen der im Gesetz angeführten Voraussetzungen ist hier nur eine Richtsatzerhöhung gemäß § 13 Abs. 4 WSHG möglich.

Soweit der Beschwerdeführer unter dem Gesichtspunkt einer Verletzung des Parteiengehörs vorbringt, hätte ihm die belangte Behörde vom Ergebnis des Ermittlungsverfahrens in Kenntnis gesetzt, so hätte er durch Vorlage einer Aufstellung seiner Aufwendungen im relevanten Zeitraum nachweisen können, dass der gewährte Richtsatz seinen Bedarf nicht decke, ist ihm zu erwidern, dass mit diesem Vorbringen die Relevanz des behaupteten Verfahrensmangels nicht ausreichend dargelegt wird. Auch eine Gesetzwidrigkeit des Richtsatzes kann damit - wie bereits oben ausgeführt - nicht aufgezeigt werden.

Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.

Wien, am 31. März 2003

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2003:2002100050.X00

Im RIS seit

26.05.2003
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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