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L92059 Altenheime Pflegeheime Sozialhilfe Wien;Norm
SHG Wr 1973 §12;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Novak, Dr. Mizner, Dr. Stöberl und Dr. Köhler als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Binder-Krieglstein, über die Beschwerde des HN in W, gegen den Bescheid der Wiener Landesregierung vom 20. März 2002, Zl. MA 15-II-J 19/2002, betreffend Sozialhilfe, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Aus der Beschwerde, der dieser angeschlossenen Ausfertigung des angefochtenen Bescheides und weiteren Beilagen ergibt sich im Wesentlichen folgender Sachverhalt:
Der im Jahre 1955 geborene Beschwerdeführer steht seit mehreren Jahren im Bezug der Sozialhilfe. Mit Schreiben vom 18. Jänner 2002 ersuchte er beim Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 12-Sozialamt, um Bewilligung der Übernahme der Kosten für Kabelfernsehen in der Höhe von EUR 184,90 für das Jahr 2002, in eventu um Bewilligung der Übernahme der Kosten für das Kabelfernsehen in Höhe von EUR 15,41 für Jänner 2002. Zur Begründung seines Antrages führte er aus, im gewährten Richtsatz sei kein Betrag enthalten, der ihm im angemessenen Ausmaß die Teilnahme am kulturellen Leben ermögliche, obwohl er darauf nach dem Wiener Sozialhilfegesetz (WSHG) einen Rechtsanspruch habe. Er gebe zu bedenken, dass ein fallweiser Kino-, Museums- oder Theaterbesuch (inklusive der Fahrtkosten) wesentlich teurer käme, da bei ihm als Alleinerzieher von zwei kleinen Kindern noch Kosten für deren Beaufsichtigung entstünden.
Mit Bescheid vom 7. Februar 2002 wies die Magistratsabteilung 12-Sozialamt den Antrag des Beschwerdeführers unter Berufung auf die §§ 12, 13 Abs. 3 und 13 Abs. 4 WSHG ab. Nach der Begründung erhalte der Beschwerdeführer monatlich eine Unterstützung zur Sicherung des Lebensunterhaltes, wobei ein erhöhter Richtsatz gemäß § 13 Abs. 4 WSHG (ein Erwachsener und zwei Kinder) zur Anwendung komme. Da der Empfang von Fernsehprogrammen eine Teilnahme am kulturellen Leben darstelle, seien die dafür aufgewendeten Kosten bereits im Richtsatz gemäß § 13 Abs. 3 WSHG enthalten. Es sei daher keine zusätzliche Unterstützung zu gewähren. Weiters werde darauf hingewiesen, dass der Beschwerdeführer über die Möglichkeit eines für ihn unentgeltlichen Empfanges des öffentlichen Fernsehprogrammes (ORF) verfüge, wodurch eine hinreichende Teilnahme am kulturellen Leben hinsichtlich "Fernsehen" gegeben sei. Der zusätzliche Empfang von anderen Sendern mittels Telekabel gehe über die Aufgaben und Leistungen der Sozialhilfe im Sinne des § 1 Abs. 1 WSHG hinaus.
In der dagegen erhobenen Berufung vertrat der Beschwerdeführer im Wesentlichen die Auffassung, die Entscheidung der Behörde erster Instanz sei nicht auf entsprechende Tatsachenfeststellungen gegründet. Für den von ihm beantragten Bedarf stünden überhaupt keine Geldmittel zur Verfügung. Der Richtsatz sei nicht so bemessen, dass er gemäß § 13 Abs. 3 WSHG den monatlichen Bedarf an Nahrung, Körperpflege, Wäschereinigung sowie in angemessenem Ausmaß den Aufwand für die Pflege der Beziehung zur Umwelt und die Teilnahme am kulturellen Leben decke. Es liege im konkreten Fall vielmehr eine willkürliche Richtsatzfestsetzung vor. Bei ihrer ablehnenden Argumentation habe sich die belangte Behörde ausschließlich auf § 13 Abs. 3 WSHG gestützt. Der Richtsatz könne jedoch nach § 13 Abs. 4 bzw. 6 überschritten werden. Die im "Normalfall" bedarfsdeckende Leistung reiche bei ihm nicht aus, da gerade seine Situation eine besondere, atypische sei. Zur Illustration lege er eine tabellarische Aufstellung vor, aus der sich ergebe, dass sein Bedarf durch den Richtsatz nicht gedeckt sei.
In der erwähnten Aufstellung errechnete der Beschwerdeführer einen "Fehlbetrag" in Höhe von EUR 302,33, indem er dem bei ihm zur Anwendung kommenden monatlichen Richtsatz von EUR 706,82 unterschiedliche (in verschiedenen Monaten entstandene) Aufwendungen, wie etwa "Beschwerdeführerkostenaufwand", Bekleidungsbedarf, Aufwendung für Zahnbehandlung, Schulgeld, Monatsmarke, Aufwand für Nahrung, gegenüberstellte.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Berufung keine Folge gegeben und der Bescheid der Behörde erster Instanz bestätigt.
Nach der Begründung sei bei der Berechnung des Sozialhilfeanspruches des Beschwerdeführers im Jahr 2002 der Richtsatz für einen Erwachsenen und zwei Kinder in Höhe von EUR 706,82 zu Grunde gelegt worden. Dieser Richtsatz sei ein gemäß § 13 Abs. 4 WSHG erhöhter Richtsatz, der bei Familien mit Kindern im Einzelfall herangezogen werden könne. Dieser erhöhte Richtsatz werde dem Beschwerdeführer auf Grund seiner "familiären Situation", insbesondere für seinen familiären Mehraufwand (Krankheit der Kinder: Neurodermitis beider Kinder, Skoliose beim Sohn Wilhelm) gewährt. Nach Auffassung der belangten Behörde decke der herangezogene Richtsatz den im Antrag geltend gemachten Sonderbedarf für Aufwendungen für das Kabelfernsehen, da gemäß § 13 Abs. 3 WSHG der Richtsatz so zu bemessen sei, dass er den monatlichen Bedarf an Nahrung, Beleuchtung, Kochfeuerung, Instandsetzung der Bekleidung, Körperpflege, Wäschereinigung sowie in angemessenem Ausmaß den Aufwand für die Pflege der Beziehungen zur Umwelt und die Teilnahme am kulturellen Leben decke. Dieser Bedarf sei bereits bei der Richtsatzbemessung zu berücksichtigen und folglich nicht durch anlassbezogene Einzelleistungen zu decken. § 13 Abs. 6 WSHG, der den nicht durch den Richtsatz gedeckten Bedarf an Lebensunterhalt zum Inhalt habe, sei im Beschwerdefall nicht anzuwenden. Die Richtsätze stellten Pauschalbeträge dar, wobei der Gesetzgeber eine Aufschlüsselung nach Teilleistungen nicht vorgenommen habe, sodass es der Verwaltungsbehörde verwehrt sei, eine solche vorzunehmen. Auf die Möglichkeit der Gebührenbefreiung für die Programme des ORF sei bereits von der Behörde erster Instanz in zutreffender Weise hingewiesen worden.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Im Beschwerdefall sind folgende Bestimmungen des Wiener Sozialhilfegesetzes, LGBl. Nr. 11/1973, von Bedeutung:
"Aufgaben und Leistungen der Sozialhilfe
§ 1. (1) Die Sozialhilfe hat jenen Menschen die Führung eines menschenwürdigen Lebens zu ermöglichen, die dazu der Hilfe der Gemeinschaft bedürfen.
...
Rechtsanspruch
§ 7. Auf die Hilfe zur Sicherung des Lebensbedarfes hat der Hilfe Suchende einen Rechtsanspruch. Die Zuerkennung hat durch Bescheid zu erfolgen.
Hilfe zur Sicherung des Lebensbedarfes
Anspruch
§ 8. (1) Anspruch auf Hilfe zur Sicherung des Lebensbedarfes hat nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen dieses Abschnittes, wer den Lebensbedarf für sich und die mit ihm in Familiengemeinschaft lebenden unterhaltsberechtigten Angehörigen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln beschaffen kann und ihn auch nicht von anderen Personen oder Einrichtungen erhält.
...
Einsatz der eigenen Mittel
§ 10. (1) Hilfe ist nur insoweit zu gewähren, als das Einkommen und das verwertbare Vermögen des Hilfe Suchenden nicht ausreichen, um den Lebensbedarf (§ 11) zu sichern.
...
Lebensbedarf
§ 11. (1) Zum Lebensbedarf gehören
1. Lebensunterhalt,
...
Lebensunterhalt
§ 12. Der Lebensunterhalt umfasst insbesondere Unterkunft, Nahrung, Bekleidung, Körperpflege, Hausrat, Beheizung, Beleuchtung, Kochfeuerung und andere persönliche Bedürfnisse. Zu den persönlichen Bedürfnissen gehört auch die Pflege der Beziehungen zur Umwelt und die Teilnahme am kulturellen Leben in angemessenem Ausmaß.
Geldleistungen
§ 13. (1) Die Bemessung von Geldleistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes hat unter Anwendung von Richtsätzen zu erfolgen. Die Richtsätze sind durch Verordnung der Landesregierung festzusetzen.
...
(3) Der Richtsatz ist so zu bemessen, dass er den monatlichen Bedarf an Nahrung, Beleuchtung, Kochfeuerung, Instandsetzung der Bekleidung, Körperpflege, Wäschereinigung sowie in angemessenem Ausmaß den Aufwand für die Pflege der Beziehungen zur Umwelt und die Teilnahme am kulturellen Leben deckt.
(4) Der Richtsatz kann im Einzelfall überschritten werden, wenn infolge der persönlichen oder familiären Verhältnisse des Hilfe Suchenden ein erhöhter Bedarf besteht. Dies gilt insbesondere bei alten, kranken oder behinderten Menschen sowie bei Familien mit Kindern. ...
...
(6) Der nicht durch den Richtsatz gedeckte Bedarf im Rahmen des Lebensunterhaltes, insbesondere die Unterkunft, Bekleidung, Hausrat und Beheizung ist durch zusätzliche Geld- oder Sachleistungen zu decken, deren Ausmaß nach den Erfordernissen des einzelnen Falles zu bemessen ist. Bei alten oder erwerbsunfähigen Beziehern wiederkehrender monatlicher Geldleistungen zur Sicherung des Lebensbedarfes kann dieser Bedarf durch einen Zuschlag zum Richtsatz pauschal abgedeckt werden.
..."
Der Beschwerde liegt - auf das Wesentliche zusammengefasst - die Auffassung zu Grunde, die Teilnahme am kulturellen Leben im angemessenen Ausmaß im Rahmen der Gewährung des Lebensunterhaltes nach dem WSHG erfordere auch die Finanzierung von Kabelfernsehen. Soweit dieser Bedarf vom Richtsatz nach § 13 Abs. 3 WSHG nicht gedeckt sei, habe er im Wege einer Richtsatzüberschreitung gemäß § 13 Abs. 4 bzw. als Sonderbedarf gemäß § 13 Abs. 6 WSHG finanziert zu werden.
§ 1 Abs. 1 WSHG legt fest, dass die Sozialhilfe jenem Menschen die Führung eines menschenwürdigen Lebens zu ermöglichen hat, die dazu der Hilfe der Gemeinschaft bedürfen. Auf welche Weise dies erreicht wird, konkretisiert sich in den weiteren Bestimmungen des Gesetzes bzw. in der auf Grund des § 13 WSHG erlassenen Richtsatzverordnung. § 12 WSHG enthält eine Aufzählung der maßgebenden Bestandteile des Lebensunterhaltes. Schon allein daraus ist erkennbar, dass Sozialhilfeleistungen lediglich existenzielle Grundbedürfnisse zu befriedigen haben (vgl. z.B. das Erkenntnis vom 19. Oktober 1993, Zl. 93/08/0181). Davon ausgehend sind die Kosten des Empfanges von Kabelfernsehen nicht vom Begriff des Lebensunterhaltes im Sinne des § 12 WSHG umfasst, der von der Gemeinschaft dem Hilfe Bedürftigen zur Verfügung zu stellen ist. Der Empfang von Fernsehprogrammen dient zwar der Teilnahme am kulturellen Leben, die Gebühren für Telekabel gehören aber nicht zur Sozialhilfe (vgl. z.B. das - u. a. Telefonanschlussgebühren betreffende - Erkenntnis vom 22. Jänner 1986, Zl. 84/11/0115). Durch die Möglichkeit des unentgeltlichen Empfanges des öffentlichen Fernsehprogramms ist im Übrigen eine hinreichende Teilnahme am kulturellen Leben hinsichtlich Fernsehens gegeben, was von der belangten Behörde zutreffend erkannt worden ist.
Damit ist auch eine Auseinandersetzung mit dem Beschwerdevorbringen, mit dem die Verfassungsmäßigkeit der Richtsatzregelung des Wiener Sozialhilfegesetzes bzw. die Gesetzmäßigkeit der Richtsatzverordnung in Zweifel gezogen wird, entbehrlich.
Da bereits der Inhalt der vorliegenden Beschwerde erkennen lässt, dass die vom Beschwerdeführer behaupteten Rechtsverletzungen nicht vorliegen, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Bei Abweisung der Beschwerde nach § 35 VwGG kann von der Erteilung eines Mängelbehebungsauftrages abgesehen werden (vgl. dazu etwa die bei Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, auf S. 524 wiedergegebene Rechtsprechung).
Von der beantragten mündlichen Verhandlung wurde gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen.
Wien, am 31. März 2003
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2003:2002100095.X00Im RIS seit
26.05.2003