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L37156 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag InteressentenbeitragNorm
AVG §68 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten und Dr. Rosenmayr als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hofer, über die Beschwerde 1. des Dipl.-Ing. KD und 2. der Dipl.-Ing. BD, beide in G, beide vertreten durch Dr. Hubert Reif, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Wielandgasse 2/II, gegen den Bescheid der Berufungskommission der Landeshauptstadt Graz vom 21. August 2000, Zl. A 17-C-23.535/1998- 6, betreffend Einwendungen gegen eine Baubewilligung (mitbeteiligte Partei: M Verwaltung Gesellschaft mbH & Co KEG in G, vertreten durch Dr. Harald Hohenberg, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Schönaugasse 4), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Die Landeshauptstadt Graz hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.089,68 je zur Hälfte binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Zur Vorgeschichte wird auf die hg. Erkenntnisse vom 20. Oktober 1994, Zl. 93/06/0236, SlgNF 14141/A, und vom 3. Juni 1997, Zl. 95/06/0179, hingewiesen.
Mit Bescheid des Magistrates Graz vom 13. Oktober 1999 wurde der mitbeteiligten Partei (in der Folge kurz: Bauwerber) auf ihren Antrag gemäß den §§ 19 und 29 des Steiermärkischen Baugesetzes 1995, LGBl. Nr. 59 (Stmk BauG 1995), i. V. insbesondere mit § 32 Abs. 1 des Steiermärkischen Raumordnungsgesetzes 1974, i.d.F. LGBl. 1995/59 (Stmk ROG), die Bewilligung für "die plan- und beschreibungsgemäße Errichtung eines Dachgeschoßzubaues" in G auf den Grundstücken Nrn. .393, 394 und 401, EZ 1728, KG III G erteilt. Die Beschwerdeführer sind Miteigentümer des den genannten Grundstücken benachbarten Grundstückes Nr. 400/1, EZ 1767, KG G, und der Erstbeschwerdeführer ist Miteigentümer des den genannten Grundstücken ebenfalls benachbarten Grundstückes Nr. 384, KG G. Die Einwendungen beider Beschwerdeführer betreffend Abstandsverletzungen und des Erstbeschwerdeführers betreffend der Notwendigkeit der Ausgestaltung einer Giebelwand als Brandwand wurden als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführer begründeten ihre dagegen gerichtete Berufung im Wesentlichen damit, dass der geplante Zubau die in § 13 Abs. 1 und 2 Stmk BauG 1995 geregelten Mindestabstände zu den Grundgrenzen bzw. Nachbargebäuden unterschreite, dass die sich aus dem Zubau ergebende Kniestockhöhe das für eine Geschoßanrechnung gemäß § 13 Abs. 5 Stmk BauG 1995 normierte, und daher für die Abstandsberechnung gemäß § 13 Abs. 1 und 2 Stmk BauG 1995 relevante Maß von 1,25 m überschreite, und schließlich, dass das Projekt gegen die Bestimmung des § 51 Abs. 1 Stmk BauG (betreffend Brandwände) verstoße.
Mit dem angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 21. August 2000 wurde die Berufung der Beschwerdeführer gemäß § 66 Abs. 4 AVG als unbegründet abgewiesen. Die belangte Behörde begründete den angefochtenen Bescheid im Wesentlichen damit, dass es sich beim gegenständlichen Bauvorhaben um den Zubau eines Dachgeschoßes für sechs Wohneinheiten auf dem bereits bestehenden Wohnhaus auf den im Miteigentum der Bauwerberin stehenden Grundstücken handle. Als Dach solle ein Satteldach mit einer Neigung von 43 Grad errichtet werden; die Kniestockhöhe betrage 0,55 m.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Steiermärkischen Bauordnung 1968 sei im Falle eines Verfahrens betreffend die Änderung eines bewilligten Bestandes die Frage des Seitenabstandes nur mehr insofern zu prüfen, als solche Änderungen durchgeführt würden, die sich auf die Berechnung des Seitenabstandes auswirkten. So habe der Verwaltungsgerichtshof im Zusammenhang mit der Änderung eines bewilligten Gebäudes durch Umgestaltung im Dachbereich ausgesprochen, dass die in der Beschwerde angeschnittene Frage des Seitenabstandes nur insoweit neu aufgerollt werden könnte, als die beantragten Änderungen von Einfluss auf die Berechnung des Seitenabstandes wären. Soweit die beantragten Änderungen jedoch keine Erhöhung des Kniestockes mit sich brächten oder keine relevante Erhöhung eines Gebäudes ohne übliche Geschoßeinteilung darstellten, stünde einer neuerlichen Entscheidung in dieser Frage die rechtskräftige Baubewilligung entgegen.
Zum Stmk BauG 1995 sei vom Verwaltungsgerichtshof festgestellt worden, dass bezogen auf die Bestimmungen des § 13 Stmk BauG 1995 auch nur solche bauliche Änderungen, die gemäß § 13 Stmk BauG 1995 zu einem anderen Abstand führen müssten, zu einer Durchbrechung der Rechtskraft der Bewilligung für den Bestand führten.
Aus den Bauplänen sei nun ersichtlich, dass der geplante Zubau des Dachgeschoßes für sechs Wohneinheiten eine Dachneigung von 43 Grad und eine Kniestockhöhe von 0,55 m aufweise, wobei nur ein Dachgeschoß und ein nicht ausbaufähiger Spitzboden vorhanden seien. Dieser Zubau erfülle die in § 13 Abs. 5 Stmk BauG 1995 genannten Voraussetzungen und sei daher nicht als Geschoß für die Abstandsberechnung anzurechnen, sodass die Beschwerdeführer in ihrem subjektiv-öffentlichen Recht auf Einhaltung der Abstandsbestimmungen nicht verletzt worden seien.
Zum Vorbringen der Beschwerdeführer, dass das Dachgeschoß zweigeschoßig ausbaubar wäre, da durch ein Tieferlegen der Geschoßdecke oberhalb des ausgebauten Dachgeschoßes eine Ausbaufähigkeit ohne weiteres hergestellt werden könnte und aus diesem Grund der Abstand zur Grundgrenze 7,0 m betragen müsste, sei festzustellen, dass die Behörde von den eingereichten Unterlagen und Plänen auszugehen habe und dass auf Grund der vorliegenden Pläne nicht von einer Ausbaufähigkeit des verbleibenden "Spitzbodens" ausgegangen werden könne, da bei Aufenthaltsräumen in Dachgeschoßen über mindestens der Hälfte der Grundfläche eine lichte Höhe von mindestens 2,30 m vorhanden sein müsse und diese Voraussetzungen im Gegenstandsfall nicht gegeben seien.
Zum Berufungsvorbringen, dass der Dachgeschoßzubau so gestaltet wäre, dass an der südseitigen Traufe die Art der Deckenkonstruktion in wesentlichen Teilen zu Kniestockhöhen über 1,25 m führte und daher sowohl traufen- als auch giebelseitig von für die Abstandsbestimmungen anrechenbaren Geschoßen auszugehen wäre, führte die belangte Behörde aus, dass nach der Begriffsbestimmung des § 4 Z. 40 Stmk BauG 1995 die Kniestockhöhe das Maß des vertikalen Abstandes zwischen Oberkante der obersten Rohdecke und der Unterkante der tragenden Dachkonstruktion (Sparren), gemessen in der äußeren Außenwandebene, darstelle, und beim gegenständlichen Vorhaben aus der Zusammenschau der Schnitte und Ansichten ersichtlich sei, dass die Kniestockhöhe in der äußeren Außenwandebene 0,55 m betrage.
Zum Berufungsvorbringen, dass es die Behörde erster Instanz unterlassen hätte, über die in der Einwendung vom 27. August 1999 geltend gemachte Verletzung des § 51 Abs. 1 Stmk BauG 1995 abzusprechen, führte die belangte Behörde aus, dass dieser Einwand nur vom Erstbeschwerdeführer Dipl.-Ing. KD als Miteigentümer des Grundstückes Nr. 384, EZ 2262, KG G, erhoben worden wäre und wie folgt laute: "Durch die Errichtung von Fenstern in jener Giebelmauer, die zum Teil an das Nachbargebäude auf Grundstück 384 angebaut ist, wird den Bestimmungen des § 51 nicht Rechnung getragen, in dem verlangt wird, dass ... die anschließenden Außenwände als Brandwände ausgestaltet werden. Die in den Einreichunterlagen eingetragenen Fenster in den Giebelwänden stehen den Forderungen des § 51 entgegen."
Die belangte Behörde führte dazu aus, dass gemäß § 51 Abs. 1 Stmk BauG 1995, wenn ein Gebäude unmittelbar an eine Nachbargrenze oder an ein anderes Gebäude angebaut werde, die Außenwände an der Grundgrenze oder die an das andere Gebäude anschließenden Außenwände als Brandwände ausgestaltet werden müssten. Beim bestehenden Gebäude, auf welchem der Zubau des Dachgeschoßes erfolgen solle, bestünden an der Ostseite Fensteröffnungen im Erdgeschoß und im ersten und zweiten Obergeschoß. Das Garagengebäude, an dem dem Beschwerdeführer Miteigentum zukomme, sei nach dem gegenständlichen Wohngebäude, welches zuvor als Industriebetrieb genutzt worden sei, errichtet und teilweise an das bestehende Gebäude angebaut worden.
Die östliche Außenwand des Bestandsgebäudes sei niemals eine Brandwand im Sinne des § 51 Abs. 1 Stmk BauG 1995 gewesen, da dort immer Fenster vorhanden gewesen seien, sodass auch die Errichtung von Fensteröffnungen im geplanten Dachgeschoßzubau zulässig sei. Eine Verletzung des Nachbarn in seinem subjektiv-öffentlichen Recht auf Errichtung von Brandwänden liege in gegebenem Falle nicht vor.
In der dagegen erhobenen Beschwerde wird Rechtswidrigkeit des Inhalts geltend gemacht.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde erstattet. Die mitbeteiligte Partei erstattete ebenfalls eine Gegenschrift und beantragte die Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen des Steiermärkischen Baugesetzes (LGBl. Nr. 59/1995) lauten:
"§ 4. Die nachstehenden Begriffe haben in diesem Gesetz folgende Bedeutung:
...
18. Brandabschnitt: Teil einer baulichen Anlage, der durch Brandwände, brandbeständige Decken oder entsprechende Bauabstände begrenzt ist;
19. Brandwand: eine an der Nachbargrenze stehende Wand oder eine Trennwand zur Bildung von Brandabschnitten; jeweils in brandbeständiger Ausführung;
...
29. Gebäudefront: Außenwandfläche eines Gebäudes ohne vorspringende Bauteile, wie z.B. Balkone, Erker, Vordächer in gewöhnlichen Ausmaßen;
...
40. Kniestockhöhe: das Maß des vertikalen Abstandes zwischen Oberkante der obersten Rohdecke und der Unterkante der tragenden Dachkonstruktion (Sparren), gemessen in der äußeren Außenwandebene;
...
§ 13
Abstände
(1) Gebäude sind entweder unmittelbar aneinander zu bauen oder müssen voneinander einen ausreichenden Abstand haben. Werden zwei Gebäude nicht unmittelbar aneinandergebaut, muss ihr Abstand mindestens so viele Meter betragen, wie die Summe der beiderseitigen Geschoßanzahl, vermehrt um 4, ergibt (Gebäudeabstand).
(2) Jede Gebäudefront, die nicht unmittelbar an einer Nachbargrenze errichtet wird, muss von dieser mindestens so viele Meter entfernt sein, wie die Anzahl der Geschosse, vermehrt um 2, ergibt (Grenzabstand).
(3) Steht ein Gebäude an der Grundgrenze, so hat der Nachbar, soferne durch einen Bebauungsplan oder durch Bebauungsrichtlinien nichts anderes bestimmt ist oder Gründe des Straßen-, Orts- und Landschaftsbildes nicht entgegenstehen, die Wahlmöglichkeit, entweder an die Grundgrenze anzubauen oder den erforderlichen Gebäudeabstand einzuhalten. Weist das Gebäude an der Grenze Öffnungen (Fenster, Türen und dgl.) auf, so ist der erforderliche Gebäudeabstand einzuhalten.
(4) Als Geschosse in der jeweiligen Gebäudefront sind jene anzurechnen, - die voll ausgebaut oder zu Aufenthaltsräumen ausbaufähig sind und - deren Außenwandfläche zu mehr als 50 Prozent und im Mittel mindestens 1,5 m hoch über dem natürlichen Gelände liegt.
(5) Nicht als Geschosse anzurechnen sind an der
-
Traufenseite: Dachgeschosse bzw. für Aufenthaltsräume ausbaufähige Dachböden, sofern die Höhe eines allfälligen Kniestockes 1,25 m nicht übersteigt und die Dachneigung nicht mehr als 70 Grad beträgt;
-
Giebelseite: das unterste Dachgeschoß bzw. der unterste für Aufenthaltsräume ausbaufähige Dachboden, sofern die Höhe eines allfälligen Kniestockes 1,25 m nicht übersteigt und die Dachneigung nicht mehr als 70 Grad beträgt.
(6) Bei Gebäuden oder Gebäudeteilen ohne die übliche Geschoßeinteilung oder mit Geschoßhöhen von über 3,0 m ist die Abstandsermittlung unter Zugrundelegung einer fiktiven Geschoßeinteilung mit einer Höhe von 3,0 m an jeder Gebäudeecke über dem natürlichen Gelände vorzunehmen. Restgeschoßhöhen von mehr als 1,5 m sind als Geschoß anzurechnen.
(7) Für Gebäude auf demselben Bauplatz können auch geringere Gebäudeabstände zugelassen werden.
(8) Die Behörde kann geringere Abstände von den Nachbargrundgrenzen und Nachbargebäuden zulassen - für Nebengebäude oder - wenn dies im Interesse des Ortsbildschutzes, der Altstadterhaltung, des Denkmalschutzes oder der Erhaltung einer baukulturell bemerkenswerten Bausubstanz (Ensemble) liegt.
(9) Der Gebäudeabstand hat, sofern ein geringerer Abstand als nach Abs.1 zulässig ist, mindestens 2,0 m zu betragen.
(10) Mit Zustimmung des Nachbarn können unabhängig von der Bebauungsweise Nebengebäude an der Grundgrenze zugelassen werden.
(11) Befindet sich auf dem angrenzenden Grundstück ein Nebengebäude, so ist bei der Ermittlung des Abstandes nur der Grenzabstand einzuhalten.
(12) Lässt der Verwendungszweck von baulichen Anlagen eine das ortsübliche Ausmaß übersteigende Belästigung oder Gesundheitsgefährdung der Nachbarschaft erwarten oder ist dies zum Schutz des Ortsbildes erforderlich, hat die Behörde größere Abstände vorzuschreiben.
(13) Die Abs. 1 bis 12 gelten nicht für
- Gebäude gegenüber öffentlichen Verkehrsflächen;
- Wirtschaftsobjekte, die der urkundlichen Ausübung
eines Einforstungsrechtes nach dem Einforstungslandesgesetz dienen;
- Almhütten und Almstallungen, die der
bestimmungsgemäßen Nutzung nach dem Almschutzgesetz dienen;
- Wirtschaftsobjekte der Stammsitzliegenschaften auf
Privatgrundstücken innerhalb des Agrargemeinschaftsgebietes.
...
§ 51
Brandwände
(1) Wird ein Gebäude unmittelbar an eine Nachbargrenze oder an ein anderes Gebäude angebaut, so müssen die Außenwände an der Grundgrenze oder die an das andere Gebäude anschließenden Außenwände als Brandwände ausgestaltet werden. Dies gilt nicht für Grundgrenzen zu Verkehrsflächen und Gewässern. Jedes Gebäude muss eigene Brandwände haben. Nur zum Zwecke der gemeinsamen Benützung benachbarter Gebäude können Brandwände durchbrochen werden, wenn der Brandschutz dadurch nicht beeinträchtigt wird.
...
§ 67
Aufenthaltsräume, Raumhöhe und Belichtung
(1) Aufenthaltsräume müssen eine für ihre Benutzung ausreichende Grundfläche und lichte Höhe von mindestens 2,40 m haben. Bei Aufenthaltsräumen in Dachgeschossen muss eine lichte Höhe von mindestens 2,30 m über mindestens der Hälfte ihrer Grundfläche vorhanden sein, Raumteile mit einer lichten Höhe bis 1,50 m bleiben dabei außer Betracht. Andere Räume müssen eine lichte Höhe von mindestens 2,10 m haben.
..."
Die Beschwerdeführer meinen, der vorliegende Dachgeschoßzubau führe zu einer derartigen Veränderung des bereits bestehenden Gebäudes des Bauwerbers, dass angesichts der bestehenden Geschoße in der Höhe von mehr als drei Metern die bestehende Geschoßanzahl gemäß § 13 Abs. 6 Stmk BauG 1995 unter Zuhilfenahme einer fiktiven Geschoßeinteilung zu berechnen sei, woraus sich auch bei Nichtanrechnung des projektierten Geschoßes und angesichts einer Gebäudehöhe von 10,90 m - bei einer Restgeschoßhöhe von 1,9 m - im Grunde des § 13 Abs. 6 Stmk BauG 1995 eine Geschoßanzahl von vier Geschoßen ergebe. Der sich aus einem viergeschoßigen Gebäude gemäß § 13 Abs. 1 und 2 Stmk BauG 1995 zu errechnende Abstand zu der Grundgrenze und den Nachbargebäuden werde aber durch den tatsächlichen Abstand der Giebelseite zu der Grundstücksgrenze und den Nachbargebäuden unterschritten.
Diese Auffassung trifft im vorliegenden Fall nicht zu. Nach der hg. Rechtsprechung können im Falle eines Verfahrens betreffend die Änderung eines rechtkräftig bewilligten Bestandes nämlich nur solche bauliche Änderungen, die gemäß § 13 Stmk BauG 1995 zu einem anderen Abstand führen müssten, zu einer Durchbrechung der Rechtskraft der Bewilligung führen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 23. September 1999, Zl. 98/06/0140, m.w.N.). Die in der Beschwerde angeschnittene Frage des Seitenabstandes kann also nur insoweit neu aufgerollt werden, als die beantragte Änderung von Einfluss auf die Berechnung des Abstandes zu den Grundstücksgrenzen ist.
Die Überprüfung, ob es sich im vorliegenden Fall um ein dreigeschoßiges Gebäude mit üblicher Geschoßeinteilung und Raumhöhen unter 3,0 m oder um ein viergeschoßiges Gebäude ohne übliche Geschoßeinteilung oder mit Raumhöhen von über 3,0 m handelt, kann unterbleiben, weil durch den Zubau keine solchen maßgeblichen Änderungen eintreten. Ein Dachgeschoß, das - wie im gegebenen Fall und wie noch dargelegt wird - i.S.d. § 13 Abs. 5 Stmk BauG 1995 nicht anrechenbar ist, kann jedenfalls nicht gleichzeitig ein Gebäudeteil i.S.d. § 13 Abs. 6 Stmk BauG 1995 ohne die übliche Geschoßeinteilung sein (vgl. das hg. Erkenntnis vom 22. April 1999, Zl. 97/06/0220).
Auch im vorliegenden Fall kann daher nur eine solche Änderung des rechtskräftig konsentierten Bestandes zu einem anderen erforderlichen Abstand und damit zu einer Durchbrechung der Rechtskraft der Bewilligung für den Bestand führen, die gemäß § 13 Stmk BauG 1995 ein anderes Ergebnis zur Folge hätte.
Die Beschwerdeführer behaupten, dass dies im Hinblick auf die Höhe des Kniestockes der Fall sei. Sie meinen, der vorliegende Dachgeschoßzubau führe zu einer Kniestockhöhe von 2,44 m, weshalb das zugebaute Dachgeschoß gemäß § 13 Abs. 5 Stmk BauG 1995 als eigenes Geschoß zu rechnen sei. Demgegenüber hat die belangte Behörde eine Kniestockhöhe in der äußeren Außenwandebene von 0,55 m festgestellt, mit der Konsequenz, dass sie das Dachgeschoß trotz seines Ausbaus gemäß § 13 Abs. 5 nicht als Geschoß qualifizierte.
Es ist aus den der Beschwerde beigefügten Skizzen ersichtlich, dass die Beschwerdeführer bei ihrer Berechnung die Höhe des Kniestocks anhand der Höhe von nicht zur tragenden Dachkonstruktion gehörenden Tür- Gaubenkonstruktionen ermittelt haben. Aus der Dachkonstruktion herausragende Aufbauten und Konstruktionselemente, die nicht Teil der tragenden Dachkonstruktion sind, haben gemäß § 13 Abs. 5 Stmk BauG 1995 aber außer Betracht zu bleiben. Der belangten Behörde ist daher kein Feststellungsmangel unterlaufen, wenn sie die Kniestockhöhe mit 0,55 m annahm und es ist nicht rechtswidrig, wenn sie ausgehend von dieser Feststellung die Auffassung vertrat, dass das Dachgeschoß gemäß § 13 Abs. 5 Stmk BauG 1995 nicht als Geschoß anzurechnen war.
Die Beschwerdeführer bringen weiters vor, dass der Dachgeschoßzubau zweigeschoßig ausbaufähig sei, was zumindest an der Giebelseite die Grundlagen für die Abstandsberechnung ändere. Hiezu ist zu bemerken, dass gemäß § 13 Abs. 4 Stmk BauG 1995 nur solche Geschoße für die Abstandsberechnung anzurechnen sind, die voll ausgebaut oder zu Aufenthaltsräumen ausbaufähig sind, wobei gemäß § 67 Abs. 1 Stmk BauG 1995 als Aufenthaltsraum in Dachgeschoßen nur ein Raum gelten kann, der eine lichte Höhe von mindestens 2,30 m über mindestens die Hälfte seiner Grundfläche aufweist, wobei Raumteile mit einer lichten Höhe von unter 1,50 m außer Betracht bleiben. Beim gegenständlichen Bauvorhaben kann auf Grund der vorliegenden Pläne indes nicht von einer Ausbaufähigkeit des verbleibenden "Spitzbodens" ausgegangen werden, weil er die erforderliche Höhe nicht aufweist. Das Vorbringen der Beschwerdeführer, dass das Projekt tatsächlich als zweigeschoßiger Dachgeschoßzubau verwirklicht worden sei, oder, dass das Gebäudeinnere durch Absenken der Geschoßdecke zu einem zweigeschoßigen Dachgeschoßausbau umgestaltet werden könne, ist deswegen nicht stichhältig, weil ein Baubewilligungsverfahren ein Projektgenehmigungsverfahren darstellt, sodass Gegenstand des Verfahrens das in den Einreichplänen (und sonstigen Unterlagen) dargestellte Projekt ist, nicht aber ein von diesem Projekt abweichender tatsächlicher Baubestand (Erk. vom 10. November 1992, Zl. 92/05/0053).
Die Beschwerdeführer meinen dazu, aus der Grundsrissdarstellung des genehmigten Planes ergebe sich eine Raumhöhe des Dachgeschoßzubaus von 2,42 m. Dies sei aus den dort enthaltenen Angaben zur Parapethöhe (0,74 m), Fensterhöhe (1,68 m) und aus dem neben der Darstellung der Fenster angebrachten Vermerk, dass die Sturzunterkante der Fenster gleich der Deckenunterkante sei ("STUK = UK DECKE"), ersichtlich. Bei einer Raumhöhe von 2,42 m im gegenständlichen Dachgeschoßzubau, ergebe sich aber für den darüber liegenden Rohdachboden eine lichte Höhe von über 2,30 m über mehr als die Hälfte seiner Grundfläche, was ihn bezüglich der Höhe zu einem möglichen Aufenthaltsraum im Sinne des § 67 Abs. 1 Stmk BauG 1995 mache. Daraus folge aber, dass dieser Rohdachboden als Aufenthaltsraum ausbaufähig und daher gemäß § 13 Abs. 4 Stmk BauG 1995 als Geschoß zur Abstandsberechnung anzurechnen sei.
Auch damit zeigen die Beschwerdeführer keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf. Entscheidend ist insofern nämlich die Frage, welches Bauvorhaben mit dem Baubewilligungsbescheid bewilligt worden ist. Welche baulichen Herstellungen der Bauwerber durchzuführen beabsichtigt, ist den Bauplänen zu entnehmen. Aufgabe der Baubehörde ist es, zu prüfen, ob das sich aus den Plänen ergebende Bauvorhaben mit der Bauordnung und den sonstigen baurechtlichen Vorschriften in Übereinstimmung steht. Der Inhalt der Baubewilligung ist den eingereichten und allenfalls im Zuge des Bauverfahrens geänderten, dem Baubewilligungsbescheid zu Grunde gelegten Plänen und der Baubeschreibung zu entnehmen. Die von der Behörde mit dem "Genehmigungsvermerk" versehenen Pläne und Baubeschreibungen bilden einen wesentlichen Bestandteil der Baubewilligung (vgl. das hg. Erkenntnis vom 10. November 1992, Zl. 90/05/0033). Dementsprechend bildet der mit dem Bewilligungsvermerk des Magistrats der Stadt Graz vom 13. Oktober 1999 versehene Plan (Plannr. EP 01) einen wesentlichen Bestandteil des Bewilligungsbescheides. Im vorliegenden Fall sind in der Darstellung "Grundriss Dachgeschoß" des genehmigten Planes zwar nächst der Darstellung der Fenster Angaben enthalten, aus denen zusammengenommen eine projektierte Raumhöhe von 242 cm erschlossen werden könnte, nämlich "168", "PH - 74" und "STUK = UK DECKE". Inhalt des angefochtenen Bewilligungsbescheides ist jedoch ebenso die in den Aufrissen "Schnitt A - A" und "Schnitt B - B" dargestellte und ohne Weiteres ersichtliche Raumhöhe von 3,5 m. Bei dieser Sachlage kann es daher keinem Zweifel unterliegen, dass der mit dem Bescheid der Erstbehörde - und dieser folgend mit dem angefochtenen Bescheid - genehmigte Dachbodenausbau projektsgemäß eine Raumhöhe von 350 cm aufweist; der - offensichtlich gegenüber einer früheren Fassung des Planes unberichtigt gebliebene - Ausdruck "STUK = UK DECKE" im Grundriss tut dem keinen Abbruch, weil Höhenangaben in erster Linie aus dem Aufriss ersichtlich sind. Damit ist auch die Aussage der belangten Behörde im Einklang, dass gemäß den eingereichten Unterlagen und Plänen nicht von einer Ausbaufähigkeit des über dem ausgebauten Dachgeschoß verbleibenden "Spitzbodens" ausgegangen werden könne, da die erforderliche Höhe von 2,30 m nicht vorhanden sei.
Zum Beschwerdevorbringen, mit dem Bauvorhaben würden die Mindestabstände zu den Nachbargebäuden gemäß § 13 Abs. 2 Stmk BauG 1995 unterschritten, gilt das zur Abstandsberechnung im vorliegenden Fall bereits Gesagte. Auch für den in dieser Bestimmung festgelegten Mindestabstand zwischen den Gebäuden ist die Anzahl der Geschoße maßgeblich, die sich durch das mit dem angefochtenen Bescheid genehmigte Projekt - wie gesagt - jedoch nicht geändert hat. Auch insofern kann der angefochtene Bescheid daher nicht als rechtswidrig erkannt werden.
Die Beschwerdeführer halten den angefochtenen Bescheid aber auch deswegen für rechtswidrig, weil das Bauvorhaben den in § 13 Abs. 9 Stmk BauG 1995 normierten Mindestabstand von 2,0 m zu dem im Miteigentum des Erstbeschwerdeführers stehenden Gebäude auf dem Grundstück Nr. 384, KG G, unterschreite.
Damit wird eine Rechtswidrigkeit aufgezeigt, die zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides führt. Gemäß § 13 Abs. 9 Stmk BauG 1995 hat der Gebäudeabstand nämlich mindestens 2,0 m zu betragen, sofern ein geringerer Abstand als nach Abs. 1 zulässig ist. Dies gilt auch für den vorliegenden Zubau, soweit damit nicht unmittelbar an die Wand des Nachbargebäudes oder darüber angebaut wird. Insoferne ist der Abstand gemäß § 13 Abs. 9 Stmk BauG 1995 eigenständig zu beurteilen und kann sich die mitbeteiligte Partei im Sinne der angeführten hg. Rechtsprechung nicht auf die Rechtskraft der Bewilligung für das bestehende Gebäude berufen. Auch ist die Auffassung der mitbeteiligten Partei nicht überzeugend, mit dem Zubau im Bereich der Dachkonstruktion sei dieser Abstand deswegen nicht einzuhalten, weil es sich dabei nicht um eine Gebäudefront im Sinne des § 4 Z. 29 Stmk BauG handle. Auch die Giebelwand im Bereich des Zubaus stellt nämlich eine für den Abstand maßgebliche Außenfläche dar, sie ist im Übrigen auch kein vorspringender Bauteil i.S.d. § 4 Z. 29 Stmk BauG.
Zur Problematik, ob die dem Gebäude auf dem Grundstück Nr. 384, KG G, zugewandte Außenwand des Dachgeschoßzubaus gemäß § 51 Abs. 1 Stmk. BauG 1995 zumindest im Umfang des Zubaus als Brandwand auszugestalten wäre, ist anzumerken, dass ein Gebäude nach dem Wortlaut des § 51 Abs. 1 Stmk BauG in jenem Bereich, in dem es unmittelbar an eine Nachbargrenze oder ein anderes Gebäude angebaut ist, als Brandwand auszugestalten ist. Dies gilt insoweit auch für den Bereich des Zubaues zu einer solchen bereits bestehenden konsentierten Wand, mag diese auch rechtmäßig bestehende Öffnungen aufweisen.
Nach dem Gesagten war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG i.V.m. der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2001, BGBl. II Nr. 501. Die Abweisung des Mehrbegehrens beruht darauf, dass die Umsatzsteuer in den in der angeführten Verordnung enthaltenen Pauschbeträgen bereits enthalten ist.
Wien, am 4. April 2003
Schlagworte
Baubewilligung BauRallg6 Nachbarrecht Nachbar Anrainer Grundnachbar subjektiv-öffentliche Rechte, Abstandsvorschriften BauRallg5/1/1 Nachbarrecht Nachbar Anrainer Grundnachbar subjektiv-öffentliche Rechte, Brandschutz (Bestimmungen feuerpolizeilichen Charakters) BauRallg5/1/4European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2003:2000060165.X00Im RIS seit
30.05.2003