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L37159 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag InteressentenbeitragNorm
AVG §56;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Thalhammer, über die Beschwerde der Margarethe Mezlik in Wien, vertreten durch Mag. Werner Tomanek, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Neutorgasse 13/7, gegen den Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom 28. Februar 2001, Zl. MD-VfR - B XVI -24 und 25/2000, betreffend Bauauftrag, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Schreiben vom 2. April 2000 beantragte die Beschwerdeführerin, die Baubehörde "möge in Bescheidform feststellen, dass die Bauführung auf der Liegenschaft EZ. 3805, Gst 115/13 (KG Ottakring) ohne meine dazu erforderliche Zustimmung erfolgt ist", die Baubehörde möge daher "die sich aus dieser rechtlichen Situation ergebenden Schritte einleiten und insbesondere hinsichtlich des konsenswidrigen Baus auf der Liegenschaft EZ 3805, GSt 115/13 einen Abbruchbescheid erlassen".
Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratsabteilung 37, vom 6. Oktober 2000 wurden die Anträge der Beschwerdeführerin zurückgewiesen. In der Begründung wurde ausgeführt, die Beschwerdeführerin sei Eigentümerin der Liegenschaft EZ. 4330, KG Ottakring, Demuthgasse 16, und damit Nachbarin der Liegenschaft EZ. 3805, KG Ottakring, Schrekergasse 21. Auf der letztgenannten Liegenschaft sei - außer dem Hauptgebäude an der Baufluchtlinie - im hinteren Teil ein Sommerhaus in Holzkonstruktion errichtet worden. Mit Bescheid des Magistratischen Bezirksamtes für den 16. Bezirk vom 22. August 1934 sei gemäß § 71 Bauordnung für Wien auf Widerruf eine Baubewilligung für ein ähnliches Bauwerk erteilt worden; das errichtete Bauwerk stelle jedoch ein Aliud dar. (In der Folge werden das tatsächlich errichtete Gebäude und dessen Anordnung näher beschrieben und mit dem Plan verglichen, der Gegenstand der erwähnten Baubewilligung aus dem Jahre 1934 ist.) Das tatsächlich errichtete Gebäude bestehe nachgewiesenermaßen in seinen wesentlichen Teilen länger als 30 Jahre. Die Eigentümerin dieses Gebäudes habe ein Bauansuchen gemäß § 71a Bauordnung für Wien eingebracht. Da die Kriterien des § 71a Bauordnung für Wien eingehalten worden seien bzw. zuträfen und die erforderlichen Unterlagen beigebracht worden seien, gelte dieses Bauwerk seit 20. Jänner 1999 als mit rechtskräftigem Bescheid gemäß § 71 Bauordnung für Wien auf Widerruf bewilligt. Daraus folge, dass die Nachbarin keinen Anspruch auf die beantragte Feststellung habe. Die Baubehörde sei auf Grund des vorliegenden Sachverhaltes gar nicht berechtigt, einen Abbruchbescheid zu erlassen.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde - soweit dies für das Beschwerdeverfahren erheblich ist - die dagegen erhobene Berufung der Beschwerdeführerin als unbegründet abgewiesen. In der Begründung führte die belangte Behörde aus, die Bestimmung des § 71a Bauordnung für Wien erfordere keine Zustimmung der Nachbarn. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes habe der Nachbar keinen Rechtsanspruch auf Erlassung eines baupolizeilichen Auftrages. Die Behörde sei jedoch von Amts wegen verpflichtet, für die Beseitigung unbefugter Baulichkeiten Sorge zu tragen. Daraus ergebe sich, dass nach der Bauordnung für Wien auch kein rechtliches Interesse an der Feststellung der Konsenswidrigkeit von Bauführungen und daraus resultierenden Amtshandlungen der Baubehörde bestehe. Nach der Aktenlage sei das gegenständliche Gartenhaus in anderen Ausmaßen und mit anderen Seitenabständen zu den Nachbargrundgrenzen errichtet worden als das im Jahre 1934 baubehördlich bewilligte Gebäude. Abweichungen von einer Baubewilligung wie z. B. die seitliche Versetzung oder Verdrehung eines Gebäudes bewirkten, dass das gesamte Gebäude konsenswidrig werde. Daran ändere im Beschwerdefall auch die Tatsache nichts, dass die Baubehörde erster Instanz mit Bescheid vom 8. Oktober 1996 die Entfernung der bestehenden Veranda für das gegenständliche Gartenhaus mit einem Teilabbruch und die Errichtung einer neuen Veranda in einem größeren Ausmaß bewilligt habe, weil dieser Bescheid keine Bewilligung für das gesamte Gartenhaus darstelle. Auf Grund der Aktenlage bestehe das gegenständliche Gartenhaus, wie es am 30. September 1999 nach § 71a Bauordnung für Wien eingereicht worden sei, in seinen wesentlichen Teilen einschließlich einer, wenn auch kleineren als im Jahr 1996 bewilligten Veranda seit mehr als 30 Jahren an derselben Stelle ohne jede Baubewilligung (für diese wesentlichen Gebäudeteile), sodass auch diesbezüglich der Berufung der Erfolg zu versagen gewesen sei.
Der Verfassungsgerichtshof hat mit Beschluss vom 20. Juni 2001, B 735/01-3 G 176/01-3, die Behandlung der an ihn gerichteten Beschwerde abgelehnt und die Anträge der Beschwerdeführerin "§ 71a und 71b der Wiener Bauordnung infolge Verfassungswidrigkeit auf(zu)heben," zurückgewiesen. Die Beschwerde wurde gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG an den Verwaltungsgerichtshof abgetreten. Vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich die Beschwerdeführerin in dem Recht auf Einhaltung "sowohl der gärtnerischen Ausgestaltung als auch der Freihaltung der Abstandsfläche gemäß § 79 Abs. 6 Wiener Bauordnung" sowie "auf Einhaltung der Abstandsbestimmungen gemäß § 79 Abs. 3 der Wiener Bauordnung" verletzt. Weiters erachtet sich die Beschwerdeführerin in ihrem Recht "auf die Erlassung eines Feststellungsbescheides" verletzt. Sie macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 134 Abs. 3 der Bauordnung für Wien (BO) wird einem Eigentümer (Miteigentümer) einer benachbarten Liegenschaft nur in einem Baubewilligungsverfahren und im Verfahren zur Bewilligung von unwesentlichen Abweichungen von Bebauungsvorschriften ausdrücklich Parteistellung eingeräumt.
Gemäß § 134 Abs. 7 BO ist im Fall eines von Amts wegen erlassenen Bescheides die Person Partei, die hiedurch zu einer Leistung, Unterlassung oder Duldung verpflichtet wird. Alle sonstigen Personen, die hiedurch in ihren Privatrechten oder Interessen betroffen werden, sind Beteiligte (§ 8 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes).
Ausgehend von dieser Gesetzeslage hat der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung ausgeführt, dass niemandem, also auch nicht dem Nachbarn oder dem Grundeigentümer, ein Anspruch auf Erlassung eines baupolizeilichen Auftrages zukommt (vgl. hiezu die hg. Erkenntnisse vom 28. Juni 1994, Zl. 94/05/0134, und vom 23. Jänner 1996, Zl. 95/05/0327, mit weiteren Literatur- und Judikaturhinweisen). Einige Bauordnungen (siehe hiezu die Ausführungen bei Hauer, Der Nachbar im Baurecht, 5. Auflage, Seiten 224 ff.) gestehen dem Nachbarn einen Rechtsanspruch auf Erteilung eines baubehördlichen Auftrages dann zu, wenn das ohne Baubewilligung errichtete Bauwerk dessen subjektiv-öffentlichen Rechte verletzt. Die hier anzuwendende Rechtslage nach der Bauordnung für Wien schränkt jedoch ausdrücklich die Parteistellung bei von Amts wegen zu erlassenden Bescheiden - wie Erlassung von Bauaufträgen - auf solche Personen ein, die hiedurch zu einer Leistung, Unterlassung oder Duldung verpflichtet werden.
Da der beschwerdeführenden Nachbarin somit kein Rechtsanspruch auf Erlassung eines baupolizeilichen Auftrages zukommt, hat die belangte Behörde ohne Rechtsirrtum ihren Antrag vom 2. April 2000 auf Erlassung eines Abbruchbescheides bezüglich "des konsenswidrigen Baus" auf der Nachbarliegenschaft zurückgewiesen.
Der Antrag der Beschwerdeführerin auf Feststellung, dass eine Bauführung auf der Nachbarliegenschaft ohne ihre hiefür erforderliche Zustimmung erfolgt ist, wurde von den Baubehörden ebenfalls zutreffend als unzulässig bewertet. Nach herrschender Lehre und Rechtsprechung zur Zulässigkeit von Feststellungsbescheiden sind die Verwaltungsbehörden zwar auch berechtigt, außerhalb ausdrücklicher gesetzlicher Einzelermächtigung im Rahmen ihrer örtlichen und sachlichen Zuständigkeit von Amts wegen Feststellungsbescheide über Rechte oder Rechtsverhältnisse zu erlassen, sofern ein im öffentlichen Interesse begründeter Anlass dazu gegeben ist und die Verwaltungsvorschriften nicht ausdrücklich anderes bestimmen. Parteien des Verwaltungsverfahrens kommt unter der zuletzt genannten Voraussetzung die Berechtigung zu, die bescheidmäßige Feststellung strittiger Rechte zu begehren, wenn der Bescheid im Einzelfall notwendiges Mittel zweckentsprechender Rechtsverteidigung ist und insofern im Interesse der Partei liegt. Dieses rechtliche Interesse ist aber nur dann gegeben, wenn dem Feststellungsbescheid im konkreten Fall die Eignung zukommt, ein Recht oder Rechtsverhältnis für die Zukunft klarzustellen und dadurch eine Rechtsgefährdung des Antragstellers zu beseitigen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. Dezember 2000, Zl. 2000/05/0221).
Abgesehen davon, dass im Beschwerdefall - wie auch das über Antrag der Grundnachbarin der Beschwerdeführerin mit Antrag gemäß § 71a BO vom 30. September 1999 eingeleitete und abgeführte Verfahren zeigt - unstrittig ist, dass das auf dem Nachbargrundstück der Beschwerdeführerin bestehende umstrittene Gebäude ohne Zustimmung der Beschwerdeführerin errichtet worden ist, stellt der von der Beschwerdeführerin begehrte Feststellungsbescheid kein notwendiges Mittel zweckentsprechender Rechtsverfolgung bzw. Rechtsverteidigung dar, zumal die Beschwerdeführerin in ihrem Antrag nicht konkret ausgeführt hat, in welchen ihr durch die Rechtsordnung, insbes. die Bauordnung für Wien, eingeräumten subjektiv-öffentlichen Rechten sie verletzt ist. Es besteht kein Zweifel, dass durch einen derartigen Feststellungsbescheid eine Rechtsgefährdung der Beschwerdeführerin nicht beseitigt werden kann, weil eine derartige Rechtsgefährdung nicht vorliegt. Im Falle, dass die Rechtslage (hier: fehlende Zustimmung der Beschwerdeführerin zur Bauführung des errichteten Nachbargebäudes) ungeklärt bleibt, ist die Beschwerdeführerin weder einer Bestrafung ausgesetzt, was ihr nicht zugemutet werden könnte (vgl. das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 3. März 1971, Slg. 6392), noch würde ein derartiger Feststellungsbescheid der Durchsetzung von - in der Bauordnung für Wien dem Nachbarn gemäß § 134a Bauordnung für Wien eingeräumten - subjektiv-öffentlichen Rechten der Beschwerdeführerin dienen (vgl. hiezu nochmals das hg. Erkenntnis vom 19. Dezember 2000, Zl. 2000/05/0221).
Zwar besteht ein allgemeines Zustimmungsrecht des Nachbarn zur Bauführung losgelöst von durch Gesetz eingeräumten subjektivöffentlichen Rechten nicht. Wurde das Gebäude aber konsenslos errichtet, hat die Behörde von Amts wegen einen Bauauftrag zu erlassen.
Ob ein Feststellungsantrag des Inhalts, dass die Voraussetzungen des § 71a BO, wonach ein Bauwerk unter den dort näher angeführten Tatbestandsvoraussetzungen "als mit rechtskräftigem Bescheid gemäß § 71 auf Widerruf bewilligt (gilt)", nicht vorliegen und der Bau daher nicht konsensgemäß ist bzw. dass die Beschwerdeführerin in konkret genannten subjektivöffentlichen Nachbarrechten im Sinne des § 134a BO durch den gegenständlichen, konsenslos errichteten Bau verletzt ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 16. Juni 1992, Slg Nr. 13.658/A, bezüglich der Zulässigkeit eines Feststellungsbescheides über die Frage des Erlöschens einer Baubewilligung nach der Kärntner Bauordnung 1969), zulässig ist, bedarf im Beschwerdefall keiner näheren Erörterung, weil sich der Feststellungsantrag der Beschwerdeführerin vom 2. April 2000 darauf nicht bezogen hat. Das von der Bauwerberin mit Bauansuchen gemäß § 71a BO vom 30. September 1999 eingeleitete Bauverfahren ist daher für das Beschwerdeverfahren nicht präjudiziell, weshalb hier nicht zu untersuchen ist, ob Nachbarn in diesem Verfahren die Verletzung ihrer subjektiv-öffentlichen Rechte geltend machen können oder ihnen keine Parteistellung zukommt. Ob Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit eines solchen Bauverfahrens bestehen, kann demnach im Beschwerdefall dahinstehen.
Aus diesen Gründen war daher die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001. Wien, am 3. April 2003
Schlagworte
Anspruch auf bescheidmäßige Erledigung und auf Zustellung, Recht der Behörde zur Bescheiderlassung Feststellungsbescheide Baurecht Nachbar Bauverfahren (siehe auch Behörden Vorstellung Nachbarrecht Diverses) Parteien BauRallg11/1European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2003:2001050386.X00Im RIS seit
26.05.2003