Index
L82007 Bauordnung Tirol;Norm
BauO Tir 1998 §34 Abs5;Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 2001/06/0118Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten und Dr. Rosenmayr als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hofer,
I. über die Beschwerde 1. der R, 2. des MR Dr. R, beide in I, gemeinsam vertreten durch Dipl. Ing. Dr. Peter Benda, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Brückenkopfgasse 2 (protokolliert zur hg. Zl. 2001/06/0115), und II. über die Beschwerde 3. der P in I und 4. der Mag. S in Wien, beide vertreten durch Dr. Klaus Rinner, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Anichstraße 29/III (protokolliert zur hg. Zl. 2001/06/0118),
gegen den Bescheid der Stadtsenates der Landeshauptstadt Innsbruck vom 5. Juli 2001, Zl. I-2858/2001, betreffend Fremdgrundbenützung (mitbeteiligte Partei: P GesmbH, vertreten durch Dr. Christian Girardi und Dr. Markus Seyrling, Rechtsanwälte in 6010 Innsbruck, Maximilianstraße 29), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Die Landeshauptstadt Innsbruck hat den erst- und zweitbeschwerdeführenden Parteien einerseits und den dritt- und viertbeschwerdeführenden Parteien andererseits Aufwendungen in der Höhe von jeweils EUR 1089,68 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Die Mehrbegehren werden abgewiesen.
Begründung
Mit Bescheid des Stadtmagistrates der Landeshauptstadt Innsbruck vom 25. April 2000 wurde der mitbeteiligten Partei die Baubewilligung für die Errichtung eines Wohn- und Bürohauses auf dem Grundstück T.-Straße 12-14 in I erteilt. Die Beschwerdeführer sind (neben anderen Personen) Miteigentümer der daran angrenzenden Liegenschaft. Im Bereich der zwischen den beiden Liegenschaften verlaufenden Grenze stehen auf dem Grundstück der Beschwerdeführer vier etwa 80 Jahre alte und ca. 25 m hohe Bergahornbäume.
Mit Eingabe vom 6. März 2001 beantragte die mitbeteiligte Gesellschaft im Zuge der Bauarbeiten die Bewilligung der vorübergehenden Benützung eines Grundstreifens der im Miteigentum der Beschwerdeführer (und anderer Personen) stehenden Liegenschaft gemäß § 34 TBO im Ausmaß von ca. 4,5 m entlang der gemeinsamen Grenze.
Die Beschwerdeführer äußerten sich diesem Antrag gegenüber unter Hinweis auf die im vorliegenden Fall im Hinblick auf die Pflicht zur Bewahrung des vorhandenen und wertvollen Baumbestandes und zum Schutz vor ungerechtfertigtem Eingriff in ihre Eigentumsrechte zu ihren Gunsten vorzunehmende Interessensabwägung ablehnend.
Nach Einholung einer Stellungnahme der Magistratsabteilung VI - Technische Infrastrukturverwaltung - Grünanlagen (Ing. Z.) vom 23. März 2001 und Durchführung einer mündlichen Verhandlung an Ort und Stelle am 18. April 2001 erließ der Stadtmagistrat der Landeshauptstadt Innsbruck den Bescheid vom 23. April 2001, mit welchem der mitbeteiligten Baugesellschaft die Durchführung der Bauarbeiten auf Fremdgrund nach Maßgabe der einen Bestandteil dieses Bescheides bildenden Planskizze durch Herstellung der Baugrube an der westlichen und teilweise nördlichen Grenze des Baugrundstücks als Böschung ohne Verankerungen und Spritzbeton bewilligt wurde.
Gegen diesen Bescheid erhoben die Beschwerdeführer (neben anderen) Berufung.
Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde diesen Berufungen mit der Maßgabe keine Folge, dass die beantragte Fremdgrundinanspruchnahme auf den Bereich von drei (westlich gelegenen) Bäumen eingeschränkt werde, sohin der östlichste (vierte) Baum von den beantragten Böschungs- und Ausgrabungsarbeiten nicht betroffen sei.
Weiters präzisierte die belangte Behörde die von der Bewilligung umfassten Maßnahmen und Zeiträume.
Nach Darstellung des Verfahrensganges und der Rechtslage führte die belangte Behörde - soweit im verwaltungsgerichtlichen Verfahren noch von Relevanz - begründend aus, nach Ansicht des Privatgutachtens des Dr. DI C könne als Zeitwert für besonders gut entwickelte Bäume durchaus ein solcher von einigen 100.000,-- Schilling bis zu 1 Mio. Schilling angenommen werden. Die in Rede stehenden Ahornbäume verfügten über ein problematisches Wurzelsystem, zumal eine Ausbreitung desselben aufgrund eines bestehenden Gebäudes in Richtung Süden nicht möglich gewesen sei. Dennoch hätten die Gutachter gemeint, die unbedingte Erhaltung der Bäume empfehlen zu können, da diese als gesund und vital zu bezeichnen seien. Demgegenüber habe der Amtssachverständige des Stadtgartenamtes (Magistratsabteilung VI - Grünanlagen) nach Besichtigung der am 6. April 2001 gestutzten Bäume (d.h. nach Entfernung der Baumkronen) festgestellt, dass die Baumreste selbst nach Beschneidung nach wie vor eine Gefährdung darstellten und sie wahrscheinlich nicht mehr austrieben, sohin der Wert dieser Bäume dem Brennholzwert entspreche. Gleichzeitig werde empfohlen, nach gänzlicher Entfernung der Baumreste neue Bäume in gebotener Höhe ersatzweise zu pflanzen. Konkret habe der Amtssachverständige in einer ergänzenden Stellungnahme vom 13. Juni 2001 den derzeit gegebenen Baumwert (zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung) mit insgesamt 3.000,-- Schilling (exkl. MwSt) beziffert, wobei für das Entfernen der angeführten Baumreste zuzüglich ein Betrag von 7.000,-- Schilling (exkl. MwSt) in Ansatz zu bringen wäre. Für die Kosten der Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes (Neupflanzung von 3 Spitzahornen) müsse mit je einem Betrag von 16.000,-- (exkl. MwSt) gerechnet werden.
In Berücksichtigung des Umstandes, dass die Schätzung des Baumwertes durch Dr. DI C mit bis zu einer 1 Mio. Schilling pro Baum vor der Kronenbeschneidung derselben erfolgt sei, erscheine für die Baubehörde zweiter Instanz nach Besichtigung der Baustelle und des Baumzustandes an Ort und Stelle das Schätzungsgutachten des beigezogenen Amtssachverständigen weit realistischer, zumal tatsächlich (wie den beigeschlossenen Digitalfotos zu entnehmen sei) davon ausgegangen werden dürfe, dass die bis zum Stamm zurückgeschnittenen Bäume nicht mehr austreiben und so ihre ursprüngliche Form auch nicht mehr erreichen dürften. Dazu komme, dass die bauwerbende Gesellschaft mit Eingabe vom 7. Juni 2001 ihr Ansuchen insofern modifiziert bzw. eingeschränkt habe, als der östlichste Baum von der Fremdgrundinanspruchnahme ausgeschlossen werde und somit nach Durchführung entsprechender im Spruch festgehaltener Sicherungsmaßnahmen erhalten bleibe.
Im Zuge des erstinstanzlichen Ermittlungsverfahrens sei zur Beurteilung der Frage, ob die betreffenden Bauarbeiten auf eine andere Weise überhaupt nicht oder nur mit unverhältnismäßig hohen Mehrkosten durchgeführt werden könnten, mehrere Kostenvoranschläge der Allgemeinen Baugesellschaft A. P AG der Behörde zur Beurteilung vorgelegt worden, die in weiterer Folge im Berufungsverfahren durch eine ergänzende Stellungnahme der zuständigen Bau- und Feuerpolizei vom 8. Juni 2001 konkretisiert worden seien. Darin würden insgesamt drei mögliche Varianten der Baugrubensicherung einander gegenüber gestellt, und zwar die Erstellung einer offenen Baugrube mit natürlichen Böschungen unter gleichzeitiger Fremdgrundinanspruchnahme (wie beantragt), die Erstellung einer Baugrube mit einer entlang der gegenständlichen Grundgrenze verlaufenden senkrechten mit Spritzbeton und entsprechenden Verankerungen gesicherten Abgrabung (Variante 2) und letztlich die amtsseits zusätzlich in Betracht gezogene Möglichkeit einer Baugrubensicherung entlang der Grundgrenze ohne oder nahezu ohne Inanspruchnahme von Fremdgrund durch die Herstellung einer Schlitzwand entlang der nördlichen Grundstücksgrenze. Während die Herstellung einer Schlitzwand (Variante 3) ohne Fremdgrundinanspruchnahme Kosten in Höhe von ca. 1,4 Mio. Schilling verursachen würde, beliefen sich nach dem Kostenvoranschlag der vorgenannten Baufirma die Kosten für die Erstellung einer Baugrube entlang der gegenständlichen Grundgrenze in senkrechter mit Spritzbeton abgesicherter Grundabbruchstelle und entsprechenden Verankerungen auf 717.000,-- Schilling, während die Errichtung einer offenen Baugrube mit natürlichen Böschungswinkeln zur Pz. 313/1 KG W hin mit Baukosten von 66.000,-- Schilling in Ansatz zu bringen seien. Dazu käme lt. Aussage des Amtssachverständigen des städtischen Grünanlagenamtes ein abzulösender Brennholzwert für Restbaumbestände von ca. 3.000,-- Schilling, und die Kosten für das Schlägern und Entfernen dieser Bäume in Höhe von 7.000,-- Schilling. Weiters müssten die Kosten für die Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes pro neu zu pflanzendem Baum von a 16.000,-- Schilling, sohin bei drei Bäumen mit 48.000,-- Schilling veranschlagt werden. Laut Auskunft des amtlichen Schätzungssachverständigen der Bau- und Feuerpolizei wäre als Benützungsentgelt für den 2,72 Meter bzw. 4,50 Meter breiten Grundstreifen auf der den Beschwerdeführern gehörigen Liegenschaft ein monatliches Benützungsentgelt von S 20,-- pro m2 in Ansatz zu bringen, sodass zu den vorgenannten Kosten als Benützungsentgelt für ca. 179 m2 für die Dauer eines Jahres ein Betrag von 42.960,-- Schilling zusätzlich in Anrechnung zu bringen wäre. Für Bauaushubarbeiten nach Variante 1 wären 60.000,-- Schilling (ein Baum bleibe nunmehr bestehen), für Baumentfernungskosten 7.000,--- Schilling, für Kosten der Neubepflanzung S 48.000,-- und für Grundinanspruchnahme für die Dauer eines Jahres 42.960,-- Schilling in Ansatz zu bringen, was zusammen in Summe 157.960,-- Schilling ergebe. Diesem Betrag seien die Kosten für die Errichtung einer senkrechten Spritzbetonwand mit entsprechenden Verankerungen in Höhe von 717.000,-- Schilling bzw. die Erstellung einer Schlitzwand (Variante 3) in Höhe von 1,4 Mio. Schilling gegenüber zu stellen. Die beiden letztgenannten Varianten seien aber als jedenfalls unverhältnismäßig zu bezeichnen, sodass diesbezüglich (§ 34 Abs. 2 lit. a TBO 1998) die erstinstanzliche Entscheidung, womit die Fremdgrundbenützung im beschriebenen Umfang gestattet worden sei, zu Recht ergangen sei. Unter "unzumutbar hohen Kosten" seien jedenfalls nach gängiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes solche zu verstehen, die gegenüber der herkömmlichen Bauausführung (mit Inanspruchnahme des Nachbargrundstückes) incl. der verwendeten Materialien eine Überschreitung von annähernd 50 % ausmachten. Bei der Abwägung der beiderseitigen Interessen in Bezug auf entstehende Vorteile durch die Benützung des Fremdgrundstückes bzw. in Bezug auf die damit verbundenen Nachteile der betroffenen Grundstückseigentümer sei auch auf die Art des in Anspruch genommenen Grundes Rücksicht zu nehmen. Es handle sich bei dem rechtwinkligen, unterschiedlich breiten Grundstücksstreifen im Wesentlichen um eine mit Gras bewachsene Fläche, die mit (auf die Entfernung des östlichsten Baumes sei verzichtet worden) Baumstümpfen bestückt sei. Nachdem laut Gutachten des Amtssachverständigen diese Baumstümpfe nur mehr Brennholzwert darstellten und nicht damit gerechnet werden könne, dass diese jemals wieder ihren ursprünglichen Umfang erreichen würden, könne in der Gegenüberstellung der Vor- und Nachteile auf diesen Restbestand an Baumgehölz verzichtet und davon ausgegangen werden, dass die mit Gras bewachsene Fläche nach Beendigung der Bauarbeiten ohne besondere Schwierigkeiten wieder hergestellt werden könne, wobei antragsgemäß anstelle der drei zu fällenden Bäume entsprechende neue Baumersatzpflanzungen stattzufinden hätten. Wenn in diesem Zusammenhang durch das Privatgutachten belegt werde, dass die ursprünglichen Bäume Lärm abgeschirmt, Temperaturunterschiede ausgeglichen und Luftfeuchtigkeitsschwankungen ausgependelt und Schatten gespendet hätten, sohin das allgemeine Wohnbefinden positiv beeinflusst worden und diesem Baumbestand dementsprechend ein hoher immaterieller Wert beizumessen gewesen sei, so müsse dargelegt werden, dass immaterielle Werte bei der Interessensabwägung im Sinne des § 34 Abs. 2 lit. b Tiroler Bauordnung 1998 nur bedingt berücksichtigt werden könnten, insbesondere, weil im unmittelbaren Nahbereich des in Anspruch zu nehmenden Grundstückstreifens eine große Anzahl von Bäumen den behaupteten ideellen Wertverlust ohne weiteres auszugleichen in der Lage sein dürfe. Schließlich könne auch das Argument, durch die Fällung der zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung bestehenden Baumreste könne der frühere Zustand im Sinne des § 34 Abs. 5 leg. cit. in keinem Falle wieder hergestellt werden, nicht zur Versagung der ausgesprochenen Bewilligung führen, weil dem Tatbestand der Wiederherstellung des früheren Zustandes in jedem Fall eine zeitliche Komponente innewohne, welche naturgemäß bei der Neubepflanzung durch Bäume ein zeitlich größeres Ausmaß in Anspruch nehme, als etwa bei der Wiederbegrünung von einfachen Grasflächen. Dennoch gehe die Behörde davon aus, dass die Vorteile des Bauwerbers in keinem krassen Missverhältnis zu den mit der Grundinanspruchnahme verbundenen Nachteilen stünden.
Gegen diesen Bescheid richten sich die vorliegenden Beschwerden aus den Gründen der Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides sowie einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die Beschwerdeführer machen im Wesentlichen - wie schon im Berufungsverfahren - geltend, eine Beschädigung der drei alten Bergahorne - und eine solche sei bei den bewilligten Arbeiten unvermeidlich - greife in unzulässiger Weise in ihr Recht auf Unverletzlichkeit des Eigentums (an Bäumen und am Grundstück) ein, während schonendere Maßnahmen (etwa die Errichtung einer senkrechten Spritzbetonwand mit entsprechenden Verankerungen oder die Erstellung einer Schlitzwand) für die mitbeteiligte Baugesellschaft zumutbar seien, zumal im Falle des Verlustes der Bäume eine Wiederherstellung ausgeschlossen sei und allfällige Mehrkosten der mitbeteiligten Gesellschaft durch Verwertung des Neubaus aufgewogen würden; auch widerspreche die bewilligte Vorgangsweise einer zivilrechtlichen Vereinbarung mit den Nachbarn. Als Verletzung von Verfahrensvorschriften machen die Beschwerdeführer insbesondere geltend, die ergänzende Stellungnahme des Amtssachverständigen sei ihnen nicht zur Stellungnahme übermittelt worden, was sie in ihrem Recht auf Parteiengehör verletzt habe.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, erstattete eine Gegenschrift, in der sie lediglich auf die Begründung des angefochtenen Bescheides verwies und die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragte.
Der Verwaltungsgerichtshof hat nach Verbindung der Rechtssachen zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung infolge ihres persönlichen und sachlichen Zusammenhanges erwogen:
Gemäß § 34 Abs. 1 der Tiroler Bauordnung 1998, LGBl. Nr. 15/1998, haben die Eigentümer der Nachbargrundstücke und die sonst hierüber Verfügungsberechtigten das Betreten und Befahren sowie die sonstige vorübergehende Benützung dieser Grundstücke und der darauf befindlichen baulichen Anlagen zum Zweck der Ausführung eines Bauvorhabens, der Durchführung von Erhaltungs- oder Instandsetzungsmaßnahmen oder der Behebung von Baugebrechen einschließlich allfälliger Sicherungsarbeiten im unbedingt notwendigen Ausmaß zu dulden. Diese Verpflichtung umfasst auch die Durchführung von Grabungsarbeiten und die Anbringung von Verankerungen und Stützelementen und dergleichen. Die Benützung hat unter möglichster Schonung der Interessen der Eigentümer der betroffenen Grundstücke und der sonst hierüber Verfügungsberechtigten zu erfolgen.
Nach Abs. 2 dieser Bestimmung besteht die Verpflichtung nach Abs. 1 nur insoweit, als
a) die betreffenden Bauarbeiten auf eine andere Weise nicht oder nur mit unverhältnismäßig hohen Mehrkosten durchgeführt werden könnten und
b) bei einer Abwägung der beiderseitigen Interessen die Vorteile aus der Benützung der Grundstücke bzw. der darauf befindlichen baulichen Anlagen nicht in
einem krassen Missverhältnis zu den damit verbundenen Nachteilen stehen (Hervorhebungen durch den Verwaltungsgerichtshof).
Abgesehen davon, dass nach der Aktenlage mangels Unterfertigung aller Miteigentümer der in Anspruch zu nehmenden Nachbarliegenschaft Zweifel am rechtsgültigen Zustandekommen der Vereinbarung zwischen den Beschwerdeführern und der bauwerbenden Gesellschaft angebracht sind, ist im verwaltungsbehördlichen Verfahren gemäß § 34 TBO auf diese Frage nicht einzugehen.
Insoweit die Beschwerdeführer aber eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machen, erweist sich ihre Beschwerde als begründet.
Zur Frage des Kriteriums nach § 34 Abs. 2 lit. b TBO 1998 haben die Behörden diverse Stellungnahmen eingeholt, u.a. auch eine der Magistratsabteilung VI - Technische Infrastrukturverwaltung - Grünanlagen vom 23. März 2001. In Entgegnung dazu legten die Beschwerdeführer bereits im erstinstanzlichen Verfahren ein Gutachten des Sachverständigen Dr. Dipl. Ing. C vom 31. März 2001 und im Berufungsverfahren ein weiteres Gutachten des Sachverständigen Ing. B vom 4. Mai 2001 vor. Die Anträge der Beschwerdeführer auf Beiziehung eines Sachverständigen für Gartenbau bzw. eines weiteren Sachverständigen für Tiefbau wurden von der Behörde erster Instanz nicht behandelt. Im Berufungsverfahren erfolgte lediglich eine Ergänzung der Stellungnahme der Magistratsabteilung VI vom 13. Juni 2001. Ohne diese den Verfahrensparteien zuzustellen erging sodann der angefochtene Bescheid. Damit verletzte die belangte Behörde das den Beschwerdeführern gemäß § 45 Abs. 3 zustehende Recht auf Parteiengehör. Dies allein führt jedoch noch nicht zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides. Das ist nur dann der Fall, wenn die Behörde bei Vermeidung dieses Mangels zu einem anderen Ergebnis hätte kommen können. Das bedeutet, dass das materielle Vorbringen der Beschwerdeführer gegen diese (ergänzte) Stellungnahme zu prüfen ist. Die Beschwerdeführer führen dazu die Unschlüssigkeit des "Gutachtens" des Amtssachverständigen ins Treffen sowie die mangelnde Auseinandersetzung mit den von ihnen vorgelegten Sachverständigengutachten. Ist eine Partei aber etwa durch Vorlage eines Privatgutachtens - wie im Beschwerdefall - einem Amtssachverständigen auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten, so ist es zunächst Aufgabe der Behörde, den von ihr gehörten Amtssachverständigen dazu aufzufordern, sich mit den Aussagen des Privatsachverständigen im Detail auseinander zu setzen. Die belangte Behörde hat sich jedoch damit begnügt, die Äußerungen der Magistratsabteilung VI (Ing. Z.) lediglich "als schlüssig" ihren Erwägungen zugrunde zu legen. Dies hätte sie, ohne ihren Bescheid mit einem Begründungsmangel zu belasten, nur dann gedurft, wenn das Gutachten, das ihr als Entscheidungsgrundlage gedient hat, tatsächlich schlüssig und nachvollziehbar gewesen wäre. Dies ist jedoch nicht der Fall.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (siehe dazu die in Walter/Thienel 2, zu § 52 AVG abgedruckte Rechtsprechung) zu den Anforderungen, die an Sachverständigengutachten zu stellen sind, muss ein schlüssiges und nachvollziehbares Sachverständigengutachten einen Befund sowie das Gutachten im engeren Sinn enthalten. Der Befund besteht in der Angabe der tatsächlichen Grundlagen, auf denen das Gutachten aufbaut, und der Art, wie sie beschafft wurden. Mit anderen Worten: Befund ist die vom Sachverständigen - wenn auch unter Zuhilfenahme wissenschaftlicher Feststellungsmethoden - vorgenommene Tatsachenfeststellung. Die Schlussfolgerungen des Sachverständigen aus dem Befund, zu deren Gewinnung er seine besonderen Fachkenntnisse und Erfahrungen benötigt, bilden das Gutachten im engeren Sinn. Eine sachverständige Äußerung, die sich in der Abgabe eines Urteiles (eines Gutachtens im engeren Sinn) erschöpft, aber weder die Tatsachen, auf die sich dieses Urteil gründet, noch die Art, wie diese Tatsachen ermittelt wurden, erkennen lässt, ist mit einem wesentlichen Mangel behaftet und als Beweismittel unbrauchbar; die Behörde, die eine so geartete Äußerung ihrer Entscheidung zugrundelegt, wird ihrer Pflicht zur Erhebung und Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes (§ 37 AVG) nicht gerecht. Der Sachverständige muss, damit eine Schlüssigkeitsprüfung seines Gutachtens vorgenommen werden kann, auch darlegen, auf welchem Wege er zu seinen Schlussfolgerungen gekommen ist.
Diesen Anforderungen wird die (ergänzte) Stellungnahme des Amtssachverständigen schon deshalb nicht gerecht, weil sie sich in der bloßen Abgabe eines Urteils erschöpft, aber nicht darlegt, auf welchem Weg der Amtssachverständige hierzu gekommen ist; sie ist daher einer Überprüfung nach den eben genannten Kriterien nicht zugänglich (vgl. dazu auch Erkenntnis vom 27. April 1993, Zl. 92/08/0208, als Beispiel für viele).
Der Verwaltungsgerichtshof weist für das fortgesetzte Verfahren darauf hin, dass ausgehend von § 34 Abs. 5 TBO, wonach der Eigentümer der betreffenden baulichen Anlage innerhalb einer angemessenen Frist nach der Beendigung der Bauarbeiten den früheren Zustand wieder herzustellen hat, nur solche Eingriffe in das Nachbargrundstück zulässig sind, die die Herstellung des früheren Zustandes zulassen.
Im Übrigen aber ist die Frage einer den Beschwerdeführern allenfalls nach § 34 Abs. 6 TBO zustehenden Vergütung nicht in diesem Verfahren zu klären.
Aus den oben dargelegten Gründen war der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 43 Abs. 2 Z. 3 VwGG aufzuheben.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. II Nr. 501/2001. Das Mehrbegehren war abzuweisen, weil die Pauschalgebühr einschließlich
Umsatzsteuer im Sinne der oben genannten Verordnung EUR 908,-- beträgt und die Gebühr nach § 24 Abs. 3 VwGG mit EUR 181,68 umgerechnet wird.
Wien, am 4. April 2003
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2003:2001060115.X00Im RIS seit
12.06.2003